Titel: Ueber Paraffin im Erdöle.
Fundstelle: Band 269, Jahrgang 1888, S. 563
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Ueber Paraffin im Erdöle. (Schluſs des Berichtes S. 518 d. Bd.) Ueber Paraffin im Erdöle. Ein anderer Versuch wurde in der Weise vorbereitet, daſs aus der zur Reinigung der Rückstände gebrauchten Schwefelsäure bezieh. aus dem gebildeten sauren Theere durch wiederholtes Auskochen mit Wasser und Neutralisation mit kohlensaurem Natron die Schwefelsäure theils entfernt, theils abgestumpft wurde. Diese schmierige Masse, welche die aus dem Rohöle entfernten färbenden, harzigen und asphaltartigen Stoffe enthält, der Destillation unterworfen, erwies sich gleichfalls Paraffin bildend. Dieselbe Beobachtung machte früher Perutz (Industrie der Mineralöle, S. 295) und wollte daraus Folgerungen über die Entstehungsursachen des Erdwachses aus dem Erdöle ableiten.1) Indessen spricht gegen die Perutz'schen Auseinandersetzungen unter Anderem, daſs die Destillation des neutralisirten Paraffintheeres für eine etwaige Bildung des Paraffines nicht ausschlaggebend sein kann, weil man eine mechanische Beimischung desselben kaum wird verhüten können. Das im Destillate dieses Theeres aufgefundene Paraffin könnte demnach einfach überdestillirt sein. Zweitens wird davon gesprochen, daſs die Schwefelsäure oxydirend wirkt und die Bildung von Sauerstoffharzen veranlaſst; wohingegen behauptet werden muſs, wie das auch später berücksichtigt wird, daſs diese Sauerstoff haltigen Körper bereits fertig enthalten und unter dem Einflüsse natürlicher Agentien entstanden sind. Wohl wird ein Theil Schwefelsäure dabei zerlegt, aber es findet in diesem Falle eine tiefer gehende Oxydationswirkung auf die organische Substanz unter Bildung von Wasser und Abscheidung von Kohle (bezieh. auch Kohlensäure) statt; vorzüglich jedoch bilden sich auch mit Sauerstoff haltigen Körpern Sulfoproducte, welche sich ausscheiden und aus dem Erdöle entfernt werden. – Und schlieſslich kann man denn doch nicht ohne Weiteres annehmen, daſs Erdwachs aus dem Erdöle zuerst durch einen Oxydationsprozeſs und darauf durch Reduction sich bilde. Dagegen muſs aus den Versuchen Zaloziecki's mit Sicherheit geschlossen werden, daſs bei der Destillation der Rohöle in höheren Temperaturen aus den gefärbten asphaltartigen und harzigen Beimengungen Paraffin gebildet wird.2) Diese Stoffe sind Sauerstoff haltig, wahrscheinlich Oxydationsproducte der Kohlenwasserstoffe, und obwohl ihr chemischer Charakter unentschieden ist (ja man kann nicht einmal behaupten, ob er überhaupt einheitlich ist und ob nicht neben Säure ähnlichen auch phenol-, keton- und ätherartige sich vorfinden), so wurde doch festgestellt, daſs sie bei der Destillation theilweise zersetzt werden unter Bildung von Kohlenwasserstoffen, unter denen auch feste (Paraffin) sich vorfinden. Es ist auch weiter nicht von Belang, speciell für diese Reaction eine specifische Unterscheidung des chemischen Charakters dieser Sauerstoff haltigen Stoffe zu machen, da denselben allen in hohen Temperaturen die Eigenschaft zukommt, unter Spaltung in Kohlenwasserstoffe zu zerfallen. Auf einer Zersetzung hochatomiger, Sauerstoff haltiger Kohlenwasserstoffverbindungen beruht die Darstellung des Photogenes und Paraffines aus den meisten fossilen Kohlen, aus Torf und Holz. In allen diesen Substanzen dürfte der gröſste Theil (öfters die ganze Menge) des daraus gewonnenen Paraffines, wie man sich ausdrückt, präformirt enthalten sein, obwohl nicht ausgeschlossen ist, daſs ein Theil derselben auch in bereits fertigem Zustande sich vorfindet, wo demnach örtlich die Reduction der Pflanzenfaser oder der thierischen Substanz bis zur Bildung der Kohlenwasserstoffe gediehen ist. Merz3) fand z.B. im Bolley'schen Laboratorium in dem ätherischen Auszuge der Bogheadkohle Paraffin. Die Hauptmasse jedoch und in meisten Fällen die ganze Menge des ausgebeuteten Paraffines entsteht erst durch Zersetzung in der Hitze und zwar theilweise bei der Darstellung des Theeres, theilweise erst bei der Destillation desselben, denn die Paraffin bildenden Sauerstoffverbindungen haben die Eigenschaft, auch theilweise unzersetzt zu destilliren, wenn die Operation dementsprechend geführt wird, und es ist eine bekannte Thatsache, daſs Dampftheere, gewonnen durch überhitzten Dampf, von den Retortentheeren sich stark unterscheiden, denn während erstere mit Alkalien sich beinahe vollständig verseifen lassen, ist bei letzteren dasselbe nur theilweise der Fall und Paraffin schon in ansehnlichen Mengen vertreten. Auch für die Entstehungsursachen natürlichen Paraffines ist eine ähnliche Voraussetzung gemacht worden. Hofstädter4) kommt beim Studium der Zersetzungsproducte des Paraffines mit Salpetersäure zu dem Schlusse, daſs dasselbe durch einen Reductionsprozeſs aus fetten Körpern entstanden ist. Eine weitere Bestätigung der Zersetzung harziger und asphaltartiger Sauerstoffverbindungen des Rohöles nach obigem Sinne bieten die Resultate der Untersuchung der dabei entstehenden Gase. Bei der Destillation der Erdölrückstände in den Temperaturen 300 bis 400° der übergehenden Dämpfe findet eine ansehnliche Gasbildung statt, welche auſser Kohlenwasserstoffen, deutlichen Spuren von Schwefelwasserstoff und Ammoniak 0,6 Proc. Kohlendioxyd und 11,3 Proc. Kohlenoxyd enthielten; zugleich wird dieselbe begleitet von einer nicht unerheblichen Wasserbildung, indem sich sowohl im Kühlrohre Wassertropfen ansetzen, als auch in der Vorlage ansammeln und zweifelsohne ebenso wie die Kohlenstoffoxyde Zersetzungsproducte Sauerstoff haltiger Körper sind. Es muſs noch bemerkt werden, daſs ähnlich wie bei der Theerverarbeitung durch eine einmalige Destillation diese Sauerstoffverbindungen nicht sämmtlich zersetzt werden, die Destillate mitunter stark Sauerstoff haltig5) sind und die Möglichkeit vorliegt, daſs bei wiederholter Destillation abermals ein Theil derselben unter Bildung von Paraffin zerfällt. Es erübrigt noch das Verhalten des Paraffines selbst bei der Destillation zu besprechen und speciell des im Erdöle sich vorfindenden. Das Paraffin gehört in Folge seiner hohen Siedetemperatur und der geringen Dampfspannung zu den Körpern, welche in gewöhnlicher Weise ohne Zersetzung sich nicht destilliren lassen, welche aber gröſstentheils vermieden werden kann, entweder durch Erniedrigung der Siedetemperatur bei Zuhilfenahme des Vacuums oder durch Erhöhung der Flüchtigkeit bei Anwendung stark gespannter oder überhitzter Wasserdämpfe. Nicht alle Arten Paraffin verhalten sich dabei gleich, wesentliche Unterschiede zeigen Proto- und Pyroparaffin und es ist am Eingange bereits darauf hingewiesen und hervorgehoben, daſs beim Protoparaffine die Zersetzung durch Einfluſs der Hitze gröſser ist, als beim Pyroparaffine, denn während sie beim ersteren 30 bis 50 Proc. beträgt, macht sie beim zweiten 20 bis 30 Proc. aus unter sonst gleichen Bedingungen. Es wurde auch eine Deutung dieser Erscheinung versucht und angenommen, daſs unter Voraussetzung eines gleichen Charakters der Kohlenwasserstoffe in beiden Fällen die widerstandsfähigere Abart des Paraffines aus widerstandsfähigeren Isomeren zusammengesetzt ist, während in den labileren Abarten theilweise auch labilere Gruppirungen vertreten sein können. Es wurde noch eine zweite Annahme gemacht und zwar, daſs die ersteren krystallinisch sind (aus den erkannten Repräsentanten zu schlieſsen), die letzteren aber amorphcolloidal, und weil im Erdölparaffine (Protoparaffin, sowie auch im Ozokerite) auch krystallinisches Gefüge festgestellt wurde, so dürfte demnach nach dieser Voraussetzung dasselbe aus Normal- und Isoparaffinen bestehen, während gewöhnliches Paraffin (Pyroparaffin), erhalten durch Destillation von Ozokerit, Erdöl, Braunkohlen, Torf, Boghead, Cannelkohlen, Holz, Schiefer u. dgl. vorwiegend normal gebaut wäre. Doch ist die Widerstandsfähigkeit des Paraffines in dieser Hinsicht überhaupt nicht unbeschränkt. Bei jeder Destillation wird ein Theil in flüssige Producte verwandelt und der Schmelzpunkt erniedrigt und durch vereinte Wirkung von Hitze und Druck haben F. E. Thorpe und John Joung6) dasselbe vollständig in flüssige Kohlenwasserstoffe ohne bedeutende Vergasung übergeführt. Von denselben Forschern wurde auch die Art und Weise der Zersetzung verfolgt und festgestellt, daſs ein höheres Paraffin sich in ein niedrigeres unter Abspaltung von Olefin verwandelt. Gegenüber diesem Spaltungsbestreben, welches auch bei der gewöhnlichen Destillation wirksam ist, werden sich naturgemäſs verschiedene Isomere verschieden verhalten, indem bestimmte Bindungen leichter gelöst werden können als andere beständigere. Im Allgemeinen ist die leichtere Zersetzbarkeit den secundären und tertiären Bindungen eigen und wird dieselbe demnach auch vorzüglich auf solche Isomere sich erstrecken, deren Bau solche Bindungen in sich faſst. Gleichzeitig entspricht im Allgemeinen diesen Bindungen eine geringere Siedetemperatur, somit eine gröſsere Flüchtigkeit, bei höheren Gliedern ein niederer Schmelzpunkt als den normalen und wie früher bereits bemerkt, können flüssige Isomere eines Kohlenwasserstoffes existiren, welcher bei Normalstructur feste Aggregatform hat, oder aber es ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen und sogar sehr wahrscheinlich, daſs ein festes Isoparaffin trotz Abspaltung einfacher Gruppen in ein zwar weniger atomiges aber dabei normal gebautes Paraffin übergeht, welches trotzdem nicht absolut flüssig zu sein braucht und sogar einen von dem anderen wenig unterschiedenen Schmelzpunkt besitzen kann. Wird für die Zersetzung eines Normalparaffines angenommen die Gleichung CH3(CH2)n . CH3 = CH3(CH2)n–2 . CH3 + CH2 : CH2 so kann man für eine secundäre Bindung (mit Methylgruppen) Missing or unrecognized delimiter for \left
[Textabbildung Bd. 269, S. 568]
gelten lassen. Man sieht aus der vorletzten Gleichung, daſs das gebildete Normalparaffin um 4 Atome in der letzten, um 6 Atome Kohlenstoff von der Ausgangs-Isoverbindung ärmer gemacht wird, aber in beiden Fällen können, sobald die Ausgangssubstanz überhaupt die zur festen Aggregatirung nöthige Anzahl Kohlenstoffatome besitzt, die gebildeten Normalkohlenwasserstoffe in Folge ihrer geänderten Structur gleichfalls feste Körper sein. Ja es gehört vielleicht auch nicht in das Bereich der Unmöglichkeiten, daſs selbst flüssige Isoparaffine von hohem Kohlenstoffgehalte bei einer analogen Zersetzung in Normalparaffine mit geringerem Kohlenstoffgehalte, aber fester Aggregatform übergehen. Durch diesen Uebergang der Iso- in die Normalstructur beim Destilliren des Erdöles ist die krystallinische Structur der Destillate im Vergleiche zur Stammsubstanz, welche ihr salbenartiges Aussehen in gereinigtem Zustande dem Vorhandensein gröſserer Menge Isoparaffine verdankt, zu erklären. Eine Destillation roher Erdölrückstände wird nach allem bisher Gesagten sich, was speciell das Paraffin anbelangt, ziemlich complicirt gestalten und einige theils rein mechanische, theils chemische Vorgänge umfassen und zwar destilliren erstens feste und flüssige Normalparaffine theils unzersetzt, theils unter Zersetzung, zweitens werden höhere flüssige und feste Isoparaffine in niedere Normalparaffine, die theils fest, theils flüssig sein können und in Olefine gespalten; dabei bleibt nicht ausgeschlossen, daſs eine Destillation derselben ohne Zersetzung möglich ist, und drittens werden die Sauerstoffverbindungen (vielleicht auch Schwefelverbindungen) unter Wasser, Kohlensäure und Kohlenoxydspaltung und Kohlenwasserstoffbildung (Paraffin) zersetzt. Aehnlichen Umwandelungen wird auch Erdwachs bei der Destillation unterliegen. Diese mannigfaltigen Vorgänge verursachen, daſs man über die Ausbeute des Paraffines bei der Destillation der Erdölrückstände, selbst wenn man dessen Gehalt vorher ermittelt, nicht ohne Weiteres urtheilen kann. Doch scheint im Allgemeinen das zersetzende Prinzip in seiner Gesammtwirkung das bildende zu überwiegen, d.h. eine Destillation wird in der Regel von einer Minderausbeute gegenüber dem ursprünglich enthaltenen Producte begleitet. Vorzüglich gilt das jedoch rücksichtlich der reinen Rohöle, und nur bei Paraffin armen aber stark harzigen und Asphalt reichen könnte das Umgekehrte stattfinden. Zaloziecki hat den Paraffingehalt dreierlei Gattungen Erdöl vor und nach der Destillation bestimmt; zwei von den untersuchten Oelen waren dunkel gefärbt, eines rein und hellgelb. Die Bestimmungen wurden ausgeführt nach dem beschriebenen Verfahren und sind die Ergebnisse folgende: 1) Erdöl von Klentschany; hellgelb.
Protoparffin = 4,6 Proc. mit 51° Schmelzp. Pyroparaffin = 2,18 51,5 Kohliger Rückstand = 0,7 Gase aus der Differenz = 1,6
2) Erdöl von Lipinki; dunkelbraun.
Protoparffin = 5,8 Proc., wovon jedoch 30 bis 40 Proc. Asphalt mit-         gefällt wurde, in reinem Zustande 48° Schmelzp. Pyroparaffin = 2,65 Proc. mit 47° Schmelzp. Rückstand = 5,6     „ Gase aus der Differenz = 3,1     „
3) Erdöl aus Kryg; schwarzbraun.
Protoparffin = 6,5 Proc., wovon etwa die Hälfte asphaltartige Be-         standtheile, im gereinigten Zustande 50° Schmelzp. Pyroparaffin = 2,35 Proc. mit 48° Schmelzp. Rückstand = 6,2      „ Gase aus der Differenz = 3,4      „
Man bemerkt aus dieser Zusammenstellung, daſs die Menge Paraffin, direkt im Rohöle ermittelt, bedeutend gröſser ist, als in den entsprechenden Destillaten. Maſsgebend muſs vor Allem das erste Beispiel sein, denn das aus diesem Rohöle ausgeschiedene Product war reines gelbgefärbtes Paraffin, während in beiden letzten Fällen mit dem Paraffine ein groſser Theil dunkler asphaltartiger Producte mitgefällt wurde, so daſs hier die Unterschiede in den Procenten vor und nach der Destillation bedeutend gemildert werden und, wenn man die Zersetzungsverluste des fertigen Paraffines bei der Destillation in Rechnung zieht, man zu dem Schlusse gelangen muſs, daſs auch eine Neubildung desselben vor sich gehen muſste. Auffallend ist weiter die Procentzahl für den Rückstand und Gasverlust beim reinen Oele gegenüber den dunklen Sorten, welche dafür spricht, daſs reine Kohlenwasserstoffe im Allgemeinen keiner so gründlichen Zersetzung unterliegen als die oxydirten Bestandtheile. Die mannigfaltigen bereits dargelegten Vorgänge bedingen, daſs rücksichtlich der Veränderung des Schmelzpunktes fester Bestandtheile vor und nach der Destillation keine feste Regel aufgestellt werde kann, obwohl im Allgemeinen das Bestreben einer Erniedrigung desselben zu verzeichnen ist. Ebenso unentschieden bleibt diese Erscheinung beim Destilliren nicht der Rohöle, sondern des daraus dargestellten und gereinigten Protoparaffines, gleichzeitig jedoch wird dieselbe von einer Erhöhung des specifischen Gewichtes begleitet und zwar wurde bestimmt
I. II. Protoparaffin = 0,891 Protoparaffin = 0,887 Pyroparaffin = 0,913 Pyroparaffin = 0,892
Es drängt sich nun die Frage auf, welche praktische Bedeutung kann allen diesen Beobachtungen zugemessen werden und welche Vortheile für die technische Verwerthung des Erdölparaffines ergeben sich daraus? Die richtigste Gewinnungsmethode, welche die gröſste Ausbeute versprechen würde, bestünde demnach in einer unmittelbaren Ausscheidung des Paraffines aus den vom Kerosine befreiten Erdölen. Der Weg dazu wäre vorgezeichnet durch die Methode der Paraffinbestimmung im Kleinen. Aber damit beginnen auch die Schwierigkeiten. Diese Operation erfordert einen groſsen Aufwand kostspieliger und vielleicht in solchen Mengen gar nicht zu beschaffender Substanzen (Aethyl- und Amylalkohol), dem freilich entgegengehalten werden muſs, daſs dieselben nicht nur zurückgewonnen werden können, sondern auch müssen. Weiter ist das auf diese Art erzeugte Paraffin in den meisten Fällen stark verunreinigt (stärker als Ozokerit) und seine Reinigung würde die Verwendung groſser Mengen Schwefelsäure und Entfärbungsmittel nach sich ziehen, obwohl auch dieser Zweck vielleicht auf anderem Wege sich erreichen lieſse, in der Art, wie dessen wiederholt Erwähnung geschehen, nämlich durch Behandlung mit dem Alkoholgemische in der Wärme, wobei das Paraffin löslich, der gröſste Theil der Verunreinigungen aber unlöslich ist. Im Ganzen und Groſsen stellt sich jedoch eine ähnliche Arbeitsweise ungünstig dar, doch bleibt es immerhin versuchswürdig, ob nicht etwa die Verarbeitung Paraffin reicher und mittelreiner Erdöle eine gute Calculation ermöglicht. Eine zweite und ausnahmslos im Gebrauche befindliche Methode beruht auf der Destillation der Erdölrückstände und Gewinnung des Paraffines aus den Destillaten. Die Destillation wird über dem freien Feuer ausgeführt; ob zu diesem Zwecke überhitzter Wasserdampf oder luftverdünnter Raum in Anwendung kommt, ist nicht bekannt. Nach Duvin (Chem. Centr., 1884 S. 384), welcher die Gewinnung von Paraffin und schweren Oelen aus Erdölrückständen beschreibt, erhält man durch Destillation derselben im Vacuum mit Hilfe von überhitztem Wasserdampfe 96 bis 98 Proc. Paraffinöl, während man bei einfacher Destillation nur 50 Proc. erhält. Diese bei gewöhnlicher Temperatur erstarrenden Oele enthalten etwa 50 Proc. Paraffin (?), wovon 20 Proc. gewonnen werden können. Zur Paraffingewinnung kann man das Oel auch mit Amylalkohol mischen, auf – 5° abkühlen und in Filterpressen behandeln. Es ist nach dem früher Gesagten ganz klar, daſs die Art und Weise der Destillation auf die Ausbeute von groſsem Einflüsse ist, denn durch dieselbe wird erstens der Grad der stattfindenden Zersetzung des Paraffines bedingt und zweitens auch – das darf man nicht unberücksichtigt lassen – werden Neubildungen in Scene gesetzt. Weil aber, wie das auch früher schon besprochen ward, die Zersetzung die Neubildung in der Mehrzahl der Fälle überwiegt, so hat man bei der Wahl der Destillationsart darauf in erster Linie Rücksicht zu nehmen. Ganz entschieden wird die Sache bei Paraffin reichen, nicht stark gefärbten Oelen, deren Gehalt an festen Bestandtheilen man trachten muſs im möglichst unveränderten Zustande in das Destillat zu bekommen und anderenfalls auf eine Mehrausbeute durch Neubildung nicht viel zu rechnen Ausnahmsweise, wenn Asphalt reiche, Paraffin arme Oele vorliegen oder sogen. Bergtheere, könnte die Umkehrung dieser Bedingungen am Platze sein und dann eine zersetzende Destillation nützlich werden. Man ist auf dem Gebiete der Paraffingewinnung aus dem Erdwachse bereits auf diesen Standpunkt gelangt und die Praxis hat bewiesen, wie recht man daran gethan hat, denn durch Einführung der Destillation mit überhitztem Wasserdampfe hat man eine bis dahin nicht gekannte Ausbeute an Paraffin zu erzielen gelernt. Eine, gröſseren Zersetzungen vorbeugende Destillation im Vacuum oder mit überhitztem Wasserdampfe hätte auch den groſsen Vortheil, daſs Destillate durch eine gröſsere Schmierfähigkeit gegenüber den zersetzten Oelen ausgezeichnet wären und mithin könnte die Fabrikation guter Schmieröle mit der Paraffindarstellung verbunden werden. Die in gewöhnlicher Weise destillirten Rückstände haben bekanntlich eine verhältniſsmäsig geringe Viscosität und sind nur ein minderwerthiges Schmiermaterial, während dieselben im nichtdestillirten aber gereinigten Zustande (Vaselin) diese Eigenschaften in hohem Grade besitzen. Sind feste Isoparaffine die Ursache der salbenförmigen (schmierbefähigten) Consistenz der Vaseline, so müssen sie analog im flüssigen Zustande auch einen gewissen Theil dieser Eigenschaften haben oder mit anderen Worten durch eine gröſsere Viscosität gegenüber den Normalparaffinen ausgezeichnet sein. Bei der Dampfdestillation oder im Vacuum können sie leichter theilweise ohne Zersetzung destilliren, wie über direktem Feuer und werden daher im ersteren Falle in gröſserer Menge im Destillate anwesend sein. – Der Grad der Viscosität wäre demnach von einem gröſseren oder geringeren Gehalte der Oele an Isoparaffinen abhängig. Auch ist die Reinigung solcher Oele wegen eines geringeren Antheiles der Zersetzungsproducte einfacher gemacht. Zum Schlusse macht Zaloziecki darauf aufmerksam, daſs alle diese Ausführungen und Darlegungen in erster Linie das galizische Erdöl betreffen, daſs dieselben jedoch nach der groſsen Analogie desselben mit dem amerikanischen auch für letzteres vollständig oder theilweise gültig sein dürften. Wie sich das russische Oel, speciell das von Baku, welches durch Zusammensetzung und Eigenschaften von den beiden ersten unterschieden ist, allen hier erörterten Fragen gegenüber verhalten wird, können erst weitere Untersuchungen entscheiden. Daſs es feste Kohlenwasserstoffe, wenn auch in sehr geringer Menge enthält, ist erwiesen, aber ob dieselben der Sumpfgasreihe angehören, wie beim galizischen oder amerikanischen, oder feste Repräsentanten der im Bakuer Oele ermittelten hydrogenisirten aromatischen Kohlenwasserstoffe (Naphtene) sind, ist unbekannt. F. Beilstein und E. Wiegand (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1883 S. 1547) haben im kaukasischen Ozokerite einen festen Kohlenwasserstoff Leken isolirt, dem etwas geänderte Eigenschaften zukommen.