Titel: | Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. |
Autor: | A. Morgen |
Fundstelle: | Band 263, Jahrgang 1887, S. 145 |
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Ueber Fortschritte in der
Spiritusfabrikation.
(Patentklasse 6. Fortsetzung des Berichtes S. 41
d. Bd.)
Morgen, über Fortschritte in der Spiritusfabrikation.
I) Rohmaterialien und Malz.
(Schluſs.)
Ueber mehlige und glasige Gerste. Chr. Grönland,
Vorstand des physiologischen Laboratoriums der Brauerei Neu-Carlsberg bei
Kopenhagen, hatte schon durch frühere Untersuchungen (vgl. Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1884) gezeigt, daſs es möglich
ist, glasige Gerste in mehlige umzuwandeln, und damals hauptsächlich den Einfluſs
des Weichens der Gerste auf diese Umwandlung studirt. Spätere Beobachtungen führten
dahin, daſs auch das Trocknen und die bei demselben angewendete Temperatur von
groſsem Einflüsse auf die Umwandlung der glasigen Körner in mehlige sind. Die sehr
umfangreichen, durch mehrere Jahre hindurch ausgeführten Untersuchungen, bei welchen
auch der Einfluſs der Düngung auf die Beschaffenheit der Gerste beobachtet wurde,
führten nach der Zeitschrift für Spiritusindustrie 1886
S. 403 zu folgenden Schlüssen: 1) Die Düngerverhältnisse haben anderen Umständen
gegenüber nur untergeordnete Bedeutung in Rücksicht auf die Entwickelung der
mehligen Gerste. 2) Stark glasige Frucht kann gleich nach der Ernte durch Einwirkung
von Feuchtigkeit nur in geringem Maſse in mehlige Frucht umgebildet werden; dagegen
ist eine glasige Gerste, welche einige Zeit gelagert hat, hierzu weit geeigneter. 3)
Weniger stark glasige Gerste, welche gelbreif geerntet war, wurde nur in geringem
Grade umgebildet, wenn man sie gleich nach der Ernte in Wasser legte. Dagegen war
der Erfolg ein günstiger, wenn sie vor dem Einweichen getrocknet wurde. Vollreif
geerntete Gerste kann dagegen mit gutem Erfolge gleich nach der Ernte in Wasser
gelegt werden. 4) Verschiedenes Weichen, verbunden mit verschieden hohen
Trockengraden, lieferte verschiedene Ergebnisse- mit steigendem Wärmegrad nahm die
Zahl der umgebildeten Glaskörner zu. 5) Gerstenproben, 1 bis 2 Jahre an einem
trockenen Orte aufbewahrt, wurden hinsichtlich der Mehligkeit nur wenig umgebildet;
das Gegentheil konnte durch Lagern an einem feuchten Orte erzielt werden. 6) Die
Gerste kann auch allein durch günstige Kulturverhältnisse mehlig werden; allein
weder Beschaffenheit des Samenkorns, noch die Vorfrucht, noch physikalische oder
chemische Beschaffenheit des Bodens sind im Stande, die klimatischen Verhältnisse,
also Zutritt von Luft und Licht, von Wärme und Feuchtigkeit, zu überwinden. 7) Es
wird sich unter Umständen lohnen, glasige Gerste nach einem gröſseren Maſsstabe in
mehlige umzuwandeln.Ueber Gerstenanbauversuche vgl. M. Maercker 1886
250 430.
Das Waschen der Gerste und des Malzes. Während das
Waschen der Gerste schon ziemlich allgemein in Anwendung ist, hat man dem Waschen
des Malzes erst neuerdings gröſsere Aufmerksamkeit geschenkt und auch besondere Apparate dazu
construirt. Der Zweck dieser Behandlung ist in erster Linie, die dem Malze
anhaftenden Bakterien, welche für die Wirkung des Malzes von Nachtheil sind, zu
entfernen. Ueber die in der Praxis gemachten Erfahrungen wurden in der
Generalversammlung des Vereins für Spiritusfabrikanten in Deutschland im Februar
1886 interessante Mittheilungen gemacht, über welche nach der Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1886 S. 232 hier
kurz berichtet wird.
v. Puttlitz theilte mit, daſs er bei Verwendung von
nicht gutem Malz eine schlechte Verzuckerung bemerkte, welche aber, als das Malz
gewaschen wurde, sich bedeutend verbesserte. Bei Verwendung von gutem Malz waren die
Unterschiede nicht so auffällig; für schlechtes Malz dagegen empfehle sich das
Waschen sehr. – Maercker erwähnte, daſs in der
Brennerei zu Trotha bei Halle a. S. das Malz seit 2 Jahren regelmäſsig gewaschen und
daſs damit eine so ausgezeichnete, gleichmäſsige Vergährung und eine solche
Concentration der Maischen erzielt wird, wie man sie vorher nicht gekannt habe. –
Delbrück führte an, daſs in der Brauerei die
Gerstenwäsche nach dem Einquellen stattfindet und daſs er in einer Malzfabrik
gesehen habe, wie das von der fertig gequollenen Gerste bei der Wäsche ablaufende
Wasser vollständig schwarz gewesen sei. Der Schmutz bestehe hauptsächlich aus
getrockneten Pilzsamen, welche in den Poren und Rissen des Gerstenkornes sitzen.
Nach dem Waschen bekomme die Gerste einen vollständig gesunden, schönen Geruch.
Dagegen habe man die Beobachtung gemacht, daſs die nach dem Quellen gewaschene
Gerste langsamer wächst. Das Malz erscheint aber nachher viel besser, sauberer und
reiner.
Nach dem von M. M. Rotten in Berlin (D. R. P. Nr. 35678
vom 5. Juni 1885) angegebenen Verfahren zur Gewinnung von
Diastase reichem Malz wird nicht bis zur Quellreife eingeweicht, sondern 12
Stunden vorher das Wasser gewechselt und die Gerste 4 Stunden lang mit Luft in
Berührung gelassen. Alsdann wird die Gerste zur Nachweiche 20 bis 30cm hoch auf die Tenne geschüttet und mit Wasser
besprengt, welches 0,05 Proc. Phosphorsäure enthält.
Durch die Benutzung des Phosphorsäure haltigen Wassers sollen Dextrine,
Eiweiſskörper und Salze dem Korne möglichst erhalten bleiben und die so behandelte
Gerste ein besser verzuckerndes Malz liefern.
Zur Diastasewirkung der Gerste. Unter Anwendung des von
Kjeldahl ausgearbeiteten und von Lintner abgeänderten Verfahrens zur Bestimmung der
diastatischen Kraft (vgl. 1886 259 335) fand H. Bungener bei seinen Untersuchungen über den Einfluſs des Darrens auf die diastatische Kraft des
Malzes, daſs auch die ungekeimte Gerste ein Ferment enthalte, dessen Wirkung sehr zu
beachten ist. Dieses Ferment soll im Stande sein, gelöste Stärke zu verzuckern,
während dasselbe nur sehr langsam Stärke zu lösen vermag; dagegen sollen im Malze
zwei Fermente vorhanden sein, von denen das eine, welches sich während der Keimung bildet, die Stärke
verflüssigt, während das andere, bereits in der Gerste enthaltene, die verflüssigte
Stärke verzuckert. Die Wirkung dieses verzuckernden Fermentes soll mit der Keimung
wachsen, durch das Darren dagegen abnehmen, so daſs Darrmalz in dieser Hinsicht
weniger wirkt als ungekeimte Gerste.
Auch C. J. Lintner hat bei seinen Untersuchungen über
Isolirung und Reindarstellung von Diastase die Frage zu entscheiden versucht, ob die
Stärkemehl verflüssigende und andererseits die verzuckernde Kraft des Malzes durch
ein oder durch zwei verschiedene Fermente bedingt ist. Er gelangte dabei zu
folgenden Ergebnissen: 1) Das Ferment der ungekeimten Gerste ist nicht im Stande,
Stärkekleister zu verflüssigen (also übereinstimmend mit Bungener). 2) Im Allgemeinen geht eine kräftig verflüssigende und
verzuckernde Wirkung Hand in Hand. 3) Beim Darren wird nicht nur die verzuckernde,
sondern auch die verflüssigende Kraft des Malzes beeinträchtigt. 4) Die günstigste
Verflüssigungstemperatur für verkleisterte Stärke liegt bei 50°, d.h. bei dieser
Temperatur vermögen kleine Diastasemengen bei genügend langer Einwirkung groſse
Mengen von Stärke zu verflüssigen. 5) Bei 70° hat man zur Verflüssigung einer
bestimmten Stärkemenge so viel Diastase anzuwenden, daſs die Verflüssigung
augenblicklich erfolgen kann, da bei jener Temperatur das Ferment erheblich
geschwächt wird und kleinere Mengen daher nicht mehr voll zur Wirkung gelangen
können. 6) Für die Möglichkeit, daſs 2 Fermente vorhanden sein können, spricht
einzig und allein der Umstand, daſs Gerstenextract zu
verzuckern, aber nicht zu verflüssigen vermag, während man dagegen aus der
Beobachtung, daſs Malzextract bei 70, ja sogar bei 80°
noch Stärke verflüssigt, aber nicht mehr verzuckert, nicht auf die Anwesenheit
zweier Fermente schlieſsen darf, weil die verzuckernde Wirkung erst zur Geltung
kommen kann, nachdem die Stärke gelöst ist, durch die zur Lösung erforderliche
Temperatur die Diastase jedoch bereits so geschwächt sein kann, daſs sie eine
verzuckernde Wirkung auszuüben nicht mehr im Stande ist.
Aehnliche Beobachtungen über das Vorhandensein eines verzuckernden Fermentes in der
Gerste hat auch L. CuisinierVgl. auch D. R. P. Kl. 89 Nr. 37923 vom 30. October 1884 von L. Cuisinier in Paris: Neuerung im Verfahren
zur Verzuckerung Stärkemehl haltiger Substanzen mittels Malz.
gemacht; derselbe nennt das Ferment Glucase und die
durch dasselbe erzeugte Zuckerart Cerealose. Ob diese
Zuckerart wirklich eine besondere oder aber mit Maltose übereinstimmend ist, werden
weitere von Bungener in Aussicht gestellte
Untersuchungen ergeben. (Vgl. Norddeutsche
Brauerzeitung, 1886 S. 1178. Zeitschrift für
Spiritusindustrie, 1886 S. 383 und 390.)Ueber den Zuckergehalt von Gerste und Malz vgl. C. O.
Sullivan 1886 260 239. – Ueber
Malzpepton vgl. F. Szymanski 1886 259 431.
Die verschiedenen Systeme der mechanischen und pneumatischen
Mälzerei werden von Dr. Schutt in der Allgemeinen Zeitschrift für Spiritus- und
Preſshefenindustrie, 1886 S. 277 in eingehender Weise besprochen und
besonders die Vor- und Nachtheile der pneumatischen Mälzerei einerseits und der
Tennenmälzerei andererseits gegenüber gestellt. Eingehende Erörterungen über die
Lufterneuerung, die Temperaturverhältnisse, den Feuchtigkeitsgehalt der Luft und
über die Raum Verhältnisse beim Darren führen zu dem Schlusse, daſs die pneumatische
Mälzerei bereits aus dem Anfangszustande heraus ist und daſs dieselbe voll und ganz
ihren Platz neben der Tennenmälzerei einnehmen kann.In Bezug auf die bei den verschiedenen Verfahren der Mälzerei in Anwendung
kommenden Apparate sei auf einen früheren Uebersichtsbericht (1886 259 * 126) verwiesen.Einfluſs der Weichreife auf die Beschaffenheit des Malzes vgl. C. Lintner sen. 1886 259 382.Temperaturmelder für Malzdarren u. dgl. vgl. 1886 260 * 120.Neuere Mälzereieinrichtungen vgl. 1886 259 * 126.
200. * 201. 260 * 317 261 * 257. 262 * 263.
Laboratoriumsversuche über Malzausbeute ergeben
bekanntlich häufig eine um 5 bis 8 Proc. höhere Ausbeute, als sie im Groſsbetriebe
erreicht wird. Zur Erklärung dieser Beobachtung hat M.
Schwarz eingehende vergleichende Versuche angestellt, welche zu dem
Ergebnisse führten, daſs die Hauptursache zur Mehrausbeute bei den
Laboratoriumsversuchen in der feineren Zerkleinerung
des bei denselben verwendeten Malzes liegt, ferner, daſs der Unterschied in der
Ausbeute an nutzbarem Extract jedoch in Wirklichkeit nur ⅘ von der Gesammtmenge
beträgt, da das letzte Fünftel werthlose Bestandtheile betrifft. Es wurde z.B. zu
Gunsten des fein geschrotenen Malzes ein Mehr von 5,40 Proc. Stickstoff freien
Stoffen und 1,58 Proc. Fett, zusammen also von 6,98 Proc. gefunden, wovon jedoch nur
die 5,40 Proc. Stickstoff freier Stoffe als wirklich nutzbare Substanz in Rechnung
zu bringen sind. (Nach Biedermann's Centralblatt, 1886
S. 564.)
(Fortsetzung folgt.)
A. Morgen.