Titel: | Neuerungen an Bohr- und Fräsmaschinen. |
Autor: | Pr. |
Fundstelle: | Band 270, Jahrgang 1888, S. 398 |
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Neuerungen an Bohr- und
Fräsmaschinen.
Mit Abbildung.
Neuerungen an Bohr- und Fräsmaschinen.
Betts' Flügelbohrmaschine. Eigenthümlich ist bei dieser
von der Betts Machine Co. in Wilmington, Amerika,
gebauten Bohrmaschine die Spindelentlastung und die Anordnung des Spindelantriebes.
Nach der, dem Iron vom 23. März 1888 S. 244 entnommenen
Abbildung (Fig. 1) geht die Spindelverlängerung durch
ein Hülsenrad, trägt am obersten Ende ein sich frei drehendes Kreuzstück, an welchem
zwei angelenkte Gewichtshebel die Bohrspindel stets hochhalten, während eine lose
aufgeschobene Zahnstangenhülse die zwischen Bunden gehaltene Bohrspindel beim Bohren
vortreibt.
Fig. 1., Bd. 270, S. 398Bei Lösung des Reibungskegels auf der Schneckenradwelle des Steuerrades geht die
Bohrspindel frei in die Höhe, wodurch an Arbeitszeit gespart wird. Die Bohrmaschine
ist mit einem in Schräglage stellbaren Aufspanntische versehen.
T. Shanks' Kesselbohrmaschine. Für das Ansaldo-Werk bei Genua in Italien haben T. Shanks und Comp. in Johnstone nach Engineering, 1888 Bd. 65 S. 153, auſser einer
Blechbiegemaschine mit stehenden Walzen (1882 245 519)
noch eine Bohrmaschine mit einer wagerechten Bohrspindel für die Stirnwände, sowie
eine vierfache für die Rundkesselwände geliefert. Bei der letzteren sind die, das
Bohrwerk fragenden Arme um die wagerechte Antriebswelle drehbar und bilden gleichsam
vier umgelegte, in einer Reihe angeordnete Flügelbohrmaschinen, deren Arme in
senkrechter Ebene selbständige Drehverstellungen erhalten.
Ueber den Bau der Flügelbohrmaschine, insbesondere der Radialbohrmaschinen hat John J. Grant im American
Machinist, 1888 Bd. 11 Nr. 16 S. 3, verschiedene bemerkenswerthe
Betrachtungen veröffentlicht. Bekanntlich ist die Verwendung der Flügelbohrmaschinen
vortheilhaft, weil bei einer Aufstellung des Werkstückes sämmtliche Löcher einer
Seite desselben gebohrt werden können, auch können, sofern die Bohrspindel für
Schräglagen eingerichtet ist, auſserdem beliebig gerichtete Löcher bei einer
einzigen Aufstellung des Werkstückes gebohrt werden.
Immer aber ist die Hauptbedingung zu erfüllen, daſs sämmtliche Löcher, bei einer
festen Einstellung des Bohrwerkzeuges in jeder Lage des Bohrschlittens auf dem
Dreharme auch genau parallel bleiben, was zu erzielen um so schwieriger wird, je
gröſser die Hebelarme der biegenden Kräfte und je kleiner jene der
Führungswiderstände werden. Da aber in den Constructionstheilen der Maschine auſser
den reinen Biegungskräften noch verdrehende Kräfte auftreten, die namentlich den
Flügel um so stärker beanspruchen, je weiter die Bohrspindel von der Achsenebene des
Dreharmes vorsteht, so wäre jene Anordnung empfehlenswerth, bei welcher die
Bohrspindel geradezu in die Achsenebene des drehbaren Flügels gelegt ist. Da aber
hierdurch nicht nur die Antriebsweise umständlicher, sondern auch die Schräglage des
Bohrwerkes behindert wird, so findet diese Anordnung verhältniſsmäſsig wenig
Anwendung.
Die als Freiträger von gleichem Widerstände auszubildende Standsäule wird sammt der
Bettplatte am günstigsten dann in Anspruch gekommen., wenn der Flügel in der
Hauptebene liegt, am ungünstigsten in der winkelrechten Lage dazu. Eine Beschränkung
der Seitenabmessungen des Ständerfuſses ist aber durch die möglichste Ausnutzung des
Arbeitsfeldes bedingt.
Durch die Hochstellungen des Flügels wird zwar der Wirkungsbereich der Maschine
erweitert, es werden damit aber neue Schwierigkeiten hervorgerufen.
Sind in dem Ständerschlitten die Lager für den Dreharm angebracht, so tritt bei einer
winkelrechten Lage des Armes zur Standsäule thatsächlich nur eine Belastung der
schmalen Führungsleisten in Verbindung mit einem neuen Torsionsmomente ein. Die
vorderen breiten Führungsflächen des Lagerschlittens sind vollständig auſser
Wirksamkeit gesetzt, der Lagerdruck aber in die Theilungsfuge der Lager gelegt,
lauter Umstände, welche die richtige Lage der Bohrspindel beeinträchtigen.
Diese Uebelstände zu verringern, schlägt J. J. Grant die
in Fig. 2 dargestellte Anordnung vor, nach welcher
der Flügel an der Drehsäule in Schlittenführung sich verschiebt, die Drehsäule aber
im festen Lagerständer sich dreht, während der letztere auf stark verrippter
Grundplatte in üblicher Art aufgeschraubt ist.
Fig. 2., Bd. 270, S. 400Weil hierbei die Säulenzapfen in geschlossenen Lagerbüchsen laufen, das
Unterlager aber vorn offen bleiben kann, so veranlaſst das Einbringen der Drehsäule
keine Schwierigkeiten. Nebensächlich hleibt hierbei der Riemenantrieb mittels
Leitrollen.
Ein zweiter wichtiger Umstand, der besonders bei Flügelbohrmaschinen auffällig wird,
ist das durch die auftretende Spannungsentlastung der Constructionstheile gegen Ende
der Bohrarbeit, beim Durchbohren des Loches bedingte Durchtreiben des
Bohrerwerkzeuges. Dieser Uebelstand wird durch Spindelentlastung zu beheben gesucht,
wobei aber wieder das rückenseitig aufgehängte Gegengewicht das Torsionsmoment auf
dem Dreharme vergröſsert.
Auch diesem Uebelstände sucht Grant in der Weise
abzuhelfen, daſs er bei Spindelsteuerung mit Zahnstangenhülse das Getriebe
Zahnstange so legt, daſs dasselbe gleichzeitig in ein kolbenartig geführtes Gegengewicht greift,
welches seitlich der Bohrspindel angeordnet ist. Die einfache Anordnung der
Steuerung wird dadurch in keiner Weise behindert, nur der Bohrschlitten in günstiger
Richtung erweitert. Allerdings wird dafür der Uebelstand eines wagerecht laufenden,
schwer zugänglichen Steuerungsriemens eingetauscht.
Nicholson und Waterman's Bolzenkopf- und Mutternfräse. Bei dieser nach American Machinist, 1888 Bd. 11 Nr. 8 S. 1, dargestellten Maschine (Fig. 3) sind beide Spindelenden mit Schneidwerkzeugen
versehen, und zwar ist die eine Seite der Maschine für Muttern, die andere für die
Bearbeitung der Bolzenköpfe eingerichtet. Das zulaufende Kühlwasser flieſst in die
Schlitten tröge und von da nach dem Mitteltheile des Ständers, wo es in einem Kübel
abgefangen wird.
Fig. 3., Bd. 270, S. 401Bohr- und Fräsmaschine der Straight Line Engine
Company. Diese nach Art der Tischhobelbänke ausgeführte, sowohl in der
Anlage der Triebwerke, als auch in den Theilausführungen bemerkenswerthe Bohr- und
Fräsmaschine, sucht die Wirkung gewöhnlicher Hobelmaschinen zu ersetzen.
Nach American Machinist, 1888 Bd. 11 Nr. 21 S. 1, ist
das mit flachen Bahnen versehene Bett in geschlossener Röhrenform ausgeführt (Fig. 4), wodurch die gröſste Widerstandsfähigkeit
gegen seitliche und vergehende Kraft Wirkungen erzielt wird. Auch der ungewöhnlich
hohe Aufspanntisch ist kastenförmig.
Der an den stehenden Führungsleisten der platten Seitenständer gleitende Querbalken
ist auf einer Seite mit einem ungewöhnlich langen Führungsschuhe versehen, wodurch
die richtige Lage desselben gesichert wird. Die vorgesehene Gewichtsentlastung
erleichtert die Hochstellung. Der Betrieb der in dem Schlitten des Querbalkens
befindlichen Bohr-oder Fräserspindel
erfolgt durch eine schwingende Keilnuthwelle, welche mittels Winkelräder von der,
die Stufenscheibe tragenden Antriebswelle abzweigt, sich durch eine Lagerbüchse am
Querbalken durchschiebt und je nach der Lage des Querbalkens sich einrichtet. Ein in
dieser Lagerbü437chse liegendes Winkelradpaar überträgt die Bewegung auf die wagerechte
Welle im Querbalken, von wo dieselbe mittels Schneckenradtriebwerkes auf die
stehende Fräserspindel abgeleitet wird. Wie die lothrechte Verstellung der
Bohrspindel während der Arbeit erfolgt, ist aus der Quelle nicht zu ersehen.
Fig. 4., Bd. 270, S. 402Auf dem rechten Ende der das Bett durchquerenden
Stufenscheiben-Antriebswelle ist eine mit Leder belegte Steuerscheibe aufgesetzt,
vor welcher in 3mm Abstand eine, in einem Rahmen
lagernde Trommel vorgelegt ist. Zwischen Stirnfläche der Steuerscheibe und
Trommelumfang klemmt sich ein schmaler endloser Riemen, welcher von Rollenbacken
gehalten, längs der Führungsschiene verlegt, d. i. an verschiedene
Mittelpunktsstellungen der Steuerscheibe gebracht werden kann. Dadurch kreist die frei
lagernde Trommel in verschiedener Gangart und nach beliebigem Drehungssinne,
überträgt die Bewegung mittels Schneckenradtriebwerkes entweder durch die stehende
Seitenwelle auf den Quersupport, oder bei Auslösung derselben mittels eines zweiten
Schneckentriebwerkes auf den Tisch.
Diese Schneckenwelle ist vermöge eines Handhebels um die Achse der
Winkelradzwischenwelle schwingend, wodurch der Eingriff dieser Schnecke aufhört. Zur
Festlegung des Tisches dient alsdann ein, im Schutzhelme des Schneckenrades
eingelegter Zahnkeil, während die selbsthätige Tischbewegung bei eingelegter
Schnecke durch ein Zahnstangetrieb vermittelt wird.
Ob die Tischeinstellung beim Bohrbetriebe mittels der an der Querbalkenspindel
angebrachten Handkurbel rückwirkend, oder durch andere Vorkehrungen auf das
Zahnstangenrad unmittelbar wirkend ermöglicht wird, ist nicht angegeben. Immerhin
bietet diese eigenthümliche Maschine willkommene Anregung zu neuen Verbesserungen im
Baue groſser Fräsemaschinen.
Pr.