Titel: | Zur Verarbeitung und Verwerthung natürlicher und künstlicher Rohphosphate. |
Fundstelle: | Band 263, Jahrgang 1887, S. 534 |
Download: | XML |
Zur Verarbeitung und Verwerthung natürlicher und
künstlicher Rohphosphate.
Patentklasse 16.
Verarbeitung und Verwerthung von Rohphosphaten.
Thonerdephosphate.
Es ist bekannt, daſs, wenn Eisen haltige Thonerdephosphate, z.B. die Redondaphosphate
aus Westindien, mit Schwefelsäure nach dem gewöhnlichen Verfahren, welches bei den
Kalkphosphaten angewendet wird, zur Herstellung von Düngemitteln gemischt werden,
das Product eine zähe breiartige Masse ist, welche sich zum schnellen, bequemen
Ausbreiten auf dem Erdboden nicht eignet und deshalb zum Düngen nicht zu verwenden
ist.
Um ein trockenes Düngemittel, welches leicht pulverisirt
werden kann und an der Luft keine Feuchtigkeit ansaugt, herzustellen, werden nach
W. S. Pierce in New-York (D. R. P. Nr. 34318 vom 6.
Mai 1885) die Eisen oder Eisen und Kalk enthaltenden oder von diesen freien
Thonerdephosphate vor oder nach ihrer Zerkleinerung durch Rösten in einem geeigneten
Ofen von Feuchtigkeit befreit und mit trockenem Ammoniumsulfat vermischt, damit das
fertige Düngemittel trocken bleibt. Es erscheint jedoch vortheilhafter, das
Ammoniumsulfat in ungefähr der doppelten Menge Wasser aufzulösen und es mit dem
gemahlenen Materiale zu mischen. Darauf wird das sorgfaltig durchgearbeitete Gemisch
mit einer concentrirten Säure gut durchgerührt, der Brei bei etwa 50° getrocknet und
pulverisirt, worauf das Düngemittel zum Gebrauche fertig ist. Als
Mischungsverhältniſs empfiehlt es sich, bei Verwendung von 100 G.-Th. des gemahlenen
und zu behandelnden Minerals 20 Th. Ammoniumsulfat und 80 Th. Schwefelsäure von 60
bis 66° B. zu nehmen.
Ein von J. J. Dunne in Philadelphia (Nordamerikanisches
Patent Nr. 345 625) angegebenes Verfahren zur Verarbeitung von Redondaphosphat
gleicht im Wesentlichen der bereits S. 212 d. Bd. mitgetheilten Methode von W. Tate.
Kalkphosphate, Schlacken.
Kalkphosphate, besonders geringwerthige Sorten, wie Apatite, Phosphorite, Koprolithe,
Staffelite, welche sich in Folge ihres Gehaltes an kohlensaurem Kalk, Thon,
Eisenoxyd oder anderen fremden Beimengungen zur Fabrikation von Superphosphaten,
Doppelsuperphosphaten und Präcipitaten nicht oder weniger gut eignen, werden nach
K. Kraut in Hannover (D. R. P. Nr. 35533 vom 25.
September 1885) durch mäſsiges Glühen mit Kalk oder
kohlensaurem Kalk mit oder ohne Zusatz von kohlensauren oder schwefelsauren
Alkalien, von schwefelsaurer Kali-Magnesia oder von Kainit in einen Zustand
übergeführt, in welchem sie leichter als in natürlichem Zustande durch Säuren und
durch wässeriges citronensaures Ammoniak zersetzt und gelöst werden und in welchem
sie der Einwirkung der Atmosphärilien besser zugänglich sind.
Die Rohphosphate werden gemahlen, mit Kalkstein, Mergel oder Kreide gemischt, zu
Backsteinen geformt, geglüht und wieder gemahlen. Die Menge des zuzusetzenden Kalkes
wird so bemessen, daſs in dem fertigen Fabrikat auf 1 Mol. Phosphorsäure (P2O5) mindestens 4
Mol. Kalk vorhanden sind. Der Zusatz von kohlensaurem Alkali beschränkt sich auf
einige Procent des mineralischen Phosphates. Wendet man statt dessen schwefelsaures
Alkali, schwefelsaure Kali-Magnesia oder Kainit an, so vermehrt man zugleich die
Menge des Kalkes, indem man dabei voraussetzt, daſs sich die Sulfate mit dem
kohlensauren Kalk zu schwefelsaurem Kalk und zu kohlensaurem Alkali umsetzen. Das
Brennen kann in gewöhnlichen Töpferöfen, Ringöfen oder Dietz'schen Oefen (vgl. 1885 258 509)
geschehen; auch Schachtöfen sind nicht ausgeschlossen. Der Brand wird so geleitet,
daſs die Masse zum Sintern kommt, aber nicht schmilzt, in welch letzterem Falle die
Menge der citratlöslichen Phosphorsäure wieder abnehmen würde. Kann man die
geglühten Massen längere Zeit an der Luft liegen lassen, so tritt in manchen Fällen
ein Zerfallen ein, wodurch die mechanische Zerkleinerung entweder ganz überflüssig,
oder doch sehr erleichtert wird.
Denselben Zweck erreicht E. Solvay in Brüssel (D. R. P.
Nr. 37429 vom 4. Juni 1885) durch Glühen der Rohphosphate mit Kieselsäure oder Thonerde; er benutzt hierbei die
Eigenschaft der letzteren, sich starken Basen gegenüber wie eine Säure zu verhalten
und damit beständigere Verbindungen einzugehen als die Phosphorsäure, so daſs die
Thonerde bei genügend hoher Temperatur der Phosphorsäure einen Theil des Kalkes
entzieht. Das Phosphat wird innig mit Kieselsäure oder Thonerde oder geeigneten
zersetzbaren, beide Körper enthaltenden feinkörnigen Materialien in solchem
Verhältnisse gemischt, daſs sie darin in der zur Bindung der vorhandenen freien und
an Phosphorsäure gebundenen Basen hinreichenden Menge enthalten sind. Das Gemisch
wird dann unter Zusatz eines Fluſsmittels erhitzt. Es bildet sich metaphosphorsaurer
Kalk, welcher in Ammoniumeitrat theilweise löslich und für die Zwecke der
Landwirthschaft ohne weitere Behandlung verwerthbar ist.
Die beschriebenen Reactionen können auch mit der Zersetzung von
Chlornatrium oder Chlorkalium verbunden werden, so daſs man als Endproducte
Kalkphosphat, Aetznatron bezieh. Aetzkali und Chlor oder Salzsäure erhält. Zu dem
Zwecke gibt man zu dem Gemische des Phosphates mit Kieselsäure oder Thonerde noch
Chlornatrium bezieh. Chlorkalium und erhitzt das Ganze unter Zutritt von Luft oder
Wasserdampf. Es entwickelt sich Chlor bezieh. Salzsäure und im Rückstande befindet
sich ein lösliches Natron- oder Kaliphosphat. Durch Zusatz von Kalk fällt man
zweibasisches Kalkphosphat aus, während Aetznatron bezieh. Aetzkali in Lösung
verbleibt.
E. Hänisch und M. Schroeder
in Neumühl-Hamborn a. Rh. (D. R. P. Nr. 37209 vom 13. Mai 1885) haben das bekannte
Verfahren zur Aufschlieſsung von Phosphaten mittels wässeriger Schwefligsäure, welches bereits von Gerland, von Pavesi und
Rotondi vorgeschlagen und im englischen Patente Nr. 814 vom J. 1879
ausführlich beschrieben ist, zur Verarbeitung von viel Kalk haltigen Phosphaten, wie
Thomasschlacken, und an überschüssigem Kalk reichen
Phosphoriten geeignet gemacht. Da sich dieser Kalk neben dem vorhandenen
phosphorsauren Kalke ebenfalls in der Schwefligsäure löst, beim Austreiben der
schwefligen Säure von der Phosphorsäure aber nicht gebunden werden kann, so muſs er
als neutraler schwefligsaurer Kalk ausfallen und den procentalen Phosphorsäuregehalt
des erhaltenen Präcipitats herunterdrücken, so daſs der ganze Zweck des Verfahrens
verfehlt wäre.
So ist es beispielsweise nicht möglich, aus Thomasschlacken,
welche ha Durchschnitte neben 16 Proc. Phosphorsäure etwa 50 Proc. Kalk enthalten,
irgend welche Anreicherung des Phosphorsäuregehaltes auf diesem Wege zu erzielen. Da
die 10procentige Phosphorsäure nur etwa 19 Proc. Kalk im Zustande des dreibasischen
Salzes binden kann, während die anderen 31 Proc. Kalk als neutraler schwefligsaurer
Kalk mit ungefähr 34½ Proc. Schwefligsäure niederfallen und dem phosphorsauren Kalk
beigemengt bleiben, so wird der erhaltene Niederschlag nicht mehr Phosphorsäure
enthalten als die ursprüngliche Thomasschlacke, ganz abgesehen von den Eisen- und
Manganverbindungen, welche ebenfalls in den Niederschlag mit übergehen.
Um diesen Kalk in wässeriger Schwefligsäure unlöslich zu machen,
wird derselbe nach dem vorliegenden Verfahren in Gyps übergeführt, indem zu dem
gepulverten Materiale die zur Bindung des überschüssigen Kalkes erforderliche Menge
Schwefelsäure hinzugefügt und innig damit vermischt wird. Die teigartige Masse wird
zu Ziegeln geformt und hierauf in einem Calcinirofen auf Rothglut erhitzt, um
einestheils zur Bildung einer porösen Structur das Wasser des gebildeten Gypses
auszutreiben, anderentheils die nebenbei gebildeten Eisen- und Mangansulfate zu
zersetzen, damit sämmtliche etwa von diesen Basen zu löslichem Sulfat gebundene
Schwefelsäure an den Kalk übertritt und die genannten Metallsalze wieder in Oxyde
übergeführt werden. Die so erhaltenen porösen Massen werden zerkleinert und mit
wässeriger Schwefligsäure ausgezogen.
Hierzu dient eine Reihe von Extractions- und Koch- bezieh.
Fällkesseln, in welchen die Extraction erschöpfend vollzogen und die Fällung durch
Erhitzung der Schwefligsäure-Phosphatlösung mittels Dampf bewirkt wird. – Da es
nicht gelingt, mittels Dampf die Schwefligsäure bis auf die letzte Spur aus der
Lösung zu entfernen, so entwickelt sich beim Ueberleiten und Filtriren der siedend
heiſsen Lösungen Schwefligsäure enthaltender Wasserdampf, welcher in belästigender
Weise die Arbeitsräume erfüllt. Andererseits ist es nur mit Schwierigkeiten
durchführbar, die mit dem Phosphatniederschlage gemischte Lauge in geschlossenen
Kühlapparaten durch indirekte Wasserkühlung vor dem Filtriren auf niedrige
Temperatur abzukühlen, weil der Phosphatniederschlag zu Verstopfungen Veranlassung
gibt und weil sich auch die Kühlflächen bald mit phosphorsaurem Kalk überziehen und
unwirksam werden.
Nach dem Zusatzpatente Nr. 38120 vom 31. März 1886 von Hänisch und Schroeder wird die mit Dampf
behandelte Lauge vor dem Abfiltriren des Phosphatniederschlages dadurch im
Fällcylinder selbst gekühlt, daſs nach dem Abstellen des Dampfes ein starker kalter
Luftstrom eingeblasen wird, welcher sowohl durch seine eigene niedrige Temperatur,
als auch vermöge der dadurch bewirkten Dampfentziehung eine schnelle Kühlung der
Lauge hervorruft. Gleichzeitig reiſst derselbe auch noch Spuren von Schwefligsäure
mit, so daſs man eine Flüssigkeit erhalt, welche weniger Schwefligsäure enthält und
diese wegen der niedrigen Temperatur auch weniger leicht abgibt als die nach dem
Dampfeinblasen unmittelbar abgelassene Lauge. (Vgl. auch Hänisch und
Schroeder 1886 262 *
418.)
M. v. Maltzan in Doberan (D. R. P. Nr. 36366 vom 23.
Juni 1885) benutzt gleichfalls die Schwefligsäure zur Verarbeitung von Kalk oder
kohlensauren Kalk enthaltenden Rohphosphaten, namentlich Schlacken (vgl. 1886 260 473). Zu diesem Zwecke werden die Rohphosphate, wenn
nöthig geröstet, gepulvert, mit Wasser angerührt und dann mit Schwefligsäure oder
solche enthaltenden Gasen so lange behandelt, bis sämmtlicher freier oder
kohlensaurer Kalk in schwefligsauren umgewandelt ist. Nun dampft man nach
Abfiltriren der überstehenden Flüssigkeit zur Trockne ein und glüht im Luftstrome
bezieh. unter gleichzeitiger Verwendung von Wasserdampf, bis der schwefligsaure Kalk
in schwefelsauren übergeführt ist. Aus dem Glührückstande kann mit verdünnter Säure
Calciumphosphat ausgelaugt und nach bekannten Methoden verarbeitet werden.
Enthalten die Rohphosphate einen Theil der Phosphorsäure an Eisen
u. dgl. gebunden, so kann man dieselbe von letzterem trennen, indem man entweder die
Rohphosphate nach dem früheren Verfahren (Patent Nr. 32096, vgl. 1885 257 484), oder nach vorstehenden Angaben mit
Schwefligsäure behandelt und erst unter Luftabschluſs und dann unter Luftzutritt und
Verwendung von Wasserdampf glüht, oder dasselbe unter Zusatz einer den Eisen- u.a.
Phosphaten äquivalenten Menge Alkalichlorid ausführt. Endlich kann man auch eine den
Eisen- u.a. Phosphaten äquivalente Menge Alkalichlorid zusetzen und die Masse dann
nach Patent Nr. 32096 oder dem eingangs beschriebenen Verfahren mit schwefliger
Säure u. dgl. behandeln, oder man behandelt die Rohphosphate erst mit Schwefligsäure
und glüht dann mit Alkalichlorid, nöthigenfalls unter Verwendung von
Wasserdampf.
In dem Patente Nr. 36374 (Zusatz zu Nr. 32096) wird das durch Nr.
32096 geschützte Verfahren dahin erweitert und zur Herstellung von gefälltem
Kalkphosphat geeignet gemacht, daſs man die eine Hälfte des nach dem Patente Nr.
32096 behandelten Schlackenpulvers mit der genau erforderlichen Menge einer
geeigneten Mineralsäure aufschlieſst und dann die andere Hälfte zusetzt. Es wird
hierdurch das in der ersten Hälfte gebildete zweifachsaure Calciumphosphat bezieh.
die frei gewordene Phosphorsäure in zweibasische Verbindung übergeführt, welche
meistens mit Gyps, Silicaten und Oxyden des Eisens, Mangans und Aluminiums gemengt
ist. Da diese Verunreinigungen den Pflanzen nicht schädlich, theilweise sogar
nützlich sind und die Löslichkeit des Präcipitats dadurch nicht beeinfluſst wird, so
ist das Product für die Landwirthschaft als Düngemittel direkt verwerthbar. Doch
können die etwa noch in Lösung befindlichen Eisen- oder Manganverbindungen, sowie
das bei Anwendung von Salzsäure entstehende Calciumchlorid entweder ausgewaschen,
oder mit etwas rohem Phosphat bezieh. etwas Kalk zersetzt werden.
Das beschriebene Verfahren kann auch auf solche Rohphosphate
Anwendung finden, welche nach Maſsgabe des Patentes Nr. 36366 mit Alkalichloriden
vorbehandelt sind. Ferner kann die ganze Reaction in der Weise ausgeführt werden,
daſs eine bestimmte Menge des Rohphosphates mit nur so viel Säure behandelt wird,
daſs das dreibasische Kalkphosphat in zweibasisches übergeht.
Das eben erwähnte dreibasische Kalkphosphat kann übrigens in ein
noch leichter lösliches Phosphat dadurch umgewandelt werden, daſs man es unter
gleichzeitigem oder nachfolgendem Zusätze von Magnesiumsulfat in wässeriger Lösung
mit Schwefligsäure behandelt und die Lösung nach der Trennung vom ausgeschiedenen
Gyps mit kaustischer oder kohlensaurer Magnesia neutralisirt, so daſs zweibasisches
Magnesiumphosphat ausfällt. Letzteres ist unmittelbar nach dem Auswaschen
verwerthbar; die abgezogene Lauge kann entweder auf Magnesiumsulfit verarbeitet, oder durch
Calcination des Trockenrückstandes in Producte zersetzt werden, welche bei dem eben
beschriebenen Prozeſs wieder Verwendung finden können.
Nach einem weiteren Vorschlage (D. R. P. Nr. 36380 vom 31.
December 1885, 2. Zusatz zu Nr. 32096) kann die Ueberführung des Aetzkalkes von
Rohphosphaten in Gyps auch dadurch erreicht werden, daſs dieselben anstatt mit
Schwefligsäure mit Schwefelwasserstoff oder solchen enthaltenden Gasen nach Maſsgabe
des Patentes Nr. 32096 behandelt werden, mit der Abänderung, daſs, wenn es sich z.B.
um rohes Leuchtgas handelt, die Luft zweckmäſsig erst nach der Absorption des
Schwefelwasserstoffes zur Einwirkung gelangt.