Titel: | Ist der grosse Hub der direkt wirkenden Fördermaschinen zweckmässig? Von A. Bauer, Professor an der Bergakademie in Leoben. |
Fundstelle: | Band 273, Jahrgang 1889, S. 262 |
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Ist der groſse Hub der direkt wirkenden
Fördermaschinen zweckmäſsig? Von A. Bauer, Professor an der Bergakademie in Leoben.Nach einem uns vom Herrn Verfasser freundlich eingesandten Separatabdrucke aus
der Oesterreichischen Zeitschrift für Berg- und
Hüttenwesen, 37. Jahrgang, 1889.
Hub der direkt wirkenden Fördermaschinen.
Die neueren eincylindrigen oder Zwillingsbetriebs-Dampfmaschinen erhalten einen Hub,
der von dem zweifachen Cylinderdurchmesser in der Regel nur wenig abweicht. Dies
Verhältniſs läſst sich zwar nicht rechnungsmäſsig ableiten, hat sich aber im Laufe
der Jahre als zweckmäſsig herausgestellt. Einzelne Maschinenfabriken, insbesondere
amerikanische, vergröſsern den Hub eincylindriger Maschinen bis zum Dreifachen der
Cylinderbohrung.
Direkt wirkende Zwillings-Fördermaschinen zeigen ein Verhältniſs
\frac{s}{d}, welches zwischen 2 und 4 schwankt, ja bei
einzelnen noch über letzteres Maſs hinausgeht. Insbesondere sind es belgische und
französische Maschinen, die einen auſserordentlich groſsen Hub besitzen; sie
zeichnen sich in Folge der geringen Gröſsen ihrer Steuerungsbestandtheile durch die
Leichtigkeit aus, mit welcher das Umsteuern vor sich geht, und fallen auf durch ihre
schlanken Formen.
Zwei Umstände sind es hauptsächlich, welche zu Gunsten des groſsen Hubes angeführt
werden: die geringe Kraft, welche das Eingreifen in die Steuerung erfordert, und die
gröſsere Kolbengeschwindigkeit, welche erreicht wird. Auch werden manchmal die
geringeren Dampfverluste hervorgehoben, welche diese Maschinen in Folge ihres
kleineren Cylinderdurchmessers besitzen sollen.
Die Umdrehungszahl der Maschine wird durch die Fördergeschwindigkeit und durch die
Gröſse der Treibkörbe bestimmt; aus dem Durchmesser der letzteren und aus der
Förderlast ergibt sich auch die an der Maschinenwelle für jede Umdrehung
erforderliche Arbeitsleistung. Zum Vergleiche werden nun zwei Maschinen gewählt,
welche für dieselbe Förderanlage bestimmt und mit vollständig gleichen Treibkörben,
Seilen u.s.w. ausgerüstet sind; ihre Umdrehungszahlen und effectiven Arbeiten für
den Hub sind daher in gleichen Zeitabschnitten des Aufzuges dieselben. Dies gilt
auch für den mittleren Ueberdruck p ihrer
Indicator-Diagramme, wenn beide mit einerlei Anfangsspannung und derselben
Dampfvertheilung arbeiten.
Einstweilen werde angenommen, daſs der Nutzeffect, das Verhältniſs zwischen
gebremster und indicirter Leistung, bei beiden Maschinen I und II den gleichen Werth
besitze, so daſs nicht nur die effectiven, sondern auch die indicirten Leistungen
für jeden Hub dieselben sind und
\frac{\pi\,{d_1}^2}{4}\,p\,s_1=\frac{\pi\,{d_2}^2}{4}\,p\,s_2
ist. Es wird also: f1
s1 =f2
s2 sein, d.h. bei
beiden Maschinen durchläuft der Kolben denselben Raum. Hierin bezeichnet d den Durchmesser, s den
Hub f=\frac{\pi\,d^2}{4}und den Querschnitt des Cylinders. Der
Einfluſs des Kolbenstangenquerschnittes wird bei dieser angenäherten Rechnung
vernachlässigt.
In gleichen Kurbelstellungen besitzen die Maschinen Kolbengeschwindigkeiten (c), die sich zu einander verhalten wie die Hübe s1 und s2; von diesen
Stellungen ausgehend, werden daher die Kolben in darauffolgenden gleichen Zeiten
denselben Raum hinter sich lassen. Beide Maschinen bedürfen daher in entsprechenden
Kurbelstellungen dieselben Aus- und Einströmungsquerschnitte, also genau die gleiche
äuſsere und innere Steuerung, z.B. denselben Schieber mit dazu gehörigem Hube.
Die Maschine mit langem Hube ist daher nicht leichter umzusteuern als diejenige mit
kurzem, letztere wird im Gegentheile bei Coulissensteuerungen eine geringere
Kraftanstrengung von Seite des Wärters erfordern, weil sie kürzere und leichtere
Excenterstangen besitzt. Die irrige Anschauung, welche in dieser Hinsicht ziemlich
allgemein verbreitet ist, dürfte auf die veraltete und unrichtige Constructionsregel
zurückzuführen sein, daſs die Ein- und Ausströmungsquerschnitte zur Kolbenfläche in
einem bestimmten Verhältnisse stehen sollen, welches je nach der Umdrehungszahl der
Maschine ein verschiedenes ist.
Die gröſsere Kolbengeschwindigkeit langhubiger Fördermaschinen ist nicht mit den
gleichen Vortheilen verknüpft, wie diejenige gewöhnlicher Betriebsmaschinen. Eine
der letzteren Gattung, welche früher mit 30 bis 35 Umdrehungen lief, wird bei einer
Verdoppelung ihrer Kolbengeschwindigkeit bei gleichem mittleren Ueberdrucke auch die
doppelte Leistung geben – bei der Fördermaschine sind Geschwindigkeit und Leistung
von vornherein festgelegt. Eine gröſsere Kolbengeschwindigkeit gibt im Zusammenhange
mit höherem Dampfdrucke und weiter gehender Expansion einen ruhigeren Gang; nun sind
aber auch die neueren Fördermaschinen meist mit Steuerungen versehen, welche für die
kleinsten Füllungen keine günstige Dampfvertheilung mehr geben. Eigentliche
Präcisionssteuerungen werden – und wie ich glaube mit Recht – zu Gunsten der
Betriebssicherheit und Einfachheit gern vermieden. Es muſs an dieser Stelle bemerkt
werden, daſs auch bei neueren Fördermaschinen die Regelung häufig nicht durch
Veränderung der Expansion, sondern durch Drosselung des Dampfes bewerkstelligt wird;
die Schuld liegt hierbei weniger auf Seite des Wärters, als auf jener der
ausführenden Maschinenfabrik. Weil die Bewegung des Steuerhebels einen zu groſsen
Kraftaufwand erfordert, benützt der Maschinist denselben lediglich zur Umsteuerung,
stellt ihn auf volle oder nahezu volle Füllung und regelt mit der Drossel. Wer
selbst versucht hat, wie
schwer die Steuerhändel meistens zu bewegen sind, wird einsehen, daſs das andauernde
Ueberwinden dieses Widerstandes während der ganzen Fahrt von dem ohnedies in jeder
Hinsicht sehr in Anspruch genommenen Maschinenwärter kaum zu verlangen ist. Soll der
Gang der Maschine wirklich durch die Expansionsänderung beherrscht werden, so muſs
die Verstellung der Steuerung keinen besonderen Kraftaufwand erfordern, weil sie ja
während der ganzen Fahrt vorgenommen werden soll und nicht wie bei Locomotiven nur
innerhalb bestimmter Zeiträume.
Um die maſsgebenden Umstände zu überblicken, werde angenommen, daſs bei den
verglichenen Maschinen \frac{s_1}{d_1}=2 und
\frac{s_2}{d_2}=4 sei – Verhältnisse, welche bei
Fördermaschinen nach unten und oben nur selten überschritten werden. Es folgt
hieraus weiter:
d13 = (2 d2)3, also: d1 = 1,26 d2 und f1 = 1,6 f2, sowie: s2 = 1,6 s1 und c2 = 1,6 s1. Die hin und her
gehenden Massen des Gestänges werden bei der kurzhubigen Maschine etwas gröſser als
bei der mit groſsem Kolbenwege, was insbesondere in dem schwereren Kolben und
Kreuzkopfe liegt, (Die Kolbendrücke verhalten sich zu einander wie 1,6 : 1.) Ihr
Einfluſs wächst aber mit dem Quadrate der Kolbengeschwindigkeit, so daſs der sogen.
Beschleunigungsdruck, das ist jener Theil des Dampfdruckes, welcher in einer
bestimmten Kurbelstellung zur Bewegung der Massen aufgewendet, oder von denselben
bei ihrer Verzögerung abgegeben wird, bei der Maschine I entschieden kleiner ist,
als bei der zweiten Maschine. Da nun die erstere auſserdem einen gröſseren
Kolbendruck besitzt, haben bei ihr die hin und her gehenden Massen einen viel
geringeren Einfluſs. Diese bewirken aber gerade bei Maschinen von stark wechselndem
Dampfdrucke, also hoher Expansion, den Ausgleich der Kräfte, weshalb in dieser
Hinsicht die Construction der Maschine II, der lange Hub, vorzuziehen ist. Es ist
aber oft nicht möglich, diese Gesetze einzuhalten; man denke z.B. nur an die
Wende-Walzenzugmaschinen, welche mit hoher Kolbengeschwindigkeit und groſser Füllung
arbeiten, dabei aber bedeutende hin und her gehende Massen besitzen. Bei
Fördermaschinen sind nun die Verhältnisse nicht derart, daſs eine kleinere
Kolbengeschwindigkeit auch unbedingt einen unruhigen Gang nach sich ziehen
müſste.
Andere Vorzüge als den besseren Kräfteausgleich besitzt aber der groſse Hub bei
Fördermaschinen nicht. Die Eigenwiderstände der Maschine I können nur unbedeutend
gröſser sein als jene der Maschine II. Die Wege der hin und her gehenden Theile des
Gestänges, also auch der entsprechenden Reibungen stehen bei beiden Maschinen im
Verhältnisse 1 : 1,6, die normal zur Führung gerichteten Componenten des
Kolbendruckes haben das umgekehrte Verhältniſs, nämlich 1,6 : 1. Die Gewichte der
geradlinig bewegten Theile: des Kolbens, Kreuzkopfes u.s.w. und die Kolbenreibung
betragen in ihrer Gesammtheit bei der Maschine I aber jedenfalls weniger als das 1,6 fache der
gleichen Werthe von der zweiten Maschine, so daſs also erstere durch die Reibung
dieser Theile bei jedem Hube eine kleinere Arbeit verliert als letztere, während an
den Zapfen und am Kurbellager das Entgegengesetzte eintritt. Alles zusammen
genommen, kann der Nutzeffect der Maschine mit kurzem Hube nicht wesentlich kleiner
sein, als jener mit groſsem Kolbenwege. Geht man unter das Verhältniſs
\frac{s}{d}=2 herab, so wird derselbe wegen der zunehmenden
Zapfenreibung jedenfalls ziemlich rasch sinken.
Wäre die Entfernung zwischen dem Cylinderdeckel und dem in seiner äuſsersten Stellung
befindlichen Kolben bei beiden Maschinen gleich groſs, so würden sich die
entsprechenden Antheile an den schädlichen Räumen wie die Kolbenflächen, also wie
1,6 : 1 verhalten. Wegen der gröſseren Länge muſs aber der Maschine II auch ein
gröſserer Deckelspielraum gegeben werden, so daſs sich diese Umstände gegenseitig
wieder ausgleichen. (? d. R.)
Der Verlust durch Dampflässigkeit des Kolbens ist bei der Maschine I jedenfalls
gröſser, weil ihr Durchmesser das 1,25 fache desjenigen der zweiten Maschine
beträgt. Die neueren Versuche haben aber gezeigt, daſs dieser Verlust bei guter
Ausführung überhaupt sehr klein ist und von dem Abkühlungsverluste der Innenseite
des Cylinders um ein Vielfaches übertroffen wird. Dieser hat bekanntlich darin seine
Ursache, daſs die Oberfläche des Cylinders und Kolbens eine Temperatur besitzt,
welche zwischen der des Einlaſs- und Auspuffdampfes liegt. Während der Einströmung
und eines Theiles der Expansion schlägt sich aus dem Dampfe Wasser nieder, welches
noch gegen Ende der Expansion oder beim Beginne der Ausströmung auf Kosten der Wärme
der Cylinderwand wieder theilweise verdampft, wovon hauptsächlich die Erniedrigung
dieser Temperatur herrührt. Unter den gemachten Voraussetzungen wird bei beiden
Maschinen das Condensiren des Dampfes bis zur gleichen Kurbelstellung dauern, also
während eines Kolbenweges αs1 bezieh. αs2. Zum angenäherten Vergleich des Verlustes kann hierbei die Oberfläche O benützt werden, auf welcher die Condensation
stattfindet, da alle anderen Umstände, die auf die Menge des niedergeschlagenen
Wassers von Einfluſs sind, sich bei beiden Maschinen gleichen. Nun sind:
O_1=\frac{2\,\pi\,{d_1}^2}{4}+\pi\,d_1\,\alpha\,s_1\ \mbox{und}\
O_2=\frac{2\,\pi\,{d_2}^2}{4}+\pi\,d_2\,\alpha\,s_2
da die Fläche des Kolbens I gröſser ist als jene des zweiten, wird es von dem
Verhältnisse α abhängen, welche der beiden Oberflächen
einen höheren Werth erreicht. Bei den gewählten Maschinen
\left(\frac{s_1}{d_1}=2,\ \frac{s_2}{d_2=4}\right) wird O1 =
O2
, wenn α = 0,36 ist. Ist
α gröſser als 0,36, so wird O1 < O2, indem die Mantelfläche gegenüber der
Oberfläche des Deckels und Kolbens das Uebergewicht erhält und die Maschine mit langem Hübe wird für den
Hub, also auch für die indicirte Pferdekraft und Arbeitsstunde einen gröſseren
Dampfverlust besitzen als die Maschine I.
Arbeiten die Maschinen mit gröſserer Füllung und ungeheiztem Cylinder, so beginnt das
Nachdampfen erst beim Auspuffe, der Coefficient a wird
also angenähert gleich 1 und das Verhältniſs O1 : O2 = 12,5 : 14. Besitzen die Cylinder Dampfmäntel, so
hört die Condensation bei kleiner Füllung schon vor Ende der Expansion auf, doch
dürften bei Fördermaschinen so geringe Füllungen selten verwendet werden, daſs dies
schon vor Erreichung von 0,36 des Kolbenweges der Fall ist. Auſserdem bewirkt die
weiter unten besprochene Abkühlung während des Endlaufes eine Verlängerung der
Condensationsperiode, so daſs im Allgemeinen die Maschine mit kurzem Hube einen
kleineren Dampfverbrauch für die gleiche Zeit und Leistung besitzen wird, als jene
mit groſsem Kolbenwege. Da nun der Abkühlungsverlust einen sehr bedeutenden Einfluſs
übt und bei stetig laufenden Auspuffmaschinen mit Expansion den nutzbaren Dampf
verbrauch um 25 bis 50 Proc. erhöht, wird mit Rücksicht auf das Verhältniſs der
Nutzeffecte die Maschine I mit kurzem Hube
\left(\frac{s}{d}=2\right) höchstens gleich viel Dampf
brauchen als die Maschine II, bei welcher \frac{s}{d}=4 ist.
Die hier gefundenen Ergebnisse werden manchen befremden, nachdem ja doch bekannt ist,
daſs gerade die Erhöhung der Kolbengeschwindigkeit den Abkühlungsverlust sehr
herabdrückt. Versuche, bei welchen eine und dieselbe Maschine mit verschiedenen
Umdrehungszahlen, also auch verschiedener Kolbengeschwindigkeit arbeitete, zeigten,
daſs die Verluste für die Stunde und indicirte Pferdekraft sich unter sonst gleichen
Umständen angenähert wie die reciproken Kolbengeschwindigkeiten verhielten.
Maſsgebend für den Abkühlungsverlust sind bei einerlei Dampfdruck und gleicher
Dampfvertheilung die Oberfläche und die Zeit, innerhalb welcher die Abkühlung vor
sich geht. Läuft die Maschine nur mehr mit halber Geschwindigkeit, so ist für einen
Hub die doppelte Zeit erforderlich. Nun bleibt die während des Hubes geleistete
Arbeit – wenigstens näherungsweise – ungeändert, während der Abkühlungsverlust
dieser Periode entsprechend der längeren Zeitdauer steigt, und zwar schätzungsweise
auf den doppelten Betrag, weshalb der verhältniſsmäſsige Verlust gröſser wird. Bei
Fördermaschinen bleibt die Dauer eines Hubes und die Arbeit, welche der Dampf
während desselben leistet, auch bei der Wahl einer anderen Kolbengeschwindigkeit,
eines gröſseren oder kleineren Hubes ungeändert, so daſs der Verlust für die
Arbeitseinheit beinahe ausschlieſslich nur von den Veränderungen der abkühlenden
Oberfläche beeinfluſst wird. Auch bei Betriebsmaschinen sind ähnliche Betrachtungen
am Platze; insbesondere bei starken inneren Abkühlungen (bei Condensationsmaschinen) ist ein zu groſser
Hub nicht zweckmäſsig.
Es ist bekannt, daſs die Fördermaschinen gegenüber anderen Motoren häufig einen sehr
groſsen Dampfverbrauch ausweisen; die Ursache liegt einerseits in der schlechten
Dampfvertheilung, insbesondere dem hohen Gegendrucke und der geringen Expansion,
andererseits zeigen diese Maschinen aber auſserordentliche Dampfverluste, indem der
wahre Dampfverbrauch manchmal das Doppelte oder sogar noch mehr des nutzbaren, aus
dem Diagramm bestimmten beträgt. Da die Dampflässigkeit verhältniſsmäſsig
geringfügig ist, müssen diese Verluste der Abkühlung zugeschrieben werden, welche,
wie man häufig annimmt, während des Stillstandes der Maschine in so ungünstiger
Weise wirkt. Die Wärmeabgabe der Dampfleitung und des Cylinders an ihre Umgebung
sind jedoch nicht so bedeutend, daſs durch sie allein die schlechte Wirkungsweise zu
erklären wäre, insbesondere bei sorgfältiger Umhüllung dieser Theile. Dies zeigen
alle in neuerer Zeit an Dampfleitungen gemachten Versuche. Die Innenwand des
Cylinders kann auch dann, wenn die Verbindung mit dem Ausströmungsraume hergestellt
ist, keine erhebliche Wärme ableiten, weil keine Circulation vorhanden ist. Der
einzige Verlust, welcher eintreten kann, wird durch das Verdampfen des im Cylinder
befindlichen Wasserrestes herbeigeführt.
Ein Umstand ist es, dem meiner Ansicht nach ein wesentlicher Antheil an der
ungünstigen Wirkungsweise zugeschrieben werden muſs: der verhältniſsmäſsig lange
Endlauf.
Dieser nimmt bei gröſseren Fördergeschwindigkeiten einen bemerkenswerthen Bruchtheil
der ganzen Förderzeit ein, und zwar bei Schächten von geringerer und gröſserer
Teufe. Bei ersteren aus dem Grunde, weil bei ihnen die Zeit eines Aufzuges überhaupt
nicht groſs ist, bei letzteren, weil das niedergehende Seil einen bedeutenden
Einfluſs übt.
Der Endlauf, bei welchem die Maschine nicht mehr als Motor wirkt, vollzieht sich je
nach der Art der Steuerung in verschiedener Weise. Bei Coulissensteuerungen mit nur
zwei Excentern ist die Dampfvertheilung in der Mittellage der Coulisse derart, daſs
eine sehr frühe Vorausströmung mit einer hohen Compression und frühzeitigen
Voreinströmung vereint ist. Insbesondere bei geschlossenem Absperrventil sinkt die
Spannung am Ende der Expansion meist unter die atmosphärische, so daſs beim Beginne
der Vorausströmung Luft aus dem Auspuffrohre in den Cylinder gesaugt wird, welche
bis zum Hubwechsel nachströmt. Die durch die Compression hervorgerufene Spannung
kann eine bedeutende Höhe erreichen, was besonders dann der Fall ist, wenn der
Schieber wegen sehr groſser äuſserer Deckung den Einströmungskanal gar nicht öffnet,
weil dabei die Compression bis zum Hubwechsel dauert. Die todte Lage der Coulisse
wird deshalb auch seltener verwendet.
Ist die Steuerung der Drehungsrichtung entsprechend gestellt, der Hebel also ganz oder theilweise
ausgelegt und das Absperrventil oder die Drossel geschlossen, so bildet sich zu Ende
der Expansion im Cylinder ein theilweises Vacuum, so zwar, daſs beim Beginne der
Ausströmung Luft eintritt, welche beim Rückgange des Kolbens wieder hinausgeschoben
wird. Der Endlauf der Maschine vollzieht sich bei Coulissensteuerungen meist in
dieser Weise. Die zur Entleerung des Cylinders aufgewendete Arbeit, welche von den
bewegten Massen und vom niedergehenden Seile bestritten wird, und die zu Beginn der
Förderung vom Dampfe geleistet werden muſste, wird hierbei zerstört, d.h. durch die
hereinstürzende Luft in Wärme verwandelt und mit dieser wieder fortgeführt.
Aber auch in anderer Weise wirkt der Endlauf schädlich auf den Dampfconsum. Das Ein-
und Ausströmen der Luft kühlt die Cylinderwand ab, was zur Folge hat, daſs beim
nächsten Aufzuge eine beträchtliche Condensation des Admissionsdampfes eintreten
muſs. Ist auch das Auspuffrohr zu Beginn des Endlaufes mit Dampf von atmosphärischer
Spannung gefüllt, so wird dieser, insbesondere bei niederer Auſsentemperatur, durch
die nachgesogene Luft condensirt, so daſs nach einigen Drehungen der Maschine und
kurzer Leitung direkt kalte Luft in den Cylinder gelangt. In dieser Hinsicht ist
während des Endlaufes das Fahren mit geschlossenem Admissionsventile und ganz
ausgelegter Steuerung am schlechtesten.
Werden die Ein- und Auslaſsorgane von getrennten Mechanismen bewegt, so können unter
Umständen die Verluste des Endlaufes herabgezogen werden. Die bekannte Steuerung von
Kraft-Brialmont z.B. gelangt in zweierlei
Ausführung zur Verwendung: in der Mittellage zwischen Vor- und Rückwärtsgang bleiben
stets beide Einlaſsventile geschlossen, die Auslaſsventile werden bei dieser
Stellung entweder ebenfalls geschlossen gehalten, oder sie sind – und zwar jedes
während der ganzen Drehung – etwas geöffnet. Bei der ersten Anordnung arbeitet der
Cylinder während des Endlaufes gerade so, als wenn er überhaupt keine Ventile hätte
und die im schädlichen Raume enthaltene Dampfmenge wird abwechselnd comprimirt und
expandirt. Jede Cylinderseite muſs dabei mit einem verläſslich arbeitenden
Sicherheitsventile ausgestattet werden, damit bei der ersten Compression nach dem
Einstellen der Steuerung in die todte Lage der zusammengedrückte Dampf ins Freie
gelassen wird, wobei also das Sicherheitsventil gleichsam die Rolle des
Ausströmungsventiles übernimmt. Mit dieser Anordnung sind keine wesentlichen
Verluste verbunden, aber der Nachtheil, daſs die Maschine, wenn sie bei einer
gewissen Kurbelstellung zur Ruhe kommt sich nach dem Lüften der Bremse wieder von
selbst etwas bewegen kann, und zwar in Folge des eingeschlossenen Dampfes. Bei der
zweiten Anordnung stehen beide Cylinderseiten während des Endlaufes tortwahrend mit
dem Auspuffrohre in Verbindung. Das gleiche Volumen, welches auf der einen Kolbenseite angesaugt wird,
schiebt die andere Seite hinaus, so daſs der Dampf (von atmosphärischer Spannung)
durch die geöffneten Auslaſsventile von einer Kolbenseite auf die andere wechselt.
Stoſsen aber die Auspuffräume beider Cylinderseiten unter einem spitzen Winkel
zusammen, wie es eine gute Führung des abströmenden Dampfes verlangt, so wird ein
theilweises Rückströmen und Einziehen von äuſserer Luft stattfinden. Das Gleiche
tritt ein, wenn die rückwärtigen und vorderen Auslaſsventile beider Maschinen – der
linken und rechten – mit einander verbunden sind. Ist die Eröffnung der
Ausströmungsventile in der todten Lage der Steuerung nur eine geringe, so wirkt der
Cylinder auſserdem nach Art eines Luftkataraktes bremsend auf die Maschine.
Es liegt wohl auf der Hand, daſs die Abkühlungsverluste von der Gröſse der inneren
Oberfläche wesentlich beeinfluſst werden; da beim Hubwechsel das Maximum der
eingesogenen Luft vorhanden ist, muſs die Oberfläche entsprechend der Todtlage der
Kurbel bestimmt werden, so daſs bei beiden verglichenen Maschinen ein gegenseitiges
Verhältniſs derselben von 12,5 : 14 vorhanden ist, weshalb die Maschine II auch in
dieser Hinsicht ungünstiger arbeitet.
Alles zusammengenommen, kann wohl ausgesprochen werden, daſs der Dampfconsum beider
Maschinen höchstens gleich sein wird, wenn er nicht bei der Maschine I ein
niedrigerer ist. Zieht man noch das gröſsere Gewicht, also den höheren Preis der
Maschine mit langem Hube und die bedeutenderen Kosten ihres Fundamentes in Betracht,
so muſs der Maschine mit mäſsigem Verhältnisse zwischen Kolbenhub und
Cylinderbohrung entschieden der Vorrang eingeräumt werden.
Die Achse der Maschine wird wohl beim kurzen Hube durch den gröſseren Dampfdruck
stärker in Anspruch genommen; bei der gewöhnlichen Entfernung beider Kurbellager von
einander bestimmt sich aber die Stärke im Lager ohnedies weniger nach der
Biegungsbeanspruchung, welche die Schubstangenkraft an dieser Stelle hervorruft, als
mit Rücksicht auf die Wellenstärke in der Mitte der Maschine, indem starke
Querschnittsveränderungen vermieden werden müssen.
Das Verhältniſs \frac{s}{d}=2 ist also dann empfehlenswerth, wenn
die Fördermaschine mit ungeheizten Mänteln, mit mittlerem Dampfdrucke und mäſsiger
Expansion arbeitet. Ueber dasselbe hinauszugehen, etwa bis
\frac{s}{d}=3 ist nur dann am Platze, wenn hohe Spannungen
und kleine Füllungen zur Anwendung gelangen, wenn der Cylinder ein Dampfhemd besitzt
und die Steuerung derart construirt ist, daſs beim Endlauf keine bedeutenden
Abkühlungen stattfinden. Das \frac{s}{d} Verhältniſs, aber noch
gröſser zu nehmen, ist durch nichts gerechtfertigt.
Nachdem in dieser kleinen Studie auch etwas näher auf das ungünstige Arbeiten der
Fördermaschinen eingegangen wurde, sollen zum Schlusse auch noch jene Mittel
besprochen werden, welche den groſsen Dampfconsum derselben herabzudrücken im Stande
sind. Daſs diese Maschinen mit Expansion arbeiten sollen, daſs bei ihnen unter
Umständen sogar das Verbundsystem am Platze ist und auch schon mit Erfolg Verwendung
fand, wurde schon öfter hervorgehoben. Condensation dürfte nur bei flottem Betriebe
und dann gerechtfertigt sein, wenn während des Endlaufes keine Verbindung zwischen
den Cylindern und dem Ausblaseraume (dem Condensator) hergestellt ist, weil sonst zu
groſse Wärmeverluste mit in den Kauf genommen werden müssen.
Weil aber die Condensation auch bei Eincylindermaschinen nicht von jenen Erfolgen
begleitet ist, als man früher erwartete, ist ihre Anwendung bei reinen
Zwillings-Fördermaschinen ohne Verbundwirkung nicht empfehlenswerth, denn die
verhältniſsmäſsig geringen durch sie erzielten Vortheile werden hier durch den
Nachtheil der verwickeiteren Bauweise meistens aufgewogen. Das Folgende bezieht sich
daher auch nur auf Auspuff-Zwillingsmaschinen.
Während der Fahrt soll die Maschine in erster Linie durch die Expansion geregelt
werden und die Steuerung deshalb leicht zu beherrschen sein; die Drossel soll erst
später und die Bremse nur zu allerletzt Verwendung finden. Besitzt die Maschine
Coulissensteuerung, so soll beim Endlaufe eine solche Dampfvertheilung vorhanden
sein, bei welcher Arbeitsverluste möglichst vermieden sind und die aus dem
Auspuffrohre angesaugte Luftmenge auf das geringste Maſs gebracht wird. Dabei darf
die Spannung am Ende der Expansion – beim Beginne der Vorausströmung nicht viel von
der atmosphärischen abweichen, es soll abwechselnd dasselbe Volumen comprimirt
werden und expandiren. Dies wird bei geschlossenem Absperrventil dann der Fall sein,
wenn Admission und Expansion beim Vorwärtsgange des Kolbens denselben Weg einnehmen,
als Compression und Voreinströmung beim Rücklaufe desselben, wobei eine zu hohe
Spannung durch eine genügend frühe Eröffnung der Einströmung verhindert werden muſs.
Unvermeidlich ist es dabei, daſs bei der Vorausströmung ein Ansaugen und bei der
Ausströmung ein Hinausschieben von Luft stattfindet, weshalb diese Perioden
möglichst abgekürzt werden sollen. Bei Ventilsteuerungen mit Gegenhebeln kann sich
der Endlauf auch bei vollständig geschlossenen Ein- und Auslaſsorganen vollziehen,
was bei Schiebersteuerungen nicht leicht durchführbar ist; in beiden Fällen müssen
aber Sicherheitsventile zur Anwendung gelangen. Dies sind jene Verhältnisse, welche
anzustreben sind; wie weit dies bei den einzelnen Steuerungen möglich ist, ohne daſs
hierdurch die Dampfvertheilung während des eigentlichen Arbeitens der Maschine
verschlechtert wird, muſs eine specielle Untersuchung derselben zeigen.
Steuerungen, bei welchen man die Dampfvertheilung der todten Lage vollständig in der
Hand hat, wie die Kraft'sche Ventilsteuerung, sind den
anderen vorzuziehen, weil man bei ihnen die Arbeits- und Abkühlungsverluste während
des Endlaufes sehr herabziehen kann. Dieser kann sich dabei entweder bei vollständig
geschlossenen Ein- und Auslaſsventilen vollziehen, oder es können die Ein- oder
Auslaſsorgane offen gehalten werden.
Sind die Auslaſsventile allein offen, so muſs das Ueberströmen des Dampfes von der
einen zur anderen Kolbenseite erleichtert und das Eindringen von Luft durch das
Auspuffrohr vermieden werden. Es wäre dabei zweckmäſsig, die Dampfableitung eines
Cylinders oder beider zusammen durch einen leichten, genieteten Sammelraum zu
erweitern, der vor Wärmeverlusten geschützt ist und von welchem das
gemeinschaftliche Auspuffrohr abzweigt.
Vollzieht sich der Endlauf und Stillstand der Maschine bei offenen Einlaſsventilen
mit gedrosseltem Absperrventil, so stellt sich dabei in den Cylindern die volle
Kesselspannung ein, wodurch die Abkühlung der Innenwand vollständig vermieden wird.
Dies ersetzt theilweise einen Dampfmantel, nur muſs für eine selbsthätige Entfernung
des Condensationswassers gesorgt werden und eine Einrichtung vorhanden sein, welche
es gestattet, den Dampf nach Schluſs des Absperrventiles hinauszulassen. Diese
Construction ist aber hinsichtlich der Betriebssicherheit nicht über jeden Zweifel
erhaben.
Wie bei allen Maschinen, welche starken Abkühlungsverlusten ausgesetzt sind,
empfiehlt sich auch bei Fördermaschinen die Anwendung eines Dampfmantels.