Titel: | J. Atkinson's Differential-Gaskraftmaschine. |
Fundstelle: | Band 263, Jahrgang 1887, S. 12 |
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J. Atkinson's
Differential-Gaskraftmaschine.
Mit Abbildungen im Texte und auf Tafel 1.
Atkinson's Differential-Gaskraftmaschine.
Textabbildung Bd. 263, S. 12 Die Verwendung zweier Kolben bei Gasmotoren, welche in demselben Cylinder
arbeiten (vgl. Uebersicht 1885 255 * 411), ist auch bei
der von J. Atkinson in London (* D. R. P. Kl. 46 Nr.
35640 vom 22. Mai 1885) construirten und von der British Gas
Engine and Engineering Company in London bezieh. J.
Cochrane in Barrhead in der beistehend veranschaulichten Form ausgeführten
Gaskraftmaschine aufgenommen, um die Arbeit derselben in etwa einer Viertelumdrehung
zur Uebertragung zu bringen, während Ansaugen, Verdichten sowie Entzündung der
Ladung und Ausstoſs der Rückstände während des übrigen Theiles der vollen Umdrehung
stattfindet. Dieser Arbeitsvorgang wird zwischen den in einem offenen Cylinder angeordneten beiden
Kolben vollzogen, indem den letzteren durch ein Hebelsystem eine eigenthümliche
Differentialbewegung ertheilt wird.
Die schematischen Figuren 17 bis 20 Taf. 1 sollen den
Arbeitsvorgang und die Stellungen der Hebel und Kolben verdeutlichen. Fig. 17 zeigt
das Ende der Entleerung der Verbrennungsproducte, Fig. 18 den gröſsten Raum
für die Menge der angesaugten Explosionsmischung, also der Füllung, Fig. 19 den kleinsten
Raum für die zusammengedrückte Füllung und Fig. 20 den gröſsten
Raum, welchen die explodirte Mischung nach der Entzündung und Ausdehnung
einnimmt.
Jeder der Kolben A und B ist durch eine Lenkstange mit dem unteren Ende je
eines schwingenden Hebels verbunden und zwar der Saugkolben A mit dem Hebel E und der Arbeitskolben B mit dem Hebel F. Diese
Hebel E und F sind
unterstützt durch die Achsen M und N, deren Lager von dem Hauptrahmen der Maschine
getragen werden und in welchen die Hebel E und F schwingen. Die Hebel E
und F sind ferner an den anderen Enden durch
Lenkstangen O und P mit
dem Kurbelzapfen O und der Kurbelscheibe verbunden,
welch letztere auf der Hauptwelle C befestigt ist.
Diese Anordnung der Kolben mit den Lenkstangen, den Hebeln und dem
einzigen Kurbelzapfen G der Maschine bedingen die hin-
und hergehende Bewegung der Kolben A und B, so daſs sich diese zugleich in derselben Richtung,
jedoch mit verschiedener Geschwindigkeit bewegen. Hierdurch wird die Verschiedenheit
der Gröſse des einzigen Arbeitsraumes zwischen den Kolben A und B bedingt.
Diese Kolben haben sich am meisten genähert, wenn sie sich, wie
Fig. 17
zeigt, an dem Ende des Cylinders befinden, welches Ende als das Vorbereitungsende
bezeichnet werden kann. Die Verbrennungsproducte der letzten Explosionsmischung oder
Füllung sind in dieser Stellung der Kolben durch das selbstthätige Auslaſsventil J, welches sich nach auſsen öffnet, sowie das damit
verbundene Auslaſsrohr aus dem Arbeitsraume zwischen den Kolben A und B entleert. Aus
dieser Stellung bewegt sich der Saugkolben A nach dem
anderen Ende des Cylinders, welches als das Arbeitsende bezeichnet werden kann.
Gleichzeitig bewegt sich der Arbeitskolben B etwas
langsamer als A, jedoch in derselben Richtung; während
dieser Zeit saugt der Kolben A die Ladung durch die
freiliegende Einlaſsöffnung und das selbstthätige Einlaſsventil K in den Raum zwischen die Kolben A und B, welcher schon so
groſs war, als die Stellung Fig. 18 angibt, kurz
bevor der Kolben B den Einlaſs K abschloſs.
Beide Kolben bewegen sich nun aus der Stellung Fig. 18 in derselben
Richtung weiter, jedoch nunmehr der Arbeitskolben B
schneller als der Saugkolben A, bis ersterer diesen
Theil seiner Bewegung, während welcher die Kolben die eingesaugte Mischung
zusammendrücken, an dem Arbeitsende des Cylinders D
fast vollendet hat. In dieser Stellung Fig. 19 ist die Füllung
zwischen den Kolben A und B so weit, als beabsichtigt, zusammengedrückt. Während der Zeit, in
welcher die Mischung zwischen den Kolben A und B zusammengedrückt wird, ist diese Mischung nur von
Cylinder- und Kolbenwandungen eingeschlossen und kann in keinerlei Verbindung mit
irgend einer Einlaſs- oder Auslaſsöffnung kommen, so daſs Gasverluste durch
dieselben ausgeschlossen sind.
Wenn die Füllung zusammengedrückt ist, hat der Kolben B seinen Lauf fast vollendet; der Kolben A dagegen bewegt sich dann noch rascher als B voran und stellt so rechtzeitig die Verbindung mit
der Oeffnung des Zündrohres L her, in welches dann ein
kleiner Theil der gepreſsten Verbrennungsmischung aus dem einzigen Arbeitsraume
zwischen den Kolben A und B tritt. Das Zündungsrohr L ist auſserhalb
des Cylinders D so angebracht, daſs es durch irgend
eine äuſsere Heizung rothglühend erhalten werden kann wie bei den Zündvorrichtungen
von W. Lehmann bezieh. L.
Funk (vgl. 1885 256 206).
Durch die nun stattfindende Explosion der Ladung wird der
Arbeitskolben B sehr rasch in der Richtung nach dem
Vorbereitungsende des Cylinders hin bewegt, während der Saugkolben A so lange fast stillsteht, bis der Raum zwischen den
Kolben A und B ungefähr
dem des früher eingesaugten Volumens der Verbrennungsmischung gleich ist. Obgleich
der Saugkolben A von nun an langsam dem Kolben B in der Bewegung in der Richtung nach dem
Vorbereitungsende folgt, vergröſsert sich der Arbeitsraum zwischen beiden Kolben
durch die weitere Ausdehnung der Verbrennungsproducte und demzufolge rascherer
Bewegung des Kolbens B noch immer, bis zu der Stellung
Fig. 20
und findet während dieser Zeit ein ferneres Vortreiben des Kolbens B statt. Nach Erlangung der Stellung Fig. 20 bewegen sich die
Kolben zwar ferner in der Richtung zum Vorbereitungsende des Cylinders D, nunmehr jedoch der Saugkolben A rascher als der Arbeitskolben B, so daſs sich der Arbeitsraum zwischen den Kolben jetzt verkleinert und
so die Verbrennungsproducte der Füllung, weil zugleich der Kolben B die Austrittsöffnung freigegeben hat, durch das sich
öffnende selbstthätige Auslaſsventil J ausgetrieben
werden. Nun ist die Stellung Fig. 17 wieder
erreicht.
Diese Differential-Gasmaschine kann auch so eingerichtet werden,
daſs sie umgesteuert werden kann, d.h. daſs sich die Hauptwelle in beiden Richtungen
umdreht; in diesem Falle müssen jedoch die Inhalte der Räume zwischen den Kolben A und B für die Füllung
(Fig. 18)
und für die Ausdehnung (Fig. 20) gleich oder fast
gleich gemacht werden.
In Fig. 15 und
16 Taf. 1
ist eine Ausführung der Atkinson'schen Gaskraftmaschine
dargestellt- hier liegt der Cylinder innerhalb der beiden Gestellböcke, während bei
der älteren Ausführung, welche auf der Erfindungsausstellung in London 1885 im
Betriebe war, der Cylinder mit dem Hebel trieb werk auſsen am Gestelle frei lag.
Nach dem Engineer, 1885 Bd. 59 * S. 99 und 1886 Bd. 61
* S. 164 hat eine solche Maschine von 2,7 gebremsten Pferd bei 155 Umdrehungen in
der Minute einen stündlichen Gasverbrauch von 0cbm,74 Londoner Gas ergeben; die bezüglichen Bremsversuche hat der oben
erwähnte Ingenieur Cochrane ausgeführt.