Titel: Marchant's Dampfmaschine mit theilweiser Zurückführung des gebrauchten Dampfes in den Kessel.
Fundstelle: Band 265, Jahrgang 1887, S. 51
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Marchant's Dampfmaschine mit theilweiser Zurückführung des gebrauchten Dampfes in den Kessel. Patentklasse 14. Mit Abbildungen auf Tafel 4. Marchant's Dampfmaschine. Im vergangenen Jahre hat eine Zeit lang das Dampfmaschinensystem von Marchant in London groſses Aufsehen erregt, und eine ziemlich lebhafte Discussion hat sich über dessen behauptete Vorzüge in den technischen Zeitschriften entsponnen, ohne daſs übrigens die Sache theoretisch in wirklich erschöpfender und vollständiger Weise abgehandelt worden wäre. Das System Marchant's (* D. R. P. Nr. 27834 vom 25. December 1883) besteht wesentlich in Folgendem: Ein Theil des Dampfes wird sofort nach Vollendung der Volldruckarbeit abgeführt und mittels Pumpen in den Kessel zurückgebracht. Der übrige Dampf bewirkt im Weiteren den Betrieb der Maschine mittels Expansion, und wird schlieſslich condensirt. Nach der Verdichtung wird das entstandene Gemisch von Wasser, Luft und Dampf nach den Verdichtungspumpen zurückgeführt, woselbst es sich mit Dampf sättigt, worauf dann dieser gesättigte Dampf nach dem Kessel zurückgeleitet wird. Da das Weiterpumpen von Dampf mittels einer Pumpe in Gegenwart einer Flüssigkeit von niedrigerer Temperatur ein Aufwallen verursacht, indem der Dampf beim Hingange in die Flüssigkeit eingepreſst wird, beim Kolbenrückgange aber sich wieder von derselben trennt, so wird zu dem vorhandenen Dampfdrucke, in der Regel durch zugeführte Luft, noch ein anderweiter Druck hinzugefügt, wodurch ein dem Kesseldrucke gleicher Druck erzeugt, das Aufwallen beseitigt und ein regelmäſsiger Kreisprozeſs für den Dampf erzielt wird. Hierzu gehören Dampf von hoher Spannung und Temperatur, sowie Wasser von derselben Wärme. Die zugeführte Luft bleibt oberhalb des Wassers; werden die Auslässe der Pumpe nach unten verlegt, so bleibt sie in den todten Räumen des letzteren und gibt beim Kolbenrückgange ihren Druck wieder an das Wasser ab. Um den Punkt des Endes der Volldruckwirkung, an welchem etwa ⅔ der Dampfmenge abgeführt werden sollen, genau feststellen zu können, schlägt Marchant die Verwendung der Tandem-Maschine vor, deren kleinerer Cylinder mit voller Füllung arbeiten soll; der groſse Cylinder erhält etwa den 8 fachen Inhalt des kleinen. Das Weiterpumpen des Dampfes von der einen nach der anderen Pumpe erfolgt nach dem bekannten stufen weisen Verfahren, wodurch derselbe allmählich auf den erforderlichen Druck gebracht wird. Nach Verdichtung des im groſsen Cylinder wirksam gewesenen Dampfes im Oberflächen-Condensator wird das erhaltene Wasser in dem Momente in den ersten Pumpencylinder übergeführt, in welchem dessen Kolben bei seinem Rückgange die in den Cylinder eingetretene Dampffüllung in die zweite Pumpe treibt. Durch theilweise Condensation des Dampfes wird dieses Wasser zunächst auf die Temperatur des Dampfes gebracht werden, um dann durch die Compression der Luft den nöthigen Enddruck anzunehmen. Fig. 8 zeigt den Grundriſs einer nach diesem Prinzipe angeordneten, stehenden Dampfmaschine. A ist der kleine, A1 der groſse Dampfcylinder; von der Kurbelwelle F aus werden durch zwei Excenter oder Kröpfungen die Pumpen betrieben. D ist die erste, D1 die zweite Pumpe, während D2 als Luftpumpe dient. E ist das Rückschlagventil in der Leitung nach dem Kessel B: C ist ein Oberflächencondensator. Durch das Rohr a geht der Dampf nach der Hochdruckarbeit im kleinen Cylinder theilweise nach der Pumpe D, während der übrige Dampf in den groſsen Cylinder eintritt und dort expandirt; nach Vollendung des Hubes aber geht derselbe durch das Rohr c nach dem Condensator C, von welchem aus das entstandene Wasser durch das Rohr d in die Luftpumpe D2 tritt. Von hier aus wird es durch die Röhren ee und das Ventil f nach der Pumpe D geleitet. Diese Pumpe sowohl, wie die Pumpe D1 ist nur einfach wirkend, da bei jedem Umgange der Maschine nur einmal Dampf aus dem Hochdruckcylinder A nach der Pumpe strömt. Es kann deshalb die Hinterseite des Pumpencylinders D als Luftpumpe für den Condensator benutzt werden, welcher die Luft durch das Rohr g und Ventil x aus letzterem zuströmt, um dann durch das Ventil i in die Atmosphäre zu entweichen. Die in der Pumpe D comprimirte Dampfmenge geht zunächst durch das Ventil l und Rohr m in die Pumpe D1 über, und wird hier durch das Ventil o und Rohr n nach der anderen Kolbenseite übergeführt, um dann in den oberhalb des Pumpencylinders liegenden Windkessel einzutreten, aus welchem es durch das Rohr s und Rückschlagventil E schlieſslich in den Kessel B gelangt. Soll die vorstehend beschriebene Dampfrückführung in den Kessel an schon bestehenden Maschinen in Verwendung gelangen, so bringt man an deren Cylindern in geeigneter Lage zwei Ventile an, so daſs sie nach Schluſs der Einströmung eine entsprechende Dampfmenge in die Pumpe D übertreten lassen, während der Auspuffdampf nach Vollendung des Hubes in den Oberflächencondensator geht. An diesen Einrichtungen hat Marchant neuerdings (* D. R. P. Nr. 33754 vom 23. Mai 1885) eine Reihe von Abänderungen angebracht, um sein Verfahren besser und richtiger zur Ausführung zu bringen. Diese Abänderungen sind folgende: 1) Die erste Pumpe D wird nur für den Dampfverbrauch verwendet, und es tritt das Wasser- und Luftgemisch erst über dem Druckventile der Pumpe zu. 2) Dampf, Dampfwasser und Luft werden der Reihe nach durch besondere Ventile in das Verbindungsrohr der Pumpe D mit D1 eingelassen. 3) Die Weiterführung des Wassers geschieht durch eine besondere Pumpe. 4) Der Dampfzutritt nach dem Hochdruckcylinder wird noch vor Ende des Hubes und Uebertritt des Dampfes in den Niederdruckcylinder abgesperrt. 5) Zwischen Dampfkessel und Steuerschieber der Hochdruckcylinder wird noch ein besonderer, durch Schraube verstellbarer Schieber zur Regulirung der Füllung eingesetzt. Fig. 9 und 10 zeigen die Ansicht einer Zwillingsmaschine mit doppeltwirkenden Cylindern, an welcher die oben genannten Abänderungen angebracht sind. In diesen Figuren sind aa die kleinen (Hochdruck-) Cylinder, bb die Niederdruckcylinder; dieselben sind, wie Fig. 11 in gröſserem Maſsstabe deutlich zeigt, nach dem „Tandem“-Systeme angeordnet und mit Kolbenschiebern für die Steuerung versehen. Diese Steuerkolben sind sämmtlich mit einer der Länge nach durch sie hindurchgehenden Bohrung versehen, so daſs sie vom Dampfdrucke im Gleichgewicht gehalten werden. Von dem Dampfrohre f gehen Zweigrohre h nach den Gehäusen der Schieber i (Fig. 11), welche den Dampfzulaſs in die Cylinder reguliren. Diese Schieber können durch die Schraube l mit Handrad so gestellt werden, daſs sie bei beliebiger Kolbenstellung den Dampfzutritt nach dem Steuerschieber k absperren. m ist der Schieber für den Niederdruckcylinder, welcher den aus A unter dem Schieber k weg durch ein Rohr p in das Gehäuse von m übertretenden Dampf in den Niederdruckcylinder unter den Kolben eintreten läſst. n ist der Auslaſsschieber für den Niederdruckcylinder und o das Dampfaustrittsrohr, welches nach dem Condensator führt. Von den Röhren p zweigen sich Röhren r nach unten ab, welche mit den beiden Enden der ersten Pumpe q in Verbindung stehen, so daſs diese dadurch doppeltwirkend wird, z ist die zweite Pumpe, deren beide Enden mit den beiden Enden der ersten durch Rohre t, t1 derart in Verbindung stehen, daſs je ein äuſseres mit einem inneren Cylinderende zusammenhängt. In das Rohr t tritt durch ein Rohr u aus der Pumpe v Dampfwasser ein, welches durch das Rohr w aus dem Condensator kommt, während das Rohr x die von der Pumpe y gelieferte Luft in das Rohr t einführt. Das Rohr t1 hängt in ganz gleicher Weise mit Rohren u1 und x1 zusammen, die den vorigen entsprechend ebenfalls mit Dampfwasser und Luft durch Pumpen (in den Figuren nicht sichtbar) gespeist werden. Die Anordnung dieser Pumpen ist dabei eine solche, daſs ihre Druckventile sich in der oben bezeichneten Reihenfolge: „Dampf, Dampfwasser, Luft“ öffnen. Pumpe s drückt nun das Wasser- und Dampfgemisch nach der Pumpe z, welche dasselbe durch das Rohr z3 in den Kessel zurück befördert. Bei z4 ist ein Windkessel in das Rohr z3 eingeschaltet. Man könnte übrigens auch noch eine oder mehrere weitere Verdichtungspumpen zwischen z und den Kessel einschalten. z5 ist noch eine Luftpumpe, welche durch das Rohr z6 die etwa im Condensator angesammelte Luft in das Freie oder unter den Kesselrost befördert. Der Antrieb sämmtlicher Pumpen erfolgt von der Kurbelwelle aus, zu welchem Zwecke zwischen den beiden Cylinderkurbeln eine dritte Kurbel angeordnet ist. Ist die Maschine im Gange und haben die Pumpen s und z eine genügende Luftmenge erhalten, so dienen die Pumpen y, y1 nur dazu, den Verlust an dieser ursprünglichen Luftmenge zu ersetzen. Die Austrittsventile für den gesättigten oder nassen Dampf aus den Pumpen s und z befinden sich am Boden der letzteren. Die Luft bleibt im Wesentlichen in den Pumpenräumen; sie wirkt beim Rückgange der Pumpenkolben als Luftkissen und gibt den auf sie ausgeübten Druck wieder zurück, so daſs nur die überschüssige Luft mit dem Dampfe und dem Wasser fortgeführt wird. Ueber die Leistungen der Marchant-Maschine wurden anfangs ganz erstaunlich gute Resultate veröffentlicht. So sollte dieselbe nach Bremsversuchen auf der Erfindungsausstellung zu London nur 0,9 Pfund (0k,408) Kohle auf die Pferdekraft und Stunde gebraucht haben, trotzdem der eine Kessel leck war. Dieses Ergebniſs wurde in späteren Versuchen auf 0k,364 und schlieſslich gar auf 0k,278 Kohle für die stündliche Pferdekraft abgemindert. Diese Resultate erschienen von vornherein für viel zu gut, um als richtig angesehen werden zu können. Bald stellte es sich heraus, daſs dieselben nur in Folge eines total falsch angeordneten Bremsdynamometers gewonnen worden waren; als man mit einem richtig construirten Apparate bremste, ergab sich etwa 4 Pfund Kohle auf die Pferdekraft in der Stunde, d.h. also etwa 1k,46 – ein Resultat, welches natürlich in keiner Weise als zufriedenstellend angesehen werden kann.

Tafeln

Tafel Tafel 4
Tafel 4