Titel: | Ueber Jul. Cardon's Maschine zur Isolirung von Gespinnstfasern; von Prof. Hugo Fischer. |
Autor: | Hugo Fischer |
Fundstelle: | Band 260, Jahrgang 1886, S. 385 |
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Ueber Jul. Cardon's Maschine zur Isolirung von
Gespinnstfasern; von Prof. Hugo
Fischer.
Mit Abbildungen auf Tafel
25.
H. Fischer, über Cardon's Maschine zur Isolirung von
Gespinnstfasern.
Das bei der Abscheidung der spinnbaren Bastfasern aus den durch Rösten und Darren
vorbereiteten Stengeln des Leines, Hanfes, der Jute, Nessel u.s.w. bisher übliche
Arbeitsverfahren zerfällt bekanntlich in drei Theile: das Brechen, Schwingen und
Hecheln. Die Brech- und Hechelmaschinen besitzen bereits seit längerer Zeit eine
solche Vollkommenheit der Einrichtung, daſs sie einen völlig maschinellen Betrieb
gestatten. Die Bauart der zum Schwingen der gebrochenen Stengel gegenwärtig
verwendeten Maschinen ist dagegen noch insofern unvollkommen, als dieselben das
Festhalten des Materials, während seiner Bearbeitung durch die Schwingflügel, durch
einen Arbeiter erfordern. Da dieselben ferner in Bezug auf Leistungsfähigkeit der
Brech- und Hechelmaschine nachstehen, so bieten sich der Vereinigung der drei
Maschinen zu einem Ganzen derartige Schwierigkeiten dar, daſs auch die maschinelle
Fasergewinnung, ebenso wie die durch Handarbeit bewirkte, in drei getrennt von
einander ausgeführte Einzelarbeiten bislang; zerfiel.
Seit über Jahresfrist ist nun eine Maschine bekannt geworden (vgl. * D. R. P. Kl. 76
Nr. 32173 vom 17. Februar 1885), welche diesem unter gewissen Verhältnissen als
Mangel zu bezeichnenden Umstände abzuhelfen bestimmt ist und nach dem Wortlaute des
der Patentbeschreibung beigefügten Patentanspruches dazu dienen soll, die in
Wanderkluppen eingespannten Stengel nicht allein zu brechen, zu schwingen und zu
hecheln, sondern auch vor dem Schwingen zwischen Nadelplatten, welche flach gegen
einander schlagen, durch Ausstechen von den holzigen Theilen zu befreien. Der
Erfinder dieser Maschine ist Jul. Cardon in Lille (Frankreich).
Wenn bisher von einer Besprechung der neuen Maschine in diesem Journal abgesehen
wurde, so war dies nicht zum Mindesten in dem Umstände begründet, daſs längere Zeit
hindurch zwar viel Lobeserhebungen über die Maschine in verschiedenen in- und
ausländischen Fachzeitschriften erklangen, nicht aber wirklich erzielte
Arbeitsergebnisse zur Mittheilung gelangten, welche die Leistungsfähigkeit der
Maschine als zweifellos erkennen lieſsen. Jetzt wo dies in einer auch in anderer
Beziehung sehr beachtenswerthen, mit groſser Fachkenntniſs abgefaſsten Arbeit des
Hrn. Professor E. Pfuhl in Riga über „Fortschritte in der Flachsgewinnung“Vgl. Riga'sche Industrie-Zeitung, 1886 Nr. 1 bis
6: auch Sonderabdruck (Verlag von N. Kymmel in
Riga 1886). geschehen, sei daher auch an dieser Stelle dem Baue
und der Wirkungsweise der Cardon'schen Maschine eine
nähere Besprechung gewidmet.
Den in dieser Schrift mitgetheilten, hier zur Erleichterung der Beurtheilung des
Werthes der neuen Maschine auszugsweise wiedergegebenen Zahlen liegt eine Cardon'sche Maschine zu Grunde, wie sie gegenwärtig von
A. Dujardin in Lille und Combe und Barbour in Belfast (Irland) insbesondere für die Gewinnung von
Schwingflachs gebaut wird. Derselben fehlt die
Hechelabtheilung. An die Stelle, der Brechabtheilung sind vier Nadelplattenpaare von
je 300mm Breite und 310mm Höhe gesetzt, welche Hechelfeldern ähnlich mit
etwa 83mm langen Nadeln besetzt sind und in der
Minute etwa 230 mal gegen einander schlagen. Die Nummern der Nadeln nach der
englischen Drahtlehre beginnen mit Nr. 12 und steigen bis Nr. 15 aufwärts. Die
Gleitbahn für die 305mm langen, 114mm hohen Kluppen liegt fest; die Risten werden
daher nicht auf- und abwärts, sondern nur in wagerechter Richtung zwischen den
Stechfeldern und den beiden Schwingtrommeln hindurchgeführt. Eine solche Maschine
liefert in 10 Stunden 140 bis 160k geschwungenen
Flachs. Die Enden der Risten sind vollkommen gerade, der Bast zum Theile zerlegt und
der Flachs so rein, daſs sich beim späteren Hecheln nur ein sehr geringer Abfall von
1 bis 2 Proc. ergibt. Die Maschine bedarf 1 bis 1e,5 zum Betriebe, zur Bedienung 3 bis 4 Jungen und zur Aufstellung eine
Grundfläche von 1m,7 Breite und 4m,6 Länge. Der Preis der einfachen Maschine ohne
Hechelei stellt sich z. Z. auf 400, mit der Hechelmaschine auf 500 Pfund
Sterling.
Ein Faserabfall in der Stechereiabtheilung ist nicht
vorhanden; in der Schwingerei, d.h. bei der Bearbeitung der ausgestochenen Risten
durch die Schwingtrommeln, ergeben sich etwa 2 bis 5 Procent vom gerösteten Flachs
Wergfasern. Irischer Rösteflachs, welcher bei der gewöhnlichen Behandlung, je nach
der aufgewendeten Sorgfalt, 14 bis 17,75, im Mittel 15,87 Proc. geschwungenen Flachs
ergibt, liefert auf der Cardon'schen Maschine
bearbeitet 25,2 bis 25,5 oder im Mittel 25,35 Proc. geschwungenen und zwar besser
und reiner geschwungenen Flachs. Im Mittel ergaben sich also auf dieser Maschine an
Schwingflachs mehr 25,35 – 15,87 = 9,48 Procent vom gerösteten Flachse, d. s. (9,48
× 100) : 15,87 = 59,7 Proc. mehr Schwingflachs, bezogen auf die auf gewöhnlichem
Wege erhaltene Menge.
Eine Probe russischer (livländischer) Röstflachs ergab in Lille auf der mit der
Hechelmaschine combinirten Cardon'schen Maschine 17
Proc. gehechelten Flachs und 5,6 Proc. Heede, im Ganzen 22,6 Proc. Fasern überhaupt.
Derselbe Röstflachs, mit der Hand bearbeitet, lieferte im Mittel 10,5 Proc.
Hechelflachs und 8,4 Proc. Hechelheede oder 18,9 Proc. Faser überhaupt. Die
Mehrausbeute an Hechelflachs betrug also im Durchschnitte 6,5 Proc., an Faser
überhaupt 3,7 Proc., bezogen auf den Röstflachs; dies sind, bezogen auf das durch
Handarbeit erhaltene Ergebniſs, (6,5 × 100) : 10,5, fast 62 Proc. mehr Hechelflachs
oder fast 19 Proc. mehr Faser überhaupt. Der Cardon'sche Schwingflachs ergibt durchschnittlich wesentlich bessere Hechelergebnisse als
gewöhnlicher Schwingflachs, bei höchstens 1 bis 2 Proc. Hechelverlust. Hierin liegt
ein weiterer erheblicher Vortheil, welcher zu Gunsten des ersteren spricht.
Nach diesen Arbeitserfolgen zu urtheilen, liegt der Vorzug der Cardon'schen Maschine vor den bislang benutzten
Einzelmaschinen nicht allein in der Möglichkeit einer stetigen Arbeitsführung,
sondern vorzugsweise auch einerseits in der Gewinnung einer gröſseren Fasermenge aus
der Gewichtseinheit Stengelmaterial überhaupt, andererseits aber in vortheilhafterer
Abscheidung der Fasern selbst. Denn wie die Versuche mit dem russischen Flachs
zeigen, wird die Ausbeute an Langflachs, als dem höher werthigen Materiale,
wesentlich erhöht, der Heedeabfall dagegen in zwar kleinerem, aber immerhin
bemerkenswerth günstigem Verhältnisse vermindert. Es muſs daher anderweiten
Mittheilungen von Versuchsergebnissen mit groſsem Interesse entgegen gesehen werden.
Sollten dieselben die bereits erlangten Erfolge auch für andere Verhältnisse,
namentlich auch für andere Spinnpflanzen, bestätigen, so würde in der That durch die
Erfindung Cardon's der Gespinnstfasergewinnung eine
sehr wichtige Neuerung dargeboten sein.
Diese günstige Leistung der Cardon'schen Maschine
gegenüber dem älteren Arbeitsverfahren ist in erster Linie der Einführung des neuen
Verfahrens, das der Erfinder das Ausstechen der Schabe
nennt, zu danken. Durch dasselbe werden die Fasern nicht allein in viel höherem
Maſse geschont, als dies bei der Bearbeitung auf der alten Brech- und
Schwingmaschine möglich ist; dieselben werden auch in sehr günstiger Weise für das
Hecheln vorbereitet, da bereits während des Ausstechens eine theilweise Vereinzelung
der Bastfasern des Stengels bewirkt wird, so daſs die Hechelarbeit abgekürzt werden
kann und der Abfall an Hechelheede geringer wird.
Die ältere Cardon'sche Maschine, wie sie in der
deutschen Patentschrift dargestellt ist, besaſs noch eine Abtheilung für das Brechen
der Stengel und die hierzu benutzten Werkzeuge waren paarweise angeordnete, aufrecht
stehende, ebene, in wagerechter Richtung gerippte Platten, wie sie Fig. 1 Taf. 25 zeigt,
welche gegen einander schlagen; oder es waren gerippte, um ihre geometrische Achse
schwingende Cylinder oder Cylinderstücke (Fig. 2), deren Rippen wie
Radverzahnungen in einander greifen. Bei den neueren Maschinen fehlt diese
Brechabtheilung und das der Maschine in Form von Risten, welche ebenso wie bei den
Hechelmaschinen in Wanderkluppen gespannt sind, zugeführte Material wird sofort beim
Eintritte in die Maschine dem Ausstechen
unterworfen.
Die hierzu verwendeten Werkzeuge sind mit Nadeln besetzte, ebene Platten, welche in
ihrer Erscheinung Hechelfeldern gleichen. Die Nadeln sind, je nach der Art des zu
bearbeitenden Rohmaterials, cylindrische, prismatische oder schlank kegelförmige
Stahldrähte, deren freie Enden entweder normal zur Nadelachse abgeschnitten (Fig. 8),
schneidenförmig (Fig. 9) oder mehr oder weniger schlank kegelförmig (Fig. 10 und 11) zugespitzt
sind; sie werden, wie Fig. 4 ersehen läſst,
reihenweise so auf den Platten vertheilt, daſs je eine Nadel der einen Reihe dem
Zwischenräume zweier Nadeln der Nachbarreihen derart gegenüber steht, daſs die
Spitzen von vier benachbarten Nadeln die Ecken eines Rhombus bilden. Diese Reihen
liegen entweder parallel zur Bewegungsrichtung der Wanderkluppen, oder sind, wie
dies Fig. 4
zeigt, unter einem spitzen Winkel derart gegen diese geneigt, daſs die letzte Nadel
einer Reihe mit der Anfangsnadel der folgenden Reihe auf gleicher Höhe liegt. Diese
letztere Anordnung gewährt den Vortheil, daſs bei wagerechtem Fortschreiten der
Wanderkluppen alle Theile eines Stengels der Einwirkung
der Nadeln ausgesetzt werden. Im ersten Falle dagegen setzt die gleichförmige
Bearbeitung aller Stengeltheile ein abwechselndes Heben
und Senken der Kluppenbahn voraus, da sonst nur ein streifenweises Einstechen der
Nadeln stattlinden würde. Wie schon hieraus hervorgeht, sind diese Nadelplatten
lothrecht stehend in der Maschine angeordnet; sie sind stets paarweise vorhanden und
stehen einander so gegenüber, daſs ihre Nadelspitzen gegen einander gerichtet sind
und daſs eine Nadel der einen Platte immer in die Mitte des von vier benachbarten
Nadeln der Gegenplatte bestimmten Rhombus eintritt.
Zwischen diesen Nadelfeldern und parallel zu denselben sind, wie Fig. 3 und 4 ersehen läſst, zwei
Röster r1, r2 angeordnet, zwischen
welche die von einer Kluppe gehaltene, zu bearbeitende Riste herabhängt. Die
Roststäbe liegen den Nadelreihen parallel, so daſs, wenn die Platten gegen einander
bewegt werden, die Nadeln derselben die Rostspalten durchdringen. Indem hierbei die
Nadeln in die frei herabhängenden Pflanzenstengel eindringen, sind diese theils
durch die Nadeln des Gegenfeldes, theils durch die Roststäbe am Ausweichen
gehindert, so daſs sie sicher von den spitzen Nadeln erfaſst, zurückgedrängt bezieh.
durchbohrt werden. Hierbei werden die einen festen Zusammenhang besitzenden Holz-
und Rindentheile gebrochen und auf den kegelförmig gestalteten Nadelspitzen
festgespieſst. Während nun die Bastfasern, deren gegenseitiger Zusammenhang durch
das vorangegangene Rösten bereits gelockert ist, den zwischen sie dringenden Nadeln
leicht ausweichen und daher auch dem Zurückziehen dieser nur geringen Widerstand
entgegensetzen, haften die durchstoſsenen Schäbentheile an den Nadeln durch Reibung,
folgen diesen beim Zurückgehen und werden von den, in Folge der vielfachen Stützung
durch die über einander liegenden Nadelreihen zurück gehaltenen, Bastfaserbündeln
abgelöst und schlieſslich, durch die Roste zurück gehalten, von den Nadeln
abgestreift. Rasch auf einander folgende Wiederholung des Einstechens und
Zurückziehens der Nadeln, sowie die Anwendung einer Reihe von Nadelfeldern mit
allmählich zunehmender Feinheit und Dichte des Besatzes ermöglichen die vollständige
Entfernung der holzigen
Theile, ohne daſs die Faser mehr als bei dem Hecheln geschädigt wird, oder ein so
bedeutender Faserabfall wie bei dem Schwingen eintritt.
Da das Abstreifen der ausgestochenen Schaben von den Nadeln um so sicherer erfolgen
muſs, je dichter die Roststäbe die Nadelreihen einschlieſsen, so erscheint eine
geringe Spaltweite des Rostes günstig. Bei der Wahl derselben ist jedoch nicht
auſser Betracht zu lassen, daſs die Verminderung der Spaltweite sehr leicht zur
Berührung der Nadeln mit den Stäben und bei der raschen Schwingung der Nadelfelder
daher zu beträchtlicher Vergröſserung der Reibungsarbeit und Abnutzung der sich
berührenden Theile führen muſs. Diesem vorzubeugen, werden die Spalten an der
Arbeitsfläche des Rostes nicht nur beträchtlich weiter gewählt, als für den
Durchtritt der Nadeln erforderlich sein würde, sondern sie werden auch nach
rückwärts erweitert, so daſs die Nadeln auch dann, wenn sie beim Rückwärtsschwingen
der Platten aus dem Roste ausgetreten sein sollten, wieder sicher in die Spalten
gelangen und etwa in die Spalten gezogene Schäbentheile leichter aus denselben
entfernt werden. Die Figuren 3, 5 und 6 zeigen drei
verschiedene, von Cardon angewendete Querschnittsformen
der Roststäbe. In Fig. 7 ist eine andere Bauart des Rostes dargestellt, welche ein
vollständig sicheres Abstreifen der Schaben von den Nadeln bezweckt. Die den Nadeln
zugewendeten Seitenflächen der Roststäbe tragen hier reihenweise angeordnete
Drahtbürsten oder in Nuthen eingelegte Filzstreifen, welche die Nadeln berührend,
die Spalten nach rückwärts völlig abschlieſsen. An den Nadeln haftende Schaben
können daher beim Rückgange der Platten zwar in die Spalten des Rostes eingezogen
werden, sind aber am Durchschlüpfen verhindert und werden von den wieder vorgehenden
Nadeln nach der Arbeitseite des Rostes hin ausgeschoben.
Nach Beendigung des Ausstechens und vor dem Beginne des Hechelns, das von der bisher
auf Hechelmaschinen ausgeübten Arbeit nicht abweicht, werden Schäbentheile, welche
in Folge geringer Gröſse nicht von den Nadeln erfaſst und entfernt wurden und lose
an den Bastfasern haften, durch eine Art Schwingprozeſs abgeschieden. Hierzu dienen
Schlagleisten von der in Fig. 12 skizzirten
Gestalt. Dieselben sind zu je sechs Stück auf dem Umfange zweier cylindrischer
Geripptrommeln derart angeordnet, daſs ihre gewellte Arbeitskante parallel zur
Trommelachse liegt und bei der Drehung der Trommeln an der von der Kluppe
dargebotenen Riste entlang streicht. Die nähere Einrichtung und Anordnung dieser
Schwingtrommeln geht aus der in Fig. 13 bis 18 Taf. 25
dargestellten Gesammtanordnung der Cardon'schen
Maschine hervor.
Die Maschine zerfällt in drei Abtheilungen: die Ausstecherei
A, die Schwingerei S, die Hechelei H. Die Abtheilung A enthält vier Nadelplattenpaare n1 bis n4 mit allmählich feiner werdendem Nadelbesatze; die
einzelnen Platten sind mittels Stangen a pendelartig an
den Wellen b1, b2
(Fig. 13 und 14) aufgehängt
und werden durch Kröpfungen c zweier Wellen d1, d2 und Lenkstangen e hin- und hergeschwenkt. Die Träger f stützen die Rostpaare (Fig. 14). Oberhalb der
Platten, zwischen den Gehängen a, liegt die Kluppenbahn
B1, in welche die
mit den Stengelristen gefüllten Kluppen bei g1 eingeschoben werden. Eine über den Kettenscheiben
g1, g2 laufende endlose
Gliederkette erfaſst diese Kluppen mittels Nasen und schiebt sie in steter Folge der
Bahn entlang, so daſs die herab hängenden Risten die Nadelplattenpaare durchlaufen.
In dem zwischen den Platten n2 und n3
ausgesparten Zwischenräume kann zweckmäſsig eine Art Hechelkette mit starken Zähnen
oder Streifschienen eingeschaltet werden, welche die Entfernung der abgelösten, aber
an den Bastfasern hängenden Schäbentheile fördert und die Stengel oder Fasern selbst
wieder in die erforderliche lothrechte Lage bringt. Die Figuren 15 und 16 zeigen die
Anordnung und Arbeitsweise eines solchen Hechelkettenpaares. Der Betrieb erfolgt von
den Krummachsen d1, d2 durch Vermittelung
der Zahnräder h1 bis
h3. Eine
gleichartig eingerichtete Hechelkette kann mit Vortheil auch nach dem vierten
Stechplattenpaare eingeschaltet werden.
Nach erfolgtem Schäbeausstechen werden die an das Ende g2 der Kluppenbahn B1 gelangten Kluppen von dem hin und her
schwingenden Kluppentreiber t1 auf eine zweite Kluppenbahn B2 übergeschoben und hier anfangs in steter Folge,
dann aber durch einen zweiten Kluppentreiber t2 paarweise angeordnet weiter geführt. Zur
Bewegung der Kluppentreiber dienen unrunde Scheiben s1, s2 (Fig. 13 und 18), Hebel i1, i2, Zugstangen l1, l2, Winkelhebel m1, m2 und Zugstangen o1, o2. Die Gewichte k, welche die Winkelhebel belasten, bewirken den
Kluppenschub. Die Kluppenbahn ist mittels Riemen an zwei auf der Welle p befestigten Scheiben q1, q2 aufgehängt und ihr Gewicht wird durch die
Gegengewichte r1, r2 so weit
ausgeglichen, daſs der verbleibende Ueberschuſs zur Senkung der Bahn genügt. Die
Hebung bewirkt der Hebel i2, wenn er durch die unrunde Scheibe s2 herabgedrückt wird, da ein Riemen diesen Hebel mit
der ebenfalls auf der Welle p steckenden Scheibe q3 verbindet, wie dies
aus Fig. 13
und 18 zu
ersehen ist.
Während des langsamen Auf- und Absteigens der Kluppenbahn B2 werden die Risten erst den
Schwingtrommeln T1, T2 (Fig. 13 und 17), dann den
Hechelfeldern H1, H2 (Fig. 13 und 18)
dargeboten. Die Achsen der aus je drei Armkreuzen und sechs der oben erwähnten
Schwingschienen (Fig. 12) zusammengesetzten Trommeln sind in einem solchen Abstande von
einander gelagert, daſs die Armkreuze zahnradartig in einander greifen. Die Wellung
der Schienen ist an der Eintrittstelle der Risten flach, an dem anderen Ende tief,
so daſs die durch die Wellung entstehenden Zähne in dem Maſse tiefer in die Riste
eingreifen, als die Reinigung derselben erfolgt. Hierdurch ist die Beanspruchung des
Ristenmaterials eine nur mäſsige. Die Arbeitsverrichtung dieser Schwingtrommeln, d.h. die
Einwirkung der Schlagschienen auf die Fasern, entspricht ganz derjenigen, welche bei
der Handarbeit und bei den bisher bekannten Schwingmaschinen zu beobachten ist. Die
Gestaltung der einzelnen Trommel kommt der von F. W.
KaselowskyVgl. 1867 186 * 291. 1873 210 * 87. für Schwingmaschinen angewendeten nahe.
Während aber bei dieser Maschine die Zuführung des Fasermaterials und das Halten
desselben während des Schwingens durch einen Arbeiter erfolgen muſs, gestattet die
von Cardon benutzte paarweise Anordnung der
Schwingtrommeln die Arbeitsführung ohne jeglichen Eingriff der Menschenhand.
In dieser Bauart der Schwingmaschine liegt neben der Einführung des Ausstechens der
holzigen Stengeltheile das zweite groſse Verdienst Cardon's, da durch dieselbe nicht allein eine gröſsere Schonung der Fasern
erzielt, sondern der Bau einer Maschine ermöglicht wird, auf welcher aus den
Rohstengeln in unmittelbarer Folge der einzelnen Arbeiten der für die Verspinnung
geeignete Faserstoff abgeschieden werden kann.
Betrachtet man den Arbeitsvorgang näher, so ergibt sich, daſs derselbe der schon
längst bekannte geblieben und daſs nur die bisher angewandte, zur Stützung der Riste
dienende Schiene, die meist fest liegend, nur bei Kaselowsky federnd angeordnet ist, hier durch die Schlagleisten der
Trommel selbst ersetzt wird. In der in Fig. 17 dargestellten
Lage der Schwingtrommeln ist die Schiene des Armes α in
der Nähe der Kluppe von rechts an das Fasermaterial herangetreten und hindert
dasselbe, der voraneilenden Schiene β der zweiten
Trommel nach rechts zu folgen, α bildet daher die
Stützschiene, β die Schwinge. Bei dem Umlaufe der
Trommeln in der eingezeichneten Pfeilrichtung schreiten beide Schienen vorwärts,
erstere die Stützung der Riste erhaltend und gleichzeitig abstreifend wirkend,
letztere nur abstreifend und alle Schäbentheile nach dem Ristenende hin schiebend.
Ist hierbei endlich die Schiene γ der Trommel T1 von links an die
Riste herangetreten und hat dieselbe daher die Stützung dieser gegen Linksausbiegung
übernommen, so wechselt die Schlagschiene α ihre
Thätigkeit, indem sie jetzt, wie vorhin die Schiene β,
nur die Schaben abstreift und die Riste von γ
unterstützt gehalten wird. Die Schwingschienen der beiden Trommeln wirken daher
abwechselnd stützend und „schwingend“; an die Stelle der festen Stützschiene
der älteren Schwingmaschine ist eine wandelnde getreten und indem die einzelnen
Schienen zu Folge des Trommelumlaufes sich stetig folgen, ist die völlig mechanische
Ausführung des Schwingprozesses in überraschend einfacher Weise gelöst. Für
feinfaserige Materialien, welche durch die schabende Wirkung der gezahnten
Schwingschienen stark leiden würden, bringt Cardon
Schienen mit feinem Nadelbesatze zur Anwendung, wodurch die Schwingarbeit zu einem
Auskämmen der Riste wird.
Die geschwungenen Fasern gelangen schlieſslich in die Hechelabtheilung 17, welche
gegenüber bekannten Einrichtungen etwas Neues nicht bietet, und verlassen sodann bei
Z (Fig. 13) die Kluppenbahn
B2 und damit die
Maschine. Nach erfolgtem Umspannen der Risten werden dieselben entweder der Maschine
abermals übergeben, oder in eine zweite Maschine eingeführt, welche an der
Längsseite der ersten aufgestellt ist, um die noch nicht von Schabe befreiten Theile
zu bearbeiten.
Die Antriebwelle u der Cardon'schen Maschine liegt seitlich neben der Schwingabtheilung; sie
trägt eine Los- und eine Festscheibe (v1, v2). Den Betrieb der Kurbelwellen d1, d2 für die Ausstecherei
vermitteln die aus Fig. 13 und 17 zu ersehenden
Zahnradgetriebe 1 bis 6.
Räder 7 bis 9 übertragen
die Bewegung auf die Schwingtrommeln T1, T2. Von der Antriebwelle u aus wird die Bewegung ferner durch Satzräder 10 bis 13 (vgl. Fig. 13 und 18) der Welle
w mitgetheilt, welche parallel zur Hechelabtheilung
liegt und die rechtsseitige Gestellwand der Maschine durchragt. Ein Triebrad 14, Uebertrager 15 und die
beiden in Eingriff stehenden Zahnräder 16 und 17 der unteren Hechelkettenwellen setzen die
Hechelketten in Umlauf, während von dem Trieb 18 der
Welle w aus, durch Vermittelung der Räder 19 bis 22, die unrunden
Scheiben s1, s2 für die Kluppen- und
Bahnbewegung in Drehung versetzt werden. Die Bewegung der Transportkette der
Kluppenbahn B1 endlich
wird vom Rade 22 abgeleitet und durch Vermittelung der
Räder 23 und 24, der neben
der Hechel- und Schwingabtheilung nach der Ausstecherei hinlaufenden Welle x, der stehenden Welle y
(Fig. 17)
und dem Kegelradgetriebe 23 auf die Kettenscheibe g2 (Fig. 13) übertragen. Um
die Geschwindigkeit der Werkzeuge bei der Bearbeitung verschiedener Faserstoffe
immer dem vortheilhaften Verlaufe der Arbeitsleistung anpassen zu können, werden die
Räder 1 und 7 sowie
Getriebe 14 und 18
ausgewechselt.
Um das sich als so zweckmäſsig erwiesene Arbeitsverfahren, das Schäbeausstechen, auch
für kleinere Betriebe nutzbar zu machen und dadurch auch in diesen das den Fasern
mehr oder weniger schädliche Brechen der Stengel zu verdrängen, hat Cardon auch eine kleine, für den Handbetrieb bestimmte Maschine angegeben, deren
Einrichtung und Wirkung unter Berücksichtigung des Angeführten leicht aus Fig. 19 und
20
verstanden werden wird. Die Nadelplatten und Roste liegen hier wagerecht. Die untere
Platte a ist auf einem Bocke befestigt, die obere b kann mittels eines Hebels c zwischen den Leitsäulen d1, d2 lothrecht auf und ab bewegt werden. An dem Träger
der Platte b ist auch der untere Rost r, befestigt, so daſs er der Bewegung dieser Platte
folgt, während der obere Rost r2 mit den Säulen d1, d2 verbunden, also dauernd festgehalten ist,
Bei der Hebung der oberen Nadelplatte b steigt daher
der untere Rost über die Spitzen der unteren Nadeln empor, so daſs die an diesen
hängenden Schaben abgestreift werden, während die Schaben der oberen Nadeln in Folge des Durchziehens
dieser durch die Spalten des oberen Rostes von letzteren zurückgehalten werden.
Gleichzeitig bietet der über die unteren Nadeln erhobene Rost r1 eine gute Stützung
der von dem Arbeiter geführten Stengelriste.
Gewiſs verdient auch diese Handmaschine volle Beachtung, da ihre Bedienung ebenso
einfach wie die der gewöhnlichen Breche ist und die mit ihrer Hilfe gewonnenen
Fasern ebenso geschont werden wie die auf der groſsen Maschine bearbeiteten.