Titel: Neuerungen im Eisenhüttenwesen.
Autor: Stn.
Fundstelle: Band 269, Jahrgang 1888, S. 289
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Neuerungen im Eisenhüttenwesen. (Patentklasse 18. Fortsetzung des Berichtes Bd. 268 S. 63.) Mit Abbildungen auf Tafel 14. Neuerungen im Eisenhüttenwesen. a) Der Hochofenprozeſs. In The Engineering and Mining Journal, 1888 Bd. 45 * S. 288, berichtet Frank Calvin Roberts in Philadelphia (Pa.) über eine verbesserte Aufhängung der Gichtglocke der Hochöfen, welche in Amerika bereits bei neun Hochöfen zufriedenstellend arbeitet. Wie Fig. 2 Taf. 14 erkennen läſst, sind an dem sich über der Gicht erhebenden Gestell zwei Balanciers D E gelagert, welche an den inneren Enden durch zwei Glieder C mit einander verbunden sind und an den äuſseren Enden der Kolbenstange des oscillirenden Hubcylinders G angreifen bezieh. ein Gewicht F, welches das Gewicht der Glocke A ausgleicht, tragen. Die Stange der Gichtglocke A ist mit der Mitte der Glieder C verbunden, so daſs erstere beim Auf- und Abbewegen der Balanciers in gerader senkrechter Linie sich bewegt. Mittels der Vorstecker K kann die Gichtglocke festgestellt werden, was oftmals wünschenswerth ist. Als Hauptvortheil dieser Einrichtung wird angegeben, daſs sich die Glocke gleichmäſsig vom Trichter entfernt und deshalb, eine gleichmäſsige Füllung des Trichters vorausgesetzt, auch die Begichtung gleichmäſsig stattfindet. In D. p. J., 1887 266 * 391 ist bereits angeführt worden, welche Ziele Fritz W. Lürmann in Osnabrück beim Baue von Hochöfen anstrebt. Dieselben gehen hauptsächlich darauf hinaus, die unteren, den chemischen Einflüssen am meisten ausgesetzten Partien des Ofens vom Gewichte des Schachtes möglichst zu entlasten. Der erste Schritt in dieser Hinsicht war die Anordnung der bekannten Lürmann'schen Schlackenform; dann folgte die Befestigung der Windformen und Kühlkästen am Rastmantel und zuletzt die Abfangung des Schachtes durch besondere Unterconstructionen, Säulen, Mauern, Träger u.s.w. Jetzt geht Lürmann noch einen Schritt weiter (vgl. Stahl und Eisen, 1888 S. 303) und schlägt vor, das Ofengestell allseitig frei zu legen und Einrichtungen zu treffen, um dasselbe erforderlichenfalls auswechseln zu können. Lürmann unterbreitet den Hochöfnern drei Constructionen zur Begutachtung. Bei der ersten mit durchweg cylindrischem Schachte wird von der Auswechselbarkeit abgesehen. Der Schacht wird von der Gicht bis zur Sohle in kurze Abschnitte getheilt, die einzeln durch besondere Console, welche an dem Eisengerüste des Ofens angebracht sind, unterstützt werden. Die Trennungsfugen der einzelnen Theile greifen falzartig in einander, so daſs im ganzen Schachte kein offener Spalt vorhanden ist, trotzdem aber die einzelnen Theile sich senkrecht gegen einander verschieben können. Der das Gestell bildende Theil ist mit einem schmiedeeisernen Mantel und Boden versehen, ruht auf -Trägern und kann also auch von unten gekühlt werden. Fig. 3 Taf. 14 stellt die Anordnung mit auswechselbarem Herde dar. In der Ebene ab findet die Trennung des allseitig freiliegenden und, wenn nöthig, auswechselbaren Herdes A von dem darüber befindlichen feststehenden Theile B des Hochofens statt. Die obere oder bezieh. und die untere Dichtungsebene bei ab können aus Lagen gekühlter Platten gebildet sein. Wenn die obere Lage der Kühlplatten zur Anwendung gelangt, so kann diese an dem Theile B, d.h. an dem Rastmantel hängen. Wird die untere Lage der gekühlten Platten gebraucht, so kann diese auf dem Herde A ruhen. Zwischen den Dichtungsebenen bei ab, mögen dieselben aus gekühlten Platten gebildet sein oder nicht, kann eine Schicht c, aus Thon oder Steinen bestehend, letztere mit Mörtel o. dgl., eingesetzt sein, wodurch die Abdichtung zwischen dem allseitig freiliegenden und auswechselbaren Herde A und dem feststehenden Theile B bewirkt wird. Der Herd A, eingefaſst mit einem starken Mantel, welcher gekühlt werden kann, ruht auf einem fahrbaren Untergestelle und dieses auf Schienen. Wenn die saure oder basische Ausfütterung d dieses Herdes während des Betriebes durch die Schlacke so weit aufgelöst ist, daſs eine Ausbesserung nöthig wird (obgleich die bei demselben von allen Seiten und von unten mögliche Kühlung den Herd viel haltbarer machen kann), oder wenn der Boden f des Herdes durch festes Eisen oder feste Schlacke zu sehr erhöht ist, wenn überhaupt die Auswechselung des Herdes A erwünscht erscheint, wird ein vorhandener gleicher Herd bis dicht an den im Betriebe befindlichen Herd A gefahren. Die Auswechselung wird nach einem Abstiche, und kurz nach Abstellung des Windes, also dann vorgenommen, wenn sich die Beschickung in der Ebene ab in gröſster Auflockerung befindet. Die Auswechselung kann dadurch schon längere Zeit vorbereitet werden, daſs man das Innere des Herdes durch Wegnahme von Theilen der Abdichtungsschicht c untersucht, und etwaige in der Innenfläche des Gestelles in der Ebene ab vorhandene feste Schalen durchschlägt. Der Herd A kann auſserdem vor der Auswechselung etwas gesenkt werden, indem man denselben durch Hydraulik, Excentriks, Keile, Schrauben oder Kniehebel, welche in dem Untergestelle desselben oder unter den Schienen der Eisenbahn angeordnet sind, auf den niedrigsten Punkt stellt. Dadurch, daſs man die Steinschicht c und die etwa dahinter befindlichen Schalen zerstört, wird eine Trennung des Herdes A von dem feststehenden Theile B in der Ebene ab ermöglicht. Nachdem man sich überzeugt hat, daſs diese Trennung in allen Theilen der Ebene ab stattgefunden hat, werden beide Herde durch mechanische Einrichtungen zusammen so lange vorgezogen oder geschoben, bis neue Herd sich genau unter dem feststehenden Theile B, d.h. unter der Ebene ab befindet. Auf diese Weise kann eine Entleerung der Beschickung während der Auswechselung nur in den einzuwechselnden Herd vor sich gehen. Wenn der Querschnitt des Herdes rechteckig ist, dann erfolgt der Anschluſs der Herde unmittelbar an einander. Ist der Querschnitt des Herdes kreisförmig, so muſs zwischen die Herde ein dem mittleren Theile einer Brille ähnliches Anschluſsstück Angeschaltet werden. Soll dagegen eine theilweise oder vollständige Entleerung der die Füllung des Hochofens bildenden Beschickung vorgenommen werden, sei es, daſs die Zusammensetzung dieser Beschickung eine für die jeweilige Schmelzung ungeeignete ist, sei es, daſs der Hochofen ganz auſser Betrieb gesetzt werden soll, so kann dies mit Hilfe des auswechselbaren Herdes geschehen, indem man denselben theilweise nach der einen oder zuerst theilweise nach der einen und dann theilweise nach der anderen Seite wegschiebt, oder indem man den Herd A ganz wegschiebt und so den Hochofen ganz oder theilweise nach unten öffnet, und die Beschickung herausfallen läſst. Die Unterstützungen des Schachtes des Hochofens sind so angeordnet, daſs die Herde nach zwei Seiten zwischen denselben frei ein- und ausgeschoben werden können. Die in dem Untergestelle des eingewechselten Herdes oder unter den Schienen der Eisenbahn angeordneten Hebe- und Senkvorrichtungen werden, nachdem derselbe genau unter B angekommen ist, auf den höchsten Punkt gestellt, und die Abdichtungsschicht c wird neu hergestellt, so daſs der neue Herd in der Ebene ab dicht an den feststehenden Theil B des Hochofens anschlieſst. Der ausgefahrene Herd A wird dann ausgebessert und zur Wiederbenutzung bereit gestellt. Das flüssige Roheisen kann bei dieser Anordnung an einer oder mehreren Seiten der Herde in Pfannen, und an einer oder mehreren Seiten in Sandformen oder Coquillen abgestochen werden. Nach der dritten Anordnung schlieſst sich an den Theil B der Fig. 2 ein sich nach unten stark verjüngendes trichterartiges Gestell, welches, da es auf Rädern läuft, ebenfalls ausgewechselt werden kann. Unter diesem Trichter befindet sich eine fahrbare Pfanne, die, wenn sie mit Eisen gefüllt ist, durch eine leere Pfanne ersetzt werden kann. Als Zukunftsmusik bezeichnet es Lürmann, statt der Pfanne eine Bessemer-Birne zu benutzen, die nach der Füllung mit einer Windleitung verbunden werden kann, oder die Pfanne selbst mit einer Windleitung zu verbinden, so daſs das Eisen in demselben Maſse, wie es in die Pfanne herunterschmilzt, auf Fluſseisen verblasen und als solches abgestochen wird. Es verdient erwähnt zu werden, daſs auch in Amerika gleiche Bestrebungen sich geltend machen. So wurde im J. 1885 an E. Walsh jun. in St. Louis ein Nordamerikanisches Patent Nr. 366282 ertheilt, nach welchem der obere Theil des Ofenschachtes durch eine zweite, auf der unteren stehende Säulenreihe unterstützt wird. Dort wird auch vorgeschlagen, die Steinfugen des unteren Ofentheiles stark nach innen geneigt anzuordnen, um die Steine durch das Bestreben, nach innen zu rutschen, fest mit einander zu verbinden (vgl. auch 1887 264 * 220). In der Oesterreichischen Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1888 Bd. 36 S. 161, beschäftigt sich Friedrich Toldt in Neuberg mit der zweckmäſsigsten Gestalt der Hochöfen. Nach Besprechung der über diesen Punkt schon bekannt gewordenen Meinungen von v. Tunner, Felix Brabant, Lürmann, Walsh und Bell kommt Toldt zu folgenden Schlüssen: Die Weite der Gicht soll möglichst klein sein; eine Erweiterung des Schachtes gegen die Rast hin ist für die richtige Materialvertheilung im Ofen erwünscht; der Rastanschluſs soll ziemlich tief gelegt werden; die Gestellweite ist von der zu erzeugenden Roheisensorte abhängig; die Wahl derselben ist mit Rücksicht auf die dem Hochöfner noch während des Betriebes zur Verfügung stehenden Mittel zu geringen Aenderungen dieser Weite nicht von besonderem Einflüsse; die Rastweite darf nicht zu groſs sein; je einfacher das Profil, um so günstiger ist der Betrieb; besonders sind Winkel im Ofen möglichst zu vermeiden; am Rastanschlusse aber ist ein Winkel wünschenswerth; die Rast kann unter Umständen etwas höher als die Schmelzzonengrenze nach unten liegen, um das gleichzeitige Eintreten der zugleich aufgegebenen Materialien in die einzelnen Ofenzonen, was Toldt als obersten Grundsatz aufstellt, beim gleichmäſsigen Ofenbetriebe anzustreben. Ein schlanker Ofen kommt seinen Profillinien nach der Linie der Reductionszonengrenze nahe und ist deshalb nach Toldt's Ansicht ein Profil mit kleinen Weiten einem anders gestalteten Profile meistens überlegen. In Iron, 1888 Bd. 31 S. 292, berichtet John M. Hartmann über die Gestelle von (amerikanischen) Hochöfen (vgl. auch Stahl und Eisen, 1888 S. 225). Aus dem Berichte ist hervorzuheben, daſs die Amerikaner unter dem Gestelle eine 20cm weite Spiralröhre anordnen, deren eines Ende mit dem Schornsteine der Kessel und dem Winderhitzer verbunden ist, während das andere Ende in eine in der Gieſshalle befindliche Feuerung hineinreicht. Dadurch soll es möglich sein, nach Bedarf heiſse oder kalte Luft durch die Röhren zu führen und dementsprechend den Boden des Ofens zu heizen oder zu kühlen. Man will auf diese Einrichtung dadurch gekommen sein, daſs in Folge des schnellen angestrengten Betriebes der amerikanischen Oefen trotz dünnwandiger Gestelle und starker gekühlter Eisenpanzer das Eisen doch oftmals durchbreche. Daſs der Betrieb der amerikanischen Hochöfen mit einer unverhältniſsmäſsigen Verschwendung an Koks verbunden ist, beweist Lürmann (vgl. Stahl und Eisen, 1888 S. 229) an den Betriebsnachweisen des Ofens Nr. 2 der Union Steel Company in Chicago. Heinrich Macco in Siegen gibt den Winderhitzern (*D. R. P. Nr. 43119 vom 30. August 1887) eine quadratische Gestalt und legt sie Seite an Seite neben einander, so daſs schädliche Räume, wie sie bei kreisförmigem Grundrisse immer vorhanden sind, nicht entstehen. Innerhalb des schmiedeeisernen Mantels werden die Seitenwände aus nach innen durchgebogenen Gewölben hergestellt. Als Widerlager derselben dienen die abgestumpften Kanten des Eisenmantels; es ist jedoch durch eine zusammendrückbare Zwischenlage zwischen Gewölbe und Widerlager dafür gesorgt, daſs der Eisenmantel bei Ausdehnung des Mauerwerkes nicht aus einander gesprengt wird. An Stelle der Zwischenlagen können dehnbare Verankerungen angeordnet werden. Nach Ledebur (vgl. Stahl und Eisen, 1888 S. 223) unterwirft man in amerikanischen Gieſsereien das Roheisen fortlaufenden Prüfungen bezüglich seiner Eigenschaften. Von dem zu untersuchenden Roheisen wird jedesmal 7k,5 in einem Graphittiegel geschmolzen. Um dasselbe auf seine Dünnflüssigkeit zu prüfen, gieſst man eine abgewogene Probe in eine aus grünem Formsande hergestellte Guſsform eines Stabes von 30,cm4 Länge, 2cm,54 Breite und 1mm,5 Dicke von dem einen Ende her ein. Die Guſsform läuft zwar niemals vollständig aus; je länger aber der Abguſs wird, desto dünnflüssiger ist das Metall. Ein Stab mit den gleichen Abmessungen, jedoch mit einer Rippe an der einen Seite, hat den Zweck, eine Schluſsfolgerung zu ermöglichen, ob das Guſseisen starke Neigung zum Verziehen besitzt, ob mithin leicht Spannungen in den Guſsstücken entstehen. Von einem gemeinschaftlichen Eingusse aus werden sodann zwei Stäbe gegossen, beide 30cm,4 lang, der eine 1cm,27 im Quadrate, der andere 2cm,54 breit und 25mm stark. Die beiden Endflächen jedes Stabes werden in der Guſsform durch eingelegte Guſsschalen gebildet, deren Abstand von einander genau 30cm,72 beträgt. Bei einer Schwindung gleich 1/96  der ursprünglichen Länge, welche man als die durchschnittliche Schwindung des Guſseisens anzunehmen pflegt, würden demnach die erkalteten Stäbe genau 30cm,4 lang sein. Sechs Paar solcher Stäbe werden gegossen und, nachdem man die Schwindung jedes einzelnen gemessen hat, um ein gutes Durchschnittsergebniſs zu erhalten, zu den Festigtkeitsprüfungen verwendet. Letztere bestehen theils aus Belastungs-, theils aus Schlagproben. Die Belastungsproben werden auf einer Maschine ausgeführt, im Wesentlichen aus einem Hebel mit verschiebbarem Gewichte bestehend, welche selbsthätig die stattfindende Einbiegung bei jeder Belastung verzeichnet. Die Schlagproben werden mit einem Fallgewichte von 12k,5 ausgeführt, der erste Schlag aus 1cm,27 Höhe, dann jedesmal 0cm,32 höher, bis der Bruch erfolgt. Ein Stift verzeichnet auch hier die stattfindende Einbiegung bei jedem Schlage, ein anderer das Zurückgehen des Stabes nach dem Schlage. Alsdann wird noch die Härte der Stäbe mittels einer von Professor Turner in Birmingham gebauten Maschine gemessen, die Härtung, welche das Guſseisen an den Enden bei der Berührung mit den eisernen Guſsschalen erfahren hat, geprüft, und die Beschaffenheit des Kornes mit Hilfe einer Lupe besichtigt. Ueber alle diese Beobachtungen wird Buch geführt, und die Probestäbe werden für spätere Vergleiche aufbewahrt. Stn.

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