Titel: | Zerknickungsversuche mit Formeisen für Brückenbauzwecke. |
Fundstelle: | Band 264, Jahrgang 1887, S. 168 |
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Zerknickungsversuche mit Formeisen für
Brückenbauzwecke.
Zerknickungsversuche mit Formeisen für
Brückenbauzwecke.
Prof. J. Bauschinger hat im mechanisch-technischen
Laboratorium der technischen Hochschule in München an 37 Probestücken mit 12
verschiedenen Profilen (TIUL) von 40 bis 450cm Länge und an 5 je 240cm langen Stücken vom deutschen Normalprofile Nr.
10 Zerknickungsversuche angestellt, über deren Ergebniſs im Centralblatt der Bauverwaltung, 1886 S. 353 näher berichtet ist. 28 der
Versuchsstücke waren mit Spitzen an den Enden versehen,
die übrigen lagen mit flachen Enden an festen Druckplatten. Das Nachfolgende bezieht
sich nur auf die mit den ersteren erhaltenen Werthen. Bei jedem Versuche wurde die
Ausbiegung mittels zweier von der Mitte in wagerechter und senkrechter Richtung
ausgehenden Fäden und zugehörigen Rollenfühlhebeln bis auf 0mm,01 gemessen. Das Eigengewicht der wagerecht
liegenden Versuchsstücke war durch eine in der Mitte nach aufwärts wirkende Kraft
von ⅝ seiner Gröſse aufgehoben.
Der Vorgang bei den Versuchen war im Wesentlichen der folgende:
Die Biegung fand schlieſslich immer in der Ebene der kleinen Achse der
Centralellipse des Querschnittes statt, wenn sie auch anfangs in verschiedenen
Ebenen hin und her schwankte. Bei Querschnitten, welche nur in Bezug auf eine Achse
symmetrisch waren, erfolgte die Biegung schlieſslich immer nach der Seite der
kleineren Kernweite hin. Die Biegung begann immer schon mit der kleinsten Belastung und wuchs allmählich weiter, nahm aber auch häufig wieder ab und dann wieder zu;
dabei war das Gleichgewicht des Versuchsstückes bei einer bestimmten Belastung und
dadurch hervorgebrachten Biegung immer ein stabiles. Durch fortschreitende Zunahme
der Belastung und der dadurch hervorgebrachten Ausbiegung wurde schlieſslich eine
scharf zu beobachtende Grenze erreicht, bei welcher die Zeiger der Meſsinstrumente
so rasch fortliefen, daſs nicht mehr abgelesen werden konnte, und unter Herabfallen
des Hebels der Wage der Prüfungsmaschine das Probestück plötzlich durchbog. Ein
Bruch fand nur höchst selten und bloſs bei solchen Stücken statt, welche in der
Bruchfläche bedeutende Material fehl er aufwiesen.
Im Vergleiche mit den gefundenen Zahlen zeigten die nach den
verschiedenen üblichen Formeln berechneten Werthe für die Zerknickungsbelastung
geringe Uebereinstimmung. Am besten läſst sich zur Berechnung der
Zerknickungsbelastung P0 noch die alte Euler'sche Formel P0 = EJ π2 : l2 benutzen, wenn J das Trägheitsmoment des Querschnittes ist. Es ist dann P0 die
Zerknickungsbelastung, d. i. die Grenzbelastung, bei welcher die schon von
vornherein vorhandene und allmählich wachsende Biegung unendlich groſs, also die
Zerknickungsfestigkeit überschritten wird.
Die aus obiger Formel berechneten Werthe für die
Zerknickungsbelastung stimmen in vielen Fällen recht gut mit den beobachteten überein; nur bei verhältniſsmäſsig kurzen Stücken
mit gröſseren Querschnitten sind sie zu groſs. In diesen Fällen wird aber, bevor die Zerknickung stattfindet, die
Elasticitätsgrenze überschritten und sind deshalb die Entwickelungen, welche zu
obiger Formel führten, überhaupt nicht mehr zulässig. Es darf also der aus der Euler'schen Formel berechnete Werth nur insoweit als
Zerknickungsbelastung genommen werden, als die sich daraus ergebende mittlere
Spannung P0 : F eine gewisse Grenze, etwa die Elasticitätsgrenze,
nicht überschreitet.
Die beiden in Gebrauch stehenden praktischen Formeln von Schwarz bezieh. von Lang:
\frac{P}{F}=s\,\frac{1}{1+zFl^2:J}\ \mbox{bezieh.}\
\delta=\frac{P}{F}\,\left(1+\alpha\,\frac{Pl^2}{EFk^2}\right)
sind nach diesen Bauschinger'schen Untersuchungen für die Querschnittsbestimmung nicht brauchbar.