Titel: | Elektrohephästos. |
Fundstelle: | Band 265, Jahrgang 1887, S. 361 |
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Elektrohephästos.
Benardos' Elektrohephästos.
Unter dem Namen Elektrohephästos hat sich ein
kleinrussischer Gutsbesitzer, der sich viel mit elektrischen Studien beschäftigte,
Herr von Benardos (1887 264
* 335), eine neue Methode, Metalle, namentlich Eisentheile, durch Schmelzen auf
elektrischem Wege mit einander zu verbinden, patentiren lassen. Diese Methode stellt
gewissermaſsen eine Ergänzung der in letzter Zeit viel besprochenen Erfindung des
Amerikaners Elihu Thompson (vgl. 1887 263 230), des elektrischen Schweiſsens mit Hilfe von
Transformatoren, dar. Während Thompson die zu
verbindenden Metallstücke in Schweiſsglut bringt und sie unter Anwendung von Druck
gegen einander preſst, wodurch ein richtiges Zusammenschweiſsen entsteht, bringt Benardos die Blechränder oder Stabenden, die nachher
Ein Ganzes bilden sollen, durch Anwendung des Voltabogens zum Schmelzen, wodurch
also ein Zusammenlöthen vor sich geht.
Daſs der Voltabogen Temperaturen erzeugen kann, welche selbst Platina zum Schmelzen
bringen, ist eine so bekannte Thatsache, daſs sich wohl schwerlich auf eine
Verwendung desselben zum Löthen ein Patentanspruch erheben lieſs; so hat sich denn
der Erfinder nur den Apparat patentiren lassen, mit welchem er arbeitet. Dieser
besteht aus einem Kohlenstabe von etwa 22mm Dicke
und 250mm Länge, in welchen der Strom vermittels
einer Zwinge hineingeleitet wird. Eine hölzerne Umhüllung dient als Handhabe, ein
auf ihr befestigter Schirm zum Schütze der Hand. Der Vorgang ist nun folgender: der
Erfinder läſst durch eine etwa 25pferdige Dampfmaschine den Strom in einer
Dynamomaschine von Siemens und Halske erzeugen; vor der
Arbeit wird damit eine Batterie von 200 Stück Accumulatoren eigener Construction
geladen. Während der Arbeit wird der verbrauchte Strom fortwährend ersetzt. Die
Stromstärke beträgt bis zu 200 Ampère. Die Accumulatoren senden den Strom durch ein
Drahtseil in den Löthapparat, während die eiserne Tischplatte, auf welcher die zu
verbindenden Eisentheile ruhen, oder der Halter, welcher, je nach der Art der
Arbeit, diese Gegenstände faſst, ebenfalls mit ihnen in Verbindung steht. Die
Arbeiten, welche Einsender Herrn von Benardos vorführen
sah, sind: Zusammenlöthen von Blechen, Lochen und Nieten von Blechen, Lochen unter
Wasser, Einsetzen und Dichten von Rohren in einer Rohrwand.
Das Zusammenlöthen von Blechen (oder Stäben) geschieht in der Weise, daſs die beiden
Theile stumpf an einander gelegt werden und so auf dem Arbeitstische ruhen. Wird die
mit dem positiven Pol verbundene Kohle längs der Fuge geführt (bei dickeren Blechen
von beiden Seiten), so schmelzen die Ränder sofort zusammen. Bei sehr dicken Blechen
werden die Ränder derart bearbeitet, daſs sie zusammengelegt einen Kanal bilden, in
welchen nun ein Stab von gleichem Materiale eingesetzt wird, der unter der
Einwirkung des Voltabogens schmilzt; die geschmolzene Masse füllt nachher den Kanal
aus und vereinigt die Bleche.
Will man eine Ueberlappungsnaht herstellen, so wird die Kohle einfach beide Fugen
entlang geführt.
Ueber die Festigkeit der Löthstellen sind mehrfache Versuche angestellt worden; in
vielen Fällen riſs das Blech im Vollen und nicht an der Löthstelle; in anderen ergab
sich eine Festigkeit von 75 bis 99 Proc. im Vergleiche mit derjenigen des vollen
Querschnittes. Zum Nieten von Blechen bedient man sich des Halters, in den man die
Bleche einklemmt; die hier mit dem negativen Pol der Batterie verbundene Kohle wird
an der betreffenden Stelle unter das Blech gehalten, worauf sofort das Metall zu
schmelzen beginnt und tropfenweise niederfällt. In Zeit von vielleicht 15 Secunden werden auf
diese Weise zwei Bleche von je 10mm Dicke gelocht.
Um die Weite zu egalisiren, wird die Kohle nachträglich oben über das entstandene
Loch gehalten. Darauf wird ein Cylinder von gleichem Materiale wie die Bleche ins
Loch eingesetzt und mit diesen zusammengeschmolzen. In ähnlicher Weise können auch
Bleche längs einer Linie getrennt werden.
Um in bestimmten Abständen Löcher zu bohren und in der genannten Art Nieten
einzusetzen, kann der Löthapparat auf einer Art Schlitten montirt mechanisch
verschoben werden.
Auch unter Wasser lassen sich Löcher bohren, Bleche abschneiden u.s.w.; nur ist es,
so lange der Arbeiter auſserhalb des Wassers steht, nicht möglich, die Arbeit genau
an einer im Voraus fixirten Stelle auszuführen.
Das Dichten von Röhren geschieht in der Weise, daſs rund um den vorstehenden Kopf der
Röhre kleine Kupferstücke gelegt werden, die beim Schmelzen durch den Voltabogen
sich mit dem Rohr und der Rohrwand verbinden.
Die Werkstatt des Herrn Benardos beschäftigt sich
hauptsächlich auſser mit allerlei Versuchen mit dem fabrikmäſsigen Zusammenlöthen
der Böden eiserner Erdölfässer und deren Wandung, wobei ein Arbeiter täglich 10 bis
12 Fässer fertig zu stellen im Stande ist. Dabei ist aber in Erwägung zu ziehen,
daſs die Arbeiter noch ungeübt sind und es an allen maschinellen Hilfsmitteln vor
der Hand fehlt; sobald einmal die Werkstatt speciell auf eine Arbeit, wie das
Verlöthen der Fässer, eingerichtet ist, wird die Leistung begreiflicher Weise eine
bedeutend höhere sein. Ueberhaupt ist die ganze Sache noch im Versuchsstadium;
indessen wird wohl bald die Zeit lehren, daſs die Verwendbarkeit der Idee eine
groſse ist; wir erinnern beispielsweise an Verlöthen der Kesselfugen statt des
leidigen Verstemmens, an Anlöthen stählerner Werkzeuge an eiserne Halter, an
Verbinden von Panzerplatten unter einander u.s.w.
Wie man hört, hat Herr von Benardos seine Erfindung an
Herrn von Rothschild in Paris und dieser wiederum einer
Gesellschaft um 2 Millionen Francs verkauft.
(D. Latschinoff „Electritschestwo“ Nr. 7 1887;
T..y, Nishegoroder Bote für Dampfschifffahrt und
Industrie Nr. 8 1887; v. Doepp, Protokolle des
St. Petersburger Polytechnischen Vereins 1887.)