Titel: | Neuere Einschienen-Bahnen. |
Autor: | M. |
Fundstelle: | Band 262, Jahrgang 1886, S. 497 |
Download: | XML |
Neuere Einschienen-Bahnen.
Mit Abbildungen auf Tafel
31.
Lartigue's bez. Meigs' neuere Einschienenbahnen.
Das Bestreben möglichst billiger Herstellung leichter Eisenbahnlinien, besonders wenn
dieselben nur vorübergehend betrieben werden sollen, hat schon lange die Idee
geweckt, als Fahrbahn nur eine einzige Schiene zu benutzen. Da hierbei vor Allem für
die Erzielung der nöthigen Standfestigkeit des Fahrzeuges gesorgt werden muſs, so
drücken sich hierin die charakteristischen Unterschiede der verschiedenen Systeme
zumeist aus; allen gemeinsam aber ist die Erhöhung der Schienenbahn über den Boden
und Unterstützung derselben durch mehr oder weniger hohe Ständer oder Säulen.
Praktische Ausführungen sind bis jetzt nur zwei bekannt geworden: im J. 1872 die
Militärbahn von Fell im Lager zu Aldershot (England)
und im J. 1876 die kurze Linie nach dem Systeme Le
Roy-Stone im Ausstellungspark zu Philadelphia (vgl. 1876 222 * 408). Inzwischen sind zwei neue Systeme aufgetaucht
von dem Amerikaner Meigs (vgl. 1886 261 * 546) und dem Franzosen Lartigue, welche sich allerdings nur in der Einzelanordnung von den
älteren unterscheiden und in Fig. 12 bis 14 Taf. 31 in
ihrem wesentlichsten Bestandtheile, dem Laufgestelle, veranschaulicht sind.
Die Einschienenbahn von L. Meigs in Lowell ist schon im
J. 1873 patentirt worden. Die Wägen sind von je zwei Drehgestellen getragen, welche
4 Tragräder und 2 Führungsräder enthalten (vgl. Fig. 13 und 14). Die
schief gestellten, mit keilförmigen Rillen versehenen Tragräder laufen auf zwei
Schienen aus Quadrateisen, welche an der unteren Gurte des die Bahnlinie bildenden
Gitterträgers befestigt sind. An der oberen Gurte befinden sich zwei weitere
Flacheisenschienen, in welche die beiden um lothrechte Achsen drehbaren
Führungsräder mittels Federn angepreſst werden. Auſserdem übergreift der Spurkranz
dieser Räder den unteren Rand der oberen Schienen und soll hierdurch genügende
Sicherheit gegen das Entgleisen geben. Bei der Locomotive arbeiten die Führungsräder
gleichzeitig als Treibräder, indem dieselben von der Maschine in Umdrehung versetzt
und zur Erhöhung der Adhäsion durch Preſswasser an die Schienen gedrückt werden.
Die Construction von Lartigue soll in den französischen
Besitzungen in Senegal, Afrika, zur Beförderung von Feldfrüchten betrieben werden
und auſserdem in der russischen Armee als fliegende Feldbahn zur Fortschaffung der
Verwundeten bestimmt sein. Die Wägen, welche sattelförmig über die Tragschienen
herabhängen (vgl. Fig. 12 Taf. 31), werden von zwei im Obertheile des Wagengestelles
gelagerten Rädern getragen und den verschiedenen Bedürfnissen entsprechend in
mannigfachen Formen ausgeführt. Für Personenwagen sind zur Sicherheit gegen
einseitige Belastung in der Mitte des Wagens zwei auf lothrechten Achsen drehbare
Räder angebracht, welche an den die einzelnen Geleisständer verbindenden
Längslaschen e laufen. Bei den Lastwägen wird dies für
entbehrlich gehalten und dienen hier zum Aufladen die in Fig. 12 ersichtlich
gemachten Stützen s, welche vor der Abfahrt
hinaufgeklappt werden.
Nachtrag: Zum Zuge sind bisher nur
Pferde benutzt worden; bei einer gegenwärtig in London von der Lartigue Railway Company ausgeführten Probebahn
arbeitet aber eine Dampflocomotive, welche mit zwei Stehkesseln rechts und links von
der Schienenbahn versehen ist.
Eine günstigere Anordnung scheint der in den Industries, 1886 Bd. 1 * S. 317 veröffentlichte Entwurf
zu besitzen. Hier liegt ein gewöhnlicher Locomotivkessel quer über der Einschiene
und trägt mittels eines gürtelartigen Ständers am Rundkessel die beiden Cylinder und
eine Blind welle. In Verlängerungen der Treibzapfen greifen an beiden Enden der
Blindwelle ringförmige Kuppelstangen an, welche die Räder bewegen.
Als Beförderungskosten für 1t
Last auf 1km werden von der Gesellschaft
angegeben: für das Lartigue'sche System 0,26 M., für
schmalspurige Trambahnen 0,72 bis 0,82 M., für gewöhnliches Straſsenfuhrwerk 1,24
bis 1,55 M.
M.