Neuerungen und Fortschritte in der
Gasindustrie.(Fortsetzung der Berichtes S. 31 d.
Bd.)Mit Abbildungen.Neuerungen und Fortschritte in der Gasindustrie.Ueber die Wirkung der Kohlensäure auf die Leuchtkraft des
Kohlengases. John Sheard, Chemiker der Gaswerke zu Salford stellte (nach
Journal of Gaslighting, 1887 Bd. 50 S. 493)
Versuche an über den Einfluſs der im Kohlengase enthaltenen Kohlensäure auf die aus
dem Gase erzielte Lichtmenge. Bekanntlich wurde früher allgemein, jetzt bei uns
selten, in England dagegen noch häufig, die Kohlensäure mittels Kalkreinigern aus
dem Gase entfernt. Der Gaskalk, sogen. Grünkalk, war aber stets eine Quelle von
Streitigkeiten mit der Nachbarschaft und von Unzuträglichkeiten in den Gaswerken,
indem die oft in kolossalen Mengen angesammelte übelriechende Masse die Luft verpestete, auch
oft Verunreinigungen ins Grundwasser gelangen lieſs; auſserdem kommt das groſse
Kalkquantum sehr theuer zu stehen. Man läſst nun in neuerer Zeit die Kohlensäure im
Gase und bessert dasselbe mittels leuchtkräftigerem Gase aus Cannelkohlen auf.
Dennoch sind Lichtmessungen in der angegebenen Beziehung von Bedeutung, indem es
noch wenige Beobachtungen der Art gibt; man rechnet bisher abgerundet, daſs bei
englischen und westfälischen Kohlen 1 Proc. Kohlensäure einem Gase von 12 Kerzen im
140 Literbrenner je 1 Kerze Leuchtkraft wegnimmt, bei schlesischen Kohlen nur 0,6
Kerzen. Tieftrunk fand, daſs 1 Proc. Kohlensäure einem
Gase von 17 Kerzen 0,5 Kerzen wegnahm; nach Pettenkofer
raubt 1 Proc. Kohlensäure dem Holzgase 1 Kerzenstärke an Leuchtkraft. Hinman (Journal of
Gaslighting, 1882) mischte mit dem Bostoner Leuchtgas verschiedene
Quantitäten Kohlensäure und bestimmte den hierdurch verursachten Lichtverlust wie
folgt:
Im Argandbrenner: Kohlensäuregehalt des GasesVerlust an Leuchtkraft 1,3 Proc. 2,3 Proc.2,8 „ 5,4 „4,9 „ 9,2 „7,5 „15,1 „Im Schnittbrenner: 1,4 Proc. 6,3 Proc.2,5 „12,4 „3,9 „16,9 „
Bei Anwendung des Schnittbrenners ist demnach der Lichtverlust gröſser als beim
Argandbrenner. 1,4 Proc. Kohlensäure nehmen z.B. im ersteren Brenner 6,3 Proc. Licht
weg; dies kommt bei einem Gas von 17 Kerzen schon einer Abnahme von 1,07 Kerzen
gleich. Humphreys in Lawrence, Mass., nahm ähnliche
Messungen vor (Journal of Gaslighting, 1885 Bd. 45 S.
1143) bei Gelegenheit einer Berechnung, ob es zweckmäſsig sei, die Kohlensäure aus
dem Gase vollständig zu entfernen oder die Leuchtkraft auf andere Weise durch
Cannelkohle zu verbessern. In der Gasanstalt zu Lawrence ging das Gas durch drei
Eisenoxydreiniger, dann durch zwei Kalkreiniger, welche die Kohlensäure indeſs nicht
vollständig wegnahmen. Humphreys saugte mittels eines
kleinen Behälters Gas aus der Stadtleitung und maſs dessen Leuchtkraft direkt sowie
nach dem Passiren durch einen kleinen Kalkreiniger, welcher im Photometerraum
aufgestellt war. Hierbei kamen verschiedene Brenner in Anwendung; die erhaltenen
Zahlen sind folgende, an verschiedenen Tagen und stets als Mittel mehrerer
Ablesungen genommen:
Danach verursachte der Kohlensäuregehalt des Gases im Sugg's Argandbrenner (Nr. 1 einschl. 5) eine Abnahme der Leuchtkraft um
0,8 Kerzen im Mittel; bei den verschiedenen Flachbrennern (Nr. 6 bis 12) dagegen um
1,03 Kerzen im Mittel.Die Zusammensetzung des zu den Versuchen verwendeten Gases war etwa wie folgt:
Nach dem Durchgang durch den kleinen Kalkreiniger erwies sich das Gas als vollständig
frei von Kohlensäure. Die 1,32 Proc. Kohlensäure hatten demnach eine Verringerung
der Leuchtkraft um 0,8 Kerzen beim Argand-, um 1,03 Kerzen bei den Schnittbrennern
bewirkt.Auf den Gaswerken zu Salford, in welchen Sheard seine
Versuche anstellte, bleibt die Kohlensäure im Gase und wird eine Aufbesserung
mittels Cannelkohle vorgenommen. Um zu den Versuchen stets gleichmäſsiges Gas zu
haben, wurde ein Gasbehälter von 2500cbm Inhalt
gefüllt, Eingang und Ausgang geschlossen und eine Rohrleitung ins Photometerzimmer
geführt. Hier konnte das Gas direkt und auch nach dem Durchgang durch einen kleinen
Kalkreiniger photometrirt werden. Durch einen Dreiwegehahn war es ferner möglich,
das von Kohlensäure befreite Gas mit noch kohlensäurehaltigem zu mischen, um so
einen geringeren Gehalt an diesem Gase zu erzielen.Die Lichtmessungen wurden mittels Bunsen's Photometer
mit Lowe's Jet-Photometer und mit Sugg's Leuchtkraftmesser angestellt, wovon wir nur die
genaueren, mit ersterem Photometer ausgeführten, anführen wollen. Als Brenner diente
Sugg's D-Argandbrenner mit 24 Löchern, von
Flachbrennern Sugg's Speckstein-Schnittbrenner Nr. 3
und Bray's Regulator-Union-Jet-Brenner Nr. 3
(Zweilochbrenner). Bei allen Messungen wurde Temperatur und Barometerstand
sorgfältig beobachtet und alle Volumina auf 15,5° und 761mm,9 Barometerhöhe bezogen, so daſs die Messungen
mit Sicherheit direkt vergleichbar sind. Bei jedem Versuch wurde der
Kohlensäuregehalt des Gases bestimmt. Als Normalflamme diente die englische
Parlamentskerze; um etwaige Verschiedenheiten der Kerzen auszugleichen, wurden
mehrere solche nach einander benutzt.Die erhaltenen Zahlen sind folgende:I. Sugg's D-Argandbrenner.
NummerdesVersuchesVol.-Proc.Kohlensäureim
GasLeuchtkraft in KerzenBemerkungenmit CO2ohne CO2Differenz 1 2 3 4 5 6 7 8 9102,672,642,692,602,692,692,692,692,692,7219,6820,8821,0021,7821,2921,8021,8021,8823,3022,5721,5221,8921,8424,6422,9423,3823,2623,6624,7323,741,841,010,842,861,651,581,461,781,431,17Versuch Nr. 5, 6, 7 am
gleichenTag angestellt.Versuch Nr. 8, 9 ebenso.Mittel2,6821,6023,161,56 1 2 3 4 5 6 7 8 9101,101,101,101,171,011,011,010,991,061,0621,8422,1622,2822,1022,6322,9521,3920,9222,3222,4623,0822,7322,7222,7822,3923,1622,4021,6823,2122,821,240,570,440,680,760,211,010,760,890,36Versuch Nr. 1, 2, 3 am gleichenTag
angestellt.Versuch Nr. 5, 6, 7
ebenso.Versuch Nr. 9, 10 ebenso.Mittel1,0622,1122,800,69
Das specifische Gewicht des Gases war (Luft = 1)
mit Kohlensäureohne KohlensäurebeiVersuch10,5270,500„„20,5160,503„„30,5000,495„„40,5180,492„„5, 6, 70,5160,493–––––––––––––––––––––––––––Mittel0,5160,496
II. Flachbrenner.Sugg's
Speckstein-Flachbrenner Nr. 3.
NummerdesVersuchesVol.-Proc.Kohlensäureim
GasLeuchtkraft in KerzenBemerkungenmit CO2ohne CO2Differenz123452,652,652,652,652,6315,7416,1316,0916,7817,8618,0919,2919,0219,2219,952,353,162,932,442,09Versuch Nr. 1, 2, 3, 4 amgleichen Tag
angestellt.Mittel2,6516,5219,112,59Bray's Regulator Union-Jet-Brenner Nr. 3
(Zweilochbrenner).123452,582,582,582,632,63 8,72 8,74 8,72 8,63 8,3211,6811,1711,3411,3110,602,962,432,622,682,34Versuch Nr. 1, 2, 3 am gleichenTag
angestellt.Versuch Nr. 3 und 4 ebenso.Mittel2,60 8,6211,232,61
Sugg's
Speckstein-Flachbrenner Nr. 3 (Zweilochbrenner).
NummerdesVersuchesVol.-Proc.Kohlensäureim
GasLeuchtkraft in KerzenBemerkungenmit CO2ohne CO2Differenz123451,061,061,041,041,0418,7718,7818,3218,7018,2119,6519,7119,4820,4019,230,880,931,161,701,02Versuch Nr. 1, 2 am gleichenTag
angestellt.Versuch Nr. 3, 4, 5 ebenso.Mittel1,0518,5619,701,14Bray's Regulator Union-Jet-Brenner Nr.
3.123451,181,181,131,101,1010,07 9,2611,7811,7611,5811,0610,4412,8412,4213,300,991,181,060,661,72Versuch Nr. 1, 2 am gleichenTag
angestellt.Versuch Nr. 3, 4, 5 ebenso.Mittel1,1410,8912,011,12
Kurz zusammengefaſst sind die Resultate folgende:1) Sugg's
D-Argand-Brenner.
Zahl der VersucheProcent CO2Kerzenleuchtkraft bei100l Verbrauch10 2,6821,6010 1,0622,11200,022,98
2,68 Proc. Kohlensäure verursachten eine Lichtabnahme um
1,38 Kerzen = 6,0 Proc. der Leuchtkraft.2) Sugg's
Speckstein-Flachbrenner Nr. 3.
102,6516,52101,0518,56200,019,40
2,65 Proc. CO2
verursachten eine Lichtabnahme um 2,88 Kerzen = 14,8 Proc. der Leuchtkraft.3) Bray's Regulator
Union-Jet-Brenner Nr. 3.
102,608,62101,1410,89200,011,62
2,60 Proc. CO2
verursachten eine Lichtabnahme um 3,00 Kerzen = 25,8 Proc. der Leuchtkraft.Aus diesen Zahlen berechnet (was nur ungefähr richtig) verursacht 1 Proc. Kohlensäure eine Abnahme der Leuchtkraft
beimSugg'schen D-Argand-Brenner um2,3Proc.„Sugg'schen Flachbrenner Nr. 2 um5,6„„Bray'schen Regulator Union-Jet-Brenner Nr. 3
um9,9„
Wie bei den Humphrey'schen Versuchen ergibt sich die
Wirkung der Kohlensäure in den verschiedenen Brennern, deren hauptsächlichste
Vertreter hier gebraucht wurden, ganz wechselnd; dieselbe ist am geringsten im
Argandbrenner, gröſser im Schnittbrenner, noch gröſser, fast 10 Proc., im
Zweilochbrenner.Lichtstärken neuerer Gasbrenner. Fischer, Dirigent der
Berliner städtischen Gasanstalten am Stralauerplatz, stellte photometrische Versuche
an mit verschiedenen Brennern für Leuchtgas und fand folgende Werthe:
[Textabbildung Bd. 267, S. 86]
Stündlicher Gasverbrauch in 1;
Lichtstärke in Normalkerzen; Auf 100l Normalkerzen; Gemessene Richtung; Siemens'
Regenerativ-Gasbrenner D. R. P. Nr. 8423.; O'Neill-Lampe; Bower-Lampe, D. R. P.
Nr. 29326; Butzke-Westphal ohne Reflector D. R. P. Nr. 21809; Wenham-Lampe, D.
R. P. Nr. 25359; Sugg-Brenner, kleinste Sorte; (Nach dem Gesundheitsingenieur,
1887 Bd. 10 S. 585.)Beobachtungen mit Normalkerzen. In der
elektrotechnischen Versuchsstation zu München lieſs E.
Voit Versuche anstellen über die gegenseitige Lichtstärke der
gebräuchlichen Normalkerzen, sowie über die Zweckmäſsigkeit der üblichen
Flammenhöhen. Bekanntlich schwankt die Leuchtkraft derselben Kerzensorte bei
wechselnder Dochtdicke, welche ja nicht immer absolut gleich herzustellen ist, schon
wesentlich; ferner wechselt bei verschiedenen Personen der beim Photometriren
mögliche Fehler ganz bedeutend. Ungeübte haben natürlich gröſsere Fehlergrenzen als
Geübte; es kommt vor, daſs zwei Personen beim Messen derselben Lichtquelle stets
dieselbe Differenz der Messungen nach derselben Seite hin haben. Diese Differenz ist
aber meist nur für ein und dieselbe Lichtstärke gleichbleibend, während sie bei
anderen Helligkeiten eine andere, gröſsere oder kleinere, aber doch stets constante
Zahl ergibt.Die vorliegenden Versuche (welche auch von Krüſs schon
ausgearbeitet wurden) wurden von wenig geübten Studirenden angestellt, jedoch sind
die Messungen Mittel aus so vielen Einzelversuchen, daſs ihnen doch Werth beigelegt
werden kann.In einer Beobachtungsreihe wurde das Verhältniſs der Helligkeiten der Münchener
Stearinkerze, deutschen Vereins-(Paraffin-)Kerze und englischen Wallrathkerze
gemessen. Jede Kerze wurde mit dem Giroudschen Einlochbrenner verglichen, aus je 24 Beobachtungen eine Mittekahl
genommen. Es wurden folgende Werthe erhalten:
In einer Beobachtungsreihe wurde festgestellt, wie oft in einem bestimmten Zeitraum
bei ungestörtem Brennen der Kerzen die verschiedenen Flammenhöhen vorkommen, um
daraus zu erkennen, ob die als normal angenommenen Flammenhöhen zweckmäſsig sind.
Die Resultate sind in folgender Tabelle zusammengestellt:
Schlüsse sind in der Voit'schen Abhandlung aus den
Zahlenwerthen nicht gezogen worden, indem erst aus einer noch gröſseren Anzahl Messungen ein Mittel für
die einzelnen Kerzen genommen werden soll (Nach Centralblatt
für Elektrotechnik, 1887 Bd. 9 S. 359.)Auch die Veränderung der Helligkeit der Kerzen mit der Aenderung ihrer Flammenhöhe
wurde bestimmt; zu diesem Zweck machten die Beobachter gleichzeitige Bestimmungen
der Flammenhöhe und Helligkeit. Auch hierbei wurde ein Giraud'scher Einlochbrenner als Vergleichslichtquelle benutzt. Für die
Berechnung der Helligkeit wurde die empirische Formel L =
a + bH angenommen, in welcher L die Helligkeit, die Lichtstärke der betreffenden
Kerze bei der Normalflammenhöhe als 1 angenommen, H die
Flammenhöhe in Millimetern, a und b die für die Kerzen berechneten Constanten bedeuten.
Die erhaltenen Resultate sind folgende:
LichtquelleFlamm-höhenBeob-achtungs-zahlFormel für die HelligkeitMunchener Stearinkerze 47–55mm42–62 87149L = 0,0068 + 0,0192 H ± 0,035 = 0,0120 + 0,0190 H ± 0,064Deutsche Paraffinkerze39–5342–57197138 = – 0,0300 + 0,0206 H ± 0,058 = +
0,0350 + 0,0193 H ± 0,043Englische Wallrathkerze32–5232–49119 81 = 0,0077 + 0,0223 H ± 0,050 =
0,0121 + 0,0222 H ± 0,082
Verfahren und Apparat zur Fabrikation von Ammoniumsulfat. Th.
B. Fogarty, Brooklyn (Amerikanisches Patent Nr. 371186) lieſs sich
folgendes Verfahren patentiren: Luft oder Luftgemisch mit Dampf wird in einer
geeigneten Ofenanlage durch eine Schicht glühenden Brennstoffes geleitet, wobei der
Sauerstoff der Luft und des Dampfes mit der Kohle Kohlenoxyd geben, während
Wasserstoff und Stickstoff ungebunden bleiben. Das so gewonnene stickstoffhaltige
Generatorgas gelangt unter gleichzeitigem Zutritt
geeigneter Mengen von Dampf und Luft in eine hohe, vertikal stehende und hoch
erhitzte Retorte, in welche von oben gepulverte Kohle und Alkali eingeführt wird,
welche in vielfache Berührung mit dem Gase kommen. Hierbei liefert der Stickstoff
Cyan und Alkalicyanide, welche Körper durch den Dampf unter Bildung von Ammoniak,
Wasserstoff und Kohlenoxyd zerlegt werden. Durch Einwirkung des in den Gasen
vorhandenen Ammoniaks und der Kohlensäure auf Gyps resultiren Ammoniumsulfat und
Calciumcarbonat.Die Menge von Cyanverbindungen, die sich auf diesem Wege erhalten lassen, ist viel zu
gering, als daſs man heute daran denken könnte, durch Zersetzung der hierbei
gewonnenen Cyanmetalle vortheilhaft Ammoniak, bezieh. Ammoniumsulfat herzustellen.
Die Versuche, die schon früher in gröſserem Maſsstabe unter Anwendung von dem
günstiger wirkenden Baryt an Stelle von verhältniſsmäſsig leicht schmelzbarem und
daher weniger zweckmäſsigem Alkalicarbonat ausgeführt worden sind, haben gezeigt,
daſs die Betriebskosten sich sehr hoch stellen und daſs die Abnutzung der Apparate
eine beträchtliche ist, so daſs das so erhaltene Ammoniak nicht entfernt mit dem bei der Gasfabrikation
nebenbei erhaltenen Producte concurriren kann. (Nach der Chemikerzeitung, 1887 Bd. 11 S. 1363.)Herstellung von phosphorsaurem Ammoniak aus Gaswasser.
In der Chemikerzeitung wurde vor wenigen Jahren darauf
hingewiesen, daſs eine Verarbeitung des Ammoniakwassers der Gasfabriken auf
phosphorsaures Ammoniak vielleicht lohnend sein möge. Das herzustellende Salz wäre
NH4H2PO4 von der procentischen Zusammensetzung:
Dasselbe stellt reine, schöne, glashelle oder weiſse Krystalle dar, reagirt stark
sauer, die Lösung ist in der Hitze beständig; die mehr Ammoniak haltenden Salze
(NH4)2HPO4 und (NH4)3PO4
dagegen zersetzen sich beim Kochen der Lösung in saures phosphorsaures Ammoniak und
frei werdendes Ammoniak; die Lösung kann also nicht ohne Verlust eingedampft
werden.Herr Gasdirektor Raupp stellte im städtischen Gaswerk
Heilbronn eine Probe von 300k des sauren
Ammoniumphosphates her. Die verwendete 50 Proc. P2O5 enthaltende Phosphorsäure stammte aus der chemischen Fabrik von Albert in Biebrich a/Rh. Es ist eine dicke, milchige
Flüssigkeit, die in Fässern versendet wird. Nach längerem ruhigen Stehen scheidet
sich ein weiſser Niederschlag von phosphorsaurem Kalk ab, darüber steht eine
wasserhelle Flüssigkeit. Diese Säure wurde in einem offenen Fasse vorgelegt und
durch ein Bleirohr Ammoniakgas eingeleitet. Die Absorption erfolgt energisch, die
Säure schäumt stark auf, geht aber bald zurück und erscheint dann als
dunkelgraugrüne, nun ganz dünnflüssige Lauge; nach und nach nimmt dieselbe wieder
eine weiſse Farbe an, wird dickflüssig und zuletzt zu einer weiſsen, speckartigen
Masse. In flachen Bleipfannen auf den Feuerkanal gebracht, trocknet diese in einigen
Stunden zu einer weiſsgrauen festen Masse ein. Letztere zeigte sich nicht
hygroskopisch; behufs Verwendung zu Düngerzwecken muſs sie in Staubform gemahlen
werden.Den Posten Salz übernahm das kgl. landwirthschaftliche Institut Hohenheim zu
Versuchszwecken. Die dort ausgeführte Analyse einer Mischprobe ergab, daſs 68 Proc.
der Masse in kaltem Wasser löslich waren, ferner:
Gesammt-Stickstoff9,6Proc.,davon Stickstoff als Ammoniak8,7„, entspr. Ammoniak 10,5 Proc.Gesammt-Phosphorsäure52,3„Wasserlösliche Phosphorsäure42,9„
Die in Wasser unlösliche Phosphorsäure stammt daher, daſs die 45 bis 50 Proc. P2O5 enthaltende rohe Phosphorsäure nur 25 bis 30 Proc. P5O4 als freie Phosphorsäure enthält, während der Rest aus
saurem phosphorsaurem Kalk besteht.Die rationelle Darstellung des Salzes ist eigentlich die, daſs Ammoniak, gas in
Phosphorsäure eingeleitet wird, bis Chlorbarium in einer Probe der Flüssigkeit einen
weiſsen Niederschlag ergibt. Diese Reaction versagt indeſs bei roher Phosphorsäure
wegen des unvermeidlichen Schwefelsäuregehaltes derselben.Zweifellos ist das Ammoniumphosphat von hohem Werth als Aufbesserungsmittel
geringhaltiger Dünger, indeſs ist es noch zu wenig eingeführt, um im Groſsen auf den
Düngermarkt zu gelangen. (Nach dem Bericht über die
Versammlung des Mittelrheinischen Gasindustrievereines in Karlsruhe.)Heiz- und Schmelzversuche mit Wassergas. Die Gold- und Silberscheideanstalt in Frankfurt a. M.
verwendet zum Schmelzen von Edelmetallen wie zur Herstellung von Porzellanfarben
ausschlieſslich Wassergas, welches die benachbarte Frankfurter Gasgesellschaft
regelmäſsig zu je 1000cbm ungefähr fabricirt und
in schmiedeeisernen Behältern aufbewahrt. Dasselbe wird auſserdem in der Gasanstalt
zum Betriebe zweier Gasmotoren mit Vortheil benutzt.Nach Dr. Röſsler war in der Scheideanstalt im J. 1883/84
ein Wilson-Apparat im Gange, der sich aber für die
Zwecke der Anstalt nicht eignete und deshalb wieder auſser Betrieb gesetzt wurde.
Das in diesem Apparate hergestellte Wilson-Gas, welches
bekanntlich durch gleichzeitiges Einblasen von Luft und Dampf in die glühende
Koksschicht hergestellt wird, hatte im Durchschnitte folgende Zusammensetzung:
Es bewährte sich sehr gut zum Heizen des Dampfkessels, der während eines ganzen
Jahres damit gefeuert wurde; in anderen Fabriken werden damit Muffeln geheizt,
Druckgeschirr verglast, überhaupt Arbeiten verrichtet, welche keine sehr hohe
Temperatur verlangen. Die Zuführung der Luft war leicht zu reguliren und die
Verbrennungsgase zeigten folgende Zusammensetzung:
Die Schmelzung von Edelmetallen aber mittels des Wilsongases auszuführen, gelang nicht, da, abgesehen von den
Schwierigkeiten einer regelmäſsigen Zuleitung des direkt aus dem Apparat, nicht aus
einem Gasometer kommenden Gases nach den verschiedenen Schmelzöfen, die nöthige
Temperatur nicht zu erzielen war. Es war kaum möglich, Silberschmelzhitze
herzustellen, was durch den hohen Stickstoffgehalt des Gases genügend erklärt
wird.Die Kosten der Kesselfeuerung stellten sich ebenso theuer wie mit anderem Brennmaterial; dabei
konnte wegen der gröſseren Entfernung des Apparates vom Kessel die Wärme des
fertigen Gases mit etwa 400° nicht ausgenutzt werden, auch war es nicht möglich, die
Verbrennungsluft vorzuwärmen.Mit letzterer Verbesserung wurde Wilsongas auch schon
zum Glasurschmelzen verwendet, in England soll auch Stahl damit geschmolzen worden
sein.Seit 1885 wird statt des Wilsongases Wassergas
verwendet, welches, wie schon gesagt, die Frankfurter Gasgesellschaft im Strong'schen Ofen herstellt und zu 6 Pf. für 1cbm liefert. Dasselbe hat ungefähr die
Zusammensetzung:
Es gibt, obwohl es kalt aus dem Gasbehälter strömt, auch ohne Luftvorwärmung die
gewünschte Hitze, so daſs sich leicht Silber, Gold oder Kupfer schmelzen läſst; auch
wird die für Porzellanfarben nöthige Temperatur gut erreicht. In kleinen Röſsler'schen Patent – Gasöfen schmilzt noch die Prinsep'sche Legirung aus 70 Proc. Gold und 30 Proc.
Platin mit 1255° Schmelztemperatur.Bei richtiger Ausnutzung der ursprünglichen Wärme und Vorwärmung der
Verbrennungsluft, wie es z.B. auf dem Werke von Schulz,
Knaudt und Co. in Essen geschieht, lassen sich leicht weit höhere
Temperaturen erzielen, wie sie zum Schweiſsen von Schmiedeeisen und zum Schmelzen
von Stahl nothwendig sind. Zugleich sind die Werke mittels des Fahnekjelm'schen Brenners (1886 261 * 526), kammförmig zusammengestellten Magnesiastäbchen, auch mit
Wassergas erleuchtet.Zum Vergleich des Heizeffectes und der Kosten wurde in der Scheideanstalt eine groſse
Anzahl von Versuchen angestellt, deren Durchschnittsresultate folgen. Es wurden alle
Heizungsbrenner angewendet, wie sie für Leuchtgas üblich sind, jedoch die
Luftzuführungen geschlossen, um ein Rückschlagen der Flammen zu verhüten und weil
beim Wassergas eine vorherige Mischung mit Luft nicht nöthig ist.1. Ein kupfernes Gefäſs, mit Wasser gefüllt, wurde unter genau denselben Bedingungen
von 15 bis 100° erhitzt, und zwar nach einander mit Wassergas, mit dem fetten,
leuchtkräftigen Gas der Frankfurter Gasgesellschaft und mit dem gewöhnlichen
Steinkohlengas der Englischen Gasgesellschaft (Imperial
Continental Gas-Association).
Es wurden gebraucht10cbmWassergasan Stelle von 4 „Frankfurter Gas.und 5 „englisches Gas.
Dem Geldbetrag nach erreicht man mit
10Markin Wassergas so viel als mit20„in Frankfurter Gas und14„in englischem Gas.
2. Gleiche Gewichtsmengen von zwei Sorten Fluſs für Schmelzfärben wurden ebenfalls
unter vollständig gleichen Verhältnissen im Perrot-Gasofen einmal mit Wassergas, das andere Mal mit Frankfurter Leuchtgas
geschmolzen. Dabei wurden
fürMark4,60undMark6,50Wassergas und„„19,60„„26,80Frankfurter Gas
verbraucht.3 Gleiche Mengen Feinsilber und reines Kupfer wurden in demselben Ofen zuerst mit
Wassergas und dann mit Frankfurter Gas geschmolzen und dabei wurde verbraucht
Nach diesen Versuchen kann man beim Kochen und Verdampfen für ungefähr die Hälfte des
Geldes, beim Schmelzen im Perrotofen für ungefähr den
vierten Theil dasselbe leisten, wenn man Wassergas anstatt Leuchtgas verwendet. Es
ist ohne Zweifel, daſs in den nächsten Jahren die Fabrikation des Wassergases weiter
vervollkommnet und dadurch für eine ganze Reihe von Industrien die Einführung von
Gasfeuerung ermöglicht wird. (Nach Gesundheitsingenieur, 1887 Bd. 10 S. 342.)Eine einfache und hübsche Einrichtung zum leichten Anzünden
der neuen Wenham-Lampen gibt das Journal des usines
à gaz, 1887 Bd. 11 S. 20 an. Bekanntlich tragen die Lampen mit umgekehrter
Gaskrone, wie sie von Wenham und von Cromartie angegeben sind, eine Glasglocke über die
Flamme gezogen. Beim Anzünden der Lampe muſs die Glocke bisher entfernt werden;
deshalb hängt z.B. bei Cromartie's Lampe die Glocke in
einem Charnier auf der einen Seite, während sie auf der anderen Seite lose ist und
durch ein Gegengewicht festgehalten wird.
[Fig. 1., Bd. 267, S. 92]
Für die Wenham-Lampe wurde nun eine einfache
Vorrichtung angebracht (Fig. 1), welche ein leichtes
Anzünden ohne Entfernung der Glocke gestattet, nach demselben aber doch abschlieſst
und der Luft keinen Eintritt gestattet. Auch ist die Vorrichtung aus Glas, also
durchsichtig, sie wirft nach unten keinen Schatten. Der unterste Theil der Halbkugel
ist nämlich durchbohrt, weit genug, um einen Anzünder einführen zu können. Eine
Glaskugel, etwas gröſser als das Loch, verschlieſst dasselbe von innen; sie rollt
nach dem Anzünden durch ihr eigenes Gewicht wieder auf ihre Stelle und kann doch
leicht bei Seite
geschoben werden. Behufs Anzünden der Lampe wird nur der Gashahn geöffnet, die Kugel
leicht weggestoſsen und zugleich die Entzündung bewerkstelligt.Man kann auch zwecks Sicherung der Glasglocke gegen Zerbrechen mit dem Anzünder das
Loch mit vernickeltem Blech leicht einfassen.Neues Modell des Clamond'schen Incandescenzbrenners.Fig. 2 zeigt eine Verbesserung des Clamond'schen Brenners, wie derselbe von der Société du gaz électrique hergestellt wird; in der
neuen Form ist er den früheren Mustern bedeutend überlegen.
[Fig. 2., Bd. 267, S. 93]
Die hauptsächlichste Veränderung gegen früher ist die Weglassung des
Luftvorwärmers, welcher dem Brenner eine wenig schöne Form gab und denselben
unnöthig complicirt machte. Der Glühkörper besteht aus einem Kegel von
Magnesiagewebe. Die Verbrennung des Gases wird durch eine Vorwärmung der nöthigen
Luft erleichtert und dabei die Temperatur der Flamme erhöht. Die Vorwärmung wird
erzielt durch den doppelten Glascylinder; die Luft tritt zwischen beiden von oben
nach unten ein und erwärmt sich am Glase wie auch an der Messingfassung des
Brenners. Das Anzünden geschieht von oben; der Gasverbrauch wird zweckmäſsig durch
einen Regulator gleich erhalten. Einige Versuche mit den von der Société du gaz électrique hergestellten Brennern
ergaben:
Nr.Gasverbrauch für die StundeLeuchtkraft inCarcelVereinskerzen1135l 2 19,62190 3,86 37,93300 5,5 54,04600 9 88,45120018176,7
Zur Zeit ist der Brenner Nr. 2 am häufigsten angewendet; er liefert ungefähr auf
50l Verbrauch 1 Carcel (9,82 Vereinskerzen) an
Leuchtkraft. (Nach dem Journal des usines à gaz 1887
Bd. 11 S. 367. Vgl. C. Clamond 1884 251 * 454 und v. Auer 1886
261 * 527.)W. Leybold.