Titel: | Ueber die Leuchtkraft von Erdöl; von Roman Zaloziecki. |
Autor: | Roman Zaloziecki |
Fundstelle: | Band 260, Jahrgang 1886, S. 128 |
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Ueber die Leuchtkraft von Erdöl; von Roman Zaloziecki.
Assistent an der k. k. technischen Hochschule in
Lemberg.
Zaloziecki, über die Leuchtkraft von Erdöl.
Bei Gewinnung des Leuchtöles aus Rohöl trachtet man durch den Destillationsproceſs
die gröſstmöglichste Menge Oele als Brennpetroleum, welches im Preise am höchsten
steht, abzuscheiden, und erreicht den Zweck dadurch, daſs man sowohl leichte,
niedrig siedende Oele, als auch schwere, minderwerthige mitgehen läſst. Ganz
besonders wird dieses Verfahren bei von Natur aus armen Oelen angewendet, um die
Destillationskosten, welche von der Menge des zu verarbeitenden Rohöles abhängig
sind, mit der Erzeugung in Einklang zu bringen. So kommt es, daſs man im Handel
Marken antrifft, welche selbst bescheidenen Anforderungen nicht genügen können,
deren Feuergefährlichkeit durch den bedeutenden Gehalt an Essenzen gesteigert und
deren Güte als Leuchtmaterial durch allzu groſse Mengen schwerer Oele herabgesetzt
wird.
Die Feuergefährlichkeit der Erdöle ist schon oft Gegenstand von umfassenden
Untersuchungen gewesen- dagegen wurde wenig über den Einfluſs der verschiedenen Oele
auf die Leuchtkraft und über das Verhalten derselben während des Brennprozesses
mitgetheilt. Ich habe mich deshalb veranlagst gesehen, auch in dieser Beziehung
einige vergleichende
Versuche anzustellen, und glaube, daſs es nicht ohne Interesse sein wird, die
Ergebnisse im Nachfolgenden zusammenzustellen und im Anschlusse daran auf Grund
meiner Erfahrungen den Vorgang selbst und das Verhalten der Oele beim Leuchten zu
erläutern und so über die Ursache der Leuchtkraft der Lampenflamme Aufklärung zu
verschaffen. Meine Versuche erstrecken sich zwar nur über eine Sorte Erdöl; es können jedoch in Folge der Analogie, welche alle
Erdöle unter sich aufweisen, ganz allgemeine Schlüsse gezogen werden. Ich berufe
mich auf die allbekannte Thatsache, daſs alle Erdöle Mischungen homologer Reihen
gesättigter und ungesättigter Kohlenwasserstoffe von verschiedenen Siedepunkten
sind, daſs ferner die specifischen Gewichte mit den Siedetemperaturen im Allgemeinen
eine Steigerung aufweisen und daſs alle Oele oberhalb einer gewissen Temperatur bei
der Destillation theilweise zersetzt und verschiedene brenzliche und harzige
Produkte gebildet werden.
Das von mir untersuchte Rohöl stammte aus Lipinki in Westgalizien, war dunkel gefärbt
und hatte 0,8981 sp. G. bei 20°. Durch wiederholte Destillation aus einem kleinen
schmiedeisernen Kessel habe ich die Ausbeute an leichten Oelen mit 18,5 Proc., an
Leuchtpetroleum mit 30 Proc. zu verzeichnen und es verblieb durchschnittlich 51,5
Proc. an Rückstand. Im Folgenden habe ich die Lichtstärke des rohen sowie des
gereinigten Brennöles bestimmt; dann fractionirte ich das gereinigte Erdöl und
ermittelte die Lichtstärke eines jeden Antheiles. Weiters unterzog ich die oberhalb
200° siedenden Fractionen einer abermaligen Reinigung, da die Farbe auf eine
stattgefundene Zersetzung beim Destilliren schlieſsen lieſs, untersuchte dieselben
auf Lichtstärke und stellte endlich gleichvolumige Mischungen aus den einzelnen
Antheilen in derselben Absicht dar. Auſserdem habe ich mit dem Photometer das
Verhalten des Erdöles nach bestimmten Brennzeiten studirt und dabei jedesmal die
specifischen Gewichte bestimmt. Die mit einem Bunsen'schen Photometer durchgeführten Bestimmungen nahm ich in derselben
Lampe, mit der gleichen Oelmenge und derselben Dochtgattung, von welcher jedesmal
ein frisches trockenes Stück von gleicher Länge zur Anwendung kam, vor und war
berechtigt, die erhaltenen Ergebnisse, welche alle auf eine Kerze bezogen sind, bei
der Vergleichung als absolute Gröſsen zu betrachten. Alle Zahlen sind als Mittel
mehrerer Versuche anzusehen.
In der Uebersicht I sind die Versuchszahlen mit dem rohen und gereinigten Erdöl
aufgenommen:
Tabelle I.
Gattung
Spec. Gew.bei 20°
Lichtstärke
Verbrauchin 1 Min.
Verbrauch für1 Lichtst. u. 1 Min.
Rohes Erdöl
0,81659
4
287,5mg
71,87mg
Gereinigt. Erdöl
0,812836
7,6
308,3
40,58
Das gereinigte und über Chlorcalcium getrocknete Erdöl habe ich nach Angabe Biel's (1879 232 354)
fractionirt mit dem Unterschiede, daſs ich bis 150° die leichten Oele, von 270 bis
300° die schweren Oele vereinigt habe. Ich stelle in der Tabelle II die Fractionen,
ihre durchschnittliche Ausbeute und die specifischen Gewichte zusammen und werde
fortan mich bloſs auf die laufenden Zahlen beziehen:
Tabelle II.
Nr.
Temperatur
Ausbeute
Spec. Gew. bei 20°
1
bis 150°
7,68%
0,75236
2
150 bis 170
10,28
0,78032
3
170 bis 190
10,2
0,791063
4
190 bis 210
11,68
0,80403
5
210 bis 230
12,21
0,816973
6
230 bis 250
14,05
0,829008
7
250 bis 270
13,37
0,835276
8
270 bis 300
14,3
0,842281
Die mit dem Photometer durchgeführten Untersuchungen, den Leuchtölverbrauch in der
Zeiteinheit und den Oelverbrauch für 1 Lichtstärke stelle ich in Tabelle III
zusammen:
Tabelle III.
Nr.
Lichtstärke
Verbrauch in 1 Min.
Verbrauch für1 Lichtstärke u. 1 Min.
1
14,8
585mg
39,5mg
2
12,6
481,7
38,2
3
11,4
456,5
40
4
8,4
361,5
43
5
4,3
309,6
72
6
2,3
252,2
107,9
7
1,1
197,5
178,7
8
0
0
0
Die Fractionen bis 210° waren wasserhell, die höheren entsprechend immer dunkler
gefärbt; ich habe 5, 6, 7 einer wiederholten Reinigung unterworfen und abermals mit
dem Photometer untersucht und die specifischen Gewichte bestimmt. Die Zahlen sind
vergleichend mit den früheren aus der Tabelle IV ersichtlich:
Tabelle IV.
Nr.
Spec. Gew.vor Reinigen
Spec. Gew.nach Reinigen
Lichtstärkevor Reinigen
Lichtstärkenach Reinigen
5
0,816973
0,815532
4,3
5,1
6
0,829008
0,827901
2,3
3
7
0,835276
0,833057
1,1
1,6
Um den Einfluſs der höher siedenden Oele auf die Leuchtkraft zu erfahren, habe ich
drei gleichvolumige Mischungen bereitet und zwar:
a)
aus
den
Fractionen:
2, 3, 4, 5, 6
b)
„
„
„
2, 3, 4, 5, 6, 7
c)
„
„
„
2, 3, 4, 5, 6, 7, 8
Dieselben waren frei von Essenzen und entsprachen sogen.
Normalölen und zwar
Probe a bis 250°, Probe b bis 270°, Probe c bis 300°. Die Ergebnisse findet man in
der Tabelle V zusammengestellt:
Tabelle V.
Nr.
Temperatur-grenzen
Spec. Gew.bei 20°.
Lichtstärke
Verbrauchin 1 Min.
Verbrauch für1 Lichtst. u. 1 Min.
a
150 bis 250
0,80736
9,8
341,9mg
34,8mg
b
150 bis 270
0,810482
8,2
312,6
38
c
150 bis 300
0,82056
7
282,5
40,3
Bei meinen Untersuchungen war es mir darum zu thun, die Bedingungen zu erfahren, von
welchen die Lichtstärke des Erdöles beeinfluſst wird. Ich habe ganz und gar
abgesehen von allen äuſseren Ursachen und Einflüssen, wie Lampenconstruction,
Dochtbreite und Länge, Höhe des Lampenglases, Abstand der Flamme vom Oele u. dgl.,
und mich bloſs auf rein innere, dem Erdöle innewohnenden Eigenschaften beschränkt.
Ein Blick auf die Tabelle III belehrt uns zunächst, wie die einzelnen Fractionen an
der Gesammtlichtstärke betheiligt sind. Mit den steigenden Siedetemperaturen und der
Zunahme des specifischen Gewichtes ersieht man eine stetige, wenn auch nicht ganz
regelmäſsige Abnahme der Lichtstärken, mit einer Abnahme des Oelverbrauches
verbunden, was auch ganz natürlich erscheint, da zur Hervorbringung einer gröſseren
Lichtquelle auch ein gröſserer Materialverbrauch nothwendig ist. Vergleicht man
dagegen in der letzten Spalte die Zahlen, welche das Verhältniſs angeben zwischen
Lichtstärke und Oel verbrauch, so ist umgekehrt eine Steigerung zu entnehmen, d.h.
für jede höhere Fraction ist zur Erzeugung derselben Lichtstärke ein gröſserer
Materialbedarf nothwendig. Auffallender Weise zeigen die vier ersten Nummern keine
bedeutenden Unterschiede; mit anderen Worten sie sind für die Lichtleistung fast
gleichwertig. Dagegen zeigt Probe 5 fast nur ½, Probe 6 ⅓, Probe 7 ¼ und 8 gar keine
Leuchtkraft, wenn wir die Leuchtkraft der vier ersten Nummern mit 1 bezeichnen
würden. Obwohl der Höchstwerth der absoluten Lichtstärke den leichten Oelen eigen
ist, stellt sich ihnen die Leuchtkraft, d. i. das Product aus Lichtstärke und Oel
verbrauch, der Oele bis 210° sogen. Mittelöle ganz gleich und nimmt erst von dieser
Grenze schnell ab, so daſs Oele über 230° für sich nicht mehr gebrannt werden
könnten.
Das zur Beleuchtung verwendete Erdöl verhält sich naturgemäſs wie ein Gemisch der
verschiedenen in demselben enthaltenen Bestandtheile, deren Eigenschaften zur
Geltung kommen und auf die Lichtstärke ihren Einfluſs ausüben müssen. Die schweren,
für sich nicht brennbaren Bestandtheile werden unter Mitwirkung der leichteren in
den Leuchtprozeſs eingeführt und sie tragen, während sie dämpfend auf die
Leuchtkraft einwirken, zur Oekonomie des Beleuchtungsmaterials bei; doch darf ihr
Gehalt wegen der Herabminderung der Leuchtkraft in guten Oelen nicht bedeutend
werden. Für die Lichtleistung sind bis 210° siedende Oele – es sind dies die eigentlichen Leuchtöle –
von vorzüglichster Bedeutung; ihr Gehalt im Erdöle bestimmt dessen Leuchtwerth,
während über 250° siedende Oele die Leuchtkraft bedeutend herabsetzen. Einen
besonderen Einfluſs übt das Reinigen auf die Leuchtkraft aus, wie man sich aus den
Tabellen I und IV überzeugen kann – woraus ersichtlich ist, daſs gereinigte Producte
bedeutend lichtkräftiger werden. Die Wirksamkeit des Reinigens wird zweifelsohne
eine allgemeine Gültigkeit haben und es ist in ihr ein Mittel gegeben, um entweder
von Natur unreinem, oder bei Anwendung von unzweckmäſsigen Destillirmethoden und
Apparaten verschlechtertem Rohmateriale dennoch eine den Erfordernissen
entsprechende Handelswaare auf den Markt zu bringen. Es erhellt aber gleichzeitig
daraus, daſs das Geringschätzen dieser Behandlung einer Selbstschädigung gleichkommt
und als Unterlassungssünde bezeichnet werden muſs. Ein gereinigtes Oel zeichnet sich
nicht allein durch hellere Farben und gröſseren Glanz aus; es macht nicht bloſs der
widerliche, brenzliche Geruch einem mehr aromatischen Platz, sondern, wie zu
ersehen, der eigentliche Werth des Erdöles als Beleuchtungswaare wird sehr erheblich
gesteigert. Hervorgehoben muſs noch werden, daſs durch die Reinigung das specifische
Gewicht der Oele geändert und zwar durchaus gemindert wird. Diese Abnahme ist, wie
vorauszusetzen, ganz gering im Allgemeinen, kann jedoch bei unreinen Sorten
bedeutend werden; gleichwohl kann darin nicht die eigentliche Ursache der Steigerung
des Leuchtvermögens gesucht werden.
Auf den Einfluſs der Eigenschaften der Erdöle in ihrer Anwendung zur Lichtleistung
eingehend, erlaube ich mir von allgemeinem Standpunkte die Erscheinungen und
Beziehungen etwas eingehender klar zu legen. Der Vorgang der Lichterzeugung einer
Lampenflamme läſst sich ungezwungen in zwei Abschnitte unterscheiden und zwar in die
Dochtsaugung oder den Dochtaufzug, womit die Uebertragung des flüssigen
Brennmaterials aus dem Behälter an das obere Dochtende, den Ort der Verbrennung,
bewerkstelligt wird, und in die eigentliche Lichterscheinung: die Verbrennung der
Kohlenwasserstoffe unter Luftzutritt. Es ist einleuchtend, daſs diese zwei Vorgänge
in inniger Beziehung zu einander stehen, d.h. je mehr ein Docht Material zuzuführen
in der Lage ist, desto mehr kann in die Verbrennung eintreten, desto gröſser wird
die Temperaturentwickelung und folglich auch die Lichtwirkung. Die Wirkung des
Dochtes ist eine rein mechanische. Die Oelmoleküle erfahren in der Wirkungssphäre
des Dochtkörpers eine Anziehung, diffundiren durch die Zellwände hindurch und werden
vermöge der Capillarität der Dochtkanäle in denselben bis zu einer gewissen Höhe
gehoben, welche von der Dichte der Theilchen abhängig ist; sie befinden sich dann
normal im Gleichgewichtszustande und der Docht ist mit Oel getränkt. Durch den beim
Anzünden hervorgerufenen Verbrennungsprozeſs wird jedoch dieser
Gleichgewichtszustand gestört; die obersten Moleküle nehmen Theil an der Verbrennung und
verschwinden, in Folge dessen eine Verdünnung der Masse in den Kanälen eintreten
muſs, welche noch durch Temperaturerhöhung weiter unterstützt wird. Die Verdünnung
am oberen Dochtende bewirkt nun eine Saugung auf die Oelmasse, welche naturgemäſs
nachdrängen muſs, um den Gleichgewichtszustand wieder zu ersetzen, worauf die
nächsten Theilchen in den Prozeſs eingreifen und sich der Vorgang wiederholt. Als
Ursache der Molekularbewegung ist somit nicht die Capillarität anzusehen, sondern
der Verbrennungsvorgang selber und wird die Geschwindigkeit der Molekularströmung
folgerichtig von der Stärke der Verbrennung beeinfluſst. Der Verbrennungsvorgang
leistet die Arbeit des Dochtaufzuges und ist dieselbe unter sonst gleichen
Bedingungen abhängig vom Gewichte der zu hebenden Masse und dem Reibungswiderstande,
welchen die einzelnen Theilchen unter sich sowohl, wie auch an den Kanalwänden
erfahren. Unter der Voraussetzung eines materiell gleichen Dochtes, von derselben
Länge und dem nämlichen Querschnitte, demselben Abstande, der Oeloberfläche von der
Dochtbasis wird die Geschwindigkeit bei der gleichen Bewegungsursache durch das
specifische Gewicht und die sonstigen physikalischen und chemischen Eigenschaften
der Oelmoleküle, welche die Reibungsgröſse beeinflussen, bedingt.
Auf die Stärke der Verbrennung übt in erster Linie die chemische Zusammensetzung, das
Verhältniſs zwischen Wasserstoff und Kohlenstoff den gröſsten Einfluſs aus und
nächstdem die Menge der zur Verbrennung zugeführten Luft. Die Energie der chemischen
Wirkung bestimmt den Temperaturgrad der Flamme, dieser das
Lichtausstrahlungsvermögen des bei der Verbrennung ausgeschiedenen Kohlenstoffes
(Davy). Im Aufsteigen begriffenes Gel verdampft
durch die Wärmewirkung der Flamme um so rascher, je niedriger sein Siedepunkt ist,
und bewirkt in schneller Aufeinanderfolge Nachströmung; es wird in der Zeiteinheit
folglich mehr Material in die Verbrennungszone eingeführt als bei höher siedenden
Oelen, welche zu ihrer Vergasung eine höhere Temperatur beanspruchen. Bei Oelen von
sehr niedriger Siedetemperatur steigert sich die Verdampfung derart, daſs auch nach
längerem Brennen der Docht unverändert bleibt. Dieselben entziehen in Folge
gesteigerter Vergasung ihrer nächsten Umgebung Wärme, die Temperatur an der
Dochtbasis sinkt so weit, daſs der Docht vor dem Brennen geschützt wird und die
Verbrennungszone zieht sich weiter nach oben, wodurch die Flamme besonders
lichtkräftig sich gestaltet. Diese Erscheinung habe ich beobachtet bei den
Fractionen 1, 2 und 3, bei welchen selbst nach 2 stündigem Brennen der Docht kaum
geschwärzt wurde.
Gerade das Umgekehrte tritt bei höher siedenden Oelen ein. Der Verbrennungsprozeſs
ist in Folge geänderter chemischer Zusammensetzung weniger kräftig; die Oelmassen
brauchen eine höhere Temperatur zur Vergasung, wodurch dieselbe verzögert und das
Nachsaugen träger wird;
dazu kommt noch ein höheres specifisches Gewicht der zu hebenden Masse, somit eine
Vermehrung der Arbeitsleistung. Die Verbrennungszone wird herabgedrückt, die
Temperatur an der Basis gesteigert, der Docht nimmt an der Verbrennung theil und
verglimmt unter Kohlenabscheidung, welche ihrerseits die Poren der Dochtkanäle
verlegt und den Querschnitt des Oelzutrittes verengert. Diese Erscheinungen traten
bei den Fractionen 5, 6 und ganz besonders bei 7 auf; beim Verlöschen entwickelten
sie einen erstickenden Qualm, dessen Menge mit den Nummern aufstieg. Auf Grund
dieses Verhaltens könnte man sich über die Güte eines Erdöles ein ganz empirisches
Urtheil bilden. Man braucht nur dasselbe eine Zeit lang brennen zu lassen, zu
verlöschen, das Auftreten des Rauchqualmes zu beobachten und den Docht zu
untersuchen. Ein wenig verkohlter Docht würde jedenfalls eine gute Sorte anzeigen,
dagegen ein weiter glimmender, Qualm und Rauch ausstoſsender Docht die Qualität
nicht sonderlich empfehlen.
Der Unterschied in dem Verhalten der rohen und gereinigten Brennöle wird nach dem
Angeführten in mehreren Ursachen zu suchen sein. In dem nicht gereinigten Producte
findet man Stoffe, welche sich von der Hauptmasse durch einen geänderten chemischen
Charakter auszeichnen, die theil weise durch eine Zersetzung beim Destilliren
entstanden, theilweise durch den groſsartigen Bildungsprozeſs der Mineralöle,
wahrscheinlich in Folge von Nebenreactionen, in die Zusammensetzung aufgenommen
wurden und gröſstentheils durch die chemische Wirkung der Reinigungssäure entfernt
werden. Es ist zwar über die eigentliche Natur dieser Stoffe nicht viel bekannt;
doch scheinen sie, aus den Erfahrungen zu schlieſsen, trotz ihrer verhältniſsmäſsig
geringen Menge auf die Lichterzeugung keinen günstigen Einfluſs zu nehmen. Es ist
jedoch möglich, daſs ihre hindernde Wirkung mehr mechanischer Art ist, und man kann
annehmen, daſs sie ihrer harzigen Beschaffenheit halber die Reibung vergröſsern und
die Dochtkanäle verlegen und verharzen.
Zum Gegenstande weiterer Untersuchungen habe ich das Verhalten des Erdöles während
des Brennens gemacht und Versuche angestellt, wie sich das Mischungsverhältniſs
eines Oeles nach längerer Lichtleistung
Tabelle VI.
Dauer
Lichtstärke
Verbrauchin 1 Min.
Spec. Gew.bei 20°
Verbrauch für1 Lichtst. u. 1 Min.
Für 100g Erdöl
Zu Anfang
7,6
308,3mg
0,812836
40,58mg
Nach 1 Stunde
6,9
300,5
0,81348
43,6
Nach 2 Stunden
5,8
290,6
0,815405
50,1
Nach 3 Stunden
4,3
271,8
0,81739
63,3
Für 200g Erdöl
Zu Anfang
7,6
308,3mg
0,812836
40,58mg
Nach 2 Stunden
7
302,5
0,81352
43,2
Nach 4 Stunden
5,5
289
0,81531
52,6
Nach 6 Stunden
3,9
266,5
0,81826
68,3
verhält und ob während der ganzen Brenndauer Gleichartigkeit
der Mischung eingehalten wird. Einmal 100g, ein
anderes Mal 200g wurden durch längere Zeit brennen
gelassen und beim ersten alle Stunden, beim zweiten alle 2 Stunden die Lichtstärken,
Verbrauchsmengen und specifischen Gewichte bestimmt. Bei so kleinen Mengen war
vorauszusetzen, daſs sich etwaige Unterschiede leichter ausprägen und in kürzerer
Zeit sichtbar werden. Aus der Betrachtung der die betreffenden Zahlen enthaltenden
Tabelle VI ergibt sich zunächst, daſs die photometrischen Gröſsen eines Erdöles auch
vergleichsweise keine Constanten sind, sondern daſs Lichtstärke und Oelverbrauch für
eine und dieselbe Gattung mit der Brenndauer abnehmen, das specifische Gewicht
dagegen gesteigert wird. Die zu Anfang des Versuches ermittelten Lichtstärken haben
keine Gültigkeit für die ganze Oelmasse; sie sind überhaupt nur als Ausdruck für den
Höchstwerth der Lichtleistung irgend eines Leuchtmaterials anzusehen. Die
Lichtstärken des Erdöles sind vielmehr Functionen der Brennzeit und wenn es sich
darum handeln sollte, den wahren Leuchtwerth eines Erdöles festzustellen, so könnte
es nur durch eine sogen. mittlere Lichtintensität geschehen, eine Gröſse, welche aus
mehreren photometrischen Bestimmungen in verschiedenen Leuchtzeiten durch Rechnung
als Durchschnittszahl gefunden wird.
Daſs ein solches Probeverfahren ein zuverläſslicheres Urtheil über die Beschaffenheit
des Beleuchtungsmaterials bilden würde, braucht nicht besonders hervorgehoben zu
werden. Ich berufe mich nur darauf, daſs im Handel unter dem Titel „Leuchtöl“
Mischungen von Essenzen und schweren Oelen mit wenig oder gar keinem Brennöle von
normalem specifischem Gewichte und wohl auch zulässiger Entzündungstemperatur
angetroffen werden, die, mit dem Photometer zu Anfang der Brennzeit untersucht, eine
bedeutende Lichtstärke in Folge dessen, daſs die leichten Oele an der Verbrennung
zuerst Theil nehmen, aufweisen, dieselbe jedoch nach längerem Brennen bis zum
Mindeststande verlieren. Ueberhaupt könnte damit jede gröſsere absichtliche
Beimischung leichter so wie schwerer Oele nachgewiesen werden; es wäre die erstere
in einer sprungweisen Aenderung der Lichtstärke zu Anfang des Versuches, letztere
beim abnormalen Herabgehen der Lichtstärke zu Ende der Probezeit offenbar. Ohne
Zweifel gibt die Destillationsprobe ein genaueres quantitatives Bild der
Bestandtheile eines Erdöles; das gegenseitige Assimilations vermögen der Theilöle,
welches durch den jeweiligen Mischungscoefficienten bestimmt wird, d.h. ihr
Verhalten neben und nach einander in der Mischung, findet jedoch nur in der
photometrischen Angabe seinen zuverläſslichsten Ausdruck.
Die Vergröſserung des specifischen Gewichtes mit der Brenndauer verhilft zunächst zu
der Erklärung des eigenthümlichen Verhaltens der Erdöle beim Brennen, indem dadurch
gegen die Homogenität desselben beim Brennprozesse Zeugniſs abgelegt wird. Aus den
gesammelten Erfahrungen will ich die wahrscheinliche Ursache dieser Erscheinungen
erläutern, Zweck dessen ich noch einmal auf die Vorgänge innerhalb des Dochtes
während des Brennens zurückkommen muſs. Die Oelschicht im obersten Dochtquerschnitte
gelangt in Folge der durch den Brennprozeſs eingeleiteten Wärmeentwickelung auf die
Verdampfungstemperatur und wird die Vergasung nun um so schneller vor sich gehen, je
niedriger die Siedetemperatur und je gröſser die Tension im Dampfzustande ist. Das
Erdöl stellt in allen seinen Theilen ein gleichmäſsiges Gemisch der
Kohlenwasserstoffverbindungen von verschiedenen Siedetemperaturen, Dampfspannungen
und Dichten dar; folgerichtig müssen zu Anfang auch die Theilchen in demselben
Mischungsverhältnisse an das obere Dochtende gelangen, um hier eine
Temperaturerhöhung zu erfahren. Es ist nicht anzunehmen, daſs den Theilchen überall
gleiche Temperatur übermittelt wird; es sind wohl Schwankungen zulässig, ja sogar
unerläſslich. Der Docht wird auſsen, wo er der Beeinflussung des kalten Luftstromes,
der zur Speisung der Flamme vorbeifährt, ausgesetzt ist, naturgemäſs eine andere
Temperatur aufweisen als innen, wo die Luft bereits erwärmt eindringt und
Wärmestrahlung verhindert wird, und der Wärmeausgleich durch die Dochtränder, welche
als schlechte Wärmeleiter die Stelle der Isolatoren übernehmen, wird wenig
gefördert. Einzelne Oelmassen erfahren eine Ueberhitzung, andere aber nur eine
Wärmezunahme, die nur die leichtflüchtigsten Oeltheile zu vergasen im Stande ist. An
die Stelle dieser verdampften Theilchen treten neue und zwar wegen
Gleichgewichtsausgleichung specifisch leichtere aus der zunächst tiefer gelegenen
Schicht ein, welche in derselben Weise auf die darunter liegenden einwirken und
dieses Bestreben bis zum Oelbehälter fortpflanzen. In den einzelnen Dochtelementen
treten Erscheinungen auf, die sich wohl mit der Dephlegmation beim Destilliren
vergleichen lassen, und der Docht vertritt einen Apparat, welcher in seiner Wirkung
einem Dephlegmator an die Seite gestellt werden kann. Dadurch, daſs diese Vorgänge
an vielen Orten und mehrmals sich wiederholen, werden nach längeren Brennzeiten die
rückständigen Oele immer ärmer an leichter flüchtigen, lichtkräftigeren
Bestandtheilen, ihre specifischen Gewichte werden gröſser, dagegen die Lichtstärken
kleiner.
Obwohl die. Abnahme der Lichtstärke und die Zunahme des specifischen Gewichtes mit
der Brenndauer eine allgemeine Bedeutung für alle Erdöle haben muſs, so sind
dieselben je nach der Gattung qualitativ verschieden. Trotzdem ist diese Erscheinung
keine zufällige, sondern ihre Abhängigkeit kann von bestimmten Faktoren abgeleitet
werden. Jedes Erdöl ist ein Gemenge von Theilölen, die sich, wie wir gesehen haben,
in ihrer Individualität beim Brennen theilweise äuſsern können. Je näher dieselben
in ihren Eigenschaften an einander rücken, je geringer ihre äuſsere und innere
Verschiedenheit ist, desto gleichmäſsiger werden sie sich in ihrem Zusammenwirken
zeigen; dagegen wird bei weiter aus einander liegenden Eigenschaften ihr
verschiedenes Verhalten leichter zum Durchbruche kommen. Es ist somit in dem
Mischungscoefficienten oder dem Mischungsverhältnisse der Theilöle die Ursache der
quantitativen Aenderung der Leuchtkraft eines Erdöles zu suchen. Ein Oel, welches in
engeren Temperaturgrenzen gesammelt wurde, wird eine viel geringere Abweichung
aufweisen, als ein Gemisch von Oelen, deren Siedepunkte und somit auch ihre
Eigenschaften bedeutend von einander abweichen. Als Beweis dafür habe ich angesehen,
daſs die einzelnen Antheile, die nur enge Grenzen von 20° umfassen (vgl. Tabelle
II), sich nach meinen Versuchen, auch nach längerem Brennen, in ihrer Lichtstärke
fast gar nicht geändert haben. Die Gleichmäſsigkeit der Mischung eines Erdöles
(womit ich eine relativ geringe Verschiedenheit der Theilöle ausdrücken will) muſs
somit als eine Bedingung für dessen Güte gelten; sie gibt uns zunächst die
Bürgschaft für eine gleichmäſsige Lichtentfaltung auch für längere Lichtdauer.
Dieser Anforderung kann Erdöl, welches einen bedeutenden Antheil schwerer Oele
enthält, nicht nachkommen. Das Brennen verbraucht anfänglich verhältniſsmäſsig mehr
leichtere Oele als schwere, wodurch die letzteren im Rückstande sich anreichern und
die Leuchtkraft aufs äuſserste herabsetzen. Ein vorzügliches Verhältniſs zeigt das
von mir untersuchte Normalöl a (Tabelle VII für 100g), dessen mittlere Lichtstärke sich von dem Höchstwerthe wenig
unterscheidet; dasselbe war jedoch frei von schweren Oelen und in verhältniſsmäſsig
engen Grenzen (150 bis 250°) dargestellt:
Tabelle VII.
Dauer
Lichtstärke
Verbrauchin 1 Min.
Spec. Gew.bei 20°
Verbrauch für1 Lichtst. u. 1 Min.
Zu Anfang
9,8
341,9mg
0,80736
34,8mg
Nach 1 Stunde
9,5
337,5
0,80783
35,5
Nach 2 Stunden
9,1
328,2
0,80798
35,5
Nach 3 Stunden
8,6
312,8
0,808201
36,3
Die Grenzen, innerhalb welcher man die Ausbeute des Leuchtöles aus Rohöl wird
vornehmen können, werden im Allgemeinen durch den specifischen Charakter des
letzteren bestimmt; da jedoch, wie sich aus meinen Untersuchungen herausstellt,
schwere, hochsiedende Oele im hohen Maſse der Leuchtkraft abträglich sind, wird man
bei der Erzeugung eines guten gleichmäſsigen Brennöles die Destillation bei 270°
durchwegs abbrechen müssen. Ohnedies wird bei höherer Temperatur die Zersetzung in
gröſserem Maſsstabe eingeleitet und das gebildete Product brenzlicher und harziger;
es ergibt sich in Folge dessen ein höherer Bedarf an Reinigungsmitteln, ohne daſs
jedoch ein hochwerthigeres Product erzielt werden könnte. Ein zweiter Umstand
betrifft die Kesselconstruction und das Destillirverfahren selbst, welche so gewählt
werden müssen, daſs Ueberhitzung und Zersetzung der Oele thunlichst verhütet oder vermindert wird.
Als rationell sind flache Kessel mit niedrigen Abzugsröhren und gleichem
Flüssigkeitsstande, oder Destillation mittels gespannten Dampfes, oder auch Betrieb
unter vermindertem Drucke am meisten zu empfehlen. Eine besondere Sorgfalt ist dem
Reinigen des rohen Destillates zuzuwenden; – von welch groſser Wichtigkeit dasselbe
ist, wurde früher gezeigt.
Um einerseits einem unnützen Ueberschusse an Reinigungssäure vorzubeugen,
andererseits aber einer genügenden Reinigung sicher zu sein, habe ich versucht, im
Kleinen ein Verfahren zürn Verbrauchsveranschlage an Schwefelsäure festzustellen,
und kann nach mehreren Versuchen das folgende als das zuverlässigste empfehlen:
100cc des zu untersuchenden Oeles werden in
einen Scheidetrichter mit gut eingeschliffenem Korke pipettirt und aus einer
Bürette, die oben mit einem Chlorcalcium-Schutzrohr versehen, concentrirte
Schwefelsäure in 0cc,5 einflieſsen gelassen.
Darauf wird jedesmal gut durchgeschüttelt, die Säure abgezogen, mit Wasser gewaschen
und dasselbe wieder abgelassen. Man wiederholt den Vorgang so oft, als das mit
Schwefelsäure geschüttelte Oel sich noch dunkel färbt, und erkennt das Ende des
Versuches danach, daſs die Säure nur noch pomeranzengelb oder schwach lichtbraun
erscheint. Aus den abgelesenen Mengen Schwefelsäure wird man sich den Bedarf für die
ganze zu reinigende Oelmasse ableiten. Das Verfahren ist zwar etwas langwierig,
zumal man auf das Abstehen der Flüssigkeitsschicht warten muſs, liefert jedoch
übereinstimmende Zahlen und sollte deren Ausführung in gut begriffenem Interesse
nicht verabsäumt werden.
Chemisch-technisches Laboratorium der k. k. technichen
Hochschule in Lemberg.
März 1886.