Titel: | Zur Kenntniss des Schellacks. |
Fundstelle: | Band 270, Jahrgang 1888, S. 415 |
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Zur Kenntniſs des Schellacks.
Zur Kenntniſs des Schellacks.
In den Monatsheften für Chemie, 1888 Bd. 9 S. 157 und
579, berichten R. Benedikt und E. Ehrlich bezieh. R. Benedikt und F. Ulzer über die Ergebnisse ihrer Untersuchung des
Schellacks. Der Hauptinhalt beider Abhandlungen ist im Folgenden wiedergegeben:
Verhalten des Schellacks gegen Aetzalkalien. Für eine
Reihe von technischen Verwendungen wird der Schellack von Wachs befreit. Dies
geschieht durch Kochen mit verdünnten Sodalösungen. Ein passendes Verhältniſs ist
z.B. 100 Th. Schellack, 50 Th. kohlensaures Natron und 2000 Th. Wasser. Sobald sich
das Wachs im geschmolzenen Zustande an der Oberfläche angesammelt hat, läſst man
erkalten, hebt das erstarrte Wachs ab und filtrirt die Flüssigkeit, falls eine
vollständigere Reinigung erwünscht ist. Aus dem Filtrate fällt das Harz beim
Ansäuern in bröckeligen Massen aus, die zusammengeschmolzen die Härte des rohen
Schellacks haben und beim Kochen mit Wasser zwar weich werden, aber nicht
schmelzen.
Wird Schellack hingegen längere Zeit mit concentrirten Sodalösungen gekocht, so
erstarrt er nach dem Ausfällen nicht mehr vollständig, sondern bleibt weich. Diese
Veränderung rührt davon her, daſs ein Theil des Harzes in eine balsamähnliche, bei
gewöhnlicher Temperatur dickflüssige Masse übergegangen ist. Diese Umwandlung geht
weit rascher und vollständiger vor sich, wenn man mit kaustischen Alkalien kocht,
z.B. 1k Schellack mit 3008 Natronhydrat und 20l Wasser. Das Harz wird vorher durch Kochen mit
kohlensaurem Natron in der oben beschriebenen Weise von Wachs befreit. Eine nach ¼
stündigem Kochen herausgenommene Probe läſst beim Ansäuern schon nicht mehr hartes,
sondern klebriges Harz ausfallen. Die Flüssigkeit wird unter zeitweisem Ersatze des
verdampfenden Wassers zwei Stunden im Sieden erhalten, dann erkalten gelassen und
mit verdünnter Schwefelsäure angesäuert. Das Harz scheidet sich zum Theile an den
Wänden der Gefäſse ab, weshalb man das Ansäuern der erkalteten Lösung am besten
gleich in Schüttelflaschen vornimmt. Der andere Theil des Harzes bleibt in der
Flüssigkeit suspendirt. Man schüttelt das Ganze wiederholt mit Aether aus,
destillirt die Auszüge ab und erwärmt den Rückstand bis zur vollständigen
Vertreibung des Aethers auf dem Wasserbade. Dieses noch nicht ganz homogene Product
wird als roher flüssiger Schellack bezeichnet.
Die Ausbeute aus wachsfreiem Schellack beträgt etwa 70 Proc. der andere Theil des
Harzes ist in mehr oder weniger dunkel gefärbte, schmierige Massen übergegangen,
welche von Aether nicht aufgenommen werden.
Mischungen von flüssigem und unverändertem Schellack zeichnen sich durch ganz
eigenthümliche physikalische Eigenschaften aus. Man stellt solche Gemenge am besten
in der Weise her, daſs man das finden Versuch bestimmte Schellackquantum in zwei
Theile theilt, deren Verhältniſs von dem gewünschten Consistenzgrade des Productes
abhängt, den einen Theil in kohlensaurem Natron löst, den anderen in den oben
angegebenen Verhältnissen mit Aetznatron kocht, beide Lösungen vollständig erkalten
läſst, das Wachs abhebt, die Flüssigkeiten vereinigt und mit Essigsäure ausfällt. Die ausgeschiedenen
Flocken vereinigen sich beim Umrühren zu einem Harzklumpen, den man zur Entfernung
der überschüssigen Säure in warmem Wasser ausknetet. Man erhält auf diese Weise ein
plastisches Harz von jedem erwünschten Grade von Weichheit.
Bei einem bestimmten Verhältnisse, welches nahezu gleichen Mengen der beiden
Bestandtheile entspricht, läſst sich die Mischung zwischen den Fingern kneten,
jedoch ohne daran zu kleben, und zu den dünnsten Fäden und Häuten ausziehen. Ein
Kügelchen von 1g Gewicht gibt Fäden von 30m Länge und mehr, die sich dann wieder zu einer
Kugel zusammenballen lassen.
Der plastische Schellack bleibt, wenn er säurefrei ist, sehr lange weich, nach
mehrmonatlichem Liegen beginnt er an der Oberfläche allmählich zu erhärten.
Zur Reinigung des flüssigen Schellacks wurde folgender Weg eingeschlagen: Das
Rohproduct, wie es beim Abdestilliren der ätherischen Auszüge hinterbleibt, wird mit
6 Th. 70 Proc. Weingeistes und überschüssiger gebrannter Magnesia längere Zeit am
Rückfluſskühler gekocht, dann in einem gröſseren Geföſse mit dem gleichen Volumen
heiſsen Wassers versetzt und mittels eingeleiteten Wasserdampfes so lange im Sieden
erhalten, bis der Alkohol vollständig verdunstet ist. Dann filtrirt man ab und
wäscht den Rückstand so lange mit kaltem Wasser nach, bis ein Tropfen des Filtrates
mit verdünnter Salzsäure nur mehr eine schwache Trübung gibt und extrahirt den
Rückstand noch einmal in gleicher Weise. Das Filtrat enthält sodann den gesammten
flüssigen Schellack in Form seines Magnesiasalzes. Der Rückstand besteht aus
überschüssiger Magnesia und dem Magnesiasalze eines Harzes, welches sich bei der
Behandlung mit verdünnter Salzsäure in dunkelgefärbten, schmierigen Massen
ausscheidet und nicht weiter untersucht wurde. Aus der harzsauren Magnesia wird der
flüssige Schellack durch Ansäuern mit verdünnter Schwefelsäure und Ausschütteln mit
Aether gewonnen. Nach dem vollständigen Abdunsten des Aethers hat der anhaltend bei
100° getrocknete flüssige Schellack folgende Eigenschaften: Er ist sehr dickflüssig
und zäh und läſst sich zu Fäden ausziehen, beim Erwärmen auf dem Wasserbade wird er
dünnflüssig. In siedendem Wasser nur in Spuren löslich, wird er von Alkohol und
Aether leicht aufgenommen. Die alkoholische Lösung wird durch Wasser gefällt. Beim
Erhitzen gibt der flüssige Schellack Wasser ab und geht beim Erkalten in eine feste
Masse von muscheligem Bruche über, welche dem ursprünglichen Schellackharze sehr
ähnlich ist.
Durch die Elementaranalyse läſst sich zwischen dem ursprünglichen Schellackharze und
dem flüssigen Schellacke kein Unterschied nachweisen.
Das der Analyse unterzogene Schellackharz war durch Lösen in Weingeist, Filtriren und
mehrmaliges Ausschütteln des Filtrates mit Petroleumäther gereinigt.
Schellackharz
Flüssiger Schellack
C
67,39
67,66
H
8,90
9,15
O
23,71
23,19
–––––
–––––
100,00
100,00
Um zu einer Formel für den flüssigen Schellack zu gelangen, welche sich der Wahrheit
einigermaſsen nähert, wurde dessen Molekulargewicht bestimmt.
v. Schmitt und ErbanSitsb. d. kaiserl. Akad., II. Nov.
1886. fanden für den Schellack folgende Säure- und
Verseifungszahlen:
Säurezahl
Verseifungszahl
Schellack,
braun
65,1
213,3
„
orange
60,0
211,6
Das von Benedikt und Ehrlich verarbeitete Schellackharz
zeigte die Säurezahl 66,0. Für den flüssigen Schellack fanden sie die Säurezahl 204,
oder, was dasselbe bedeutet: 1g des unveränderten
Harzes benöthigt zu seiner Absättigung 0g,066,
dagegen 1g des flüssigen Schellacks 0g,204 Kalihydrat. Die letztere Zahl ist nahezu
dreimal so groſs, als die erste, das Molekül des flüssigen Schellacks enthält somit
drei Carboxylgruppen für je eine im unveränderten Schellack. Der flüssige Schellack
enthält mithin mindestens drei Carboxylgruppen, der feste Schellack ist als ein
inneres Anhydrid des flüssigen aufzufassen.
Bezeichnet man mit M das Molekulargewicht des flüssigen
Schellacks, so ergibt sich dasselbe aus der Säurezahl (204) und aus dem
Molekulargewichte des Kalihydrates (56,1) nach der Gleichung:
M : 3 x 56,1 = 1000 : 204, somit M = 825.
Unter Berücksichtigung des oben angeführten Resultates der Elementaranalyse kann man
nun dem flüssigen Schellack die Formel C46H72O12
(Molekulargewicht 816) beilegen.
Die Erdalkalisalze des flüssigen Schellacks sind in kaltem Wasser in jedem
Verhältnisse löslich, fallen jedoch beim Kochen als zähe, am Boden haftende
Flüssigkeiten aus, die sich beim Erkalten wieder vollständig lösen. Verdunstet man
die Lösungen über Schwefelsäure, so erhält man erst vollständig durchsichtige
Rückstände, welche aber nach einiger Zeit in Folge der Bildung von mikroskopischen
Sprüngen opak werden. Sie sind sehr spröde, leicht pulverisirbar und auch nach dem
vollständigen Trocknen noch leicht löslich in kaltem Wasser.
Das Magnesiumsalz stellt man auf demselben Wege dar, welcher bei der Reinigung des
flüssigen Schellacks eingeschlagen wurde, nämlich durch Kochen der alkoholischen
Harzlösung mit Magnesia, Verdünnen mit Wasser und Filtriren. Beim Abdampfen der
Lösung setzt sich meist etwas beim Erkalten nicht mehr lösliches Harz ab, von welchem man abgieſst,
bevor man weiter concentrirt. Die Analyse ergab einen Magnesiagehalt, welcher der
Formel des basischen Salzes C46H70Mg2O13 annähernd entspricht.
Das Baryumsalz wird erhalten, wenn man die alkoholische Harzlösung mit Barytwasser
unter Anwendung von Phenolphtalein als Indicator genau titrirt, filtrirt und die
klare Flüssigkeit verdunstet.
Blei-, Silber-, Zinksalze bringen in den Auflösungen der harzsauren Magnesia weiſse
Niederschläge hervor, welche sich beim Erwärmen zu harzigen Klumpen vereinigen.
Oxydation mit Permanganat. Zur Oxydation wurden je
100g Schellack in 50g Natriumcarbonat und 2000g Wasser gelöst und nach dem Erkalten vom Wachs
abfiltrirt. Das Filtrat wurde nach Zusatz einer concentrirten Lösung von 30g Kalihydrat mit einer Lösung von 150g Kaliumpermanganat in 4l Wasser vermischt. Die Abscheidung des
Manganhyperoxydes geht sehr langsam vor sich, ist sie beendet, so wird abfiltrirt
und mit verdünnter Schwefelsäure versetzt, wobei sich ein Niederschlag von
harzartigem Aussehen abscheidet. Man schüttelt mehrmals mit Aether aus, kocht die
nach dem Abdestilliren der Auszüge verbleibenden Rückstände wiederholt mit Wasser
aus, wobei man jedesmal vollständig erkalten lassen muſs, um den Harztheilchen Zeit
zu lassen, sich zu Boden zu setzen. Die Lösungen werden abgegossen und auf dem
Wasserbade zur Trockne verdampft. Die Abdampfrückstände befreit man durch
Umkrystallisiren aus heiſsem Wasser von geringen Mengen anhaftenden Harzes.
Das Product besteht aus gröſseren, rein weiſsen Blättchen, welche alle Eigenschaften
der Azelainsäure C9H16O4 zeigen. Ihr Schmelzpunkt wurde bei
107° gefunden.
Bei einem in dieser Weise ausgeführten Oxydationsversuche wurden 20g Azelainsäure aus 100g Schellack erhalten.
Das gleichzeitig entstehende, in Aether leicht lösliche Harz ist identisch mit dem
oben beschriebenen flüssigen Schellack, es verdankt seine Entstehung der Gegenwart
von Aetzkali. Das von der Azelainsäure getrennte flüssige Harz wurde wiederum
oxydirt und stets wieder Azelainsäure erhalten.
Zu erwähnen ist noch, daſs neben dieser Säure auch buttersäureartig riechende
Producte in nicht unbeträchtlicher Menge auftreten. Man kann, wenn man die Oxydation
mit dem unangegriffenen Theile des Harzes immer wieder von Neuem vornimmt, zuletzt
das ganze Harz in Azelainsäure und Fettsäuren überführen.
Die Ergebnisse der Oxydation mit Permanganat bestätigen somit die früher von Preschern ausgesprochene Vermuthung, daſs das
Schellackharz in naher Beziehung zu den Fettsubstanzen stehe, sie scheinen
beweisender als die mit der Kalischmelze erhaltenen Resultate, insbesondere als über
die Ausbeuten, welche bei dieser Reaction erhalten wurden, nichts bekannt geworden
ist und die Möglichkeit nicht ausgeschlossen war, daſs die Azelainsäure aus dem
Schellack wachse entstanden sei. Es sind gerade die groſsen Ausbeuten an
Azelainsäure, auf welche besonderes Gewicht zu legen ist.
Das Schellackwachs wurde zuerst aus Körnerlack bereitet. Da aber dessen Wachsgehalt
sehr gering und somit die Beschaffung gröſserer Mengen des Wachses schwierig ist,
wurde die Untersuchung mit den Wachskuchen fortgesetzt, welche bei der
fabrikmäſsigen Auflösung des Schellacks in Soda abfallen, wie sie zur Herstellung
von Lederlacken geübt wird. Die beiden Producte zeigten aber nicht dieselbe
Zusammensetzung, so daſs die erhaltenen Resultate gesondert angeführt werden.
Ob die erwähnte Verschiedenheit ihren Grund darin hat, daſs der Gummilack selbst
verschieden zusammengesetzt ist, oder ob das technische Wachs aus mit Colophonium
verfälschtem Schellacke hergestellt war, kann noch nicht entschieden werden. Das
letztere Product enthält indessen beträchtliche Mengen einer Substanz, welche
deshalb interessant schien, weil sie der erste bekannte Vertreter einer neuen
Körpergruppe, der „Harzwachse“ ist. Dieselben sind Ester von Harzsäuren mit
Wachsalkoholen.
Wachs aus Körnerlack. Zur Abscheidung des Wachses wurden
je 28 Körnerlack mit 1k Natriumcarbonat und 40l Wasser so lange gekocht, bis sich das Wachs im
geschmolzenen Zustande an der Oberfläche angesammelt hatte. Nach dem Erkalten wurden
die erstarrten Scheiben abgehoben, die einzelnen Partien vereinigt und durch Kochen
mit Wasser und Umschmelzen geklärt. Die Ausbeute betrug 0,5 bis 1,0 Proc. Das Wachs
war gelblich-grau gefärbt und schmolz bei 59 bis 60°.
Je 1 Th. Wachs wurde nun mit 6 Th. Kalihydrat in alkoholischer Lösung durch
24stündiges Kochen am Rückfluſskühler verseift, die kochende Flüssigkeit in viel
Wasser gegossen und bis zur vollständigen Vertreibung des Alkohols gekocht. Die
durch ausgeschiedene Wachsalkohole getrübte Flüssigkeit wurde nun mit Chlorcalcium
gefällt, der aus fettsaurem Kalke und Wachsalkoholen bestehende Niederschlag von der
Flüssigkeit getrennt und wiederholt mit absolutem Alkohol ausgekocht. Die Auszüge
lieſsen beim Erkalten voluminöse, aus feinen nadelförmigen Krystallen bestehende
Niederschläge fallen, welche durch Filtriren so gut als möglich von der Mutterlauge
getrennt und auf Platten getrocknet wurden. Zur Trennung des auf diesem Wege
erhaltenen Gemisches von Wachsalkoholen fand man es am vortheilhaftesten, die Masse
mit dem gleichen Gewichte Essigsäureanhydrid zu kochen, hierauf in Wasser
einzugieſsen und den erhaltenen Kuchen wiederholt und zwar bis zum Verschwinden der
sauren Reaction mit Wasser auszukochen. Das Gemenge der Essigsäureester läſst sich
durch Extraction mit Aetheralkohol in zwei Partien sondern, von welchen die eine leichter, die andere
schwerer löslich ist. Jede Fraction wurde sodann aus siedendem Alkohol so oft
umkrystallisirt, bis ihr Schmelzpunkt constant blieb.
Cerylessigester. Der in Aetheralkohol löslichere Theil
schmolz bei 65° und hatte die Verseifungszahl 127,8Vgl. Benedikt, Analyse der Fette, S. 114ff und Benedikt
und Ulzer Monatshefte für Chemie, S.
41., demnach ist das Molekulargewicht des Esters: 56100 : 127,8 =
438,9 und des darin enthaltenen Alkohols: 438,9 – 42 = 396,9. Dies stimmt mit dem
Molekulargewichte 396 des Cerylalkohols C27H56O überein.
Sodann wurde der Ester mit alkoholischem Kali verseift, die Flüssigkeit mit Wasser
verdünnt und nach dem Ansäuern so lange gekocht, bis der Waschalkohol in klarer
Schichte oben aufschwamm. Der Kuchen wurde nach dem Erkalten abgehoben und aus
Alkohol umkrystallisirt, wobei feine in Aether und Benzol schwer lösliche Nadeln
erhalten wurden, welche bei 79,5° schmolzen.
Myricylessigester. Der in Aetheralkohol schwer lösliche
Ester schmilzt bei 70°. Er wurde in derselben Weise untersucht wie der
Cerylessigester. Seine Verseifungszahl wurde zu 117,5 gefunden, daraus das
Molekulargewicht des Esters 477,5, des Alkohols 435,5, während Myricylalkohol das
Molekulargewicht 438 hat.
Der freie Alkohol schmolz bei 85,5°.
Fettsäuren. Zur Gewinnung der im Körnerlackwachse
enthaltenen Fettsäuren wurden die mit absolutem Alkohol erschöpften Kalksalze mit
Salzsäure zerlegt. Die Ausbeute war gegenüber der erhaltenen Wachsalkoholmenge
überraschend gering, das erhaltene Quantum reichte zur Aufsuchung der einzelnen
Fettsäuren nicht hin. Das mittlere Molekulargewicht wurde durch Bestimmung der
Verseifungszahl (201,8) zu 278 gefunden, die abgeschiedenen Säuren enthielten keine
Harzsäure, waren schmierig und dürften zum gröſsten Theile aus Stearinsäure,
Palmitinsäure und Oelsäure bestehen. Die geringe Ausbeute an Fettsäuren veranlaſste
Benedikt und Ulzer zu
untersuchen, ob das Körnerlackwachs nicht schon zum gröſsten Theile aus freien
Alkoholen bestehe. Dies kann bei allen Wachsarten am einfachsten in folgender Weise
geschehen.
Man bestimmt die Verseifungszahl des Wachses, acetylirt etwa 30§ desselben und
bestimmt neuerdings die Verseifungszahl.Vgl. Benedikt und Ulzer,
Monatshefte für Chemie, Bd. 8 S. 41. Ist die
„Acetylverseifungszahl“ gleich der erst gefundenen Verseifungszahl, so
enthält das Wachs keinen freien Alkohol, ist sie gröſser, so ist freier Alkohol
vorhanden.
Der untersuchte Körnerlackwachs zeigte die Verseifungszahl 57,6, die
Acetylverseifungszahl 115, somit die Acetylzahl 57,4.
Da dem Cerylalkohol die Acetylverseifungszahl 128,1, dem Myricylalkohol 116,9 zukommt, so kann der
Gehalt des Körnerlackwachses an freien Alkoholen auf ungefähr 50 Proc. geschätzt
werden.
Harzwachs aus technischem Schellackwachse. Das
Schellackwachs, welches Benedikt und Ulzer untersuchten, stellt eine harte, spröde,
dunkelbraune Masse dar. Es wird hier nur dasjenige besprochen, was sich auf das
darin enthaltene Harzwachs bezieht und es sei nur erwähnt, daſs der Rest des
Schellackwachses aus freien Wachsalkoholen (Ceryl- und Myricylalkohol), einem Wachs
und einem in siedendem Alkohol unlöslichen Körper besteht.
Zur möglichst vollständigen Scheidung des Harzwachses von den anderen Gemengtheilen
ist es am besten, das Schellackwachs mit kaltem Petroleumäther wiederholt
auszuziehen, indem man das zerriebene Wachs in Schüttelflaschen mit dem
Lösungsmittel übergieſst und unter öfterem Umschütteln einige Tage stehen läſst. Die
Auszüge werden auf dem Wasserbade abdestillirt und der Rückstand zur Entfernung des
Petroleumätherrestes so lange mit Wasserdampf destillirt, bis das Wachs auf dem im
Destillationskolben condensirten Wasser als blasenfreie, gleichmäſsig geschmolzene
Masse oben aufschwimmt. Das Product wird zur Entfernung des darin enthaltenen
Fettwachses in absolutem Alkohol gelöst und von dem weiſsen, krystallinischen
Niederschlage, der sich beim Erkalten bildet, abfiltrirt. Das Filtrat wird durch
Destillation concentrirt, erkalten gelassen, von einer neuerlichen geringen
Ausscheidung getrennt, sodann mit Wasser verdünnt und bis zur Vertreibung des
Alkohols gekocht. So dargestellt bildet das Harzwachs gelbe, durchscheinende,
knetbare Scheiben, welche bei 56° schmelzen. Die Ausbeute beträgt 40 Proc. vom rohen
Schellackwachse.
Dieses Product hat die Säurezahl 9, während das Rohwachs 43,7 Säurezahl hatte. Um
auch den dadurch angezeigten letzten Rest von freier Säure möglichst zu entfernen,
wurde das Harzwachs in Alkohol gelöst, nach Zusatz von Phenolphtalein genau mit
Kalilauge neutralisirt, 1/10 Vol. Wasser hinzugegeben und mit Petroleumäther
ausgeschüttelt.
Die Untersuchung des auf diese Weise gereinigten Harzwachses ergab folgende Zahlen:
Säurezahl = 2 bis 4, Verseifungszahl = 126,4, Acetylverseifungszahl = 131,8,
Acetylzahl = 5,4, Jodzahl = 32,8.
Aus diesen Daten folgt, daſs die Substanz noch Spuren von freien Säuren und von
freien Wachsalkoholen (Acetylzahl) enthält, im Wesentlichen aber ein Wachs ist. Die
verhältniſsmäſsig hohe Jodzahl zeigt die Gegenwart von Estern ungesättigter Säuren
an.
Das Harzwachs wurde nun durch Verseifen mit alkoholischer Kalilauge in seine
Bestandtheile zerlegt. Die alkoholische Seifenlösung wurde nach Zusatz von etwas
Wasser mit Petroleumäther wiederholt ausgeschüttelt. In den Auszügen fanden sich
Wachsalkohole, und zwar wurden nach der bei der Untersuchung des Körnerlackes
beschriebenen Weise Ceryl- und Myricylalkohol isolirt.
Die mit Petroleumäther erschöpfte weingeistige Lösung wurde mit verdünnter
Schwefelsäure angesäuert und zur Entfernung des Alkohols und der letzten
Petroleumätherreste mit Wasserdampf destillirt. Die abgeschiedene Säure war schwerer
als Wasser, nach dem Erkalten hart, spröde, von muscheligem Bruche. Sie wurde bis
zum Aufhören des Schäumens vorsichtig geschmolzen und zeigte nun alle Eigenschaften
des Colophoniums.
Die erhaltenen Harzsäuren wurden zur Bestimmung ihres Gehaltes an Fettsäuren nach v. Hübl und StadlerBenedikt, Analyse der Fette, S. 125.
untersucht, wobei sich ergab, daſs sie noch 8,5 Proc. Fettsäuren enthalten.
Daſs die Harzsäuren des Schellackwachses mit denjenigen des Schellacks selbst nicht
identisch sind, geht schon daraus hervor, daſs sie aus der v. Hübl'schen Jodlösung 88 Proc. Jod aufnehmen, während Schellackharz kein
Jod addirt.
Die Säurezahl der Harzsäuren wurde zu 146 gefunden, genau so, wie von v. Schmitt und Erban für
Colophonium.Monatshefte für Chemie, 7. 655.
Da auch alle äuſseren Eigenschaften dieser Harzsäuren, das physikalische Verhalten,
die Löslichkeitsverhältnisse, das Verhalten bei der Destillation u.s.w. mit denen
der rohen Abietinsäure übereinstimmen, so wird dieselbe damit für identisch
erklärt.
In dem untersuchten technischen Schellackwachse war somit ohne Zweifel Harzwachs
enthalten. Ob dasselbe schon ein Bestandtheil des Gummilackes war, oder sich
vielleicht beim Zusammenschmelzen von Schellack mit Colophonium gebildet hatte,
bleibt noch zu entscheiden.
Auf synthetischem Wege Harzwachse aus Colophonium und Wachsalkoholen herzustellen,
ist bisher nicht gelungen.