Titel: | Ueber eine auffällige Zerstörung von aus Zinkblech gefertigten Fallröhren und den Ammoniakgehalt des Meteorwassers in der kälteren Jahreszeit. |
Fundstelle: | Band 269, Jahrgang 1888, S. 280 |
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Ueber eine auffällige Zerstörung von aus
Zinkblech gefertigten Fallröhren und den Ammoniakgehalt des Meteorwassers in der
kälteren Jahreszeit.
Ueber eine auffällige Zerstörung von Fallröhren.
In der Zeitschrift für angewandte Chemie, 1888 Bd. 1 S.
240, macht Max MüllerNach vom Herrn Verfasser gefälligst eingesendetem
Sonderabdrucke. über diesen Gegenstand folgende
Mittheilung:
Es ist eine bekannte Thatsache, daſs Metalle häufig arg corrodirt oder gänzlich
zerstört werden können, wenn sie mit anderen Metallen bei Gegenwart von Feuchtigkeit
zufällig oder absichtlich zusammengebracht werden. Dasjenige Metall, welches im
gegebenen Falle zur positiven Elektrode wird, erfährt mit der Zeit durch den
Sauerstoff des Wassers vollständige Oxydation, während das die negative Elektrode
bildende Metall im Gegentheile vor Oxydation geschützt wird und sich unter Umständen
besser hält, als wenn es in gar keinem metallischen Contacte stände.
Schon Davy hat zu Anfang dieses Jahrhunderts den
Vorschlag gemacht, das Kupfer, womit der Schiffsrumpf bekleidet ist, dadurch vor den
Angriffen des Seewassers zu schützen, daſs man es mit entsprechend kleineren, aber
gleichfalls ins Meer tauchenden Zink- oder Eisenplatten verbindet. In diesem Falle
wird in der That nur das Zink oder Eisen angegriffen, und man hat von der
allgemeinen Durchführung dieses Vorschlages nur deshalb Abstand genommen, weil sich
an der Kupferoberfläche Seethiere und Seepflanzen in solcher Menge ansammelten, daſs
die Geschwindigkeit des Schiffes darunter merkbar litt.
Es ist ferner bekannt, daſs man Eisen, um es vor dem Rosten zu schützen, mit Zink überziehen muſs. Solche Fabrikate gehen im Handel
unter dem Namen „galvanisirtes Eisen“. Die an sich gar nicht zutreffende
Bezeichnung ist gewählt worden, um damit anzudeuten, daſs das Eisen durch das Zink
elektrochemischen Schutz erfährt. In der That rosten auch von Zink befreite Stellen
ungleich weniger, als dieses bei nicht galvanisirtem Eisen unter gleichen Umständen
der Fall ist. Umgekehrt schützt eine Verzinnung das
Eisen nur so lange wie der Ueberzug fehlerfrei bleibt- an schadhaften Stellen tritt
dann ein weit stärkeres Rosten des Eisens ein, als wenn es mit dem Zinne nicht in
Berührung stände. Das Eisen ist in diesem Falle durch den Contact mit dem Zinne zur
Lösungselektrode geworden.
Müller ist nun ein Fall von totaler Zerstörung eines
Metalles durch die
Berührung mit einem anderen und zwar von der Zerstörung des Zinkes durch den Contact
mit Kupfer bekannt geworden.
Von den zahlreichen, aus starkem Zinkbleche gefertigten Fallröhren, welche das
Meteorwasser von dem Dache des Braunschweiger Residenzschlosses zur Erde führen,
leiden ganz auffälliger Weise besonders stark die beiden, welche das Wasser der
groſsen, mit Kupferblech gedeckten Kuppel aufnehmen. Diese haben seit dem Neubaue
des Schlosses schon verschiedene Male erneuert werden müssen, während die anderen
noch völlig unversehrt und keineswegs reparaturbedürftig sind. Die Untersuchung
dieser Röhren ergab, daſs dieselben besonders stark an der nach dem Gebäude zu
gelegenen Seite, wo sie zumeist mit dem hinabflieſsenden Wasser in Berührung kamen,
zerfressen waren. Das ursprünglich starke Zinkblech war bis zu Papierdicke
verschwunden und in eine locker zusammenhängende mürbe Masse verwandelt worden.
Diese, oberflächlich dunkel gefärbt, war nach dem Zinke zu heller und bestand hier
wesentlich aus Zinkoxyd, während die obere dunkle Kruste hauptsächlich Kupferoxyd
enthielt. Die Analyse beider Schichten, sorgfältig von Zink losgelöst und zusammen
gepulvert, ergab die nachfolgende Zusammensetzung:
In Salzsäure unlöslich
1,55
Proc.
CuO
20,81
„
Fe2O3 + Al2O3
12,91
„
CO2
5,75
„
SO3
2,52
„
ZnO
50,97
„
CaO
3,44
„
Wasser und Organisches (Rest)
2,05
„
Das Zerstörungsproduct besteht also wesentlich aus den Oxyden des Zinkes und Kupfers,
und es ist bemerkenswerth, daſs das Kupfer nicht gleichmäſsig in der Masse
vertheilt, sondern sich wesentlich nur auf der Oberfläche abgelagert befindet.
Es muſs also durch die atmosphärischen Niederschläge Kupfer von der Kuppelbedachung
gelöst und dieses wieder durch das Zink aus der Lösung niedergeschlagen worden
sein.
Indessen auf Grund dieser chemischen Reaction allein wird die Corrosion der
betreffenden Fallröhren keineswegs erklärt; denn abgesehen davon, daſs in diesem
Falle der Kupfergehalt der Kruste im Verhältnisse zum Zinke ein weit höherer sein
müſste, da ja doch 65 Th. Zink annähernd die gleiche Menge (63,4) Kupfer
niederschlagen, wäre auch zu erwarten, daſs Kupfer und Zink, bezieh. die Oxyde, sich
durch die ganze Masse hindurch gleichmäſsig vertheilt fänden. Da sich nun aber der
Kupfergehalt (als Oxyd wohl nur durch nachträgliche Oxydation) hauptsächlich an der
Oberfläche der das Zink bekleidenden Schichte concentrirt, weiter nach innen und
direkt auf dem Zinke sich aber wesentlich nur Zinkoxyd befindet, so ist mit
Sicherheit anzunehmen, daſs anglich das Zink aus der dünnen Kupferlösung dieses
fällte und sich mit
einem dünnen, allmählig verstärkenden Ueberzuge von metallischem Kupfer bekleidete
und daſs dann die weitere Oxydation des Zinkes auf physikalischem Wege erfolgte; in
gleichem Sinne wie ja auch ein mit Kupferfolie belegtes Zinkblech allmählig
Oxydation erfahren müſste, wenn man das so gebildete Element beständig feucht
erhielte. Selbstverständlich wird die Fällung des Kupfers und die hierdurch bedingte
Oxydation des Zinkes nie ganz aufhören, da ja die Porosität der Incrustation die
Berührung der Kupferlösung mit dem Zinke nicht ausschlieſst. Der geringe
Kupfergehalt der mittleren und direkt auf dem Zinke liegenden Schichten beweist aber
zur Genüge, daſs durch den galvanischen Strom die Zerstörung, d.h. die Oxydation des
Zinkes, ganz wesentlich herbeigeführt worden ist. Wäre dieses nicht der Fall, so
müſste das Zerstörungsproduct Kupfer und Zink mindestens im Verhältnissse 1 : 1
enthalten, während die Analyse (Durchschnitt aller Schichten) ja ein solches von 1:
etwa 2½ ergab. Womit gesagt sein soll, daſs bei dem Prozesse der Fällung des Kupfers
durch das Zink sich unter Umständen auch lösliche Zinkverbindungen bilden können,
die dann durch das Meteorwasser fortgeführt werden. In diesem Falle müſste natürlich
reines schwammiges Kupfer als Rückstand entstehen.
Immerhin blieb noch der Grund aufzuklären, wodurch und wie das Kupfer der
Kuppelbedachung von dem Meteorwasser gelöst wurde.
Es lag nun nahe, an die Mitwirkung der im Meteorwasser gelösten Gase, hauptsächlich
die Kohlensäure und den Sauerstoff zu denken. Indessen, wenn es auch Thatsache ist,
daſs stark Kohlensäure haltiges Wasser in ganz geringer Menge Kupferoxyd löst, so
ist doch der geringe Kohlensäuregehalt des Regenwassers, der nach verschiedenen von
Müller ausgeführten Analysen nur wenige Zehntel
Volumenprocente beträgt, ganz ohne Einfluſs. Es ist ja von vornherein anzunehmen,
daſs nicht das metallische Kupfer durch das Meteorwasser oder Bestandtheile
desselben gelöst wird, sondern vielmehr die Oxyde bezieh. hydratischen basischen
Carbonate, mit denen sich das metallische Kupfer, den Einflüssen der Witterung
ausgesetzt, schnell bedeckt. Es ist früher einmal behauptet worden, daſs im
Regenwasser freie Schwefelsäure, und zwar hineingelangt durch die Rauchgase Schwefel
haltiger Kohlen, enthalten sein könne. Man hat seiner Zeit hieraus eine auffällige
Zerstörung eines dem Regen sehr ausgesetzten Mauerwerkes abgeleitet.
Indessen haben Müller's Untersuchungen für die
Braunschweiger Verhältnisse durchaus ein negatives Resultat ergeben. Durch
vorsichtiges Abdampfen selbst groſser Mengen Regenwasser konnte nie die Gegenwart
freier Schwefelsäure nachgewiesen werden. Immerhin
mag in industriereichen Städten der Fall vorkommen können, denn beim Verbrennen
Schwefelkies haltiger Kohlen bildet sich neben Schwefeldioxyd, das sich durch den
Sauerstoff der Luft bald zu Schwefelsäure oxydirt, auch zugleich
Schwefeltrioxyd.
Der Grund, weshalb das Meteorwasser im concreten Falle Kupfer gelöst hatte, muſste
demnach in anderen Ursachen gesucht werden. Schon vor Jahren ist es Müller aufgefallen, daſs das destillirte Wasser des
Braunschweiger Laboratoriums, welches aus einem Kessel, der etwa 500l faſst, aus Fluſswasser destillirt wird,
besonders im Winter stark Ammoniak haltig ist. In Frage stehendes Fluſswasser
(Wasser aus dem Umflutgraben von Braunschweig) zeigte, im December, Januar und
Februar 1885 wöchentlich mehrere Male untersucht, einen äuſserst wechselnden
Ammoniakgehalt. Die geringste Menge betrug 0,15, die gröſste 0mg,5 in 100cc
Wasser.In den folgenden Zeilen drücken alle Angaben über Ammoniakgehalt die Menge
der Milligramme in 100cc – d. i. Theile in
100000 Th. – aus. Alle Versuche, hieraus ein Ammoniak freies
Wasser zu destilliren, scheiterten gänzlich. Selbst als das Wasser vor der
Destillation längere Zeit mit Bromnatronlauge (Brom unter Kühlung in Natronlauge
gelöst) stehen blieb, um alle Ammoniakverbindungen zu zerstören, gelang es doch
nicht, ein Ammoniak freies Destillat zu erzielen. Die zuerst übergehenden Antheile
reagirten stets stark auf Neſsler'sches Reagens, aber
auch die letzten Fractionen zeigten noch sehr deutliche Reaction. Auch als 500l Wasser von 0mg,23 Ammon in 100cc unter Zusatz von
Natronlauge destillirt wurden, ergaben die zuerst übergehenden 5l 2mg,40, das
letzte Destillat aber noch 0mg,05 in 100cc. Das durch die Natronlauge frei gemachte
Ammoniak ist also überwiegend in den ersten Fractionen enthalten, wird aber in
geringer Menge hartnäckig bis zu Ende der Destillation von dem stark alkalischen
Wasser zurückgehalten.
Bei dieser Gelegenheit suchte Müller nun nach einem
Ammoniak freien WasserMan destillirt am besten Ammoniak freies Wasser aus reinem
Brunnenwasser. und fand, daſs das Regen-, besonders aber das
Schneewasser im Winter auffallend reich an Ammoniak ist.
Die sehr zahlreichen Untersuchungen, welche er angestellt hat, lassen keinen Zweifel
darüber, daſs der lockere Schnee (ganz wie viele andere poröse Körper) kräftig
Ammoniak der Atmosphäre zu entziehen und auf sich zu verdichten vermag. Diese
Absorption erfolgt zum Theile auf dem Wege der Schneeflocken von den Wolken zur
Erde, dann aber auch nachträglich auf der Erde selbst. So kommt es, daſs längere
Zeit gelegener Schnee oft sehr reich an Ammoniak ist, und es erklärt sich, daſs die
obere Decke mehr davon enthält als die tiefer liegenden Schichten. Es seien hier
einige diesbezügliche Beobachtungen mitgetheilt.
Im J. 1885 enthielt der frisch gefallene Schnee in der Nähe der Braunschweiger
technischen Hochschule durchschnittlich 0mg,15 in
100cc Schneewasser. Blieb der Schnee liegen,
so war innerhalb weniger Tage der Gehalt der oberen
Schneedecke an Ammoniak erheblich gröſser – bis 0mg,5, während die
unteren Schichten einen fast unveränderten Gehalt zeigten.
Zu quantitativ ganz ähnlichen Ergebnissen gelangte Müller bei Untersuchung des Schnees, entnommen auſserhalb der Stadt
Braunschweig (Spargelstraſse), während die Analyse von frischen und älteren
Schneeproben, die an verschiedenen Stellen der inneren Stadt Braunschweig gesammelt
wurden, zu den verschiedensten Zahlen führte.
Die verhältniſsmäſsig erheblichen Mengen Ammoniak im Regen-, besonders aber im
Schneewasser der kälteren Jahreszeit, haben etwas Ueberraschendes, da ja doch
Fäulniſsprozesse u. dgl., durch welche Ammoniak in die Atmosphäre hineingelangen
kann, sich im Winter nur in beschränktem Maſse vollziehen. Indessen kann man über
den Ursprung des Ammoniakes nicht in Zweifel sein.
Es ist ja eine bekannte Thatsache, daſs beim Verbrennen von Kohlen, Torf u. dgl.,
wenn der Luftzutritt gehindert wird, ein Theil des Stickstoffgehaltes der
Brennmaterialien als Ammoniak abgespalten wird. Durch die Esse werden dann neben den
Verbrennungsproducten auch solche der trockenen Destillation der Atmosphäre
zugeführt. In eng bewohnten Stadttheilen, wo weniger Bemittelte und arme Familien
eine groſse Zahl von Feuerstätten unterhalten, wird durch schlechte
Brennmaterialien, widersinnig angelegte Feuerungen und das Bestreben, durch
Schlieſsen der Ofenthüren u.s.w. das Feuer zu mäſsigen und an Brennmaterial zu
sparen, sicherlich mehr Ammoniak in die Atmosphäre hineingelangen, als dieses in
besseren Gegenden einer Stadt der Fall ist. An kalten Tagen, wo die gröſstmögliche
Anzahl der Feuerungen im Gange, wird deshalb der frisch gefallene Schnee an beiden
Stellen einen verschiedenen Ammoniakgehalt zeigen können bezieh. müssen.
In Braunschweig gehört u.a. die Umgebung der Andreaskirche zu denjenigen Theilen der
Stadt, die eng und dicht bevölkert sind, während in der Umgebung der Domkirche eher
das Gegentheil der Fall ist.
Am 27. Februar 1885 schneite es stark und anhaltend. Von dem frisch gefallenen Schnee
wurden von den vorgenannten beiden Stellen und in der Nähe der technischen
Hochschule, also auſserhalb der Stadt, Schneeproben entnommen und untersucht.
Es wurde gefunden:
Andreaskirche
= 0,3mg
Domkirche
= 0,15
Technische Hochschule
= 0,10
Wiederholte Untersuchungen auch an anderen Tagen führten zu fast gleichen
Resultaten.
Anmerkungszeichen zu dieser Fußnote fehlt im Text.
Bei Untersuchung des Schnees wurde dieser aufgethaut und in dem Schneewasser die
Bestimmung ausgeführt.
Es ist somit wohl ziemlich unzweifelhaft, daſs der Ammoniakgehalt des frisch
gefallenen Schnees, und das Gleiche würde ja auch für tropfbar flüssige
Niederschläge gelten, abhängig ist von Ort und Zahl der in der Nähe des Ortes der
Probenahme befindlichen Feuerungen, also durch die Rauchgase hineingelangt. Wenn dem
so ist, so müssen die in der Nacht erfolgenden Niederschläge einen weit geringeren
Ammoniakgehalt zeigen, da ja dann weitaus die Mehrzahl der Feuerungen eingestellt
sind.
Da es in der Nacht vom 27. auf den 28. Februar stark schneite und der Ammoniakgehalt
des am Tage gefallenen Schnees mehrfach an der Andreaskirche untersucht war (zuletzt
Abends 9 Uhr, wo 0mg,32 gefunden wurden), so wurde
auch nach Mitternacht, 12½ Uhr, an derselben Stelle eine Probe Schnee aufgefangen.
Die Untersuchung bestätigte die ausgesprochene Vermuthung, denn jetzt war der Gehalt
auf 0mg,08, also auf ¼ des Tagesbefundes
herabgegangen.
In Braunschweig ist die Luft der Gegend vor dem Wilhelmsthore oft arg mit Rauchgasen
geschwängert. Es liegen hier eine Reihe gröſserer Fabriken in unmittelbarer Nähe des
Bahnhofes eng zusammen. Es war zu erwarten, daſs die hier erfolgenden Niederschläge
sich durch relativ hohen Ammoniakgehalt auszeichnen würden. Eine Probe Schnee –
allerdings nicht ganz frisch gefallen – welche am 23. Februar 1885 der
Bahnhofstraſse entnommen wurde, zeigte einen Ammoniakgehalt von 0,9 bis 1mg,0 in 100cc
Schneewasser.
Sämmtliche Analysen Müller's haben durchweg ergeben,
daſs das Meteorwasser und der Schnee im Winter verhältniſsmäſsig reich an Ammoniak
sind und daſs der lockere Schnee ein starkes Absorptionsvermögen für in der Luft
enthaltenes Ammoniak besitzt. So kann es kommen, daſs Schnee, welcher längere Zeit
gelegen hat, oft einen hohen Ammoniakgehalt zeigt; z.B. enthielt ein Schneewasser
aus Halberstadt mehr als 4mg Ammoniak in 100cc.
In dem Ammoniakgehalte des Meteorwassers, besonders der kälteren Jahreszeit, sucht
Müller nun auch den Grund der eingangs erwähnten
Zerstörung der aus Zinkblech gefertigten Fallröhren am Herzogl. Residenzschlosse.
Die das Ammoniak ja sicher zumeist als Ammoniumcarbonat enthaltenden Regen- und
Schneewasser lösen die auf dem Kupferbleche befindlichen Oxyde bezieh. basischen
Carbonate. Das schwach Kupfer haltige Wasser, mit dem Zinke in Berührung kommend,
scheidet Kupfer ab, während sich zu gleicher Zeit Zinkoxyd bezieh. basisches
Carbonat bildet. Als ein oxydirtes Kupferblech längere Zeit in Schneewasser von 0mg,8 Ammoniak in 100cc hineingestellt, das Wasser dann filtrirt und abgedampft wurde, lieſs
sich die Gegenwart des Kupfers deutlich nachweisen. Durch Ammoniak freies Wasser war
unter gleichen Umständen kein Kupfer in Lösung überzuführen.
Nach dem Vorstehenden ist vorherzusagen, daſs die Niederschläge, welche fern von den Städten auf
dem flachen Lande oder im Gebirge erfolgen, sehr arm oder frei von Ammoniak sein
müssen. Die Eigenschaft des Schnees jedoch, bei längerem Liegen aus der Luft
Ammoniak zu absorbiren, wird zur Folge haben, daſs die oberen Schichten des
ursprünglich Ammoniak freien Schnees nach einiger Zeit darauf reagiren, denn das aus
den Rauchgasen stammende Ammoniak der Luft wird ja bald in entsprechender Verdünnung
überall hingetragen.
Zur Bestätigung dieser Annahme hat Müller im Harz
Versuche ausgeführt. Durch mehrere Tage vorher erfolgten starken Schneefall war
überall eine starke Schneedecke vorhanden, und durch Analyse der unteren und oberen
Schichten war leicht festzustellen, von welchem Ammoniakgehalte der Schnee gefallen
und wie viel er nachträglich aus der Luft angezogen hatte. Um sofort an Ort und
Stelle die Prüfung ausführen zu können, hat Müller
einen kleinen ApparatUeber diesen Apparat wird später berichtet. construirt, der sehr
praktisch im Gebrauche es ermöglichte, innerhalb etwa fünf Minuten den
Ammoniakgehalt des Schnees colorimetrisch quantitativ festzustellen. Die Ergebnisse
der Untersuchungen sind folgende:
Unter den Eichen
nahe bei Harzburg
= 0,16mg
in 100cc
Schneewasser
Am Ettersberge, etwa 500m
hoch
= 0,19
in 100cc
„
Schnee 20cm unter der
Oberfläche
= 0,00
in 100cc
„
Dieselbe Stelle.
Schnee von der Oberfläche
= 0,08
in 100cc
„
Dieselbe Stelle.
Schnee von den Zweigen einer Fichte, etwa 550m hoch
= 0,08
in 100cc
„
Schnee 20cm unter der
Oberfläche
= 0,00
in 100cc
„
Dieselbe Stelle.
Schnee von der Oberfläche
= 0,08
in 100cc
„
Man sieht also deutlich, daſs in der Nähe von Harzburg der Schnee nach mehrtägigem
Liegen nicht unerheblichen Gehalt an Ammoniak zeigt; in gröſserer Entfernung und
Höhe aber ist der Schnee frei von Ammoniak gefallen, da die unteren Schichten gar
nicht auf Neſsler's Flüssigkeit reagiren. Nachträglich
ist jedoch Ammoniak, wenn auch nur in geringer Menge (0mg,08), angezogen worden, denn die oberen Schneeschichten und auf
Fichtenzweigen der Luft sehr ausgesetzt gelegene Parthien enthielten so viel
Ammoniak, daſs sich die quantitative Bestimmung gut ermöglichen lieſs.
Eigenthümliche, aber wohl erklärbare Resultate wurden in der Nähe des einsam im
Gebirge gelegenen „Molkenhauses“ erhalten. Hier hatten offenbar die Dünste
des Kuhstalles (es wird auf dem Molkenhause eine Stammherde Harzvieh gehalten) einen
merkbaren Einfluſs ausgeübt. – Es wurde 140 Schritte vom Hause (westlich) eine Probe
Schnee von der Oberfläche untersucht und hierin 0mg,25 Ammoniak in 100cc Schneewasser
gefunden. Die 20cm darunter liegenden Schichten
reagirten jedoch
nicht auf Neſsler's Reagens. Es war also wieder der
Schnee frei von Ammoniak gefallen, die oberen Parthien hatten aber nachträglich
Ammoniak aus der Luft absorbirt. Ganz in der Nähe des Molkenhauses enthielt eine
Probe Schnee, welche von dem Kopfe eines etwa 2m
hohen Pfeilers genommen wurde, sogar 0mg,4,
während in dem Schnee am Fuſse desselben Pfeilers nur 0mg,1 Ammoniak in 100cc Schneenasser
gefunden wurden.