Titel: | Ueber die Reibung in Dampfmaschinen. |
Autor: | Fr. |
Fundstelle: | Band 276, Jahrgang 1890, S. 448 |
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Ueber die Reibung in Dampfmaschinen.
Ueber die Reibung in Dampfmaschinen.
Nach der bisher ziemlich allgemein angenommenen Behauptung von G. de Pambour setzt sich die Reibungsarbeit einer
Dampfmaschine aus einem constanten, die indicirte Leergangsleistung enthaltenen
Theile und einem der Nutzleistung proportionalen Theile zusammen. Es war deshalb zur
Bestimmung der Nutzleistung von Dampfmaschinen bisher nothwendig, mit der Abnahme von Diagrammen
auch stets Bremsversuche zu verbinden, die, abgesehen von ihren Kosten, eine
Unterbrechung des Betriebes während der Dauer des Versuches unvermeidlich
machten.
Nach den von Prof. Thurston in Ithaca, N. Y., mit
groſser Genauigkeit angestellten Versuchen hat sich, wie der Moniteur industriel 1890 * S. 39 berichtet, herausgestellt, daſs die Gesammtreibungsarbeit einer Dampfmaschine constant
und von der jedesmaligen Belastung ganz unabhängig ist, dieselbe demnach
nicht in demselben Maſse wie der ihn verursachende Druck zunimmt.
Gleichzeitig mit diesen Versuchen hat Prof. Thurston
eingehende Untersuchungen darüber angestellt, welcher Betrag der
Gesammtreibungsarbeit einer Dampfmaschine auf die verschiedenen mit einander
arbeitenden Theile derselben, wie die Lager der Schwungradwelle, die Zapfen der
Kurbelstange, den Kolben mit Stange, den entlasteten oder nicht entlasteten
Schieber, das Excenter, die Luftpumpe u.s.w. kommt und hat hierbei auch den Einfluſs
der Geschwindigkeit, der Spannungen und des Füllungsgrades im Cylinder auf die
Reibungswiderstände festgestellt
Man erhält durch die beim Leergange der Maschine abgenommenen Indicatordiagramme,
deren Fläche proportional dem Arbeitsverlust angesehen werden kann, die
Reibungsarbeit der Maschine. Dieser Betrag wird bei der einen oder anderen Maschine
selbstverständlich nicht derselbe sein und deshalb hat Prof. Thurston in seinem vorzüglich ausgestatteten mechanischen Laboratorium der
Hochschule zu Cornell eine groſse Reihe von Maschinen verschiedener Systeme
untersucht und die gewonnenen Resultate in den Verhandlungen der American Society of Mechanical Engineers in New York
Bd. 8 und folgende niedergelegt.
In Nachstehendem sollen diese Resultate in möglichster Kürze besprochen werden, um
namentlich die praktische Wichtigkeit dieser Untersuchungen vor Augen zu führen.
Bei einer Maschine der Straight-Line mit nicht entlastetem Schieber stellte sich die
Gesammtreibung auf 0,12 und fiel bei entlastetem Schieber bis auf 0,09 der
effectiven Totalleistung; bei anderen Maschinen schwankte der Betrag zwischen 0,089
und 0,095 und selbst bei Compoundmaschinen blieb er constant und betrug hier 0,135
bis 0,175 der effectiven Totalleistung der Maschine.
Je nach der mehr oder weniger guten Schmierung variirt die Gesammtreibung,
selbstverständlich ändert sie sich jedoch weder mit der effectiven Leistung noch mit
der Verschiedenheit der Arbeitsvertheilung auf die beiden Cylinder der letzteren
Maschinen.
Einen ganz bedeutenden Betrag der Gesammtreibung absorbiren die Lager der Schwungrad
welle; er beträgt bei den Maschinen gewöhnlicher Construction ein Drittel und
mitunter sogar die Hälfte der totalen Reibung oder 5 bis 10 Proc. der bei voller
Belastung auf den Kolben übertragenen Leistung. Bei guter Schmierung verringert sich
natürlich dieser Betrag
und es schwankte bei den Versuchen der Coefficient dieser Reibung zwischen 0,09 und
0,31; bei vorzüglicher Schmierung soll er sich auf 0,1 und darunter zurückführen
lassen und es würde sich nach Prof. Thurston gerade
hier, zur Erhöhung des Nutzeffectes von Dampfmaschinen die Anordnung einer kleinen
Druckpumpe empfehlen, welche die Unterhaltung einer stetigen Oelschicht zwischen dem
tragenden Theile des Zapfens und zugehörigen Lagers möglich macht.
Die Reibung des nicht entlasteten Schiebers der Straight-Line-Maschine betrug 26
Proc. der totalen Reibung, während man mit einer sorgfältigen Schieberentlastung
eine Ersparniſs von 90 Proc. der bisherigen Schieberreibung erzielt. Dies ist von
ganz besonderer Wichtigkeit für Maschinen, deren Schieber direkt vom Regulator
eingestellt werden und letzterer nicht kräftig genug ist, um energisch seine
Functionen zu verrichten.
Die Reibung des Kolbens mit seiner Stange läſst sich nicht genau angeben und hängt
besonders von der Beschaffenheit der Maschine und der Aufmerksamkeit des Wärters ab;
es ergaben sich bei sorgfältig ausgeführten Maschinen und hinreichender Schmierung
hierfür 20 Proc. der totalen Reibung, welcher Werth als niedrigster Betrag anzusehen
ist.
Die Reibungen der Zapfen der Kurbelstangen, Kreuzkopfführungen, Excenterbügel u.s.w.
sind von geringerer Bedeutung. Jedem Maschinenwärter sollte eingeprägt werden, daſs
eine reichliche Schmierung nie den Maschinenbetrieb vertheuert, wenn man nur Sorge
trägt, das ablaufende Oel wieder aufzufangen, damit es nach erfolgtem Läutern und
Filtriren von Neuem benutzt werden kann.
Kostspielig wird ein derartiger Betrieb nur durch die Verluste an mechanischer Arbeit
und schlechte Ausnutzung des Brennmaterials, sowie durch die Reparaturkosten, welche
sich naturgemäſs mit der Oelersparniſs vergröſsern.
Berücksichtigt man bei der Construction und Wartung einer Dampfmaschine die aus den
Versuchen des Prof. Thurston gezogenen Schlüsse, so
sollen mindestens 5 Proc. der auf den Kolben übertragenen Arbeit, welche bisher als
Reibungsarbeit verloren gingen, noch als Nutzarbeit verwerthbar werden und es wird
demnach die effective Leistung einer derartigen Maschine entsprechend gröſser
ausfallen, da auch die Reibungswiderstände sich nach den vorliegenden Versuchen
überhaupt niedriger stellen, als bisher angenommen wurde.
Fr.