Titel: | J. H. Rogers' Buchstaben-Drucktelegraph mit automatischem Geber. |
Fundstelle: | Band 276, Jahrgang 1890, S. 225 |
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J. H. Rogers' Buchstaben-Drucktelegraph mit automatischem
Geber.
Mit Abbildungen.
Rogers' Buchstaben-Drucktelegraph mit automatischem
Geber.
Kürzlich ist zwischen New York und Washington ein neuer schnell arbeitender Telegraph
probirt worden, welcher von J. Harris Rogers ungegeben
worden ist und die zahlreichen in Amerika benutzten elektrochemischen Telegraphen
ersetzen soll; derselbe erfordert Synchronismus zwischen den beiden zusammen
arbeitenden Telegraphen, entsendet das Telegramm mittels eines automatischen Gebers
und zwar mittels eines entsprechend breiten gelochten Papierstreifens und druckt das
Telegramm am Ankunftsorte in römischen Buchstaben auf einen schmalen
Papierstreifen.
Nach der in Lumière Electrique vom 8. Februar
1890, Bd. 35 * S. 261 (vgl. auch Scientific American, Bd. 61
* S. 399), gegebenen Beschreibung dieses Telegraphen erfolgt der Abdruck
der Buchstaben auf das Papier nicht mit Hilfe einer der Zahl der Buchstaben gleichen
Anzahl von Typen, welche jede einen ganzen Buchstaben drucken, sondern mittels bloſs
10 Typen. Jede dieser 10 Typen sitzt am Ende des Ankerhebels eines Elektromagnetes;
die 10 Elektromagnete sind mit ihren beiden Rollen in 10 Halbmessern eines Kreises
angeordnet, die 10 Ankerhebel sind mit dem einen Ende an einem ringförmigen
metallenen Gestelle befestigt und tragen an dem nach dem Mittelpunkte des Kreises
hin liegenden Ende die Type, welche nur eine ziemlich kurze Linie darstellt, und es
ist die Länge der 10 Hebel so bemessen, daſs die 10 Typen in der aus der
beigegebenen Form und Anordnung im Kreismittelpunkte neben einander liegen. Der
Abdruck der Typen auf das Papier wird so bewirkt, daſs zwischen die zu bedruckenden
Streifen und die Typen ein abfärbender Streifen gelegt wird. Bei der
Eigenthümlichkeit der von diesem Telegraphen gelieferten Schrift ist es ganz leicht,
aus den 10 Strichen eine beliebige stenographische Schrift zu vereinbaren, in
welcher sich zwei mit der zur Vorbereitung der gelochten Streifen nöthigen
Stanzmaschine ausgerüstete Leute nach besonderer Verabredung geheim telegraphiren
können.
Aus den 10 Strichen lassen sich sämmtliche Buchstaben bilden, natürlich werden aber
nicht immer alle 10 Striche verwendet, sondern nur die zur Bildung des Buchstabens
nöthigen. Nichts desto weniger muſs der Geber befähigt sein, beim Telegraphiren
irgend eines Buchstabens durch jeden der 10 Elektromagnete einen besonderen Strom zu
senden, und es muſs beim Entsenden dieses Stromes gerade nur der betreffende
Elektromagnet an die Telegraphenleitung gelegt sein. Es ist daher ein und derselbe
Apparat zur Stromentsendung für sämmtliche Buchstaben brauchbar.
Die Entsendung der für jeden Buchstaben gerade nöthigen Ströme vermittelt nun ein automatischer
Geber mittels eines gelochten Papierstreifens; in letzterem werden mittels eines 10
Tasten enthaltenden Lochapparates, mit welchem ein geübter Beamter ziemlich rasch
arbeiten kann, oder auch mittels einer elektrisch mit einer gewöhnlichen
Schreibmaschine verbundenen besonderen Stanzmaschine in 10 Längsreihen Löcher
eingestanzt für diejenigen Stromsendungen, welche zur Bildung des zu
telegraphirenden Buchstabens nöthig sind. Eine Führungslochreihe wird in der
Streifenmitte eingestanzt; nach Abtelegraphirung eines Buchstabens wird der Streifen
auf dem metallenen Muff, über den er hinweg geführt wird, um den Abstand zweier
Löcher-Querreihen fortbewegt. Auf dem Streifen ruhen mit einem gewissen Drucke 10
Contactfedern, welche mit dem Muff und durch diesen mit dem einen Pole der
Telegraphirbatterie, deren zweiter Pol zur Erde abgeleitet ist, in Berührung treten,
wenn sie in ein Loch des Streifens einfallen können.Im vorliegenden Falle sind die sonst mit der
unmittelbaren Stromgebung durch gelochte Streifen verbundenen Uebelstände
deshalb wesentlich vermindert, weil der Streifen während jeder einzelnen
Stromgebung still steht. Während des Gebens stehen ferner die 10
Federn mit 10 Spangen eines Umschalters in Verbindung, wogegen jede dieser Spangen
beim Empfangen mit den Rollen eines der 10 Magnete und hinter den Rollen mit der
Erde verbunden sind.
Textabbildung Bd. 276, S. 226
Es ist nun noch in jedem der beiden Aemter ein Vertheiler nöthig, welcher in dem
einen Telegraphenamte der Reihe nach die 10 Contactfedern an die Telegraphenleitung
legt, in dem anderen dagegen zu gleicher Zeit und in derselben Reihenfolge die 10
Elektromagnete. Es müssen demnach die beiden mit der Leitung verbundenen und auf den
entsprechenden Vertheilerscheiben umlaufenden, isolirt auf die Achse des Muffes
aufgesteckten Contactarme synchron laufen, und es müssen ferner auch Mittel zur
Erkennung bezieh. Aufrechterhaltung des Synchronismus vorhanden sein. Jede
Vertheilerscheibe erhält daher nicht bloſs 10 Contactplatten, von denen aus Drähte
nach den erwähnten 10 Spangen des Umschalters geführt werden, sondern 12 und deshalb
bekommt auch der Umschalter noch 2 Spangen mehr. Die letzteren beiden Spangen und
deshalb auch die 11. und 12. Platte stehen während des Empfangens durch die Rollen
eines Relais hindurch mit der Erde in Verbindung. Während des Gebens hingegen
verbindet ein Draht die 12. Spange und die 12. Platte mit einer auf der Achse des
Muffes schleifenden Contactfeder. Der gebende Telegraph entsendet daher stets, wenn
der Contactarm bei jedem Umlauf über die 12. Platte streicht, einen Strom durch den
Contactarm, die auf seiner Nabe schleifende Contactfeder, in die Leitung und durch
das Relais des gebenden Amtes; dieser Strom unterbricht daher am angezogenen Relaisankerhebel den die
primäre Rolle eines Inductors durchlaufenden Lokalstrom und bewirkt das
Ueberspringen eines elektrischen Funkens zwischen einer isolirt auf die Muffachse
aufgesteckten Spitze und dem auf eben dieser Achse sitzenden Schwungrade von 0m,35 Durchmesser; denn die Achse und die Nabe der
Spitze sind leitend mit den beiden Enden der secundären Rolle des Inductors
verbunden. Mit Hilfe eines zugleich als Zeiger dienenden Armes an der natürlich
stillstehenden Vertheilerscheibe läſst sich diese ein wenig gegen die Achse des
Contactarmes und des Schwungrades verstellen, und man hat die Spitze des Zeigers
stets genau gegenüber dem Punkte einzustellen, wo der Funke überspringt. Die
Vertheilerarme werden durch kleine Dynamomaschinen mit Riemenübertragung in
Umdrehung versetzt. Dem Arme des empfangenden Apparates gibt man ein Bestreben,
etwas rascher zu laufen, als dem im gebenden und regulirt dann seine Geschwindigkeit
durch Anlegen einer mechanischen Bremse (bezieh. des Daumens oder eines anderen
Fingers) an den Umfang des Schwungrades. Läuft der Contactarm mit einer
Geschwindigkeit von 1000 Umdrehungen in der Minute, so können in der Minute (fast)
1000 Buchstaben oder etwa 200 Wörter telegraphirt werden.
Der Vorgang beim Erzeugen der Buchstaben auf dem Papierstreifen steht zwischen dem
Schreiben und Drucken zwischen inne: jeder einzelne Strich wird mit einem Male
gedruckt, die zu einem Buchstaben nöthigen Zeichen aber nach einander. Ganz dasselbe
geschah, allerdings auf elektrochemischem Wege, in dem 1865 in Frankreich
patentirten Telegraph von Vavin und Fribourg (vgl. Zetzsche, Handbuch der elektrischen Telegraphier Bd. 1
* S. 405). Auch da sollte jeder Buchstabe aus 1 bis 11 Strichen gebildet werden,
diese Striche waren aber wesentlich anders gegen einander gestellt, als in der
obigen Figur. Es sollten ferner etwa 100 mit je 11 Strichen ausgerüstete Typen in
einen Rahmen vereinigt und ihre Striche durch je einen Draht mit den 11 × 100
Contactplatten eines Vertheilers verbunden werden. Im gebenden Amte sollten die zum
Telegraphiren des Buchstabens nicht gebrauchten (nach anderen Angaben dagegen die
gebrauchten) Striche jeder Type mit einem nichtleitenden Stoffe überzogen, der Strom
von der Batterie aber durch ein auf die Typen gelegtes Metallblatt zu geführt werden
und in dem empfangenden Amte durch ein ähnliches Metallblatt durch ein getränktes
Papier hindurch zu den Strichen der Typen und schlieſslich zur Erde weiter geführt
werden, dabei aber auf dem Papiere die Buchstaben durch elektro-chemische Wirkung
entstehen lassen.
Es sei übrigens hierbei noch an den Buchstabenschreibtelegraphen des Dr. M. Hipp (vgl. 1851 121 234
und 122 41) erinnert, in welchem ein beständig in einer
bestimmten krummen Linie bewegter Stift mechanisch die Buchstaben auf Papier
schreiben sollte, indem er immer zur rechten Zeit durch einen Elektromagnet auf das Papier
aufgelegt wurde.