Titel: | Neuerung in der Darstellung von Wassergas. |
Autor: | W. Leybold |
Fundstelle: | Band 265, Jahrgang 1887, S. 378 |
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Neuerung in der Darstellung von
Wassergas.
Neuerung in der Darstellung von Wassergas.
Bekanntlich wird das Wassergas (vgl. Th. S. C. Lowe und
G. Sp. Dwight 1880 238 *
146) erzeugt durch Heiſsblasen einer Kokeschicht im Generator und darauf folgendes
Einlassen von Wasserdampf in das weiſsglühende Gemenge. Das entstandene Gas ist in
der Hauptsache ein Gemisch von Wasserstoff und Kohlenoxyd. M. Bauer in Berlin (D. R. P. Kl. 26 Nr. 38904 vom 9. März 1886) will nun
das Kohlenoxyd durch ein in den folgenden Patentansprüchen beschriebenes Verfahren
aus dem Wassergase entfernen:
„Man erhält ein an Wasserstoff reicheres Wassergas, wenn man die Kohle mit
Eisenoxyd (man wendet zu Beginn des Prozesses nur metallisches Eisen an) mischt.
Es vollziehen sich dann mehrere Prozesse. Einerseits entsteht aus Kohle und
Eisenoxyd Kohlensäure und Eisen, theilweise auch Kohlenoxyd. Aus Kohle und
Wasserdampf entsteht ferner Kohlenoxyd und Wasserstoff, aus Wasserdampf und
Eisen entsteht Eisenoxyd und Wasserstoff, ebenso aus Kohlenoxyd und Wasserdampf
Kohlensäure und Wasserstoff. Wenn man nun die Kohle mit so viel Eisenoxyd
mischt, daſs dieses, nachdem es durch jene zu Eisen reducirt ist, hinreicht, ein
zugeführtes Wasserdampfquantum zu zersetzen, so wird das hierbei wieder
gebildete Eisenoxyd beständig von der glühenden Kohle reducirt werden.“
Bei richtig eingehaltener Wasserdampfzufuhr und Anwesenheit genügender Menge
Eisenoxyd kann somit kein Kohlenoxyd entstehen, vielmehr würden die geringsten
Mengen desselben sofort unter Bildung von Eisenoxyd reducirt werden, da Kohlenoxyd
nach dieser Richtung energischer wirkt als Kohle.
Man kann auch, anstatt das Eisen oder die Eisenoxyde mit der Kohle zu mischen, sie hinterher
auf das aus Kohle und Wasserdampf entstandene Gasgemisch einwirken lassen. Es
vollzieht sich dann hier die Oxydation des Kohlenoxydes und die neue Bildung von
Wasserstoff. Das entweichende Gas enthält nun neben Wasserstoff nur Kohlensäure. Es
wird gewaschen und soll dann von der Kohlensäure auf folgende Weise befreit werden:
In luftdichten Kammern wird auf Hürden kohlensaures Natron mit wenigstens einem
Molekül Krystallwasser ausgebreitet. Indem das Wassergas durch diese Kammern
streicht, wird die Kohlensäure unter Bildung von doppeltkohlensaurem Natron
absorbirt.
Letzteres wird mit Vortheil an Stelle von kohlensaurem Kalk zur Darstellung flüssiger
Kohlensäure verwendet, da es einerseits einen höheren Gehalt an Kohlensäure besitzt,
andererseits dieselbe auſserordentlich leicht abgibt.
Patent-Anspruch.
„Die Darstellung von Wassergas durch Behandeln eines glühenden Gemisches von
Kohle mit Eisenoxyden bezieh. Eisen mittels Wasserdampf.“
Was nun durch die Entfernung des Kohlenoxydes aus dem Wassergase bezweckt werden
soll, ist unerfindlich. Solche Vorschläge, wie sie schon öfters gemacht wurden,
beruhen meist auf der irrigen Auffassung, daſs 1cbm Wasserstoff bei der Verbrennung eine weitaus gröſsere Zahl
Wärmecalorien entwickele als 1cbm Kohlenoxyd.
Diese leider ziemlich verbreitete Auffassung ist unrichtig, da bei derartigen
Angaben mit dem Gewichte, nicht mit dem Volum der Gase, und Calorien gerechnet
werden muſs. Folgende kurze Berechnung zeigt diese Verhältnisse:
Nach Favre und Silbermann'sAnnales de chimie et physique, Serie III. Tom.
34. Versuchen ergibt
1g Wasserstoff
34462c
1g Kohlenoxyd
2403c
Bei der Verbrennung zu Wasserdampf bezieh. Kohlensäure:
1cbm
Wasserstoff
= 89g,6Bunsen, Gasometrische Methoden (bei 0°
und 760mm).
ergibt
demnach
3087795c
1cbm
Kohlenoxyd
= 1251g,5
„
„
3007355c
––––––––
Demnach beträgt der Unterschied
80440c
oder 2,6 Proc. weniger für Kohlenoxyd gegen
Wasserstoff.
Diese Differenz ist zu gering, als daſs eine Entfernung des Kohlenoxydes, das ja
ziemlich die Hälfte Volums im Wassergase ausmacht, einen wesentlichen Vortheil
ergeben würde. Die sonstigen Verhältnisse bei der Verbrennung von Wasserstoff und
Kohlenoxyd sind die gleichen: beide gebrauchen das halbe Volum Sauerstoff, also das
2½ fache Volum Luft zur vollständigen Oxydation.
Was nun speciell das angegebene Verfahren betrifft, so setzt es eigentlich den
Kokegenerator in einen kleinen Hochofen um; denn je mehr Eisenoxyd oder Eisen oben
hineingeworfen wird, um so mehr Guſseisen läuft geschmolzen zur Putzthüre heraus.
Ferner wird das Eisenoxyd theilweise zu Eisenoxydul reducirt werden, welches mit der
Asche eine leichtflüssige Schlacke bildet. Diese ist nun von den Wänden des Ofens äuſserst
schwer zu entfernen; sie greift die Steine an und backt so fest zusammen, daſs die
Steine sammt der Schlacke herausgeschlagen werden müssen.
Auch das Reinigungsverfahren mit doppelt kohlensaurem Natron erscheint hier nicht am
Platze. Das rohe Wassergas ist, selbst nachdem es die Vorlage und die Wascher
passirt hat, immer noch Schwefelwasserstoff haltig. Es wird daher die Soda, welche
in der Fabrik mit Mühe von Schwefel befreit wurde, hier wieder Schwefel haltig und
so für manche Zwecke unbrauchbar gemacht. Auch die wieder ausgetriebene und
verflüssigte Kohlensäure wird in Folge dessen als sicherlich unangenehme Beigabe
Schwefelwasserstoff enthalten.
W. Leybold.