Titel: | Chemische Studien über den Hopfen. |
Fundstelle: | Band 266, Jahrgang 1887, S. 316 |
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Chemische Studien über den Hopfen.
Chemische Studien über den Hopfen.
Maurits
Greshoff (Inauguraldissertation, Jena; Allgemeine Brauer- und
Hopfenzeitung, 1887 Bd. 27 S. 975 u. f.)
veröffentlichte unter obigem Titel eine umfangreiche Arbeit, in welcher er einen
Beitrag zu liefern sucht zur Klärung der zahlreichen Widersprüche, die sich in der
Chemie des Hopfens finden. Die Arbeit zerfällt in 2 Theile: in einen historischen,
in welchem der Verfasser auf 20 von 60 Seiten der ganzen Abhandlung eine äuſserst
dankenswerthe Besprechung der bereits vorhandenen Literatur bringt und in einen
experimentell-kritischen, dem sich zahlreiche Anmerkungen anschlieſsen. Es würde
hier zu weit führen, den ersten Theil, der sich kaum im Auszug wiedergeben läſst, mitzutheilen, dagegen
soll über den zweiten Theil, in welcher der Verfasser seine eigenen Versuche
beschreibt, so kurz als möglich berichtet werden.
Gang der Analyse.
In einem Stöpselglase wurde 1k frischen
Sanzerhopfens mit etwa 10k Aether überschichtet.
Ebenso wurde 1k Wolnzacher Hopfen verarbeitet.
Nach 10 Tagen wurde der Aether abgegossen und filtrirt. Der Auszug war dunkelgrün
gefärbt, schmeckte stark bitter und reagirte sauer. Der vom Filtrat abdestillirte
Aether wurde wieder auf den Hopfen gegossen und wieder 10 Tage stehen gelassen. An
Aether freiem Extracte wurden das erste Mal 308g,
entsprechend 15,4 Proc. des Hopfens, das zweite Mal 54g = 2,7 Proc., zusammen also 362g,
entsprechend 18,1 Proc. des Hopfens gewonnen.
Der durch Ausbreiten an der Sonne vom Aether befreite Hopfen wurde darauf mit Wasser
einige Stunden lang ausgekocht. Es wurde hierbei ein rothbrauner Auszug von
salzigem, hinterher bitterem Geschmack und saurer Reaction erhalten. Nach dem
Eindampfen auf dem Wasserbad blieben 351g
Rückstand mit einem Wassergehalt von 24,17 Proc., so daſs thatsächlich der Hopfen
13,3 Proc. an in Wasser löslichen, in Aether unlöslichen Bestandtheilen lieferte.
Der mit Aether und Wasser ausgezogene Hopfen wurde bei 100° getrocknet und verascht.
Der Aschengehalt betrug 7,32 Proc. des angewendeten (ausgezogenen) Hopfens. Eine
neue Quantität Sanzerhopfen, 3k einmal mit Aether
ausgezogen und einmal mit Wasser ausgekocht, lieferte noch 483g Aetherextract und 520g wässerigen Auszug.
A) Aetherisches Extract.
Das ätherische Extract (845g) wurde mit möglichst
wenig absolutem Alkohol bei 50° in Lösung gebracht und allmählich Wasser zugesetzt,
so lange dies geschehen konnte ohne Eintritt einer Trübung. In einem hohen
Glascylinder stehen gelassen, setzte sich aus der weingeistigen dunkelgrünen Lösung
ein krystallinischer Bodensatz (Lermer's Myricin) ab,
welcher mit 90procentigem Spiritus gewaschen, abfiltrirt und zwischen Löschpapier
abgepreſst wurde. An rohem Hopfenwachse wurden 18g
= 0,36 Proc. des Hopfens erhalten.
Der von der alkoholischen Lösung abdestillirte Alkohol reagirte deutlich sauer und
besaſs den eigenthümlichen Geruch frischen Hopfens. Nach dem Neutralisiren mit Soda
wurde ein Drittel abdestillirt, das Destillat mit Wasser verdünnt, mit Aether
ausgeschüttelt, der Aether abgehoben, mit Chlorcalcium entwässert und bei 40 bis 45°
abgedampft. Das zurückgebliebene ätherische Oel (nach dem Trocknen über Schwefelte
292g = 0,058 Proc.) stellt das allerfeinste
Aroma des Hopfens dar. Der gröſste Theil des ätherischen Oeles haftet hartnäckig dem
Harze an. Nachdem der nun geruchlose Alkohol völlig abdestillirt war, blieben die
Na-Salze der flüchtigen Hopfensäure zurück.
Um von der Harzmasse, welche von dem alkoholischen Auszug des ätherischen Extractes
zurückblieb, das schwerer flüchtige Oel zu trennen? wurde diese mit Wasserdampf
destillirt. Von dem Destillat (etwa 10l) wurde das
überstehende Oel gesammelt, vom Wasser noch einmal ein Viertel abdestillirt, die
erhaltene Gesammtmenge des ätherischen Oeles mit Aether ausgeschüttelt und in
bekannter Weise gereinigt. Es wurden 21g,09
erhalten, im Ganzen 0,48 Proc. Die Destillation im Wasserdampf wurde wiederholt
unterbrochen, die im Kolben befindliche Emulsion aus Harz und Wasser abgegossen und
durch destillirtes Wasser ersetzt. Die Emulsionen, welche sauer reagirten und einen
bitteren Geschmack besaſsen, wurden zusammengegossen und später durch ein nasses
Filter filtrirt. Die Filtrate wurden wiederholt im Wasserbade bis zur Hälfte
eingedampft und der dabei ausgeschiedene harzige Theil abfiltrirt. Schlieſslich
wurden etwa 50g einer stark sauren und bitteren
orangefarbigen Flüssigkeit erhalten, welche nach dem Verdünnen und Dialysiren eine
krystallinische, sublimirbare Säure lieferte (10g
= 0,2 Proc.), welche der Verfasser indessen nicht studiren konnte.
Das Emulsionsharz, welches Greshoff als einen in einem
bestimmten Verhältnisse in Wasser löslichen Bitterstoff betrachtet, wurde in Aether
gelöst, dieser abdestillirt und so deren 22g =
0,44 Proc. erhalten. Dieses Harz löst sich theilweise in Petroläther; dieser Theil
ist (glykosidischer) Hopfenbitterstoff. Der in Petroläther unlösliche Theil schmeckt
gleichfalls stark bitter und löst sich leicht in Alkohol und Aether.
B) Wässeriges Extract.
Je ein Viertel der Gesammtmenge (von 891g) wurde in
etwa 1l,5 destillirten Wassers gelöst und in einen
Dialysator, dessen Durchmesse 18cm war, und dieser
in einen Exarysator mit 23cm Durchmesser gebracht,
in welchem 7,5l Wasser gegossen wurden. Nach 48
Stunden unterbrach man die Dialyse, ersetzte die Flüssigkeit im Exarysator durch
Wasser und wiederholte dieses noch zweimal. Die Exarysate von strohgelber Farbe und
saurer Reaction wurden zur Extractconsistenz concentrirt. Die Ausbeute der ersten 4
Dialysen wechselte zwischen 18 und 21g an
trockenem Extract, die der letzten 4 zwischen 3 und 4g.
Vom ursprünglichen Extract wurden 225g = 17,4 Proc.
krystalloider und 595g = 72,6 Proc. colloider
Substanz gewonnen.
Das Exarysat stellte einen Krystallbrei von dunkelbrauner Farbe und stark saurer
Reaction dar. In Wasser blieben 6g ungelöst.
Dialysat war dick syrupartig, der Geschmack süſslich, die Reaction schwach sauer. Es
löste sich gleichfalls trübe. Sowohl das Exarysat, wie das Dialysat wurde in Wasser
gelöst und die Lösungen mit kohol gefällt.
Folgende Tabelle gibt den Wasser- und Aschengehalt des bis zum constanten Gewicht
getrockneten Extractes:
Wassergehalt
Aschengehalt
des getrockneten Extractes
Exarysat:
1)
in
Spir.
dil.
löslich
22,6
Proc.
21,32
Proc.
2)
„
„
„
unlösl., in
Wasser
löslich
18,8
„
44,21
„
3)
„
„
„
„ und „
„
unlösl.
–
„
–
„
Dialysat:
4)
„
„
„
löslich
22,7
„
10,79
„
5)
„
„
„
unlösl., in
Wasser
löslich
53,8
„
27,76
„
6)
„
„
„
„ und „
„
unlösl.
–
„
–
„
Von der Asche des mit Aether und Wasser extrahirten Hopfens waren 2,58 Proc. in
Wasser löslich, 97,42 Proc. unlöslich.
Specielle Betrachtung der Präparate.
1) Exarysat; der in wässerigem Alkohol lösliche Theil.
Ein dunkelbrauner Krystallbrei von salzigem und bitterem Geschmack und saurer
Reaction. Eine vorläufige Untersuchung ergab die Anwesenheit alkaloidischer Stoffe.
Zum Nachweis derselben wurde folgendermaſsen verfahren. Die wässerige und filtrirte
Lösung des Extractes wurde bis auf 150cc
eingedampft und mit dem dreifachen Volumen 95procentigern Spiritus versetzt, der
entstandene Niederschlag abfiltrirt und das Filtrat noch einmal mit 2 Volumina
Spiritus versetzt und der neu entstandene Niederschlag dem ersten zugefügt. Vom
Filtrate wurde nun der Spiritus abdestillirt, der Rückstand mit Sand gemischt, auf
dem Wasserbade getrocknet und mit absolutem Alkohol ausgekocht. Es wurden so 45g eines dünnen alkoholischen Extractes erhalten,
und diese mit Magnesiumoxyd im Kohlensäurestrom destillirt. Das Destillat, in einers
tark abgekühlten Vorlage aufgefangen, war stark alkalisch und hatte einen Ekel
erregenden, Coniin ähnlichen Geruch. Im Destillate wurden mikroskopische Nadeln
bemerkt, welche an der Luft in alkalisch reagirende Tröpfchen übergingen. Ihre Menge
war zur näheren Untersuchung zu gering. Die erste Hälfte des Destillates wurde mit
Oxalsäure destillirt und die Lösung (wohl der Rückstand von der Destillation? D.
Ref.) vorsichtig abgedunstet. Dabei wurde die Lösung allmählich sauer und nahm eine
gelbe Farbe an. Mit Aether-Alkohol wurde das Oxalat ausgeschüttelt; ein Theil blieb
ungelöst zurück. Das so gereinigte Oxalat war weiſs und krystallinisch, wurde Jedoch
an der Luft dunkelfarben und amorph. Die zweite Hälfte des ^stillates wurde
wiederholt mit Aether ausgeschüttelt.
Die Untersuchung ergab, daſs im Destillate ein flüssigem Coniin ähnliches
Hopfenalkaloid, Trimethylamin und Ammoniak anwesend waren. Trimethylamin lieſs sich
durch den charakteristischen Geruch und die Krystalle des Platindoppelsalzes
erkennen. Ammoniak wurde vorher als in absolutem Alkohol unlösliches Ammoniumchlorid
beseitigt. Im Rückstande von der Destillation mit Magnesiumoxyd konnte nur Aepfel-
und Bernsteinsäure aufgefunden werden. – Der in Wasser unlöslich gewordene, gleich
anfangs abfiltrirte Antheil des Extractes stellt ein Phlobophen der Gerbsäure dar
(s.u.), der in Alkohol unlösliche schied allmählich Krystalle von Kalium- und
Natriumchlorid aus, war somit vorwiegend anorganischer Natur.
2) Das Exarisat; in wässerigem Alkohol unlöslicher, in Wasser löslicher Theil.
Krystallbrei mit salzigem Geschmack, vorwiegend Chloride, Sulfate (nur wenig) und
Phosphate (nur wenig) des Kaliums. Eigentümliches fand sich in diesem Extract nicht
vor.
3) Das Exarisat; in wässerigem Alkohol und in Wasser unlöslicher Theil.
Ein braunes geschmackloses Extract, vorwiegend Humusstoffe, wie man sie in allen
Pflanzenextracten antrifft.
4) Das Dialysat; in wässerigem Alkohol löslicher Theil.
Eine braunglänzende, zähe, knetbare Masse mit süſsem, hernach schwach bitterem
Geschmacke, reducirt stark Fehling'sche Lösung und gibt
beim Verbrennen Caramelgeruch, die Extractlösung wurde filtrirt, das Filtrat mit
Alkohol (⅕, 1/1,
2/1 und 4/1 Vol. Alkohol)
fractionirt gefällt. Vom letzten Filtrate wurde der Alkohol abdestillirt, das
Extract zur Syrupdicke eingedampft und mit absolutem Alkohol ausgekocht.
5) Das Dialysat; in wässerigem Alkohol unlöslicher, in Wasser löslicher Theil.
Ebenfalls von süſsem Geschmacke. Die wässerige Lösung gelatinirte mit Alkohol. Das
Filtrat (das Extract löste sich trübe) wurde mit Alkohol von verschiedenem Gehalte
ausgefällt.
6) Das Dialysat; in verdünntem Alkohol und in Wasser unlöslicher bezieh, schwer
löslicher Theil. Die Trennung der unlöslichen Theite geschah auf folgendem Wege:
I.
In kochendem Wasser löslich
6g
II.
„ „ „ unlöslich:
a) in kohlensaurem Natron löslich
22g
b) „ „ „ unlöslich:
b') „ Kali löslich
4g,5
b'') „ „ unlöslich
2g,2
Die Substanzen konnten charakterisirt werden: I. als freie Humussäure, IIa als
humussaure Salze, IIb' neutrales Humin, IIb'' als Humuskohle. Letztere lieferte beim Schmelzen
Protokatechusäure.
Der Verfasser, der sich an dieser Stelle eingehender mit den Humusstoffen und den
ähnlichen Phlobophenen beschäftigt, hebt hervor, daſs beide Körperklassen beim
Schmelzen mit Kali Protokatechusäure liefert durch die Kalischmelze also nicht
unterschieden werden können. Nach dem Verfasser sollte man die Bezeichnung
Phlobophen nur dort anwenden, wo der Zusammenhang mit Gerbsäure sich experimentell
nachweisen läſst.
Hopfenwachs.
Der vom Alkohol ungelöste hellgrün gefärbte Körper aus dem ätherischen Extract wurde
durch Umkrystallisiren aus heiſsem Alkohol und Behandlung mit kleinen Mengen
Petroläther fast rein weiſs erhalten. Er schmilzt bei 70 bis 71°, ist in Alkohol
schwer löslich, leicht in Aether, Benzin und heiſsem Eisessig. Deutliche Krystalle mit ausgebildeten Flächen
konnten nicht erhalten werden. Die Elementaranalyse ergab C = 80,56, H = 13,46. Dr.
Klebhahn, welcher früher den gleichen Körper
analysirte, erhielt: C = 81,1, H = 13,5. Er berechnete die empirische Formel C20H40O für das
Hopfenwachs. Lermer bezeichnete die gleiche Substanz
als Myricin (Palmitinsäure-Melifsylester = C46H92O2), welches C =
81,7 und H = 13,6 Proc. erfordert.
Etti stellt für das Hopfenwachs die Formel C14H28O (C = 79,2, H
= 13,2) auf.
Der Verfasser gewann noch ein zweites niedriges (bei 62°) schmelzendes Wachs, welches
von dem ersteren in der Elementarzusammensetzung nur wenig abwich (C = 81,18, H =
13,36 und C = 80,70, H = 13,62). Die Abweichungen im Schmelzpunkt u.s.w. sind wohl
nur auf kleine Verunreinigungen zurückzuführen. Verfasser vermuthet die Anwesenheit
einer bei 35° schmelzenden wachsartigen Substanz, welche auch im Bienenwachs
vorkommt.
Flüchtige Hopfensäuren.
Aus den vereinigten Natriumsalzen der flüchtigen Hopfensäuren konnte Essigsäure,
Buttersäure und Baldriansäure erhalten werden.
Hopfenharz.
Die Farbe des Hopfenharzes, d.h. jener harzartigen Körper, welche, im Aetherextract
enthalten, nach Entfernung des Hopfenwachses und der Destillation mit Wasserdampf
(s. o.) zurückblieben, ist bei auffallendem Lichte glänzend rothbraun, bei
durchfallendem Lichte in dünner Schicht grün (Chlorophyll). Der dicke Extract hat
noch den Geruch des Oeles. Der Geschmack ist sehr bitter und kratzend. Schmelzpunkt
56°. Der Extract löst sich in Alkohol, Aether, Chloroform, Amylalkohol und Benzol,
in geringem Maſse in Petroläther.
Durch Behandlung des Extractes mit 5procentiger Natriumcarbonatlösung, Kochen mit
10procentigem Ammoniak, Behandlung mit Petroläther suchte der Verfasser eine
Trennung der Harzkörper zu bewerkstelligen. Er erhielt denn auch mehrere Stoffe, von
denen er Elementaranalysen ausführte. Es ergab:
I.
Hopfenharz in Ammoniak löslich C = 68,28 Proc. H = 8,31
II.
„ „ „ unlöslich C = 70,40 Proc, H =
8,55
III.
In Petroläther unlöslicher Theil des „gelösten Harzes“ C =
65,17,H = 7,72
IV.
Cu-Verbindung (in Petroläther löslich) des bitteren Harzes C =
66,51,H = 8,29, CuO = 7,58.
Der Verfasser knüpft hier die Bemerkung an, daſs der unter II (Lermer's Zahlen stimmen besser mit den unter I angeführten überein. D. Ref.) genannte Körper in Kohlenstoff und Wasserstoff
mit Lermer's Hopfenbittersäure übereinstimme. Lermer fand C = 68,64, 68,82, H = 8,42, 8,02, C32O50H7, welche Formel indessen mit den Elementaranalysen
Lermer's nicht genügend übereinstimmt. Bei der
trockenen Destillation des ursprünglichen Hopfenharzes ging erst bei 170° ein hellgelbes, penetrant
riechendes, sauer reagirendes Oel über, leichter als Wasser, dessen Elementaranalyse
ergab C = 60,8, H = 70,2. Es wurde bis zu einer Temperatur von 250° destillirt im
Kohlensäurestrom und die Destillate fractionirt, wobei ein Theil bis 150° und einer
zwischen 150 und 175° aufgefangen wurde. Beide waren farblose, auf Wasser
schwimmende, in verdünntem Weingeist lösliche Flüssigkeiten. Der zwischen 100 bis
150° übergehende Theil verursachte heftige Gehirnhyperämie, in dem bei 150 bis 175°
übergehenden war Baldriansäuregeruch vorherrschend. Beim Kochen mit Kali wurde der
Geruch bei beiden lieblich, Pelargonium ähnlich. Ein Theil des über Kali
rectificirten Oeles kocht schon bei 50° und stellt so eine farblose durchdringend
ätherisch riechende Flüssigkeit dar, ganz so, wie Porsonne, der es als Valeraldehyd deutet, angibt. Bei der Elementaranalyse
wurde gefunden C = 67,12, H = 11,86. Diese Zahlen stimmen zwar nicht für
Valeraldehyd; gleichwohl ist erwiesen, daſs neben dem ätherischen Oel im Hopfen eine
flüchtige Substanz vorkommt, welche leicht in Baldriansäure übergeht. Verfasser fand
im Hopfenharz einen bitteren und einen nicht bitteren Antheil. Er hält das
Hopfenharz nicht für so wichtig zum Brauen, wie dies gewöhnlich angenommen wird;
vielmehr sieht er einen Theil des Harzes für das indifferente Lösungsmittel der
wichtigeren Hopfenbestandtheile an. Der hohe Harzgehalt bedingt die
auſserordentliche Schwierigkeit zu einer völligen Trennung der Hopfenbestandtheile
und deshalb zu einer genaueren Kenntniſs des Hopfens zu gelangen.
Das ätherische Hopfenöl.
Das Hopfenöl ist von bräunlich-gelber Farbe; sein Geschmack angenehm prickelnd, auch
bitter, sein Geruch nach frischem Hopfen auſserordentlich stark. Es reagirt sauer,
verharzt schnell an der Luft, sein spec. Gew. 0,8972. Auf den Organismus ist es in
kleinen Dosen ohne Wirkung. Die leicht flüchtigen Antheile scheinen eine
vorübergehende Hyperämie hervorzurufen, ähnlich wie Amylnitrit.
Schwefelsäure färbt das Oel rothbraun, Salpetersäure rothviolett, Jod löst sich ohne
heftige Einwirkung, Pikrinsäure löst sich leicht, und allmählich scheidet sich ein
Körper in prachtvollen rhombischen Krystallen aus. Chromsäure und alkoholische
Bleilösung sind ohne Einwirkung; ammoniakalische Silberlösung wird etwas reducirt.
Im H-Strome fractionirt geht bei 130° wenig farbloses herrlich duftendes Oel über,
bei 170° noch ein farbloser Antheil, bei 230 bis 240° erst die Hauptmasse als
schwach gelbliches angenehm riechendes Oel vom spec. Gew. 0,899; zwischen 240 bis
270° geht ein hellgrünes dickflüssiges Oel über, indem ein braunschwarzes Harz
zurückbleibt. Ein Theil des rohen Oeles wurde mit 10 Proc. KOH destillirt, wobei der
gröſste Theil als farbloses angenehm riechendes Oel übergeht, während eine
dunkelbraune fast geruchlose Emulsion zurückbleibt, welche mit Salzsäure übersättigt
das zurückgehaltene (theilweise verharzte) Oel ausscheidet.
Elementaranalysen der
ätherischen Oele.
I.
Hopfenöl,
Tr. 130° C = 75,13, H = 11,12
II.
„
240° C = 81,19, H = 11,39, C = 80,56, H = 11,22
III.
„
270° C = 79,05, H = 10,79
IV.
„
leichtflüssig C = 85,61, H = 11,80
V.
„
leichtflüssig mit P2O5 getr.: C = 88,58, H = 11.30
VI.
„
Fraction 240° über Kalilauge destillirt: C = 83,22, H = 11,82
VII.
„= 10,56
„ 240° von Kalilauge zurückgehalten C = 76,62, H
VIII.
Rückstand bei der Destillation des rohen Oeles: C = 79,57, H =
8,35.
Im Hopfenöl ist also ein sauerstoffhaltiges und ein sauerstofffreies Oel vorhanden,
wie das auch ältere Untersuchungen angeben. Das bei 230 bis 240° übergehende ist ein
Gemisch beider. Ein Terpen der Formel C10H16 oder besser CnH2n-4 für das sauerstofffreie Oel
verlangt aber einen etwas höheren Wasserstoffgehalt als bei der Analyse V gefunden
(C10H16 : C =
88,23, H = 11,77).
Ein Hydrat des Terpens von der Formel (8C10H16 + 5H2O) erfordert
C = 81,49, H = 11,72 (vgl. Analyse II).
Untersuchung des Hopfens auf Alkaloide und
Bitterstoffe.
Greshoff ist es nicht gelungen, nach Bungener's Angaben einen krystallinischen Bitterstoff
zu bekommen (Hayduck erhält, nach Bungener's Vorschrift verfahrend, den Bitterstoff in
deutlich ausgebildeten weiſsen Krystallen; Wochenschrift für
Brauerei, 1887 Bd. 4 S. 398. D. Ref.). Ebenso
machte der Verfasser mit der Isolirung des Hopfenbitters durch Thierkohle nach Iſsleib keine günstigen Erfahrungen.
Nachdem in einem Vorversuche die Methode von Stas-Otto:
Ausschüttelung des angesäuerten wässerigen Auszuges mit Aether, und die von Dragendorff: Ausschüttelung des angesäuerten
Hopfenauszuges mit Petroläther u.s.w., auf ihre Anwendbarkeit geprüft worden waren,
wurde für die eingehendere Untersuchung erstere Methode beibehalten.
Aus saurer Lösung mit Aether ausgeschüttelt erhielt man eine rothbraune harzige
Masse, die sich theilweise in Wasser löste. Mit wenig Wasser ergab sich eine klare,
syrupartige Flüssigkeit, mit mehr Wasser wurde diese getrübt, mit sehr viel Wasser
trat wieder Lösung ein. Mit Chloroform kann der Bitterstoff aus der wässerigen
Lösung ausgeschüttelt Werden, während der Gerbstoff vollständig zurückbleibt. Nach
dem Verdampfen des Chloroforms bleibt eine intensiv bittere in kaltem Wasser schwer,
in warmem Wasser leicht und fast vollständig lösliche orangegelbe Masse zurück,
welche mit Eisenchlorid nur eine leichte rothbraune Trübung gibt. Alle Versuche, den
Bitterstoff krystallinisch zu erhalten, schlugen fehl. Nur die Kupferverbindung
konnte undeutlich krystallinisch dargestellt werden. Die schwach angesäuerte
wässerige Lösung des so erhaltenen Hopfenbitters gibt keine Alkaloidreactionen, ist
stickstofffrei, liefert mit Bleizucker und Bleiessig Niederschläge. Mit Kupfersulfat entsteht ein
blaugrüner Niederschlag; die ganze Flüssigkeit färbt sich schön grün. Mit Alkalien
wird die strohgelbe Flüssigkeit orangeroth. Mit verdünnten Mineralsäuren erwärmt,
findet unter Auftreten eines eigenthümlichen Geruches starke Trübung statt. Der
Körper löst sich in den gebräuchlichsten Mitteln leicht auf und ist allem Anschein
nach der Bitterstoff des Hopfens. Die Elementaranalyse ergab: C = 61,18, 61,24, H =
7,50, 7,52 (vgl. Bungener's Untersuchungen über die
Bitterstoffe des Hopfens Bulletin de la Société
chimique, 1886 Nr. 9. Allgemeine Brauer- und
Hopfenzeitung, 1887 Bd. 26).
Bungener konnte durch Extraction von Lupulin mit Ligroin
die krystallinische Lupulinsäure C25H35O4 – das
Kupfersalz hat wahrscheinlich die Formel C50H68O4Cu – darstellen,
welche in Wasser unlöslich, nicht bitter schmeckt, die bitter schmeckende Substanz
ist das harzige Oxydationsproduct der an der Luft sehr unbeständigen Lupulinsäure.
(Was der Verfasser hier analysirte, ist wahrscheinlich schon gröſstentheils das
Oxydationsproduct der Lupulinsäure. D. Ref.)
Die gröſste Ausbeute an Bitterstoff, welche aus Hopfen erhalten wurde, betrug 0,4
Proc.
Im Wasser war nach Behandlung mit Chloroform der Hopfengerbstoff und das Hopfenroth
anwesend. Zur Isolirung des Gerbstoffes wurde mit Essigäther ausgeschüttelt. Die
erste Ausschüttelung war braunroth, von Hopfenroth (Phlobophen) herrührend, die
folgenden waren hellbraun mit abnehmender Intensität und lieferten den Gerbstoff.
Die völlig von letzterem befreite wässerige Flüssigkeit hinterlieſs ein braunes
Extract, das an der Luft rasch dunkler wurde und mit Eisenchlorid eine
braunschwarzen Niederschlag gab.
Was in Aether aus saurer Lösung übergegangen und in kalten Wasser unlöslich war,
erwies sich gröſstentheils als Hopfenharz.
Bei der Ausschüttelung des sauren Hopfenauszuges mit Amylalkohol wurde ein Gemenge
von Stoffen erhalten, in welchem neben eine bitteren Stoff die verschiedenartigsten
Oxydationsproducte der Gerbsäure anwesend schienen. Eine Trennung und Reinigung
jener Stoffe konnte nicht erreicht werden.
Bei den Ausschüttelungen (mit Aether und Amylalkohol) des alkalisch gemachten
Auszuges wurde trotz Anwendung groſser Mengen (15k
Hopfen) so wenig Substanz erhalten, daſs eine eingehendere Untersuchung nicht
ausgeführt werden konnte. Obgleich mit allgemein Alkaloidreagentien Niederschläge
entstanden, war doch kein krystallinischer Bestandteil nachzuweisen.
Aus einem wilden Thüringerhopfen konnte ebenfalls kein krystallinisches Alkaloid
gewonnen werden.
Ebenso wenig waren die Versuche, ein solches aus den von Gehr
und Comp. bezogenen Hopeϊnpräparaten zu isoliren, mit Erfolg gekrönt. Die
Anwesenheit eines Alkaloides im Hopfen konnte bisher nur aus dem Eintritt von allgemeinen
Alkaloidreactionen geschlossen werden, ohne daſs man im Stande gewesen wäre, ein
solches in greifbarer Form darzustellen.
Die Gehr'schen Hopfenpräparate, in Dosen von 100 und
400mg einer Ratte und zwei Kaninchen
eingespritzt, riefen keine abnormen Erscheinungen hervor, ebenso wenig 10mg gereinigter alkaloidischer Reste aus den
Hopeϊnpräparaten, einem Meerschweinchen eingespritzt.
Bezüglich des „Dennenberg'schen Bieralkaloides“,
das in jedem normalen Biere vorkommt, spricht der Verfasser die Ueberzeugung aus,
daſs dasselbe nichts anderes sei, als der in Wasser lösliche Hopfenbitterstoff,
daher mit einem colchicinartigen Körper, als welcher das Bieralkaloid vielfach
bezeichnet werde, durchaus nichts zu thun habe. Der Bitterstoff kann aber bei der
Untersuchung eines Bieres auf Alkaloide unter Umständen mit Colchicin verwechselt
werden, da er mit Salpetersäure eine ähnliche Reaction gibt, wie dieses. Man erhält
nämlich mit Salpetersäure eine rothe Farbe, einmal mehr orange, ein anderes Mal mehr
schmutzig roth, je nach der Concentration.
Dennenberg fand, daſs man das „Bieralkaloid“
entfernen kann durch Lösen des aus saurer Lösung in den Aether Uebergegangenen in
Wasser, Filtriren, Fällen mit Gerbsäure, Zersetzen des Niederschlages mit feuchtem
Bleihydroxyd und Ausschütteln mit Chloroform. Nur das Colchicin geht in das
Chloroform und gibt nach dessen Entfernung die Salpetersäurereaction. Nach dem
Verfasser ist diese Methode zuverlässig, da das Colchicin durch Gerbsäure
vollständig gefällt wird, durchaus nicht aber der Bitterstoff.
Die Methode von Dragendorff (wiederholtes Eindampfen,
Lösen in Wasser und Ausschütteln mit Chloroform) zur Trennung von Colchicin halt
Verfasser nicht für empfehlenswerth.
Nebenbei theilt der Verfasser noch einiges über die relative Löslichkeit der
Hopfendrüsen (Glandulae Lupuli) und die Hopfenzapfen (Strobuli) mit.
Das ätherische Extract der Hopfendrüsen ist braunroth, ohne Dichroismus, dünnflüssig,
sehr aromatisch, Spiritus scheidet nur eine Spur Wachs aus.
Strobuli
Glandulae
In
Aether
löslich
18,1 Proc.
73,6 Proc.
„
Wasser
„
17,5 „
5,2 „
„
Asche
„
7,32 „
3,22 „
Ueber die physiologische Wirkung des Hopfens sind, wie aus einer anhangsweisen
Besprechung des Verfassers hervorgeht, zur Zeit noch die widersprechendsten
Ansichten herrschend. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daſs der Hopfen ein
vorzügliches Amarum ist und die Anwendung seiner Präparate in specie eines gut
gehopften Bieres zur Anregung der Magenfunktion eine durchaus rationelle ist. Aber
über die specifischen Eigenschaften des „Lupulins“ als Sedativum u.s.w. sind
die Meinungen sehr
getheilt. Die einen erklären es für ein schlafmachendes Mittel, die anderen
behaupten das Gegentheil.
Bis jetzt ist die Stellung des Hopfens im pharmacodynamischen System eine ziemlich
willkürliche, und hängt seine Anwendung ganz und gar von der subjectiven Auffassung
des Arztes ab.
Ueberblicken wir die Resultate der vorliegenden mühevollen Arbeit, so müssen wir dem
Verfasser leider Recht geben, wenn er in der Einleitung sagt, daſs es ihm nicht
gelungen, die Schwierigkeiten, welche sich dem Studium der Hopfenbestandtheile
entgegenstellen, völlig zu überwinden. Gleichwohl liefert die vorstehende Arbeit
manchen Fingerzeig für die weitere Bearbeitung dieses schwierigen Kapitels der
Pflanzenchemie.
L.
Zur chemischen Literatur des
Hopfens.
I.Bitterstoff: Ives, American Journal of Science de
Lillman II p. 302, 1820.
Annales of Philosophie, new Series t. I p. 194,
1821.
Pelletan, Payen und Chevalier, Journal de Chim.
méd. II p. 527.
Leuchs, Journal für praktische Chemie, 1867 Bd.
101 S. 137.
Lermer, D. p. J. 1863 169 54.
Etti, D. p. J. 1878 228 354.
Ißleib, Archiv der Pharmacie, 1880 Bd. 216 S.
345.
Bungener; Zeitschrift für das gesammte Brauwesen,
1884 Bd. 15 S. 93; Bulletin de la Société chimique de
Paris, 1886 Nr. 9.
Grieß und Harrow, Berichte der deutschen chemischen
Gesellschaft, 1885 Bd. 18 S. 717.
II.Hopfenharz: Ires l. c. Leuchs l. c. G. J. Mulder, Die Chemie des
Bieres, 1858.
Etti l. c. Ißleib l.
c.
III.Hopfenöl: Ives l. c. Payen
und Chevalier, D. p. J., 1823 11 75.
Per sonne, Pharmaceutische Centralhalle, 1854 S.
228.
Mulder l. c.
Kühnemann, Berichte der deutschen chemischen
Gesellschaft, 1877 Bd. 10 S. 2231.
Oßi pow, Journal für praktische Chemie, 1883 Bd.
28 S. 447 und 1886 Bd. 34 S. 238.
Metz, Bayerischer Bierbrauer, 1872 S. 17.
IV.Hopfengerbstoff: Wagner, D. p. J. 1853 128 217.
Etti, Annalen der Chemie, 1876 Bd. 180 S.
223.
Gilbert Bißel, American Journal of Pharrnacie,
1877 Bd. 49 S. 582.
Nahrungsmittel:
J. Biel, Heber den Kefir u.s.w., Chemikerzeitung, 1886 Bd. 10 S. 845.
Ott, Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1880
Bd. 15 S. 201.
V.Hopfenalkaloid: Lermer l. c. Grießmayer, D. p. J. 1874 212 67.
Dragendorff, Manuel de Toxicologie, 1887. Dannenberg's Bieralkaloid. Otto, Anleitung zur
Ausmittelung der Gifte, 1884. Zur
Hopeϊnliteratur S. Chemikerzeitung,
1886.
VI.Hopfenwachs: Lermer l. c. Etti l. c. s. Hopfenharz.
VII.
Sonstige Hopfenbestandtheile:
Baldriansäure: Personne l. c. Essigsäure: Oßi pow l. c.
Aepfelsäure: Payen und Chevalier l. c. Citronensäure; Etti l. c.
Cholin: Grieß und Harrow l. c. Asparagin: Bungener, Zeitschrift für das gesammte
Brauwesen, 1885 Bd. 20 S. 267.
Trimethylamin: Grießmayer l. c. Glykose: Grießmayer, Polytechnisches Centralblatt Bd.
26 S. 548. Arabinsäure: Etti l. c. Bitterstoff.
VIII.Hopfenanalysen: Aubry: Lintner, Lehrbuch der
Bierbrauerei, 1877.
Sievert: Allgemeine Brauer- und Hopfenzeitung,
1878 S. 385. C. G. Zetterlund: Allgemeine Brauer- und
Hopfenzeitung, 1886.