Titel: | Ueber Mattätzen des Glases; von F. Reinitzer in Prag. |
Autor: | F. Reinitzer |
Fundstelle: | Band 262, Jahrgang 1886, S. 322 |
Download: | XML |
Ueber Mattätzen des Glases; von F. Reinitzer in
Prag.
Mit Abbildungen.
F. Reinitzer, über Mattätzen des Glases.
Man unterscheidet bekanntlich zwei Arten des Glasätzens: das sogen. Klarätzen und das Mattätzen. Das erstere wird allgemein mit wässeriger Fluſssäure vorgenommen, während für das letztere verschiedene
Verfahren in Gebrauch sind. Eine Erklärung für den Vorgang beim Klarätzen ist
einfach gegeben, wenn man annimmt, daſs die einzelnen Bestandtheile des Glases der
lösenden Wirkung der Fluſssäure einen nicht wesentlich verschiedenen Widerstand
entgegensetzen und demgemäſs Unebenheiten, welche den Eindruck einer matten
Glasfläche hervorrufen könnten, auf dem Glase nicht entstehen. Die gebildeten
Kieselfluoride lösen sich in der verdünnten Fluorwasserstoffsäure auf und so ist
auch die Möglichkeit der Ausscheidung von Salzen und dadurch bedingte Bildung von
Unebenheiten auf dem Glase ausgeschlossen. Klar geätztes Glas macht deswegen auf das
Auge denselben Eindruck wie nichtgeschliffenes Tafelglas. Schwieriger ist es, eine
Erklärung für die beim Mattätzen statthabenden Vorgänge zu finden, auch schon
deshalb, weil, wie bemerkt, das Mattätzen auf verschiedene Weise vorgenommen werden
kann.
Beachtenswerthe Beiträge zur Theorie des Mattätzens hat Friedr. Reinitzer in den Berichten der
Oesterreichischen chemischen Gesellschaft, 1886 * S. 67 und 84
veröffentlicht.
Der Verfasser bemerkt zuerst, daſs die am meisten verbreitete Ansicht über das
Glasätzen die auch von Berzelius (3. Auflage der Wöhler'schen Uebersetzung, Bd. 2 S. 201) vertretene
sei, wonach man beim Behandeln des Glases mit flüssiger
und verdünnter Fluſssäure klare Aetzung erhalte, daſs hingegen concentrirte oder dampfförmige Säure die
Glasfläche matt erscheinen lasse. In ihrem zweiten
Theile ist diese Anschauung nach Renitzer's Versuchen
unrichtig, da weder mit rauchender Fluſssäure, noch mit einem Gemische aus
Fluſssäure und concentrirter Schwefelsäure Mattätzung zu erzielen ist.
Zur Herstellung einer matten Aetzung kommen insbesondere
3 Verfahren in Betracht:
Die Aetzung mit Lösungen sauerer Alkalifluoride, ferner mit einem Gemenge von
Fluſsspath und Schwefelsäure und endlich mit gasförmiger Fluorwasserstoffsäure.
Es ist einleuchtend, daſs das matte Aussehen eines Glases durch dicht neben einander
sitzende Erhöhungen und Vertiefungen, welche schroff in einander übergehen, bewirkt
wird. Durch diese werden zahlreiche Brechungs-, Beugungs- und
Reflexionserscheinungen hervorgerufen, welche den dem matten Glase eigentümlichen
schimmernden Ton hervorrufen. Reinitzer hat nun auf
mikroskopischem Wege die Form dieser Unebenheiten untersucht und daraus Rückschlüsse
auf ihre Bildungsweise gezogen.
Sämmtliche Verfahren zum Mattätzen mit Alkalifluoriden beruhen auf der Verwendung
einer Lösung sauerer Alkalifluoride Fl2HM, welche
noch mehr oder weniger freie Fluſssäure enthalten und denen auſserdem noch ein
lösliches indifferentes Salz zugesetzt sein kann, wie dies die nachstehenden
Vorschriften zeigen:
I
II
III
Wasser
1000g
100
1000
1000
1000
Saures Kaliumfluorid
250g
–
–
–
–
Natriumfluorid
–
–
40
250
–
Fluorammonium
–
–
–
–
1000
Alkalifluorid
–
8
–
–
–
Käufliche Salzsäure
250g
–
–
160 bis 175
–
Schwefelsäure
–
1
–
–
200
Eisessig
–
–
50
–
–
Kaliumsulfat
140g
–
–
200
–
Ammoniumsulfat
–
–
–
–
100
Die Vorschrift I rührt von Tessié du
Mothay und Maréchal (1866 181 213) her, die beiden unter II angegebenen
Zusammensetzungen sind von Siegwart (1871 199 222 bezieh. Industrieblälter, 1879 S. 66) vorgeschlagen und endlich hat J. B. Miller (Die Glasätzerei, Hartleben's Verlag Bd.
59 bezieh. Industrieblätter, 1879 S. 185) die unter III
aufgeführten Mischungsverhältnisse empfohlen. In der Praxis findet auch viel eine
mit Essigsäure angesäuerte Lösung von Natriumfluorid Anwendung, welche man durch
Lösen von 25 G.-Th. krystallisirter Soda in 5 G.-Th. rauchender Fluſssäure und
Versetzen von 1l dieser geklärten Flüssigkeit mit
1l Eisessig erhält.
Oft soll auch das Matt in verschiedenen Tönen aufgeätzt werden, um Bilder, z.B.
Landschaften, herstellen zu können. In der ungarischen Landesglasmalerei und
Aetzerei in Budapest wird zu diesem Zwecke derart verfahren, daſs man, um einen im
durchfallenden Lichte möglichst dunklen Ton zu erzielen, ein und dieselbe Stelle 2
mal hinter einander matt ätzt. Bei einmaliger Aetzung erhält man einen helleren Ton
und für noch hellere Töne wird die einmal geätzte Fläche ein oder mehrere bis zu 9
mal mit verdünnter wässeriger Fluſssäure klar geätzt. Auf diese Weise stellt man in Pest 11
verschiedene Aetzungsabstufungen her. Betrachtet man eine solche einmal geätzte
Glastafel bei mäſsiger Vergröſserung unter dem Mikroskope, so erblickt man eine sehr
gleichmäſsige Aneinanderreihung von Vertiefungen und Erhöhungen, welche Krystallgestalt haben. Am Rande
der mattirten Fläche werden diese Krystalle spärlicher, sind dafür aber besser
ausgebildet, so daſs man ihre Gestalt leicht erkennen kann. Fig. 1 stellt den Rand einer solchen Aetzung aus der Pester Anstalt bei
450 facher Vergröſserung dar. Man erkennt, daſs die vorherrschenden Krystalle
hexagonal sind und vollkommen mit denen des Kieselfluornatriums übereinstimmen.
Fig. 1., Bd. 262, S. 324Maſsstab 450 : 1.Auſserdem beobachtet man aber auch längliche, gestreckte Krystalle, welche
denen des Kieselfluorcalciums sehr ähnlich sind (vgl.
Haushofer: Mikroskopische Reactionen, Fig. 23 und
79, S. 39 und 98). Schon durch die Erscheinungen, welche beim Heben und Senken der
Mikroskopröhre eintreten, kann man sich leicht überzeugen, daſs die eingeätzten
Krystallfiguren erhaben sind. Noch sicherer und unzweifelhafter kann man dies in der
Weise nachweisen, daſs man die matte Tafel mit einem gefärbten Körper, am besten
Tusche, einreibt und dann mit Hollundermark oder Kork oberflächlich abreibt. Es
erscheinen dann unter dem Mikroskope sämmtliche zwischen den Krystallfiguren
liegende Theile gefärbt, diese selbst aber ungefärbt. Hieraus folgt, daſs sich durch
die Einwirkung des Alkalifluorides und der freien Fluſssäure auf das Glas
Kieselfluornatrium und Kieselfluorcalcium bilden, welche sich krystallinisch
ausscheiden und als Aetzgrund wirken, während die Zwischenräume durch die freie
Fluſssäure tief geätzt werden. Die Kieselsäure und das Calcium werden dabei dem
Glase, das Natrium gröſstentheils dem Aetzbade, kleineren Theiles ebenfalls dem
Glase entnommen. Es ist wohl selbstverständlich, daſs beim Mattätzen eines Kaliglases auch die tesseralen Krystalle des Kieselfluorkaliums erscheinen, und man könnte sogar,
wie leicht begreiflich, auf dieses Verhalten eine Methode
zur Erkennung von Kaligläsern gründen.
An der Hand dieser Beobachtungen kann nun auch die Beschaffenheit festgestellt
werden, welche das zum Mattiren dienende Bad haben
muſs, um bestimmte Wirkungen zu erzielen. Zunächst ist es klar, daſs das Matt um so
feiner und zarter ausfallen wird, je kleiner die Krystallätzungen sein werden und
umgekehrt. Die Krystalle und somit auch die Aetzungen fallen aber um so kleiner aus,
je rascher und aus je concentrirteren Lösungen sie sich bilden. Aus denselben
Gründen müssen diese Krystalle auch desto kleiner ausfallen, je schwerer löslich sie
in dem Bade sind. Man
erhält daher aus sehr concentrirten Bädern immer sehr feine Aetzungen. Weiter ist es
nicht gleichgültig, ob man das Aetzbad aus Kalium-, Natrium- oder
Ammoniumverbindungen zusammensetzt. Das Kieselfluorid des Kaliums ist am schwersten
löslich, das des Natriums etwas leichter und das des Ammoniums am leichtesten; daher
fallen die Aetzungen in Gegenwart von Kalisalzen am zartesten aus. Es ist nun aus
dem eben angeführten Verhalten auch ferner einleuchtend, daſs man bei Anwendung von
Ammoniumsalzen sehr concentrirte, am besten gesättigte Lösungen, bei Natriumsalzen
minder concentrirte und noch verdünntere bei Kaliumsalzen bereiten muſs. Da die
Wirkung des Bades eine um so raschere sein wird, je concentrirter dasselbe ist, so
folgt dann ferner, daſs das Aetzen bei Anwendung von Kaliumsalzen am langsamsten,
bei Verwendung von Ammoniumsalzen am schnellsten vor sich gehen muſs. In der That
findet man auch bei allen Schnellätzverfahren Fluorammonium in Anwendung und man
kann sich leicht überzeugen, daſs eine concentrirte, mit Fluſssäure angesäuerte
Lösung desselben in wenigen Secunden ein schönes Matt erzeugt. Der Zusatz
indifferenter Salze sowie die Gröſse des Säuregehaltes beeinflussen natürlich
gleichfalls die Löslichkeit der Kieselfluoride und damit auch die Gröſse der
Krystallisation sowie die Schnelligkeit ihrer Bildung. Im Allgemeinen wird man sagen
können, daſs Zusatz indifferenter Salze die Löslichkeit vermindert, Zusatz freier
Säure sie erhöht.
Fig. 2., Bd. 262, S. 325Maſsstab 250 : 1.Bei Anwendung von Kalium- oder Ammoniumverbindungen haben natürlich die
entstehenden Aetzungen andere Form als bei Verwendung von Natriumsalzen. Es treten
zwar, wenn man ein Natronglas ätzt, die hexagonalen Krystalle des
Kieselfluornatriums sowie des Kieselfluorcalciums auf; daneben finden sich aber auch
in groſser Menge die tesseralen Krystalle des Kieselfluorkaliums. Die Aetzungen
haben dann die Gestalt von Hexaedern oder Oktaedern oder Combinationen beider, oder
es sind von den Oktaedern nur die dreiseitigen Flächen in erhabener Aetzung
ausgebildet. Bei Anwendung von Ammoniumsalzen findet man Krystalle von der in Fig. 2 (b', c, d) abgebildeten Gestalt, welche offenbar mit denen
des Kieselfluorkaliums isomorph sind und dem Kieselfluorammonium angehören. In Fig. 2 sieht man bei b
zwei Krystalle von Natrium- und bei b' einen von
Ammonium-Silicofluorid. Bei d sind Krystalle
dargestellt, wie sie sehr häufig am Rande einer Aetzung mit Fluorammonium
entstehen.
Von besonderer Wichtigkeit für die Art der Mattätzung ist der Gehalt des Bades an Fluſssäure.
Stellt man eine matte Aetzung mit Hilfe eines stark saueren Bades her, so zeigt sich
auf der Glasplatte bei Betrachtung unter dem Mikroskope eine Aetzung, wie sie in
Fig. 2 bei bb'
dargestellt ist. Die zwischen den einzelnen Krystallätzungen befindlichen Furchen
sind sehr breit und in lauter muldenartige, vertiefte Felder getheilt. Diese
Erscheinung wird nur durch die freie Fluſssäure bewirkt, welche die vorhandenen
Furchen muldenartig ausweitet. Daſs dem so ist, kann man leicht sehen, wenn man eine
Glastafel, welche durch den Gebrauch fein geritzt ist, mit verdünnter wässeriger
Fluſssäure ätzt und dann unter dem Mikroskope betrachtet. Man sieht nun, daſs die
sämmtlichen eingekratzten Furchen in eine Kette von an einander gereihten
muldenartigen Vertiefungen verwandelt sind, welche genau dasselbe Ansehen haben wie
die Furchen bb' in Fig.
2. Da die Furchen dabei auch breiter werden, so erscheinen sie auch
deutlicher sichtbar und es kann auf diese Weise sogar mit wässeriger Fluſssäure eine
Art, wenn auch sehr schwacher, Mattätzung hervorgebracht werden. Da aber diese
Mulden wegen ihrer mehr abgerundeten Gestalt das Licht nicht so zerstreuen können
als scharfkantige Aetzungen, so muſs hierdurch das Matt viel zarter und
durchscheinender ausfallen.
Fig. 3., Bd. 262, S. 326Maſsstab 300 : 1.Hiermit ist zugleich auch eine Erklärung für das erwähnte, in der
Budapester Glasätzerei übliche Verfahren des Klarätzens matter Flächen gegeben. Die
Behandlung der Mattätzung mit verdünnter Fluſssäure bewirkt, daſs zunächst die
Furchen zwischen den Krystallen sich in der in Fig. 2
bei bb' dargestellten Weise muldenartig erweitern, bis
von der ursprünglichen Krystallätzung nichts mehr übrig ist als netzartig verbundene
Leisten, wie sie in Fig. 3 zu sehen sind. Durch
Einreiben der Aetzung mit Tusche kann man sich leicht überzeugen, daſs die in der
Figur sichtbaren polygonalen Felder Vertiefungen, die Streifen dagegen Erhöhungen
sind. Fig. 3 ist nach einer matten Glastafel
hergestellt, welche 5 mal klar geätzt wurde.
Zu den aus Alkalifluoriden bestehenden Aetzbädern gehören auch die sogen. Aetztinten, mit welchen man Schriftzüge in matter
Aetzung auf Glas erzeugen kann. Diese Tinten haben ganz ähnliche Zusammensetzung wie
die Mattbäder und erhalten nur noch einen Zusatz von Gummi oder gefälltem
Bariumsulfat. Beide Stoffe dienen als Verdickungsmittel; das Bariumsulfat allerdings
bewirkt auch noch
die Ausscheidung der Alkalisilicofluoride in sehr kleinen Krystallen, wodurch die
Aetzung matter ausfällt. In neuerer Zeit ist auch vorgeschlagen, Mattätzung dadurch
hervorzurufen, daſs man die trockenen Alkalifluoride
auf das Glas stäubt, welches vorher mit einem feucht bleibenden Klebemittel
bestrichen war, oder daſs man ein Gemisch des Klebemittels und der Fluoride auf das
Glas druckt (vgl. Nienstädt und O. Lenz D. R. P. Kl. 32 Nr. 15590 vom 22. Januar 1881). Die Alkalifluoride
sind sehr hykroskopisch und dadurch wird die Mattätzung ermöglicht, welche natürlich
ihre Entstehung auch in diesem Falle der Bildung von Krystallen verdankt. (Vgl. auch
Schulze-Berge 1885 258 *
156.)
Ueber die Mischungsverhältnisse der Bäder könnte man natürlich nur dann bestimmte
Angaben machen, wenn immer Glas von genau gleicher Zusammensetzung zur Aetzung
verwendet würde. Für Zwecke der Praxis genügt es aber, eine näherungsweise Formel
des Glases, z.B. R2Si3O7, worin R
ein einwerthiges Metall bedeutet, zu Grunde zu legen. Die Reaction erfolgt dann nach
folgender Gleichung:
R2Si3O7 + 4Fl2HNa + 10FlH = SiFl6R2 + 2SiFl6Na2 + 7H2O.
Hieraus ist ersichtlich, daſs zur völligen Ausnutzung des
Fluornatriums eine beträchtliche Menge freier Fluſssäure anwesend sein muſs. Da
diese Fluſssäure leicht schädlich wirken könnte, so ist es vortheilhafter, die Rolle
der Neutralisation der Basen auf eine andere Säure zu übertragen. Hierzu eignet sich
besonders die Essigsäure und zwar deshalb, weil sie die saueren Alkalifluoride nicht
zersetzt, somit aus denselben Fluſssäure nicht frei zu machen vermag. Der Vorgang
geht dann nach folgender Gleichung vor sich:
R2Si3O7 + 9Fl2HNa + 5C2H4O2 = SiFl6R2 + 2SiFl6Na2 + 5C2H3O2Na +
7H2O.
Man sieht, daſs bei diesem Verfahren niemals freie Fluſssäure
auftreten kann und obendrein die Löslichkeit des Kieselfluorides durch das
entstandene Natriumacetat vermindert wird. Aus letzterer Gleichung ergibt sich als
Verhältniſs von Natriumfluorid zu Essigsäure 93 zu 50 oder annähernd 9 : 5. Nimmt
man statt des saueren das neutrale Natriumfluorid, so erhält man das Verhältniſs 9 :
10, was nahezu der obigen zweiten Siegwart'schen
Vorschrift entspricht, welche 8 : 10 (40 : 50) fordert. Auf Grund der zweiten
Reaktionsgleichung würde man für ein Aetzbad folgende Zusammensetzung bekommen: 30
G.-Th. Fluſssäure (50 proc.), 17 Th. Natriumacetat und 9 Th. calcinirte oder 23,4
Th. krystallisirte Soda. Die Menge des zuzusetzenden Wassers müſste aber erst durch
Versuche ermittelt werden.
Das Mattätzen mit gasförmiger Fluſssäure liefert sehr
ungleichmäſsige Mattirungen und ist deshalb zur Herstellung matter Flächen ungeeignet und höchstens zum Einätzen von
Zeichnungen zu verwenden. Betrachtet man eine mit gasförmiger Fluſssäure geätzte
Fläche unter dem Mikroskope, so erhält man ein Bild wie in Fig. 4. Man sieht zunächst das Aetzbild eines kleinen hexagonalen
Krystalles von Kieselfluornatrium; diese Krystalle treten aber sehr spärlich auf.
Auſserdem unterscheidet man groſse Krystalle und Krystallaggregate, wie sie auch
Fig. 5 zeigt, welche von Kieselfluorcalcium
herrühren. Die Gröſse und Vertheilung dieser Krystalle ist eine sehr ungleiche. Die
zwischen den Krystallätzungen liegende Fläche bildet eine feinkörnige Grundmasse,
welche oft einzelne Stellen des Glases ausschlieſslich bedeckt und nur wenig
Krystallätzungen enthält. An anderen Stellen und zwar namentlich da, wo gröſsere
Krystallätzungen ausgebildet sind, ist die Grundfläche fast ganz glatt und enthält
nur eine Anzahl ziemlich weit aus einander stehender Grübchen. Diese Erscheinung
läſst sich nach Reinitzer durch die Annahme erklären,
daſs beim Beginne der Aetzung durch die Verdichtung von Wasser zahlreiche kleine
Tröpfchen entstehen, welche Fluorwasserstoffgas lösen und dadurch die Grübchen
einätzen. An anderen Stellen bilden sich gröſsere Tropfen, in denen sich die kleinen
Krystallaggregate bilden, welche die Körnelung des Grundes verursachen. Flieſsen die
Tropfen zu gröſseren feuchten Stellen zusammen, so ist die Möglichkeit der Bildung
gröſserer Krystalle gegeben. Auf diese Weise ist es zu verstehen, daſs die
Ungleichmäſsigkeit dieser Art von Mattätzung ihren Grund in einer sehr ungleichen
Entwickelung der Krystalle hat, wie dies der mikroskopische Befund zeigt.
Fig. 4., Bd. 262, S. 328
Maſsstab 300 : 1.
Fig. 5., Bd. 262, S. 328
Maſsstab 200 : 1.
Wenn man die Mattätzung durch Auftragen eines Gemisches von Fluſsspath und
Schwefelsäure vornimmt (vgl. 1856 141 237), so ist es
nach Reinitzer nothwendig, verdünnte Schwefelsäure (1 :
4) und eine Temperatur von 30 bis 40° anzuwenden, wenn schöne Aetzung erzielt werden will. Betrachtet man eine nach diesem
Verfahren hergestellte, gut gelungene, matte Glastafel unter dem Mikroskope, so
sieht man, daſs die Oberfläche derselben mit dicht neben einander stehenden, in und
durch einander greifenden, rundlich begrenzten, muldenartigen Grübchen besetzt ist, welche die
verschiedenste Tiefe haben und zwischen denen inselartig höher gelegene Theile von
sehr zerrissenen Umrissen liegen, deren Oberfläche selbst wieder von einzelnen
Vertiefungen unterbrochen ist. Ueber die Entstehung dieser Oberfläche kommt man erst
dann zu etwas bestimmteren Vorstellungen, wenn man Stellen betrachtet, an denen das
Matt noch nicht vollkommen entwickelt ist. Man erblickt dann fast stets Bilder, wie
ein solches in Fig. 6 dargestellt ist. Man sieht
zunächst gröſsere, inselartige, unregelmäſsig rundlich begrenzte Erhöhungen, welche
von ein oder zwei Furchen umzogen sind. Es ist leicht einzusehen, daſs diese Flecke
jene Stellen sind, wo je ein gröſseres Stückchen Fluſsspath lag. Durch die
Einwirkung der Schwefelsäure wurde im Umkreise desselben Fluſssäure gebildet und
diese erzeugte die um dasselbe herumlaufende Furche. Als das Stück durch den Angriff
der Schwefelsäure kleiner geworden war, konnte sich noch eine zweite Furche bilden,
oder es entstanden Grübchen oder eine Mulde. Die zwischen diesen rundlichen Figuren
vorhandene Fläche ist von zahlreichen kleinen, unregelmäſsig netzförmig verbundenen
Furchen durchzogen, welche offenbar genau in der eben geschilderten Weise entstanden
sind, nur daſs hierbei sehr kleine Bruchstückchen von Fluſsspath thätig waren. Daſs
bei diesem Verfahren keine Krystallätzungen entstehen, erklärt sich aus dem hohen
Säuregehalte des Aetzgemisches. Auch das Aussehen der fertigen Aetzung ist nicht
schwer zu erklären. Es bildet sich allmählich eine gleichmäſsige Lösung von
Fluſssäure, welche die Furchen in der schon früher beschriebenen Weise ausätzt,
wodurch dieselben immer näher an einander rücken, bis sie endlich zusammentreffen.
An Stelle der gröſseren Fluſsspathstückchen scheidet sich wahrscheinlich
feinpulveriger Gyps ab, wodurch die oben erwähnten inselartigen Erhöhungen
entstehen.
Fig. 6., Bd. 262, S. 329
Maſsstab 450 : 1.
Zum Schlüsse hebt Reinitzer noch hervor, daſs die
besprochenen (chemischen) Mattätzungen auf mikroskopischem Wege sich leicht von
(mechanischen) Mattirungen mit dem Sandstrahle oder durch Schleifen unterscheiden
lassen, da auf letztere Weise mattirtes Glas unter dem Mikroskope unzählige
Bruchflächen von sehr verschiedener Richtung und Gröſse aufweist, welche alle den
charakteristischen muscheligen Bruch erkennen lassen.