Titel: | Ueber Entfärbungsmittel und ihre Anwendung zur Entfärbung des Ozokerits; von Roman Zaloziecki, Assistent an der k. k. technischen Hochschule in Lemberg. |
Autor: | Roman Zaloziecki |
Fundstelle: | Band 265, Jahrgang 1887, S. 117 |
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Ueber Entfärbungsmittel und ihre Anwendung zur
Entfärbung des Ozokerits; von Roman Zaloziecki, Assistent an der k. k. technischen Hochschule in Lemberg.
(Schluſs der Abhandlung S. 72 d. Bd.)
Zaloziecki's Entfärbungsmittel.
Bereits bei der Besprechung der Entfärbungsbedingungen und speciell bei der
Definition des Adhäsionscoefficienten habe ich die Meinung ausgesprochen, daſs das
Adhäsionsvermögen mit der Natur der Entfärbungskörper und mit der Farbstoffgattung
veränderlich ist. Daraus folgt, daſs die Bedingungen, welche man für einen
Entfärbungskörper und für ein Rohmaterial kennt, keine allgemeine Bedeutung haben
werden in Fällen, wo eines oder das andere geändert wird. Um dies zu beweisen, habe
ich Proben gemacht mit wasserlöslichem Farbstoffe und mit verschiedenen
Entfärbungsmitteln. Am vortheilhaftesten hat sich die Anwendung des Indigo-Carmins
erwiesen, weil bei entsprechendem Verfahren gleichzeitig die Menge des durch ein
gewisses Gewicht Entfärbungskörper absorbirten Farbstoffes bestimmt werden konnte.
Die Methode von SchoberWagner's Jahresbericht 1873 S. 586., welche derselbe
zur vergleichenden Untersuchung von Knochenkohle empfohlen hat, erwies sich auch für
meine Zwecke am bequemsten, nachdem ich die Richtigkeit der mit derselben zu
erhaltenden Resultate festgestellt hatte. Das Wesentliche dieser Methode beruht
darauf, daſs man eine abgemessene Menge Farbstofflösung (Indigo-Carmin) mit dem zu
untersuchenden Körper, welcher je nach seiner Qualität eine gewisse Menge
Farbstoffes absorbirt, versetzt, filtrirt und den zurückbleibenden Antheil
Indigo-Carmin in einem aliquoten Theile des Filtrates mit titrirtem Chamäleon
bestimmt. Ich habe mir durch Auflösen von 6g Indigo in
Schwefelsäure und Verdünnen auf 1l Wasser nach
Vorschrift eine Farbstofflösung, und durch Lösen von 1g Chamäleon in derselben Menge Wasser Lösungen bereitet, welche ich derart
auf einander stellte, daſs 1cc der einen 1cc der anderen Lösung entsprach. Zu den Versuchen
verbrauchte ich je 50cc Carminlösung, welche mit
je 1g des zu untersuchenden Entfärbungskörpers
versetzt, gut gemischt und unter Umrühren 10 Minuten im Kochen erhalten wurden. Nach
wiederholtem starken Durchmischen wurde durch ein trockenes Filter in ein trockenes
Kölbchen filtrirt und zur Bestimmung der zurückbleibenden Menge Farbstoff jedesmal
10cc Filtrat verwendet, die Resultate aber auf
die ganze Menge umgerechnet.
Die erhaltenen Ergebnisse führe ich als Durchschnittszahlen mehrerer Versuche in der
nachstehenden Zusammenstellung an.
Enfärbungskörper
Anzahl der ccChamäleon zumTitriren des
zu-rückgebliebenenFarbstoffes
Anzahl der cc und g Indigo-Carmin, welche durch
1gEnfärbungskörper absorbirtwurden
Mit Salzsäure ausgelaugte
Blutlaugen- salzrückstände
1,7
41,5cc =
0,249g
Mit Wasser ausgelaugte
Blutlaugensalz- rückstände
4,4
28,0 = 0,168
Kaolin
9,6
2,0 = 0,012
Kieselsäure
9,8
1,0 = 0,006
Aluminiumsilicat
9,7
1,5 = 0,009
Mangansilicat
9,8
1,0 = 0,006
Die mit Salzsäure erschöpften
Blutlaugen- salzrückstände frei von Kohle (SiO2)
9,5
2,5 = 0,015
Holzkohle
9,5
2,5 = 0,015
Sägespäne, geglüht mit
zugemischtem Aluminiumsilicat
9,2
4,0 = 0,024
Calciumphosphat
9,4
3,0 = 0,018
Sägespäne, imprägnirt mit Natriumsilicat, geglüht und
mit HCl erschöpft
5,5
22,5 = 0,135
Knochenkohle a
8,2
9,0 = 0,054
Knochenkohle b
8,0
10,0 = 0,060
Knochenkohle c
8,7
6,5 = 0,039
Knochenasche
9,2
4,0 = 0,024
Sägespäne, imprägnirt mit Calciumphos- phat und
geglüht
8,6
7,0 = 0,042
Reine Kohle
9,8
1,0 = 0,006
Aus diesen Untersuchungen folgt:
1) Daſs die Qualität, somit die Verwendbarkeit der Entfärbungskörper eine relative
ist, abhängig von der Natur des Farbstoffes, daſs somit der Begriff der specifischen
Adhäsion volle Berechtigung hat.
2) Daſs Kaolin, Kieselsäure, Silicate, Phosphate und andere Materialien, welche keine
Kohle enthalten, auf Farbstoffe in wässeriger Lösung nur unbedeutend einwirken.
3) Daſs die betreffenden Körper ein hohes Entfärbungsvermögen erst durch eine
entsprechende Combination mit der verkohlten organischen Materie, wahrscheinlich
durch Aenderung ihrer äuſseren Structur, erfahren.
4) Daſs reine Kohle im Allgemeinen keine besondere Adhäsion für Farbstoffe
besitzt.
Bemerkt sei noch, daſs das Verhalten der wässerigen
Farbstofflösungen beim Entfärben auch vorzüglich zur Aufstellung der Analogie
zwischen dem Färben und Entfärben geführt hat.
Das Bleichen des Erdwachses mit Körpern, welche die Eigenschaften der Entziehung der
Farbstoffe besitzen, muſs als eine selbstständige Fabrikationsmethode, die unbedingt
Existenzberechtigung hat, betrachtet werden. Ohne weiter auf die Beurtheilung des
durch einfaches Entfärben erhaltenen Productes und des mit Hilfe von Schwefelsäure
dargestellten Ceresins bezüglich ihres Werthes als Leuchtmaterialien einzugehen, und
diesen Gegenstand zur weiteren vergleichenden Untersuchung mir vorbehaltend, muſs
ich jedoch hervorheben, daſs das Ceresin sich so zahlreiche Absatzgebiete
erschlossen hat, daſs sich der Fabrikant nicht ausschlieſslich durch diese Rücksicht
leiten zu lassen braucht. Von den vielen Verwendungen des Ceresins will ich nur die
hauptsächlichsten aufzählen, als: Darstellung des Wachspapiers, Imprägnirung der
Gewebe, der Gypsabdrücke und der Steinmetzartikel, zum Steifen des Garns, zur
Fabrikation der Zündhölzchen, zur Conservirung von Nahrungsmitteln, zum Wichsen der
Fuſsböden, zur Verfertigung der Farbstifte, Farben, Wichse, Lacke, Firnisse, in der
Galvanoplastik u.s.w. Zu allen diesen Zwecken kann das mit Hilfe der einen oder
anderen Methode dargestellte Product benutzt werden und der Vorzug wird derjenigen
gebühren, welche billiger und gleichzeitig mit quantitativ besserer Ausbeute
gehandhabt werden kann. Von diesem Standpunkte beurtheilt, wird die Methode der
einfachen Erdwachsbleichung in jeder Hinsicht vor der mit Schwefelsäure den Vorzug
verdienen. Doch ist dieselbe auch nicht vollkommen frei von Einwürfen und
ausgesprochen schwache Seiten derselben sind: Die ungemein groſse Menge, besonders
was das Volumen anbelangt, der zum Entfärben gebrauchten Materialien, welche zum
wiederholten Gebrauche nicht gehörig ausgebeutet werden konnten, somit verloren
gingen und, eng damit verbunden, eine ungeheure Masse Abfälle, welche einen
bedeutenden Procentsatz des fertigen Productes enthaltend, weiter verarbeitet werden
muſsten. Die letzt genannten Schwierigkeiten sind theilweise schon durch Einführung
rationell gebauter Extractionsapparate behoben worden.
Es bleibt mir noch die Besprechung einiger Thatsachen, den Gebrauch der
Entfärbungskörper in der Fabrikpraxis betreffend. Vor Allem muſs ich der hie und da
verbreiteten Meinung entgegentreten, als ob bei ausschlieſslicher Verwendung von
Entfärbungsmitteln eine vollständig weiſse Farbe des Productes nicht erreicht werden
könnte. Diese Behauptung hat nur einen begrenzten Werth, wenn es auch feststeht,
daſs rohes Erdwachs in einer Operation seines ganzen
Gehaltes an Farbstoffen sich nicht berauben läſst. Die Ursache davon ist eine
zweifache und besteht
einmal in der ungenügenden absoluten Qualität der Entfärbungsmittel und zweitens in
der Herbeiführung eines Farbstoff-Sättigungs-Gleichgewichtes zwischen dem zu
entfärbenden Körper und dem Entfärbungsmittel, d.h. es tritt ein Moment ein, wo der
Entfärbungskörper nicht im Stande ist weitere Mengen Farbstoff aufzunehmen, sondern
im Gegentheil geneigt ist, denselben an andere minder gesättigte Körper abzutreten.
Man kann sich davon leicht auf folgende Weise überzeugen. Das mit Benzin vollständig
extrahirte Entfärbungspulver, welches zuvor zur Bleichung des rohen Ozokerits
verwendet war und demnach in dem Zustande der Sättigung mit dem Farbstoffe sich
befindet, wird in geschmolzenes vollständig weiſses Paraffin oder Ceresin
eingebracht. Nach gehörigem Durchmischen und Filtriren zeigt sich das Filtrat mehr
oder wenig hellgelb gefärbt, ein Beweis, daſs ein Theil des Farbstoffes sich in der
farblosen Masse aufgelöst hat. Ein vollständiges Entfärben läſst sich jedoch
erreichen durch systematische Behandlung des rohen Productes mit frischen Portionen der Entfärbungskörper.
Das Bestreben der Fabrikation ist auf die direkte Gewinnung des gröſstmöglichsten
Antheils an fertigem Producte gerichtet, durch einfaches Decantiren nach beendigtem
Prozesse, was aber leichtes und vollständiges Absetzen der gebrauchten
Hilfsmaterialien bedingt. Leichtes und schnelles Abstehen kann auf zweierlei Art
erreicht werden, einmal durch Erniedrigung des specifischen Gewichtes der zu
entfärbenden Masse und zweitens durch das hohe specifische Gewicht der zum Entfärben
verwendeten Materialien. Die Erniedrigung des specifischen Gewichtes, somit auch der
Zähigkeit oder der Reibung der einzelnen Theilchen unter sich und mit fremden, läſst
sich durch Erhöhung der Temperatur erreichen und ist in Folge dessen gewissen
Rücksichten unterworfen, angesichts der bekannten Thatsache, daſs in höheren
Temperaturen ein Theil des geschmolzenen Erdwachses der Zersetzung unterworfen und
geneigt zur Absorption des atmosphärischen Sauerstoffes und zur Bildung färbender
Verbindungen ist. Auf diesen Umstand ist die Aufmerksamkeit zu lenken und darf die
Temperatur nicht höher als 120 bis 130° gehalten werden. Anders verhält es sich mit
der zweiten Bedingung, diese ist uns durch beliebige Auswahl des Materials in die
Hand gegeben. Das specifische Gewicht der Entfärbungskörper hat demnach eine hohe
Bedeutung und bildet eine der Haupteigenschaften derselben, weil ein specifisch
schwereres Material ein geringeres Volumen im Vergleich zu seinem Gewichte einnimmt
und in Folge dessen sich nicht nur leichter absetzen wird, sondern in Folge seines
geringeren Volumens bei denselben Bedingungen einen kleineren Antheil des
gebleichten Productes aufsaugen und zurückhalten kann. Diese Bedingung wird um so
begehrenswerther, wenn es sich um die vollständige Bleichung des rohen Wachses,
somit um die Fabrikation des weiſsen oder Kunstceresins handelt, welche erfahrungsgemäſs nur durch
mehrmalige Wiederholung des Entfärbungsprozesses, somit durch vielmalige Vermehrung
der Menge des Entfärbungsmaterials ausgeführt werden kann. Drei Wiederholungen
dürften normalmäſsig bei Anwendung von entsprechenden Entfärbungsmitteln zur
Darstellung eines Productes, welches in den meisten Fällen vollkommen entsprechend
sein wird, genügen. Demgemäſs soll auch die innere Einrichtung beschaffen sein und
wird sich in diesem, ebenso wie in vielen anderen Fällen, die Anbringung der
erforderlichen Kessel, in welchen die Manipulation vorgenommen wird, stufenweise
über einander empfehlen, damit die Masse mit eigenem Fall von einem zum anderen
übertreten kann. Die Entfärbung beginnt im obersten Ständer, wo rohes Erdwachs und
eine bestimmte Portion Entfärbungskörper eingebracht wird. Nach beendigter
Behandlung und vollständigem Absetzen läſst man den flüssigen Inhalt in den zweiten
Ständer, gibt eine neue Portion Entfärbungskörper hinzu und wiederholt dieselbe
Operation in dem dritten und letzten, aus welchem man das bereits fertige Product
entweder direkt oder nach vorhergehender Filtration austreten läſst. Die ganze
Kesselreihe kann mit einer Feuerung erwärmt werden oder man umgibt die Kessel mit
einem gemeinschaftlichen Mantel, in welchen Wasserdampf eingeleitet wird. Die
Rückstände aus den einzelnen Kesseln werden stufenweise vom oberen ab immer hellere
Producte enthalten und sollten eigentlich getrennt weiter verarbeitet werden, wenn
man es nicht vorzieht, aus denselben gelbes oder Naturceresin, welches aus der
durchschnittlichen Mischung aller Rückstände sich ergibt, zu gewinnen.
Die gröſsten Ungelegenheiten bietet die weitere Verarbeitung des in den
Satzniederschlägen enthaltenen Materials und es ist daher das Bestreben eines jeden
Fabrikanten auf die Verminderung der Menge derselben gerichtet. Die Bedingungen,
welche auf die Zurückhaltung des fertigen Productes in den Rückständen Einfluſs üben
und welche ich bereits besprochen habe, will ich noch durch Angabe einer rationellen
Kesselconstruction ergänzen. Es werden bei demselben Rauminhalte höhere Ständer von kleinerem Durchmesser aus nahe liegenden Gründen entsprechender sein, als
flache von groſsem Durchmesser. Einen groſsen Antheil des fertigen Productes kann
man aus den Satzniederschlägen mechanisch, sei es mit hydraulischen oder
Filterpressen, sei es mit comprimirter Luft, mit gespanntem Dampfe oder den Dämpfen
flüchtiger Mineralöle oder auch mit Centrifugen gewinnen, ähnlich wie es die
Fabriken, welche sich der Schwefelsäure bedienen, im Gebrauch haben. Die auf irgend
eine Weise ausgepreſste Masse enthält aber noch 20 bis 50 Proc. Ceresin, welches
weiter nur durch Extraction ausgebeutet werden kann.
Die Hauptrolle spielt in diesem Prozesse die Qualität des Entfärbungskörpers, weil
das Gelingen abhängig ist von der Menge desselben, welche wir in den Fabriksbetrieb
einführen. Unter der Qualität ist sowohl das specifische Entfärbungsvermögen oder
die specifische Adhäsion für die Farbstoffe, wie auch das specifische Gewicht zu
verstehen und in weiterer Consequenz die Möglichkeit der Wiederverwendung derselben
oder die Leichtigkeit der Regeneration. Wenn auch die im Kleinen ausgeführten
Versuche den Fabriksverhältnissen nicht vollkommen entsprechen, so werden dieselben
doch zur Beurtheilung der allgemeinen Verwendbarkeit der Materialien ausreichen und
können auch für den Fabriksbetrieb von Werth sein. Zu diesem Zwecke habe ich die
Mengen verschiedener Entfärbungsmittel, welche zur vollständigen Entfärbung des
Erdwachses (den Prozeſs in drei Phasen getheilt) nothwendig sind, bestimmt und gebe
sie nachfolgend an:
Normale Blutlaugensalzrückstände
120 – 150 Proc.
Mit HCl ausgelaugte Blutlaugensalzrückstände
50 – 60
Knochenkohle
250 – 300
Kaolin
300 – 350
Kieselsäure
120 – 150
AluminiumsilicatMangansilicat
60 – 80
Diesen Zahlen können andere gegenüber gestellt werden, welche die Mengen
Entfärbungskörper ausdrücken, die überhaupt in die geschmolzene Erdwachsmasse
eingeführt werden können. Dieselben wurden in der Weise bestimmt, daſs man zu 20g auf dem Wasserbade geschmolzenem Erdwachse so
lange ein und dasselbe Entfärbungsmittel hinzugab, als dasselbe noch aufgenommen
wurde, d.h. bis zur Consistenz eines leichten Teiges. Es ist mir gelungen, folgende
Mengen einzuführen:
Normale Blutlaugensalzrückstände
40 – 50 Proc.
Mit HCl ausgelaugte Blutlaugensalzrückstände
25 – 30
Knochenkohle
200 – 250
Kaolin
200 – 250
Kieselsäure
80 – 100
Aluminiumsilicat
100 – 120
Mangansilicat
120 – 150
Umgekehrt können diese Zahlen annähernd die Mengen Material ausdrücken, welche die
einzelnen Entfärbungskörper aufsaugen und zurück zu halten vermögen, d.h. sie
drücken das relative Maſs des Aufsaugungs- oder Absorptionsvermögens der
Entfärbungskörper für das Erdwachs aus. 100 Th. Entfärbungskörper halten folgende
Antheile des Materials zurück.
Normale Blutlaugensalzrückstände
200 – 250
Mit HCl ausgelaugte Blutlaugensalzrückstände
333 – 400
Knochenkohle
40 – 50
Kaolin
40 – 50
Kieselsäure
100 – 125
Aluminiumsilicat
83 – 100
Mangansilicat
66 – 83
Bei der Werthschätzung des Entfärbungsmateriales ist, wie das schon einmal erwähnt
wurde, sein specifisches Entfärbungsvermögen oder seine specifische Adhäsion für
Farbstoffe und seine Absorptionsfähigkeit für den Ozokerit, welche von dem
specifischen Gewichte bedingt wird, zu berücksichtigen. Eine und die andere Eigenschaft habe ich
in Zusammenstellungen ziffermäſsig ausgedrückt; man kann daher durch Combination der
entsprechenden Zahlen eine neue Zusammenstellung ableiten, welche zum Ausdrucke aller Eigenschaften der Entfärbungskörper wird und die
Möglichkeit einer absoluten Vergleichung derselben unter einander gibt.
Dividirt man die Zahlen der zweiten durch die entsprechenden Zahlen der ersten
Zusammenstellung, so resultirt eine Reihe von Quotienten, welche die Verwendbarkeit
der einzelnen Entfärbungskörper zur Entfärbung des Ozokerits repräsentiren und
welche Entfärbungsquotienten genannt werden
könnten.
Für
die normalen Blutlaugensalzrückstande
\frac{\ 40\ \mbox{bis}\ \ 50}{120\ \mbox{bis}\ 150}=
0,3 bis 0,5
„
mit HCl ausgelaugte „
\frac{25\ \mbox{bis}\ 30}{50\ \mbox{bis}\ 60}=
0,5
„
Knochenkohle
\frac{200\ \mbox{bis}\ 250}{250\ \mbox{bis}\ 300}=
0,8 bis 0,83
„
Kieselsäure
\frac{\ 80\ \mbox{bis}\ 100}{120\ \mbox{bis}\ 150}=
0,7
„
Aluminiumsilicat
\frac{100\ \mbox{bis}\ 120}{\ 60\ \mbox{bis}\ \ 80}=
1,5 bis 1,7
„
Mangansilicat
\frac{120\ \mbox{bis}\ 150}{\ 60\ \mbox{bis}\ \ 80}=
1,9 bis 2,0
Daraus kann der allgemeine Satz gefolgert werden, daſs das Entfärbungsmittel um so
besser sein wird, ein je gröſserer Entfärbungsquotient demselben entspricht oder je
kleiner sein Absorptionsvermögen für den Ozokerit und je gröſser das
Adhäsionsvermögen für den Farbstoff ist.
Auf dieser Voraussetzung fuſsend, deren Richtigkeit nicht abzusprechen ist, muſs
zugegeben werden, daſs die Blutlaugensalzrückstände kein so vorzügliches Material
sind, wie allgemein angenommen, und daſs dieselben mit groſsem Vortheile durch
Mangan- oder Aluminiumsilicate, für welche die Entfärbungsquotienten 4 Mal gröſser
gefunden wurden, ersetzt werden können. Auf diese Körper ist die Aufmerksamkeit in
erster Linie zu lenken und das Trachten einer zielbewuſsten Fabriksleitung sollte
darauf gerichtet werden, dieselben im Fabriksbetriebe einzuführen, zumal das Patent,
welches ihre Anwendung beschränkte, im J. 1883 erloschen ist. Die Ursache, daſs die
Silicate in der Paraffin- und Ceresinfabrikation nicht die gehörige Würdigung
erfuhren, ist in erster Linie in der Schwierigkeit ihrer Beschaffung zu suchen, denn
die Fabriken waren bis jetzt noch nicht in der Lage, sich Vereinfachungen und
Erleichterung in den Darstellungsmethoden dieser Körper auszuarbeiten. Ich denke
jedoch, daſs die Ueberwindung dieser Schwierigkeiten, welche bis jetzt nicht
ernstlich versucht wurde, wird gelingen können, auch die Fabrikanten in den Stand
gesetzt werden, sich die nothwendigen Materialien selbst an Ort und Stelle
herzustellen und auf diese Weise sich vor der Benutzung schlechter Waare selbst schützen werden. In
Folge ihrer vorzüglichen Qualität kann die Menge der im Betriebe nöthigen Silicate
nicht groſs sein und die Leichtigkeit der Regeneration erlaubt mit einmal
beschafftem Vorrathe für lange Zeit hauszuhalten. Die in Rede stehenden
Entfärbungskörper, ebenso wie Thierkohle, Kieselsäure und Kaolin, im Allgemeinen
diejenigen, welche keine leicht schmelzbaren Verbindungen enthalten, können auf
einfache Art durch Glühen allein, sei es mit oder ohne Luftzutritt ihres ganzen
Gehaltes an organischen Materien beraubt und zur Wiederverwendung vorbereitet
werden. Speciell mit diesen Gattungen angestellte Versuche haben bewiesen, daſs
dieselben durch Glühen nichts an ihrem Entfärbungsvermögen eingebüſst haben. In
vielen Fällen wird die Verwendung natürlicher Silicate angezeigt sein, wenn
dieselben in Form von Thon, Lehm, Letten, Feldspath u.s.w. entweder an Ort und
Stelle sich vorfinden, oder leicht bezogen werden können, und für die speciellen
Zwecke als brauchbar gefunden wurden, denn es dürften wahrscheinlich nicht alle
Gattungen sich gleich günstig verhalten. Im Allgemeinen jedoch muſs denselben ein
bedeutendes Entfärbungsvermögen zugeschrieben werden, denn nach dem
Entfärbungsquotienten, den ich für den Kaolin gefunden habe, zu urtheilen, ist seine
Verwendbarkeit gröſser als die der Blutlaugensalzrückstände: im Verhältnisse von 0,7
bis 0,8 : 0,3 bis 0,5. Wie ich bereits einmal hervorgehoben, ist das Absetzen bei
Verwendung des Thones so vorzüglich, daſs es die Vereinfachung der Arbeit durch
Wegfallenlassen der Filtration erlaubt.
Die Fabriksrückstände lassen sich bei Anwendung von künstlichen oder natürlichen
Silicaten in analoger Weise weiter verarbeiten, wie bei der Fabrikation mit Hilfe
der Blutlaugensalzrückstände. Ein Unterschied, auf den ich die Aufmerksamkeit lenken
möchte, muſs jedoch in der Auswahl der Extractionsapparate eintreten, weil die
Silicate und Thone sich so dicht an die Sieböffnungen anlegen, daſs die
Extractionsdämpfe nicht unbehindert durch die Masse treten und bei Mangel anderer
Ausströmungsöffnungen in Folge der vergröſserten Spannung der ganze Inhalt
herausgeschleudert oder Anlaſs zu gefährlichen Explosionen gegeben werden
könnte.
Alle Apparate, bei welchen Siebböden angewendet sind, sollten mithin von diesen
Zwecken ausgeschlossen werden, dagegen kann als sehr entsprechend die von Josef Merz (1883 249 * 164)
angegebene Construction empfohlen werden, da sie sich bereits unter ähnlichen
Bedingungen, namentlich bei der Extraction des rohen Erdwachses aus dem Lep
(Gangart) vollkommen bewährt hat.
Von Wichtigkeit bei der Fabrikation des Ceresins ist die richtige Auswahl des
Rohmateriales, weil nicht jedes mit gleichem Vortheile sich verarbeiten läſst.
Meiner Meinung nach kann jede Ozokeritgattung, welche als entsprechend zur
Verarbeitung mit Hilfe von Schwefelsäure befunden wurde, auch zur Bleichung mit
Entfärbungskörpern verwendet werden. Lichtere Varietäten werden jedoch zweifelsohne ein
am meisten begehrtes Material abgeben, und trotz ihres höheren Preises eine bessere
Conjunctur zu stellen erlauben. Einige Fabriken, welche vermuthlich die
Entfärbungsmethode eingeführt haben, nehmen nur Prima-Sorten auf und beziehen gerne
das aus Lep extrahirte Erdwachs, welches bereits bis zu einem gewissen Grade
entfärbt wurde und als Halbfabrikat angesehen werden kann. Die Ausbeute an Ceresin
ist natürlich bei diesem Entfärbungsprozesse ungemein glänzend, denn sie bewegt sich
in Grenzen von 90 bis 95 Proc.
Die Bleichmethode für Erdwachs, welche im Allgemeinen noch zu wenig Berücksichtigung
gefunden, hat einige Verbesserungen bezieh. dahin zielende Vorschläge erfahren. Ich
beschränke mich jedoch nur auf die Besprechung derjenigen von H. Ujhely in Stockerau (vgl. den 1. Theil dieser
Abhandlung S. 20 d. Bd.), welche patentirt wurde und seiner Zeit viel Aufsehen
gemacht hat. Die Verbesserung besteht darin, daſs das rohe Erdwachs in Benzin oder
Schwefelkohlenstoff gelöst, die Lösung in mit Knochenkohle oder
Blutlaugensalzrückständen gefüllten Batterien filtrirt und das gebleichte Product
nach beendigter Operation durch Destillation oder durch Ausfrieren abgeschieden
wird. Diese Methode hat indessen trotz ihrer scheinbaren Vortheilhaftigkeit keinen
Eingang in die Praxis gefunden, wahrscheinlich aus folgenden Gründen: Sie erfordert
ebenso riesige Mengen Entfärbungskörper bezieh. körniges Spodium (die
Blutlaugensalzrückstände dürfte wohl Niemand zum Filtriren ernstlich verwenden
wollen), wie auch Auflösungsmittel (denn wenn man eine annähernd flüssige Masse
erhalten will, dürfen daran keine Ersparnisse gemacht werden). Das
Auflösungsvermögen des Erdwachses in Benzin ist in der Kälte verhältniſsmäſsig sehr
gering, es müſste demnach dasselbe durch Temperaturerhöhung vergröſsert werden, in
Folge dessen man die ganze Filterreihe mit einem Dampfmantel zu versehen und mit
einer Wärmequelle zu verbinden hätte. Trotzdem wäre zur Beschleunigung der
Filtration die Anwendung der mechanischen Kraft, sei es in Form von Druck am einen
oder von Saugung am anderen Batterieende unabweislich. Schlieſslich bleiben noch die
Schwierigkeiten der Abscheidung groſser Mengen flüchtiger Lösungsmittel und die
Gefahr, welche die Arbeit damit bedingt.
Die Entfärbung des Erdwachses in Benzin oder Schwefelkohlenstofflösungen ist nach
meinen Versuchen durchaus nicht wirksamer. Ich habe Erdwachs in Benzin bezieh.
Schwefelkohlenstoff in den Verhältnissen wie 1 : 1, 1 : 2, 1 : 3 aufgelöst, die
betreffenden Lösungen auf dem Wasserbade mit Rückfluſskühler entfärbt und die
erhaltenen Proben mit dem unmittelbar entfärbten Erdwachse verglichen. Die
ausgeführten Versuche haben nur geringe Unterschiede zu Gunsten der Lösungen
ergeben, wahrscheinlich nur in Folge einer gründlicheren Mischung.
Diese Arbeit habe ich im Auftrage des hohen galizischen Landes-Ausschusses im Laboratorium der
Versuchsstation für die Erdölproducte ausgeführt, welche unter der Leitung des Herrn
Professor Bronislaus Pawlewski steht, dem ich für die
mir zu Theil gewordene Unterstützung hiermit meinen wärmsten Dank ausdrücke.
Lemberg im April 1887.