Titel: | Neuere Apparate und Verfahren für chemische Laboratorien. |
Fundstelle: | Band 263, Jahrgang 1887, S. 286 |
Download: | XML |
Neuere Apparate und Verfahren für chemische
Laboratorien.
(Fortsetzung des Berichtes Bd. 261 S.
214.)
Mit Abbildungen auf Tafel
17.
Neuere Apparate und Verfahren für chemische
Laboratorien.
Zar Bestimmung des Brennwerthes. Nach Berliner nimmt man bekanntlich die Menge des aus
Bleioxyd reducirten Bleies als Maſsstab des Brennwerthes einer Kohle an. Diese Probe
gibt aber eigentlich keinen Aufschluſs über die bei der Verbrennung zu erwartende
Wärmemenge; denn 1 Aeq. Wasserstoff reducirt bedeutend weniger Blei unter den
Versuchsbedingungen als 1 Aeq. Kohlenstoff, trotzdem daſs Wasserstoff bei der
Verbrennung mehr Wärme liefert als Kohlenstoff. – Lewis
Thompson hat dann vorgeschlagen, zur Bestimmung des Brennwerthes 1g der zu untersuchenden Kohle mit 22g einer Mischung von 3 Th. chlorsaurem und 1 Th.
salpetersaurem Kalium zu mischen und in einer Kupferröhre mit Hilfe einer Zündschnur
zu entzünden. Die Kupferröhre bringt man in eine weitere, oben geschlossene Röhre,
taucht den ganzen Apparat beim Beginne der Verbrennung in Wasser und berechnet aus
der Temperaturzunahme den Brennwerth der Kohle. Die auf diese Weise erhaltenen
Werthe weichen ziemlich stark von einander ab. Chlorsaures Kali zersetzt sich
nämlich schon für sich allein erhitzt unter bedeutender Wärmeentwickelung, so daſs
bei Anwendung gröſserer Mengen zu hohe Endzahlen erhalten werden. Salpeter hingegen
absorbirt Wärme bei der Dissociation.Vgl. Uebersicht 1879 234 * 390. 1880 236 * 396. 1881 239
493. 1885 257 * 413. * 517. 258 * 330.
Wie nun W. Thomson im Journal of
the Society of Chemical Industry, 1886 * S. 581 mittheilt, läſst sich der
Brennwerth auf einfache Weise durch Verbrennung im
Sauerstoffstrome bestimmen (vgl. auch 1879 234
394). Bei seinem Apparate Fig. 15 Taf. 17 befindet
sich auf einem Thonstücke
B ein Platintiegel A mit
einem Durchmesser von 22mm und einer Höhe von
29mm, welcher zur Aufnahme der zu
untersuchenden Kohlenprobe dient. Das Ganze ruht auf einem am Boden eines 2l fassenden Becherglases befindlichen Gestelle H, welches ebenfalls aus Thon gefertigt ist. Ueber den
Tiegel ist eine oben eng ausgezogene, 152mm lange
und 38mm weite Röhre C gestülpt. In dem oberen verengten Theile derselben ist eine Kupferröhre
E mit einem Kautschukringe L so befestigt, daſs sie mit Leichtigkeit auf oder ab geschoben werden
kann. Diese Kupferröhre trägt oben einen zur Regelung des Sauerstoffzutrittes
dienenden Hahn M und einen aus nicht leitendem
Materiale bestehenden Handgriff F. Um die weite Röhre
C sind vier Ringe aus Drahtgeflecht K angebracht, welche möglichst gut an das Becherglas
anliegen.
Beim Beginne eines Versuches wird das Becherglas mit 2l Wasser gefüllt und nach guter Mischung die
Temperatur des Wassers genau abgelesen. Dann bringt man einen mit chlorsaurem Kali
getränkten Docht in die im Tiegel gewogene Kohle und nach Entzündung desselben
stülpt man das Rohr C über den Platintiegel und
befestigt letzteren mit Hilfe der Federn G. Die
Kupferröhre E wird ganz in die Höhe gezogen und oben
durch den Schlauch mit einem Sauerstoffgasometer (Fig. 16) verbunden. Man
senkt nun Tiegel und Röhre langsam in das mit Wasser gefüllte Becherglas und öffnet
zu gleicher Zeit den Hahn M; es tritt Sauerstoff ein
und die Kohle verbrennt ruhig. Die sich entwickelnden Gase treten unten aus der
Röhre aus und steigen durch das Wasser auf, wobei sie durch die Drahtgeflechte
vertheilt werden und alle ihre Wärme an das Wasser abgeben. Nachdem alle flüchtigen
Kohlenwasserstoffe verbrannt sind, senkt man die Kupferröhre bis ganz auf den
Platintiegel, so daſs auch die glühende Koke vollkommen verbrannt wird und nur Asche
in geschmolzenen Körnern im Platintiegel zurück bleibt. Nach der Verbrennung
schlieſst man den Hahn M und entfernt den in Verbindung
mit dem Sauerstoffgasometer stehenden Kautschukschlauch. Nachher öffnet man den Hahn
M wieder, so daſs das Wasser im Becherglase in die
Röhre C dringen kann und bewegt zur völligen
Wärmeabgabe die Röhre C mehrere Male im Wasser auf und
ab. Hierauf entfernt man die Röhre mit dem Tiegel und beobachtet die Temperatur des
Wassers. Um einen Verlust von Wärme zu verhüten, hängt Thomson das Becherglas bei jeder Bestimmung in ein metallenes, mit
seitlichen Glasfenstern versehenes Gefäſs ein.
Den Sauerstoff entnimmt Thomson aus
einem besonders gefertigten Gasometer, welcher in Fig. 16 Taf.
17 abgebildet ist. Man füllt denselben zuerst völlig mit Wasser und leitet das
Sauerstoffgas bei A ein. Das verdrängte Wasser tritt
aus dem Schlauche D, welcher bei B befestigt ist, oder auch bei H durch den Schlauch E aus. Die seitliche
Röhre P dient zur Messung des Gasvolumens und die oben
offene Röhre G zeigt den im Gasometer vorhandenen
Druck. Bei Benutzung des Gasometers verbindet man die Röhre D mit der Wasserleitung und öffnet oben den Hahn bei A. Es läſst sich auf diese Weise ein sehr regelmäſsiger
Gasstrom erzeugen.
Alle an dem Calorimeter befindlichen Theile von Glas, Kupfer,
Quecksilber, Eisen, Messing müssen gewogen und mit Hilfe ihrer specifischen Wärmen
die denselben entsprechenden Wassermengen berechnet werden. Auch die mit dem
Sauerstoffe entweichende Wärme kann aus dem Volumen desselben bestimmt werden.
Ebenso läſst sich nach der Tabelle von Magnus und Regnault das in Dampf verwandelte Wasser bestimmen.
Beide Berichtigungen sind aber nur klein und für technische Zwecke von wenig
Bedeutung. Die Bestimmung des Wärmeverlustes aus dem Apparate geschieht genügend
genau, wenn man die Temperatur des Wassers möglichst schnell nach Beendigung des
Versuches abliest, dann die Temperaturabnahme nach einer der Versuchsdauer gleichen
Zeit beobachtet und dieselbe zur gefundenen Wassertemperatur addirt.
Zur Bestimmung des Glasgewichtes, welches in Berührung mit dem
Wasser ist, gibt Thomson ein einfaches Verfahren an. Man wiegt zuerst
das Becherglas und bestimmt dann, wie viel Wasser es verdrängt. Zu diesem Zwecke
füllt man ein etwas gröſseres Becherglas mit Wasser. Aus demselben füllt man das zu
untersuchende Glas und gieſst den Rest in ein anderes Gefäſs. Hierauf bringt man das
kleinere Glas in das gröſsere und füllt letzteres mit dem Wasserreste, bis das
kleine Glas völlig bedeckt ist und das Wasser gleich hoch steht wie zuerst. Der
bleibende Rest von Wasser entspricht dann dem Volumen des Glases, aus welchem das
Becherglas gefertigt ist. Bei Wiederholung des gleichen Verfahrens, indem man aber
das kleine Glas nur bis 2000cc füllt, erhält man
das Glasvolumen, welches bei Benutzung des Calorimeters in Berührung mit dem Wasser
steht. Daraus und aus dem Gesammtgewichte und dem Gesammtvolumen des Becherglases
läſst sich das Glasgewicht, welches mit Wasser in Berührung steht, berechnen. Das
Gewicht der Quecksilberkugel des Thermometers läſst sich aus dem Wasser, welches die
Kugel verdrängt, annähernd bestimmen. Der Unterschied des Gewichtes des Thermometers
und des Quecksilbers entspricht dann dem Glasgewichte des Thermometers. Der Apparat,
welchen Thomson benutzt hat, zeigte folgende
Werthe:
Gewicht
SpecifischeWärme
Entsprechendes Ge-wicht Wasser
Becherglas
221,472g
0,1977
43,784g
Glasröhre
48,015
0,1977
9,492
Messing
106,017
0,09391
9,956
Eisen
12,993
0,11379
1,478
Platin
7,3496
0,03244
0,238
Thon
16,875
0,1977
3,336
Kautschuk
1,184
0,2
0,237
Quecksilber
27,192
0,0333
0,905
Thermometerglas
4,161
0,1977
0,822
Kupferdrahtnetz
27,122
0,09515
2,581
Wasser
–
–
2000,000
––––––––––
Alle Bestandtheile
entsprechen
2072,829g.
Mit dem Apparate sollen nach Thomson's Angabe Bestimmungen sehr schnell vorgenommen werden können, die
erhaltenen Versuchszahlen sehr zuverlässig sein und gut unter sich übereinstimmen.
Die Verbrennung dauert gewöhnlich nur 3 bis 5 Minuten.
Nach F. Fischer's früheren Auseinandersetzungen fehlt
aber einer Brennwerthbestimmung ohne Untersuchung der Verbrennungsproducte jede
Beweiskraft, ist also werthlos (vgl. auch Zeitschrift für
die chemische Industrie, 1887 S. 40).
B. H. Thwaite veröffentlicht im Engineering, 1886 Bd. 42 * S. 507 einen vor der British Association, Section Birmingham, abgehaltenen Vortrag über Brennwerthbestimmungen, in welchem die Apparate von Favre und Silbermann (vgl.
1879 234 * 393), Berthelot
(vgl. 1885 257 419) und der obige von W. Thomson, jedoch ohne eigene Prüfungsangaben,
behandelt sind.
J. E. Stead (1883 250 * 164)
hat ein einfaches Verfahren zur Bestimmung von Kohlenstoff
in Eisen angegeben, welches auf Lösung des im Eisen gebundenen
Kohlenstoffes in Natronlauge und auf Beobachtung der
Farbe der Lösung beruht, C. H. Ridsdale hat nach dem
Journal of the Society of Chemical Industry, 1886 *
S. 585 in den North-Eastern Steel Works oft in kurzer
Zeit Stahlsorten mit 0,09 bis 0,02 Proc. Kohlenstoff zu prüfen und wendet daher auch
Stead's Verfahren an. Er findet dasselbe sehr
zuverlässig und so schnell, daſs von dem Entnehmen einer Probe von geschmolzenem Stahl in
der Hütte bis zur Ablieferung des Versuchsergebnisses nie mehr als 1 Stunde vergeht.
Die erhaltenen Zahlen sind ebenso genau als die durch sorgfältig ausgeführte
Verbrennung erreichten, denn noch ein Unterschied von 0,0025 Proc. Kohlenstoff läſst
sich bei Vergleichung der Farbe der Lösungen ganz genau erkennen. Bei Verbrennungen
können überhaupt Irrthümer viel leichter vorkommen als bei einfacher Vergleichung
der Farbentöne.
Stead löst bei der Ausführung seiner Probe 1g Eisen oder Stahl in 12cc Salpetersäure von 1,20 sp. G., erhitzt zur
völligen Lösung auf 90 bis 100° während etwa 10 Minuten, fügt 30cc kochendes Wasser und nachher 13cc Aetznatronlösung von 1,27 sp. G. zu, schüttelt
und verdünnt auf 60cc. – Auch Ridsdale verfährt im Ganzen ebenso; er setzt 18cc Aetznatronlösung zu, schüttelt und verdünnt
nach 10 Minuten auf 70cc. Stead schlug vor, die Färbung der Lösungen mit anderen Lösungen von
bekanntem Kohlenstoffgehalte zu vergleichen und so den Kohlenstoff zu bestimmen. Um
dies schnell und genau auszuführen, empfiehlt Ridsdale
den in Fig.
13 und 14 Taf. 17 ersichtlichen Apparat, dessen Haupttheil aus drei neben
einander in einem Gestelle senkrecht befestigte Röhren a,
b und c gebildet ist, von denen die mittlere
Röhre a zur Aufnahme der zu untersuchenden Flüssigkeit,
die seitlichen Röhren b und c zur Aufnahme von Vergleichsflüssigkeiten dienen. Die mittlere Röhre a ist unten rund zugeschmolzen und kann leicht aus dem
Gestelle herausgenommen werden. An jeder seitlichen Röhre ist unten eine dünn
ausgezogene Verlängerung r angebracht, welche durch
Kautschukstopfen bis fast auf den Boden einer Flasche E
aus Rubinglas reicht. Durch den Stopfen geht weiter eine bis auf den tiefsten Punkt
der Flasche reichende, oben gebogene und mit Hahn k
versehene Röhre. Zwei andere Röhren, welche gleich unter dem Stopfen abgeschnitten
sind, stehen durch Kautschukschläuche p mit seitlich am
Gestelle angebrachten kleinen Glaspumpen d und e in Verbindung. Ueber den drei Röhren a bis c ist zur
Vergleichung der Farbtöne ein drehbarer Spiegel S
angebracht. An der Seite findet sich am Gestelle ein Maſsstab m zur Messung der Flüssigkeitshöhen und ein an der
Stange t verschiebbarer Zeiger z. Der ganze Apparat ruht auf einem mit Blei beschwerten Untersatze und
ist drehbar, so daſs die Farben im Spiegel von zwei Seiten beobachtet werden
können.
Bei der Ausführung einer Kohlenstoffbestimmung füllt man zuerst
die mittlere Röhre a bis auf 20 Theilstriche mit der zu
untersuchenden Flüssigkeit. In die seitlichen Röhren werden Vergleichslösungen von
verschiedenem Gehalte gebracht. Man verfährt beim Füllen so, daſs man zuerst die
Röhre a oben mit einem Pfropfen oder dem Finger
verschlieſst, den am gebogenen Rohre angebrachten Hahn h öffnet und die gebogene Röhre in ein mit der Vergleichsflüssigkeit
gefülltes Gefäſs eintaucht. Durch ein einfaches Heben des Kolbens der zugehörigen
kleinen Pumpe d oder e
flieſst dann die Lösung in die Flasche E. Ebenfalls
durch dieselbe Pumpe wird hierauf die Flüssigkeit im Meſsrohre b oder c so hoch gehoben,
bis der auf dem Spiegel S beobachtete Farbton gleich
dem der zu untersuchenden Flüssigkeit ist. Zur Prüfung dreht man den Apparat und vergleicht den
Farbton noch einmal. Das Product aus der Flüssigkeitshöhe der Vergleichslösung und
dem Procentgehalte dieser Lösung dividirt durch die Flüssigkeitshöhe der zu
untersuchenden Flüssigkeit, zeigt dann den Procentgehalt des Eisens an Kohlenstoff
an.
Um die Vergleichsflüssigkeit aus den seitlichen Röhren zu
entleeren, schlieſst man dieselben oben und preſst durch die Pumpen die Lösung durch
die Hähne h aus den Flaschen E.
Ridsdale hat gefunden, daſs kleine
Glaspumpen zur längeren Innehaltung einer bestimmten Flüssigkeitshöhe am allerbesten
geeignet sind. Es zeigte sich, daſs das Licht auf die Farbe der
Vergleichsflüssigkeiten selbst an einem einzigen Tage verändernd einwirkt. Man
bewahrt die Lösungen daher am besten in Flaschen aus Rubinglas auf und ist dann
sicher, daſs sie sich 12 Stunden ohne irgendwelche Veränderung halten. Es ist am
vortheilhaftesten, wenn man nach jedem Versuche die Vergleichsflüssigkeiten wieder
aus dem Apparate entfernt; denn sonst werden die Kautschukstopfen so stark von dem
Aetznatron angegriffen, daſs oft der ganze Apparat aus einander genommen werden
muſs.
Bei der Analyse von Stahl mit 0,03 bis 0,08 Procent Kohlenstoff
mit einer Vergleichslösung von 0,05 Proc. Kohlenstoff beobachtete Ridsdale, daſs diejenigen Stahlsorten mit 0,08 Proc.
einen zu tiefen Farbton zeigen und daher mit stärkeren Vergleichslösungen untersucht
werden müssen. Namentlich aus diesem Grunde hat er bei seinem Apparate drei
Meſsröhren gewählt. Wenn in beiden seitlichen Röhren gleiche Versuchslösungen
gebraucht werden, ist eine Beobachtung von beiden Seiten, in Folge dessen eine
Drehung des Apparates nicht nothwendig.
Ridsdale hat mit diesem Apparate im
Laufe von 2 Jahren mehrere tausend Bestimmungen ausgeführt, ohne daſs je ein Theil
desselben zerbrochen wäre.
Apparat zur Essigprüfung:Vgl. Uebersicht bezieh. Hartmann und Hauers 1885
257 * 74.W. Fresenius hat das Fr.
Otto'sche Acetometer (vgl. 1857 144 450) etwas
abgeändert und demselben eine für Zwecke der Praxis handlichere Form gegeben. Der
neue Essigprüfer gestattet die Verwendung der von Fresenius empfohlenen Natronlauge, von welcher 1l 50g
Essigsäureanhydrid entspricht; als Indicator wird Phenolphtaleïn benutzt, von
welchem nur 1 Tropfen zu verwenden ist, dessen Volumen beim Füllen des Acetometers
vernachlässigt werden kann. Bei einer Bestimmung nimmt man 5cc des zu untersuchenden Essigs.
Der Apparat besteht nach der Zeitschrift
für analytische Chemie, 1887 Bd. 26 S. 59 aus einer am untern Ende
geschlossenen, 12mm weiten, etwa 17 bis 18cm langen, cylindrischen Glasröhre, welche an dem
Punkte, bis zu welchem sie 5cc faſst, eine Marke
trägt und die von da an aufwärts in Cubikcentimeter bis zu 12 eingetheilt ist; je
1cc ist wieder in Fünftel eingetheilt, so daſs
man 0cc,2 ablesen bezieh. 0cc,1 schätzen kann. Beim Gebrauche füllt man am
besten mit einer 5cc-Pipette (um ein Benetzen des
oberen Theiles des Acetometers zu vermeiden) den zu prüfenden Essig bis zur unteren
Marke ein, setzt einen Tropfen Phenolphtaleïnlösung zu und fügt nun die titrirte
Natronlauge unter stetem Umschütteln, so daſs sich die ganze Flüssigkeit mischt,
allmählich zu, bis eben der Farbenumschlag aus farblos in roth eintritt. Nun liest
man die Anzahl der verbrauchten Cubikcentimeter ab. Die Rechnung wird bei Anwendung
von Normallauge in bekannter Weise ausgeführt; bei Anwendung der Fresenius'schen Natronlauge zur Essigprüfung geben die
verbrauchten Cubikcentimeter unmittelbar Gramm Essigsäureanhydrid in 100cc Essig (also für praktische Zwecke den
Procentgehalt) an. Will man nicht den Gehalt an Essigsäureanhydrid, sondern an
Essigsäurehydrat wissen, so sind die verbrauchten Cubikcentimeter mit 1,176 zu
multipliciren. Wünscht man statt dieser Umrechnung sofort den Procentgehalt an
Essigsäurehydrat abzulesen, so muſs man nur eine Natronlauge anwenden, von welcher
1l 50g
Essigsäurehydrat entspricht; man erhält dieselbe einfach, indem man 1l Normalnatronlauge mit 200cc Wasser versetzt.
Zur Bestimmung der Zähflüssigkeit von Schmierölen hat
L. Barbey, Chemiker am Laboratorium der
französischen Ostbahn, nach dem Portefeuille économique des
Machines, 1886 Bd. 11 * S. 206 einen Apparat
construirt, welcher sich von den bisher gebräuchlichen Apparaten (vgl. Engler 1885 258 * 126. Stahl 1886 259 * 270.
Uebersicht 1886 260 282. 261
313) hauptsächlich dadurch unterscheidet, daſs dem Ausflieſsen des Oeles ein
beträchtlicher Widerstand entgegengesetzt wird. Der Apparat besteht im Wesentlichen,
wie aus Fig. 9
bis 12 Taf.
17 ersichtlich ist, aus einer senkrechten Röhre B von
13mm Durchmesser, an deren oberem Ende sich
ein Trichter F befindet, und einer zweiten senkrechten
Röhre D von 5mm
innerem Durchmesser, welche nahe an ihrem oberen Ende durchbrochen ist und das
Ableitungsrohr G trägt. An ihrem unteren Ende sind
beide Röhren durch das wagerechte Rohr C von 8mm innerem Durchmesser verbunden. In der aus
Messing hergestellten Röhre D ist ein Eisencylinder E von 4mm Durchmesser
mittels der Stopfen N und O (vgl. Fig. 11) befestigt. Die Röhre D und der
Cylinder E sind sehr sorgfältig gearbeitet, so daſs der
zwischen denselben befindliche ringförmige Raum überall die gleiche Gröſse besitzt.
Das Ganze taucht in ein Wasserbad mit Messingwanne A,
welches mittels eines Chancel'schen Wärmereglers auf
gleicher Temperatur erhalten wird. Zur Bestimmung der letzteren dient das
Thermometer J. Das zu untersuchende Oel wird in den mit
einem Abfluſshahne versehenen Behälter L gegeben,
dessen untere Oeffnung sich über dem Trichter F
befindet. Der Oelzufluſs wird so geregelt, daſs der Trichter stets bis an die
Mündung der Rinne B angefüllt ist; das aus R überflieſsende Oel fängt man in dem Becher M auf.
Der Apparat wird in folgender Weise gehandhabt: Man entfernt
zuerst die Eisenröhre E und läſst das Oel aus L austreten, bis der Trichter sowie die Röhren B, C und D vollkommen
angefüllt sind. Darauf schlieſst man den Hahn von L,
setzt den Cylinder E wieder ein und erwärmt das
Wasserbad in A auf die gewünschte Temperatur. Wenn die
letztere während 10 Minuten sich gleich geblieben ist, läſst man das Oel von Neuem
flieſsen und überzeugt sich nochmals davon, daſs auch in weiteren 10 Minuten die
Temperatur dieselbe bleibt. Dann erst beginnt man den eigentlichen Versuch, indem
man den mit Eintheilung versehenen Cylinder K unter das
Ableitungsrohr G schiebt und das innerhalb 10 Minuten
ausflieſsende Oel auffängt. Der Cylinder K wird darauf
durch die Oeffnung S (Fig. 9) während 5 Minuten
in das Wasserbad eingesenkt und darauf das Volumen abgelesen. Die Zahl der
Cubikcentimeter des ausgeflossenen Oeles ist unmittelbar ein Maſs für die
Dünnflüssigkeit, wenn man stets die gleiche Versuchsdauer anwendet. Barbey multiplicirt diese Zahl mit 6 und vergleicht
also die während einer Stunde ausflieſsenden Oelmengen.
Durch diese Einrichtung des Apparates ist es möglich, das Oel
während der ganzen Versuchszeit bei derselben Temperatur und unter gleichbleibendem
Brücke ausflieſsen zu lassen, und schlieſslich das Volumen bei der
Versuchstemperatur zu messen.
Die von Barbey mit seinem Apparate erhaltenen Werthe für
die Dünnflüssigkeit der gebräuchlichsten Oele sind in der folgenden Tabelle
zusammengestellt:
Spec. Gew. bei 15°
Grad der Dünn-flüssigkeit bei + 35°
Helles, schottisches Schieferöl
0,868
579,0
Braunes Schieferöl von Autun
0,878
918,0
Dunkles amerikanisches Mineralöl
0,879
51,0
Oelsäure
0,903
138,0
Russisches Mineralöl
0,912
43,2
Rohes Colzaöl
0,915
84,0
Rüböl
0,916
89,4
Klauenöl
0,917
98,4
Schmieröl
0,917
97,8
Grünes Olivenöl
0,918
105,6
Rohes Erdnuſsöl
0,920
104,4
Elsässisches Mineralöl
0,927
67,2
Fischöl
0,927
135,0
Leinöl von BombayLeinöl aus dem Norden
1. kaltePressung
0,9350,936
143,4141,0
Ricinusöl
0,964
13,2
Harzöl
0,984
72,0
Auch bei verschiedenen Temperaturen hat Barbey mit seinem Apparate die Dünnflüssigkeit einer
Reihe von Oelen bestimmt:
Bezeichnung
Spec. Gew.bei 15°
Rückstand beider Destillation
Entflammungs-punkt
Erstarrungs-punkt
Dünnflüssigkeit
bei 0°
20°
35°
50°
75°
100°
Rohes Colzaöl
0,915
–
–
– 6°
20,4
–
84,0
143,4
286,8
492
Kaukas. Naphta-Rückstand
0,912
16,5%
132°
– 8
4,8
–
43,2
94,4
247,2
492
„ „ „
0,907
15,0
117
– 9
6,0
24,0
55,8
126,6
315,0
576
„ „ „
0,912
16,0
160
– 8
5,4
–
41,5
91,0
246,6
477
„ „ „
0,907
15,0
102
– 9
4,8
22,8
55,8
105,6
274,5
540
Rohöl von Pechelbronn (Schmieröl)
0,917
15,0
120
– 5
1,5
–
67,2
148,8
372,0
678
Rohöl von Pechelbronn (zur Gasbereitung)
0,863
7,0
72
0
0
525,0
732,0
1020,0
–
–
Stark Asphalt haltiger Rück- stand des
amerikanischen Erdöles
0,920
23,5
138
– 4
0
15,6
52,2
116,4
280,8
531
Dunkles amerikanisches Mi- neralöl
0,885
15,0
160
0
0
22,2
50,4
111,6
262,8
442
Helles amerikanisches Mi- neralöl
0,912
3,0
145
0
0
89,4
174,0
330,0
645,0
1068
Naphta-Rückst. von Kouban
0,965
28,0
126
– 8
0
6,4
18,6
50,4
162,0
378
Oleonaphta Ragosine Nr. 0
0,912
6,0
170
– 8
3,6
14,2
39,0
89,8
251,5
519
„ „ „ 1
0,907
5,0
165
– 10
6,4
27,0
61,3
129,0
336,0
671
„ „ „ 2
0,899
5,0
152
– 20
21,5
53,9
141,0
257,0
556,0
968