Titel: | Ueber die Verwendung von Hydroxylamin in der Photographie; von Prof. J. M. Eder in Wien. |
Autor: | J. M. Eder |
Fundstelle: | Band 265, Jahrgang 1887, S. 222 |
Download: | XML |
Ueber die Verwendung von Hydroxylamin in der
Photographie; von Prof. J. M. Eder in Wien.
Eder's Verwendung von Hydroxylamin in der Photographie.
Das Hydroxylamin NH2.OH ist eine noch nicht sehr
lange bekannte chemische Verbindung, welche Lossen im
J. 1865 unter den Producten der Reduction der Salpetersäure mittels Zinn und
Salzsäure entdeckte. Später wurde insbesondere von Victor
Meyer das Verhalten des Hydroxylamins gegen organische Verbindungen studirt
und von ihm gefunden, daſs es mit Aldehyden und Ketonen gut krystallisirende
Verbindungen gibt. Besondere Beachtung aber erregten die hervorragenden reducirenden
Eigenschaften dieser Substanz, auf welche bereits Lossen hingewiesen hatte. Als Reductionsmittel eignet es sich zur
technischen Verwendung; es reducirt Mangansuperoxyd zu Oxydul und kann deshalb zur
Herstellung weiſser Muster auf mit Mangan gefärbten Zeugen dienen, wie Schaeffer fand. Auch in der Photographie läſst sich das
Hydroxylamin als kräftiges Hervorrufungsmittel für unsichtbare Lichtbilder auf
Bromsilber und
Chlorsilber benutzen, wie Egli und Spiller in London im J. 1884 entdeckt haben.S. Eder's Ausführliches
Handbuch der Photographie 1886. 3. Theil. Die Photographie mit
Bromsilbergelatine S. 105.
Obschon man die vortrefflichen Eigenschaften des Hydroxylamins für die Hervorrufung
photographischer Bilder erkannt hatte, fand diese Verbindung dennoch bis jetzt
keinen Eingang in die Praxis, weil ihr auſserordentlich hoher Preis bisher
entgegenstand. Das Kilogramm des krystallisirten salzsauren Hydroxylamins kostete je
nach der Reinheit 300 bis 800 M. Erst jetzt hat sich ein Weg gefunden, Hydroxylamin
billig herzustellen und zwar liefert die Badische Anilin-
und Sodafabrik in Ludwigshafen a. Rh. dasselbe für den Massenconsum. Es
wird entweder in einer schwach sauren 12 bis 14 Proc. wässerigen Lösung (für Zwecke
des Baumwolldruckes) abgegeben oder in Form von reinem krystallisirtem salzsaurem
Hydroxylamin, welches besonders für photographische Zwecke dient. Der Preis des
letzteren ist ungefähr 50 M. (für das Kilogramm). Ich habe eine Probe des salzsauren
Hydroxylamins erhalten, welches rein weiſs und groſs krystallisirt ist und sich
vortrefflich zur Verwendung für photographische Zwecke eignet.
Egli und Spiller geben für den Hydroxylamin-Entwickler
für Bromsilbergelatine folgende Vorschrift, welche auch Ch.
Scolik empfahl, und die in der That gute Resultate liefert.
A) 1 Th. salzsaures Hydroxylamin gelöst in 15 Th.
Alkohol,
B) 1 Th. Aetznatron in 8 Th. Wasser.
Vor dem Gebrauche mischt man 60 Th. Wasser mit 3 bis 5 Th. von A
und 5 Th. von B.
Der Entwickler ertheilt den Bromsilbergelatineplatten eine reine stahlgraue Farbe,
welche ähnlich der mit Eisenvitriol hervorgerufenen fassen Collodionplatten ist und
bekanntlich das rasche und brillante Copiren sehr fördert. Der Entwickler bleibt
während des Gebrauches völlig klar und farblos, wodurch er sich sehr vortheilhaft
vom Pyro-Entwickler unterscheidet Sind die Platten zu lange belichtet gewesen, so
kann man dem Entwickler als Verzögerer einige Tropfen einer Lösung von Bromkalium (1
: 10) oder citronensaures Kali zusetzen.
Die Empfindlichkeit, welche man mit dem Hydroxylamin-Entwickler erzielen kann, kommt
der mit Pyrogallol oder Eisenoxalat gleich; die Farbe des Silberniederschlages
erweist sich aber für mancherlei Zwecke der Negativ-Photographie als günstiger.
Der Preis des Hydroxylamin-Entwicklers ist geringer als vom
Eisenoxalat- und um weniges höher als von dem Pyro-Soda-Entwickler:
1l Eisenoxalat-Entwickler
kostet
ungefähr
40
Pf.
1l Pyro-Soda-Entwickler
„
„
20
„
1l Hydroxylamin-Entwickler
„
„
29
„
Da nun 1l Entwickler zum Hervorrufen von 20
Doppel-Visitbildern (13
× 18cm Plattengröſse) dient, so kommt die
Entwickelung einer Doppelvisitplatte mittels Hydroxylamin auf 1½ Pf. zu stehen.
C. und F. Darker entwickelten schöne Sciopticonbilder
auf Bromsilbergelatine mit 1 Th. Hydroxylamin, 2 Th. Aetznatron, 4 Th. Bromammonium
und 480 Th. Wasser.
Hydroxylamin eignet sich auch zur Entwickelung von Chlorsilbergelatine, womit man
vortreffliche durchsichtige Glasdiapositive herstellen kann, welche zu
Fensterbildern, für Vergröſserungen, Bilder in der Laterna magica u.s.w. dienen
können. Für Chlorsilber, welches leichter als Bromsilber reducirbar ist, muſs eine
weniger stark reducirend wirkende Mischung verwendet werden; eine solche erhält man
durch Mischen des salzsauren Hydroxylamins mit kohlensaurem Kali oder kohlensaurem
Natron. Solche Mischungen geben (wie Hr. Spiller fand
und die Herren David und Scolik bestätigtenS. Eder's Photogr. mit
Bromsilbergelatine 1886 S. 106.) dem reducirten Silber
eine sepiabraune Farbe; der Zusatz einer Spur von Ammoniak macht das Bild
chocoladebraun; Ammoniak allein macht das Bild purpurfarbig.
Nach Spiller ist folgende Vorschrift für Diapositive auf
Chlorsilbergelatine zu empfehlen:
A) 15 Th. salzsaures Hydroxylamin in 480 Th. Alkohol
B) 6 Th. kohlensaures Kali in 8 Th. Wasser
C) 1 Th. Ammoniak in 8 Th. Wasser.
Man belichtet die Chlorsilberplatten 10 Minuten vor einem Gasbrenner (Abstand 1 Fuſs)
und entwickelt mit folgender Mischung: 1cc,5 A, 40
Tropfen B und 30cc Wasser. Für Chokoladebraun fügt
man einen Tropfen C zu. Auf Chlorsilbergelatinepapier soll eine Mischung von 1cc,5 A, 6 Tropfen C und 30cc Wasser warme braune Töne liefern. Mischt man
2cc A mit 6 Tropfen C und 30cc Wasser, belichtet 5 mal länger und entwickelt
damit, so erhält man kastanienbraune Bilder, die nach dem Trocknen tief purpurfarbig
werden.
David und Scolik verwenden für denselben Zweck
(Diapositive auf Chlorsilbergelatine) eine Mischung von 30 Th. der salzsauren
Hydroxylaminlösung (1 : 15), 4 Th. Potaschenlösung (22 : 30) und 30 Th. Wasser.
Die besondere Eigenthümlichkeit des Hydroxylamin-Entwicklers besteht, wie erwähnt,
darin, daſs die Bilder in den Lichtern rein weiſs bleiben und das reducirte
metallische Silber in der Bildschicht einen zum Copiren günstigen und hübschen
Farbenton annimmt. Wahrscheinlich dürfte das Hydroxylamin nunmehr bald eine
ausgedehnte Verwendung in der Photographie finden.