Titel: | Kesselheizung mit flüssigen Kohlenwasserstoffen. |
Fundstelle: | Band 266, Jahrgang 1887, S. 202 |
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Kesselheizung mit flüssigen
Kohlenwasserstoffen.
Mit Abbildungen auf Tafel 14.
Kesselheizung mit flüssigen Kohlenwasserstoffen.
Im Verfolg bereits angestellter Versuche mit einem Naphtazerstäuber auf dem Torpedo
la Chevrette wurden auf Veranlassung des
französischen Marineministeriums nachstehende Versuche angestellt, welche wir nach
dem Berichte des Ingenieurs Jules d'Allest (Génie civil, 1887 B. 11 S.
344) mittheilen.
Apparate und Versuche. Die schon früher gebrauchten
Apparate für natürlichen Zug sind in Fig. 4 und 5 Taf. 14
wiedergegeben; sie bestehen aus einer Bronzehülse A, in
welche die Naphta durch das Rohr B eintritt; die
Mündung wird durch den Conus C vermittels des Handrades
K geschlossen oder nach Bedarf bis zu einer
ringförmigen Oeffnung von 2mm Breite geöffnet,
durch welche die Naphta in den Herd strömt. Der Dampf tritt durch das Rohr F ein, umstreicht die Hülse A, erwärmt ihren Inhalt und entweicht zwischen A und D unter Mitnahme und kräftiger
Zerstäubung der Naphta, welche bei dem nun erfolgenden Zusammentreffen mit einem
brennenden Körper rauchlos verbrennt. Das Feuer wird durch die Stellung des Conus
C geregelt. Die Anordnung zweier Apparate neben
einander erleichtert die Führung des Feuers sehr, da man augenblicklich den einen
oder anderen Apparat löschen oder in Thätigkeit setzen kann, je nachdem man den
Conus schlieſst oder öffnet. Etwaige Verstopfungen durch feste Naphtatheile werden
durch mehrmaliges Hin- und Herdrehen des Handrädchens beseitigt. Auch kann man, um
das Innere von A zu untersuchen, vermittels halber
Drehung des Griffes H leicht Stopfbüchse G nebst Conus herausnehmen.
Diese Apparate dienen je zur Verbrennung von 10 bis 80k Naphta in der Stunde. Zwei derselben können mithin 160 × 13 = 2080l Wasser stündlich verdampfen; sie genügen also für eine Heizfläche
von 69qm, wenn man 30l Wasser für das Quadtratmeter Heizfläche zu verdampfen annimmt. Da man in
der Marine selten mehr als 50qm auf ein Feuer
rechnet, so genügen zwei dieser Apparate für alle Fälle.
Beim Torpedokessel begnügt man sich jedoch nicht damit, 30l Wasser auf ein Quadratmeter zu verdampfen,
sondern benutzt den künstlichen Zug, um etwa die doppelte Menge und wo möglich noch
mehr zu verdampfen. Bei oberflächlicher Betrachtung möchte es scheinen, daſs dies
Resultat durch einfache Vergröſserung der Zuströmungsöffnungen zu erreichen sei,
allein man vermehrt damit wohl die eintretende Naphtamenge, stört aber die
vollkommene Zerstäubung und es entsteht eine unvollständige Verbrennung mit starker
Ruſsentwickelung, deren vielfache Nachtheile bekannt sind. Das Bestreben, eine gute
Zerstäubung zu erzielen, hat dazu geführt, auch in das Innere des Naphtastrahles
einen Dampfstrahl einzuführen. Auf diese Weise befindet sich die Naphta zwischen
zwei Strahlen von Dampf (oder Luft), so daſs der Zerstäubung kein Theilchen entgehen
kann. Zu diesem Zwecke ist der Apparat Fig. 6 und 7 Taf. 14
construirt, bei welchem die Naphta durch das Rohr B in
die Bronzehülse A gelangt, der zum Zerstäuben
erforderliche Dampf (bezieh. die Luft) tritt durch F in
den Conus D, und gleichzeitig durch die Oeffnungen O und das Rohr C in die
conische Mündung bei M, wo die erwähnte Wirkung
eintritt. Die Handhabung ist übrigens dieselbe wie beim erstbeschriebenen Apparate
und gestattet derselbe, eine Naphtamenge bis zu 400k in der Stunde rauchlos zu verbrennen.
Gröſsenverhältnisse. Wie die richtigen
Gröſsenverhältnisse der verschiedenen Kesseltheile zu wählen sind, wenn eine gewisse
Menge Naphta rauchlos verbrannt werden soll, und zwar unter Anwendung natürlichen
oder künstlich verstärkten Zuges, ergibt sich aus den nachstehenden Versuchen.
Als Versuchskessel diente ein Röhrenkessel mit zurückgeführtem Zuge Fig. 8, einer
höchst zulässigen Kesselspannung von
3k,500 und einer
Feuerberührten Fläche
von direktin den Röhren
3,30qm16,70
–––––––
Im Ganzen
20,00qm
Kaminquerschnitt
0,152
Dampfraum
1130,00l
Wasser „
2500,00
Der Herd ist mit feuerfesten Ziegeln bekleidet und mit einer Brücke versehen, um die
gute Mischung der Gase zu sichern. Für den natürlichen Zug wird – unter Wegfall der
Bläservorrichtung aus Fig. 8 – die Vorderseite
des Herdes durch eine Platte geschlossen, in deren unterem Theile die Thür, im
oberen Theile der oder die Naphtaspeiseapparate angebracht sind, während bei
künstlichem Zuge die in Fig. 8 gezeigte
Anordnung verwendet wird, in welcher ein Bläser C den
erforderlichen
Tabelle I. Verdampfung mit natürlichem Zuge und Naphta (Astatkis)
als Brennmaterial.
Textabbildung Bd. 266, S. 204
Nummer des Versuches; Dauer des
Versuches in Stunden und Minuten; Brennmaterial-Verbrauch; im Ganzen; in der
Stunde; berechnet auf 1qm unterstellte
Rostfläche für die Stunde; Wärmegrad des Speisewassers; Druck im Kessel;
Verdampftes Wasser; auf 1qm Heizfläche; für
jedes k Brennstoff; für 1k berechnet auf 100°;
Mittel der von 1k verdampften Wassermenge
Dasselbe berechnet für 100° und bei Atmosphärendruck
Tabelle III. Verdampfung mit künstlichem Zuge und Briquettes
d'Anzin als Brennmaterial, ausgeführt von Guilleaume.
Textabbildung Bd. 266, S. 204
Dauer des Versuches;
Brennmaterial-Verbrauch; Wärmegrad; Kesseldruck; Verdampftes Wasser; Druck des
Windes; Luftmenge für 1k verbrannte Kohle; im
Ganzen; in der Stunde; auf 1qm Rostfläche in
der Stunde; des Speisewassers; in der Rauchkammer; für 1qm Heizfläche in der Stunde.; für 1k Brennstoff; für 1k bei 100°; in der Zuleitung; im Rohre
Wind liefert. Die Naphtadüsen sind auf einem guſseisernen
Kanäle angeordnet. Den Druck der Luft zeigen stets zwei Manometer, eins auf der
Windzuleitung, eins auf dem Rohre, an. Die Verbrennung bei natürlichem Zuge ist eine
vollständige und rauchlose, und kann in erwähnter Weise geregelt werden; die
Versuche wurden bis zu derjenigen äuſsersten Grenze getrieben, bei welcher die
Naphta noch tadellos verbrannte. Das Nähere ist aus Tabelle I zu ersehen.
Aus derselben ergibt sich, daſs die Verdampfung 37k
für 1qm Heizfläche erreicht. Beim Ueberschreiten
dieser Grenze entstand Rauch, ohne daſs sich die Dampfbildung vermehrt hätte. Die
Verdampfung übertrifft indeſs die mit Kohle zu erzielende, welche unter gleichen
Verhältnissen und an demselben Kessel nicht mehr als 28 bis 30k betrug.
Bei künstlichem Zuge erfolgt die Verbrennung der Naphta ohne Schwierigkeit und
vollziehen sich die Vorgänge, nachdem einmal die richtigen Mengenverhältnisse
geregelt sind, mit gröſster Regelmäſsigkeit und braucht man nur auf die
unausgesetzte Zuführung von Naphta und Wasser zu achten. Die Tabelle II gibt das
Nähere an.
Tabelle II. Verdampfung mit künstlichem Zuge und Naphta
(Astatkis) als Brennmaterial.
Nummer des Versuches
1
2
3
Dauer des Versuches in Stunden und Minuten
1 | 30
4 | 30
6 | 00
Brenn-material-Verbrauch
im Ganzenin der Stundeberechnet auf 1qm des unterstell- ten Rostes für
die Stunde unter der Annahme des Verhältnisses von
Rostfläche zu Heizfläche = 1/52 (wie bei 525 Pferdekraft)berechnet
wie vorhin, jedoch in Bezug auf die Verhältnisse
der Versuche von Guilleaume
213k,92 142k,61 375k 331k,65
608k,44 135k,21 350k 314k,44
784k,68 130k,78 344k,16 304k,16
Wärmegrad
des Speisewassersdes Rauchkammer
16° 350°
18° 302°
17° 380°
Kesseldruck
3k
3k
3k
Ver-dampftesWasser
im Ganzenin der Stundefür 1qm Heizflächefür 1k Brennstofffür 1k bezogen auf 100°
2200k,001464k 73k,20 10k,27 12k,01
7119k,001582k 79k,10 11k,70 13k,68
9432k,001572k 78k,60 12k,02 14k,06
Winddruck
in der Zuleitungin der Röhre
45mm 10mm
42mm 8mm
45mm 8mm
Die Tabelle II zeigt, daſs die erzielte hohe Verdampfung mit Kohle bei Weitem nicht
zu erreichen ist. Sie würde sich indeſs noch haben steigern lassen, wenn nicht die
entstehenden Aufwallungen die Erkennung des Wasserstandes so sehr erschweren, daſs
eine Dämpfung des Feuers geboten schien. Auſserdem ist wohl zu beachten, daſs der
Kessel nur einen Druck von etwa 3k zulieſs und man
bei höherem Druck, wobei die Aufwallungen später erst eintreten, die Verdampfung
viel weiter würde treiben können.
Um einen Vergleich mit dem Betriebe durch Kohle
durchzuführen, sei daran erinnert, daſs man bei den Torpedos von 525 &z0170; im
günstigsten Fall 800k Kohle in der Stunde
verbrennen kann, wobei von 1k Kohle 6,5 bis 7k Wasser verdampft werden. Nehmen wir 7k an, so ist die gesammte Verdampfung 7,800 =
5600l Wasser in der Stunde. Da diese Kessel
100qm Heizfläche haben, so ist die Verdampfung
für 1qm nur 56l.
Vollständiger als vorstehend erwähnte Versuche waren diejenigen welche auf
Veranlassung des Marineministeriums von dem Marineingenieur Guilleaume zu Lande gemacht wurden, bei welchen die Verdampfung ebenfalls
aufs Aeuſserste getrieben wurde. Der Kessel war in einer luftdichten Kammer
aufgestellt, in welche der Bläser wirkte, um den geschlossenen Raum der Torpedos
nachzuahmen. Das Resultat der Versuche ist in Tabelle III enthalten. Hiernach
erreichte die gröſste Verdampfung 52l,33 für 1qm Heizfläche.
Da man oftmals in der Marine als Maſsstab zur Vergleichung nicht die auf der
Heizflächeneinheit verdampfte Wassermenge, sondern die auf dem Quadratmeter
Rostfläche verbrannte Kohle rechnet, so mag dieser Maſsstab auch hier angewandt
werden, um den Kessel für Naphta mit dem für Kohle zu vergleichen, indem ein der
Oberfläche entsprechender Rost für den Naphtakessel unterstellt wird.
Bei dem günstigsten Versuche mit dem Naphtakessel wurden 1582l Wasser in der Stunde verbraucht. Die von Guilleaume verwendete Kohle verdampfte bei der
stärksten Heizung höchstens 8l Wasser; und wären
auf dem Naphtakessel statt Naphta Kohle verwendet worden, so hätten daselbst, um
dieselbe Wassermenge zu verdampfen, \frac{1582}{8}=197^k,7
verwendet werden müssen. Da bei Guilleaume's Kessel das
Verhältniſs der Rostfläche zur Heizfläche \frac{1}{46} war, so
würde ein Rost für den Naphtakessel \frac{20}{46}=0^{qm},43
erhalten haben; folglich wäre die stündliche Verbrennung
\frac{197,70}{0,43}=457^k, also 52 Proc. mehr als bei Guilleaume gewesen, der nur 300k verbrannt hat.
Die Vergleichung mit dem aufs Aeuſserste angestrengten Torpedo von 525 &z0170;
führt uns fast zu demselben Resultate. Bei dem Versuche verdampfte man höchstens
7l Wasser auf 1k Kohle und das Verhältniſs der Rostfläche zur Kesselfläche ist
\frac{1}{52}. Man verbrennt 800k Kohle in der Stunde, also \frac{800}{1,90}=420^k in
der Stunde auf 1qm Rostfläche, dessen ganze Gröſse
1qm,90 beträgt. Stellen wir unter sonst
gleichen Verhältnissen dieselbe Vergleichung an, wie mit dem Guilleaume'schen Versuchskessel, so würde der Naphtakessel
\frac{1582}{7}=226^k auf einem berechneten Roste von
\frac{20}{52}=0^{qm},38 Fläche verbrannt haben, also
\frac{226}{0,38}=594^k,73, 73 auf 1qm, d.h. 43 Proc. mehr als der groſse Torpedo.
Unsere Quelle theilt noch verschiedene englische Versuche von Thornycroff mit, welche jedoch Resultate ergaben, deren Richtigkeit der
Referent sowohl wegen der Kürze des Versuches und der bekannten Routine der
englischen Ingenieure in der Vorführung von Versuchen entschieden bezweifelt und die
bei den französischen Versuchen erreichten Ergebnisse für die Grenze des
Erreichbaren hält, weshalb wir die englischen Versuche hier auch übergehen.
Ueber die zur Verbrennung erforderliche Luft äuſsert
sich der Referent wie folgt: Es sind zur Bildung von Kohlensäure 27,36 Th. Kohlen-
und 72,64 Th. Sauerstoff erforderlich, mithin benöthigt 1k Kohle zur Bildung von Kohlensäure
\frac{72,64}{27,36}=2^k,65\
\mbox{Sauerstoff}=\frac{2,65}{1,43}=1^{cbm},85\ \mbox{Sauerstoff},
wobei die Dichtigkeit des Sauerstoffes zu 1,1026 und das
Gewicht von 1cbm Luft zu 1k,30 angenommen ist.
Die Luft besteht bekanntlich aus 21 Proc. Sauerstoff und 74 Proc. Stickstoff,
folglich ist zum Verbrennen von 1k Kohle
erforderlich
\frac{1,85\,\times\,100}{21}=8^{cbm},88\
\mbox{Luft}.
Da der Wasserstoff bei der Verbrennung Wasser bildet, welches 11,1 Proc. Wasserstoff
und 88,9 Proc. Sauerstoff enthält, so gebraucht man, um 1k Wasserstoff zu verbrennen,
\frac{88,9}{11,1}=8^k\ \mbox{Sauerstoff},
mithin 5cbm,594 Sauerstoff,
oder 26cbm,638 atmosphärische Luft.
Die verwendete Naphta enthält annähernd 87,1 Proc. Kohlenstoff, 11,7 Proc.
Wasserstoff und 1,2 Proc. Sauerstoff; die zur Verbrennung erforderliche Luft ist
mithin
0,871\,\times\,8,88+\left(0,117-\frac{0,012}{8}\right)\,26,638=10^{cbm},800.
Péclet hat durch Versuche gefunden, daſs die günstigste
Verbrennung auf dem Roste stattfand, wenn man 33 Proc. Luft mehr zuführte als
theoretisch erforderlich. Bei der Naphtaverbrennung, wo die Mischung der Naphta und
der Luft eine innige ist, wird man wahrscheinlich mit der theoretischen Luftmenge
auskommen. Aber selbst angenommen, diese Ersparniſs finde nicht statt, so wäre die
erforderliche Luft zum Verbrennen von 1k
Astatkis
10,8 × 1,33 = 14cbm,36.
Um 1k Kohle zu verbrennen
sind theoretisch 8 und in Wirklichkeit 10cbm,64 erforderlich.
Wir sehen aus den Guilleaume'schen Versuchen, daſs dies
mit der Erfahrung übereinstimmt.
Die Verbrennungsproducte. Bei gleicher Wärme und
gleichem Drucke ist die aus dem Kohlenstoff entstehende Kohlensäure gleich dem
Volumen Sauerstoff, welches zur Bildung erforderlich war. Da 1k Wasserstoff 8k
Sauerstoff zum Verbrennen gebraucht, so ergibt sich für jedes Kilo des verbrannten
Sauerstoffes 1k,125 Wasserdampf, oder annähernd
1,24 × 1,125 = 1cbm,4 Dampf auf 0° gerechnet. Bei
Atmosphärenspannung und bei 0° nimmt 1k Sauerstoff
einen Raum von 0cbm,70 ein; das in Dampf
verwandelte Kilo Sauerstoff wird eine Volumenvermehrung von 1cbm,4 – 0cbm,7 =
0cbm,7 ergeben, mit anderen Worten: Beim
Verbrennen des Wasserstoffes ist das Volumen des erzeugten Dampfes doppelt so groſs
als der verwendete Sauerstoff.
Beim Verbrennen von 1k Naphta werden an
Verbrennungsproducten entstehen
0,87 . 1cbm,85
= 1cbm,609 Kohlensäure
0,117 × 2 × 5cbm,6
= 1cbm,310
Dampf
und da man 14cbm,36 Luft
angewendet hat, von welcher 1,609 Sauerstoff zum Verbrennen des Kohlenstoffes und
\left(0,117.\frac{0,012}{8}\right)\,5,6=0^{cbm},646 zum
Verbrennen des Wasserstoffes, so bleiben
14,36 – 1,609 – 0,646 = 12,105 Stickstoff und Sauerstoff übrig.
Die gesammten Verbrennungsproducte aus 1k Naphta
sind mithin
12,105 + 1,609 + 1,310 = 15cbm,024
bei 0° gerechnet. Dies Volumen muſs man auf die Temperatur des
Herdes und des Kamines umrechnen, wenn es als Grundlage zur Bestimmung der
Querschnitte dienen soll.
(Schluſs folgt.)