Titel: | Neuerungen in der Gasindustrie. |
Autor: | W. Leybold |
Fundstelle: | Band 274, Jahrgang 1889, S. 265 |
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Neuerungen in der Gasindustrie.
(Schluſs des Berichtes S. 232 d. Bd.)
Mit Abbildungen im Texte und auf Tafel 14.
Neuerungen in der Gasindustrie.
Beheizung von EisenbahnwagenVgl. D. p. J., 1887 266 230.und anderen Räumlichkeiten mittels einer von
der Beleuchtungsflamme betriebenen Wasserheizung (D. R. P. Kl. 36 Nr. 45815 vom 4.
November 1886). W. Foulis in Glasgow construirte einen
Apparat, welcher die Ausnützung der durch die Gasflamme einer Waggonbeleuchtung
erzeugten Wärme zur Heizung des Waggons gestattet. Es geschieht dies durch
Uebertragung der Wärme auf Wasser, welches sodann in einer Heizschlange im Wagen
circulirt.
Fig. 17., Bd. 274, S. 265
Der Wasserheizapparat ((Fig.
17) besteht aus dem oberhalb des Brenners z
befindlichen Gefäſs A, welches aus zwei in einander
gesteckten metallenen Gehäusen a und b zusammengesetzt ist, die an ihrem unten liegenden
Rande mittels der ringförmigen Platte c und Schrauben
d dicht mit einander verbunden sind. In dem Gipfel
des Gefäſses A ist senkrecht ein Rohr e eingeschraubt, welches mit seinem oberen Ende in ein
dicht mit ihm
verbundenes Gefäſs f einmündet. Durch das Rohr e ist mit Befestigung an dessen unterem Ende ein Rohr
g gesteckt, welches unten mit dem Gefäſse A communicirt, und dessen oberer, in das Gefäſs f hineinragender Rand den Sitz h für das sich nach oben öffnende Ventil i
bildet. Auf dem Gefäſse f sitzt, dasselbe nach oben
verschlieſsend und in dasselbe hineinragend, eine mit perforirtem Boden k versehene Büchse j, die
oben von einem um m umlegbaren Deckel l abgeschlossen wird. Dieser Deckel kann auch durch
eine andere geeignete Verschluſsvorrichtung ersetzt werden. Unten ist an das Rohr
e das Rohr p
angeschlossen, welches das heiſse Wasser nach der Heizrohrleitung abführt, welche
andererseits durch das Rohr q mit dem unteren Theile
des Gefäſses A communicirt. Die beiden Rohre p und q münden in einen
cylindrischen Körper v, welcher um den
hahnkükenähnlichen Körper s gedreht werden kann, der
durch seine beiden Bohrungen und die Rohre p und q mit den entsprechenden Enden der Heizrohrleitung
verbindet (Journal für Gasbeleuchtung, 1889 Bd. 32 S.
577).
Photometrische Versuche mit den üblichen Lichtquellen;
von J. B. Baille und C.
Féry. Die Verfasser maſsen die Leuchtkraft und den Materialverbrauch der
üblichen Lichtquellen und berechneten aus diesen Angaben den Preis der betreffenden
Beleuchtungsart. Als Photometer diente ein Maſsstab, als Schirm ein mattes
Porzellanprisma mit 90° Winkel; von der einen Seite empfing derselbe die Helligkeit
der zu prüfenden Lichtquelle, von der anderen Seite die des Normallichtes. Ein
Beobachter verglich die Helligkeit beider Seiten, bis dieselbe völlig übereinstimmte
und die vordere Kante vollständig verschwand. Das Normallicht stand, mit dem Schirm
fest in Verbindung, genau 1m von demselben
entfernt, so daſs zur Berechnung der Helligkeit nur die Entfernung der zu messenden
Lichtquelle vom Porzellanprisma abgelesen werden muſste. Als Normal diente die
Carcellampe, wie sie von Regnault und Dumas im J. 1860 vorgeschrieben wurde für die
Ueberwachung der Pariser Gasgesellschaft. Der Brenner ist ringförmig, mit eigens
geflochtenem Docht von 75 Fäden. Der Docht ist 6cm,3 lang und wiegt 4g,25; er muſs stets
trocken aufbewahrt werden. Der Cylinder ist gerade, etwa 1cm über dem Docht verengt. Die Flamme ist etwa 4
Zoll hoch und verbrennt so ungefähr 40g
gereinigtes Rüböl in der Stunde. Der vorgeschriebene Consum von 42g wird durch sorgfältiges Reguliren der
Flammenhöhe erreicht. Während der Versuche muſs der Verbrauch stets controlirt
werden, indem die Zeit gemessen wird, in welcher 5g verbrennen. An der Wage, auf welcher diese Messungen geschehen, ist ein
kleiner Hammer angebracht, der nach dem Abbrennen von 5g durch einen Glockenschlag den Beobachter aufmerksam macht. Bei den
Kerzen, Oel- und Erdöllampen wurde der Verbrauch gewogen, bei Gas durch eine Gasuhr
mit Secundenzähler gemessen; die Gasuhr wurde mittels eines geaichten Gasbehälters
von 25l auf ihre Genauigkeit geprüft. Sämmtliche Flammen brannten vor
Beginn der Messungen erst ¼ Stunde.
Lichtquelle
Lichtstärke in
Verbrauch inder Stunde
Preis von1 Carcel in
derStundein Plennigen
Bemerkungen
Carcels
VereinskerzenUmgerechnet nach Schilling 1 Carcel =
9,82 Vereinskerzen.
Kerzen:
1) Paraffinkerze
0,14
1,37
8g
14,8
Gelbliche Flamme.
2) „ mit Längs- kanälen
0,14
1,37
10
13,7
3) Stearinkerze
0,14
1,37
9
9,6
4) „ gewöhn- liche, voll
0,15
1,47
9
9,6
Oellampen:
5) Moderateur-Lampe
1,04
10,21
36
4,5
Doppelter Luftzug. Ge- reinigtes und
filtrirtes Rüböl.
6) Dieselbe, gewöhnl. Art
1,06
10,40
42
5,2
Gereinigtes und flltrirtes Rüböl.
7) „ „ „
0,94
9,23
46
5,4
Gewöhnliches Rüböi.
8) Carcel-Lampe
1,00
9,82
42
7,7
Gereinigtes und flltrirtes Rüböl.
Petroleumlampen:
9) Lampe mit flachem Docht
0,81
7,95
20
1,8
Docht 13 mm breit.
10) „ „ „ „
2,13
20,91
62
2,1
Docht 50 mm breit.
11) „ „ zwei flachen Dochten
2,07
20,32
63
2,2
Docht 25 mm breit.
12) Lampe, amerikanische, ohne Glas
1,82
17,87
52
2,0
13) Lampe mit Rundbrenner
1,06
10,41
28
1,9
24 mm Durchmesser, ge- wöhnlicher
Brenner, Docht eingeschnürt.
14) „ „ „
1,49
14,62
51
2,4
25 mm Durchmesser, Brenner mit
Platte, eingeschnürter Cy- linder.
15) „ „ „
0,94
9,23
30
2,3
19 mm Durchmesser, Brenner mit
Platte, bauchiger Cylinder.
Gasflammen:
16) Gewöhnlicher Schmetter- lingsbrenner
0,64
6,28
132l
4,9
17) Bengel-Brenner
1,10
10,80
134
2,9
Flammenhöhe 6,5 cm.
18) Brenner mit Zirkon- Leuchtkörper
1,39
13,65
62
1,0
Grünliche Flamme.
19) Brenner mit Magnesia- Leuchtkörper
1,61
15,81
191
2,8
Clamond's Brenner, bläuliche
Flamme.
20) Albocarbon-Lampe
3,35
32,90
–
Glühlampen:
Watts
21) Edwon-Lampe
0,65
6,38
29,44
5,4
22) Gerard-Lampe
0,72
7,07
36,74
6,0
Die Kerzen zeigten sich als das theuerste Beleuchtungsmaterial. Paraffin- und
Stearinkerzen gaben wenig Unterschied; dagegen war die Leuchtkraft beider sehr
schwankend. Oellampen ergaben ziemliche Unterschiede nach der Form des Cylinders,
des Brenners, nach der Art der Luftzuführung, nach der Qualität des angewandten
Oels. Das best gereinigte Oel gab im gleichen Brenner die höchste Leuchtkraft; die
Carcelstunde kostete weniger als bei gewöhnlichem Oel. Erdöllampen gaben ein
billiges Licht, sehr gleichmäſsig dabei. Der Preis für die Carcelstunde ist für die
verschiedenen Brenner fast der gleiche. Unter den Gasflammen ergab der Clamond-Brenner mit einem Glühkörper aus
Magnesiageflecht das billigste Licht, aber stark gefärbte Flamme. Die angewandten
Glühlampen gebrauchten für die Kerze 3 bis 4 Watts Spannung (Journal des Usines à Gaz, 1889 Bd. 13 S. 285).
André Coze's Ofen zur
Gasbereitung mit geneigtliegenden Retorten; von E.
P. Bérard. Das Laden der Retorten in den Gasöfen geschieht bisher in
kleineren Fabriken mit der Schaufel, in gröſseren mittels der Lademulde, einem
eisernen Halbcylinder; derselbe wird gefüllt in die Retorte eingeschoben, umgedreht
und wieder herausgezogen. Das Ausziehen des ausgegasten Koks geschieht mittels
langer eiserner Haken von Hand. Zweifellos ist Laden wie Ausziehen eine harte
Arbeit. In neuerer Zeit kamen in groſsen englischen und französischen Fabriken Lade-
und Ausziehemaschinen in Gebrauch, sie wurden aber zumeist wieder in einen Winkel
gestellt nach kurzem Versuche. A. Coze, Gasdirektor in
Reims, construirte nun einen Ofen mit schiefliegenden Retorten, welcher ein leichtes
Laden sowie ein selbsthätiges Entladen gestattet. Schiefliegende oder senkrechte
Retorten sind bei anderen Industrien schon länger im Gebrauche, so bei der
Destillation von Knochen, bei der Wiederbelebung von Thierkohle, bei der Fabrikation
von Wassergas. In der Gasindustrie wurden solche zuerst von ihrem Erfinder Murdoch 1804 oder 1805 angewandt, von John Grafton 1818, von Vincent
Newton wieder 1851. Aber die zu groſse Neigung der Retorten verursachte
Verstopfungen und Zusammenbacken des ganzen Koksinhalts, so daſs geneigte oder
senkrechte Retorten ganz verlassen und wagerechte eingeführt wurden, wie sie bis
jetzt in Gebrauch sind.
Coze stellte nun Versuche an, welche Neigung zweckmäſsig
die Retorten haben müssen, um die Ladung in der ganzen Retorte zu vertheilen, so
daſs die eingeschütteten Kohlen eben darin gleiten, aber nicht vollständig den
untersten Theil ausfüllen. Die Versuche ergaben als richtig eine Neigung der
Retorten von 30°. Coze construirte seinen Ofen zu 9
Retorten, jede mit Füllöffnung oben und Entleerung unten (vgl. Fig. 3 Taf. 14). Die
Füllöffnung ragt über die Ofendecke hinaus und ist mit einem Schraubenverschluſs
versehen; die Füllung geschieht, wie in Fig. 3 sichtbar, mittels
eines drehbaren Wagens (Fig. 5 und 6), der je eine Ladung in
einer Mulde enthält. Letztere wird in die Retorte gestürzt und vertheilt sich sehr
gleichmäſsig. Die unteren Enden der Retorten, mit demselben Verschlusse versehen,
sind wie sonst gleich mit der Ofenwand eingesetzt. Zum Entleeren der Koks wird der
Verschluſs geöffnet und dieselben mittels eines eisernen Hakens leicht
herausgezogen, falls sie zusammengebacken sein sollten. Meist fallen die Koks leicht
heraus; Rauch und Flammen ziehen in die oben und unten geöffnete Retorte hinein,
welche wie ein Kamin wirkt, so daſs der Arbeiter geschützt ist.
Um die schiefliegenden Retorten zu heizen, muſste Coze
die ganze innere Anordnung der gewöhnlichen Oefen verändern. Er richtete
Generatorfeuerung ein; die Heizgase werden in einem vom Ofen etwas entfernten
Generator erzeugt und brennen, mit vorgewärmter Luft gemischt aus 15
Brenneröffnungen in fünf Reihen vertheilt, wie in Fig. 4 ersichtlich. Die
Flammen schlagen so zwischen den Retorten empor. Wie in Fig. 3 zu sehen, werden
zwei Oefen zusammen gebaut zu einem Doppelblock.
18 Retorten in zwei Oefen vergasten in 24 Stunden 18000k Kohle (166k für Retorte und Ladung)
statt der sonst üblichen 13000k (120k für Retorte und Ladung), und ergaben 5400cbm Gas (30cbm
Gas auf die 100k Kohlen). Erforderlich sind zur
Bedienung der zwei Oefen vier Mann statt wie sonst sechs, damit auch verringerter
Arbeitslohn.
Ein einzelner Ofen zu 9 Retorten in Reims ergab folgende Resultate:
Vergaste Kohle in 24 Stunden
10800k
Ausbeute aus 100k
Kohle
28cbm,75
Erzeugtes Gas in 24 Stunden
3100cbm
Zur Heizung verbrauchter Koks
1440k
Auf 100k Kohle zur Heizung
verbrauchter Koks.
13k,33
Ladung auf die Retorte
200k
Beschreibung zu Coze's Ofen mit geneigtliegenden Retorten (Fig. 1 bis 6 Taf. 14).
Generator
A
Ansicht des Bodens im Retortenhaus (Fig. 4).
B
Wagerechter Schnitt durch den Gaskanal vom Generator aus.
C
Wagerechter Schnitt durch den unteren Theil des Generators.
D
Vorderansicht des Ofens (Fig. 2).
E
Senkrechter Schnitt an der Vorderwand und durch die Mittedes Ofens
(Fig.
1).
F
Längsschnitt mitten durch den Ofen (Fig. 3).
G
Senkrechter Schnitt zwischen zwei Generatoren.
Regenerator
H
Wagerechter Schnitt durch den Eintritt der Luft und die
Re-generatorkammer (Fig. 4).
I
Wagerechter Schnitt, Circulation der Luft und der Rauch-gase (Fig.
4).
J
Wagerechter Schnitt durch den Austritt der vorgewärmten Luft.
K
Querschnitt durch den Raum vor dem Regenerator (Fig. 1).
L
Querschnitt durch den Regenerator mit den Luft- und
Rauch-gaskanälen.
M
Längsschnitt durch die Mitte des Regeneratorraumes mit denLuftkanälen
vom Eintritte bis zum Austritte in den Ofen-raum (Fig. 3).
N
Längsschnitt zwischen zwei Regeneratoren, darüber der Aus-trittskanal
der Verbrennungsluft, unten der Kanal zum Schorn-stein.
Ofen
O
Obere Ansicht mit Vorlage, Füllöffnungen, Geleise und
Füll-wagen.
P
Schnitt, die Lage der mittleren 4 Retorten mit den Füll-öffnungen
zeigend.
Q
Lage der untersten Retorte mit Füll- und Auszieheöffnung.
R
Vorderansicht des Ofens mit den Auszieheöffnungen, Steig-rohren und
Generatorgaskanal (Fig. 1).
S
Querschnitt durch die Mitte des Ofens mit der inneren An-ordnung, dem
Sammelkanale der Heizgase, dem Austritte derheiſsen Luft, dem
Rauchgaskanale.
T
Längsschnitt durch die Mitte des Ofens mit dem Kohlenwagen.
U
Längsschnitt durch die seitlichen Retorten und den Ausgangs-kanal aus
dem Ofenraume.
Kohlenwagen
V
Seitenansicht des Wagens mit den drei erforderlichen Stel-lungen
(Fig.
5).
X
Vorderansicht des Wagens mit verschiedenen Schnitten
derLademulden.
(Bulletin de la Société
d'Encouragement, 1889 Bd. 88 S. 421.)
W. Leybold.