Titel: | Hanfseiltrieb mit ungewöhnlich kurzem Achsenabstande. |
Fundstelle: | Band 264, Jahrgang 1887, S. 532 |
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Hanfseiltrieb mit ungewöhnlich kurzem
Achsenabstande.
Mit Abbildung.
Hanfseiltrieb mit ungewöhnlich kurzem Achsenabstande.
Für die kleinste zulässige Gröſse des Achsenabstandes zweier mittels Hanfseilen zu
kuppelnden Wellen bestehen verschiedene empirische Formeln, in welchen der
Durchmesser besonders der kleineren Seilrolle als maſsgebend auftritt, so daſs also
der Achsenabstand stets als eine Function der Seilrollendurchmesser erscheint; diese
Formeln ergeben aber nicht immer geringe Abmessungen für denselben. Wie weit man nun in Wirklichkeit mit dem Achsenabstande
bei Hanfseiltrieben herabgehen kann, zeigt ein von Victor Mayer zu Przibram in der Oesterreichischen Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1887 * S. 265 aus
der Praxis mitgetheiltes Beispiel.
Im J. 1885 trat in Przibram bei einer der gröſsten
Aufbereitungsanlagen die Notwendigkeit ein, den Hauptantrieb, welcher bis dahin
durch Zahnräder erfolgte, groſser Unzukömmlichkeit halber abzulegen. Der Motor
dieser Anlage ist eine liegende Compoundmaschine von 120 Bremspferd. Derselbe
übertrug früher die Kraft durch ein gezahntes Schwungrad von 4m Durchmesser bei 60 Umläufen in der Minute über
ein Zahnrad von 2m Durchmesser auf die
Haupttriebwelle. Der Achsenabstand beträgt demnach 3m.
Gestützt auf die günstigen Erfahrungen, welche mit dem in Przibram
recht ausgedehnt angewendeten und mitunter ziemlich kurzen Hanfseiltriebe gemacht
wurden, entschloſs man sich denn auch unter diesen hierfür gewiſs ungewöhnlichen
Verhältnissen diese Art Arbeitsübertragung einzurichten. Der Erfolg dieses Schrittes
war ein in jeder Beziehung günstiger. Der Seiltrieb ist nunmehr durch 1½ Jahre im Betriebe,
arbeitet vollkommen ruhig und sind hierbei die Seile nicht etwa straff gespannt,
sondern laufen in schönen Schleifen vom Schwungrade zur kleinen Scheibe ab; ein
Seilverschleiſs ist heute noch nicht bemerkbar.
Was die Ausführung betrifft, so wurden die Seilrollendurchmesser
natürlich etwas kleiner als die der früheren Zahnräder, nämlich mit D = 3m,50 und d = 1m,75 gewählt und
laufen die Rollen an der inneren Seite bloſs 375mm
von einander entfernt. Nach den angeführten Zahlen beträgt die Seilgeschwindigkeit
11m,78 und die gesammte Seilspannung 764k. Der Querschnitt eines Seiles von 48mm Durchmesser beträgt 18qc,09. Bei einer angenommenen zulässigen
Inanspruchnahme der Seile mit 5k/qc ergibt sich die Anzahl derselben mit 8,5; also
sind 9 Seile nöthig. Da nun bei einem so geringen Achsenabstande ein und dasselbe
Seilelement öfter durch die Rille läuft als unter regelrechten Verhältnissen, so
wurden mit Rücksicht auf die Abnutzung der Seile deren 12 angeordnet und hierdurch
die Seilspannung noch auf 3,52k/qc herabgemindert.
Textabbildung Bd. 264, S. 532 Es ist nun durch Vorstehendes dargethan, daſs der Achsenabstand bei
Hanfseiltrieben nicht vom Durchmesser der Seilscheiben abhängt, sondern daſs für
dieselbe ein absoluter Mindestwerth eintritt, welcher für den besprochenen Fall und
bei einer Seilstärke von 48mm mit 3m vielleicht erreicht wurde, für schwächere Seile
aber noch darunter liegen mag; es dürfte somit dieses Beispiel zeigen, daſs eine
Umconstruction von Riementrieben, ja sogar von Zahnradübersetzungen auf
Hanfseilbetrieb für ganz kleine Abstände selbst bei bedeutenden Arbeitsübertragungen
leicht und mit Vortheil durchführbar ist.