Titel: | Ueber Gährung und Hefe. |
Fundstelle: | Band 259, Jahrgang 1886, S. 418 |
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Ueber Gährung und Hefe.
Mit Abbildungen.
Ueber Gährung und Hefe.
Zur Untersuchung verschiedener Preſshefeproben auf Trieb- und
Gährkraft wurden von Saare (Wochenschrift für Brauerei, 1885 S. 367) die
Bestimmungen mit destillirtem Wasser und mit Berliner Leitungswasser
vorgenommen:
Nr. 1
Nr. 2
Nr. 3
Nr. 4
Nr. 5
Nr. 6
Nr. 7
Triebkraft nach Hayduck.
10g Probe
entwickelten cc Kohlensäure
In destillirtem Wasser
280
195,5
297,0
243
226
80
82
Im Leitungswasser
288
208
333,0
320
266
74
87
Gährkraft.
In destillirtem Wasser
5g Probe
ergab g Kohlensäureverlust
Nach 24 Stunden
6,0
6,1
6,0
6,0
5,4
5,7
4,0
„ 72 „
12,3
12,4
12,1
11,7
8,1
12,7
10,9
Im Leitungswasser
Nach 24 Stunden
11,0
10,1
10,0
10,1
9,1
8,7
7,9
„ 72 „
18,4
18,2
18,0
19,0
16,9
18,0
17,3
Diese Versuche bestätigen zunächst die bereits von Hayduck (1883 247 * 465) mitgetheilte
Beobachtung, daſs schon geringe Mengen von Salzen, wie sie sich im Leitungswasser
finden, die Gährwirkung auffällig erhöhen. Dagegen scheint die Triebkraft nur in
geringem Maſse beeinfluſst zu werden. Die Hefen 6 und 7 waren 7 Tage unterwegs und
rochen bereits faulig. Die Triebkraft ist so gut wie erloschen, während die
Gährkraft eine noch ganz gute ist. Aehnlich verhält sich die Hefe 2 gegenüber 1 und
3 aus derselben Fabrik; erstere war 4, letztere dagegen nur 3 Tage unterwegs. Es
scheint hiernach, als ob bei längerem Transporte zunächst wesentlich die Triebkraft
geschwächt wird. Die Untersuchung der Hefe geschieht am besten in destillirtem
Wasser mit 10 Proc. Zucker und ist eine Hefe noch als gut zu bezeichnen, welche 6
bis 7g Gährkraft und 200 bis 250cc Triebkraft zeigt.
Ueber die Verwendung reiner Hefe (vgl. 1885 256 460) liegen weitere Erfahrungen vor. Nach J. C. Jacobsen (Zeitschrift für
das gesammte Brauwesen, 1885 S. 117) ist dabei zu berücksichtigen, daſs die
reine Bierhefe, Saccharomyces cerevisiae, eine Pflanze
ist, welche wie alle Kulturpflanzen in verschiedenen Abarten auftreten kann, und
daſs jede dieser Rassen eigenthümliche Eigenschaften besitzt, die sich fortdauernd
erhalten. Folglich ist die reine Kulturhefe aus einer
Brauerei nicht unbedingt für jede andere Brauerei angemessen, da diese
vielleicht Würze von abweichender Beschaffenheit bereitet oder einen anderen
Vergährungsgrad wünscht, oder andere Forderungen zur Dauer der Haltbarkeit gegen
Trübung des gezapften Bieres stellt. Hat der Brauer eine Hefe, die für sein Bier
paſst, aber durch wilde Hefezellen verunreinigt ist, welche Geschmack und
Haltbarkeit des Bieres beeinträchtigen, so empfiehlt es sich, dieselbe zu reinigen.
Für die meisten Brauereien Süddeutschlands wird aber reine Münchener Hefe geeignet
sein, welche die dortige wissenschaftliche Station ihren Mitgliedern liefert. Hat
der Brauer die für sein Bier passende reine Hefe, so muſs er durch Sauberkeit der
Gährkeller und der Geräthe für die fortdauernde Reinlichkeit der Hefe sorgen. Da die
Luft nur in den letzten Sommermonaten gröſsere Mengen wilder Saccharomyceszellen
enthält, so wird sich die Hefe meist längere Zeit rein erhalten. Dies hat sich auch
in der Carlsberger Brauerei gezeigt, wo die Hefe in 36 Jahren nie gewechselt wurde
und sich in dieser langen Zeit so rein erhielt, daſs sie immer vorzügliches Bier
lieferte. In dieser Zeit wurde aber nicht in den 3 Monaten Juli bis September
gesotten. Als aber in den letzten Jahren das Sieden durch alle 12 Monate fortgesetzt
wurde, artete die Hefe durch Einmengung von wilden Heferassen so bedeutend aus, daſs
das Bier seine guten Eigenschaften einbüſste. Diese praktische Erfahrung gibt auch
die Erklärung der sonst räthselhaften Erscheinung, daſs man in Deutschland bis vor
einigen Jahren äuſserst selten die Hefe wechselte, weil ein Ausarten der Hefe nur
ganz ausnahmsweise eintrat, daſs aber dieses Miſsgeschick in den letzten Jahren,
nachdem man fast überall das ganze Jahr hindurch gesotten hat, allgemein wurde. Es
gelingt nie, die wilde Hefe durch bestimmte Temperaturen oder Salicylsäure u. dgl.
zu beseitigen.
Um Schwankungen in der Gährung zu vermeiden, muſs man sich bemühen, alle Arbeiten so
regelmäſsig wie möglich zu leiten und auch plötzliche und bedeutende Aenderungen im
Gebrauche von Malz aus verschiedenen Gerstensorten zu vermeiden. Wenn Jacobsen fremdes Malz gebrauchen muſs, kann er, selbst
aus dem besten mährischen Malze, allein für sich oder in bedeutendem Zusätze
benutzt, kein Carlsberger Bier brauen, weil der Gang der Gährung sich ändert. Nur
durch ein möglichst gleichartiges Verfahren wird man dauernd die ungeänderte
Wirksamkeit seiner Hefe erhalten können, welche dem Biere den bestimmten typischen
Charakter gibt, auf welchen die Abnehmer ein groſses Gewicht legen. Der Widerwillen der Biertrinker
gegen jede merkbare Aenderung des Geschmackes des Bieres ist so groſs, daſs sie auch
durch eine plötzliche Verbesserung desselben
unzufrieden werden und ist deshalb denen, welche gereinigte Hefe in ihre Brauereien
einführen, der Rath zu geben, daſs sie einen plötzlichen Uebergang vom unreinen zum reinen Biere vermeiden. In
Alt-Carlsberg geschah dieser Uebergang stufenweise und ganz langsam im Laufe von 2
bis 3 Monaten und wurde erst von den Trinkenden bemerkt, als die Aenderung so weit
fortgeschritten war, daſs man sich an den feinen Geschmack des Bieres nach und nach
gewöhnt hatte.
Nach den eingehenden Untersuchungen von L. Aubry
(daselbst S. 133 und 237) bewährt sich die reine Hefe
in der Liesinger Brauerei, in der Spatenbrauerei in München u.a. Der Geschmack der
damit hergestellten Biere ist sehr rein und angenehm. Es wird ferner hervorgehoben,
daſs es gefährlich erscheint, das Gedeihen und Nichtgedeihen der Hefe, die Zu- und
Abnahme ihrer Gährtüchtigkeit ausschlieſslich auf rein chemische und
Ernährungsvorgänge zurückführen zu wollen. Die im Laboratorium der
Wissenschaftlichen Station für Brauerei in München ausgeführten Hefenanalysen,
welche sich besonders auf die Veränderungen des Stickstoffgehaltes der Hefen
richteten, haben ergeben, daſs es als nicht unbedingt zulässig erscheint, die
Anreicherung und Abnahme an Stickstoff mit der Gährtüchtigkeit in unmittelbaren
Zusammenhang zu bringen. Die Schwankungen im Stickstoffgehalte normaler Hefen in den
verschiedenen auf einander folgenden Generationen sind zu groſs (sie können über 1
Proc. betragen), ohne daſs man wesentliche Veränderungen im Gährungsverlaufe und
Vergährungsgrade bemerkt. Ferner findet bei wiederholtem Anstellen ein und derselben
Hefe in derselben Brauerei nicht immer eine Anreicherung an Stickstoff statt; eine
solche ist sogar verhältniſsmäſsig selten. So lange man bei Hefenernährungsversuchen Hefen anstellt, welche aus mehreren Heferassen
zusammengesetzt sind, deren jede einzelne mit ganz verschiedenen Eigenschaften
ausgestattet ist, welche vielleicht auch verschiedene Ansprüche an die Nährlösung
machen, kann von einer sicheren Folgerung aus den Versuchsergebnissen nicht die Rede
sein.
M. Delbrück (Wochenschrift für
Brauerei, 1885 S. 126, 154, 181 und 222) bestätigt, daſs die mit
Carlsberger Hefe bereiteten Biere einen guten Bruch aufweisen, ist aber mit dem
Geschmacke derselben nicht zufrieden. In der Cracauer Brauerei bei Magdeburg ist man
mit der Hefe zufrieden, in Dünkirchen nicht.
Nach Versuchen von A. Jörgensen (Allgemeine Zeitschrift für Bierbrauerei, 1885 S. 490 und 717) hat sich
auch reine Oberhefe bewährt.
Bei der groſsen Bedeutung, welche die reine Hefe für die
Bierbrauerei gewinnt, verdienen die Angaben von H. Will
in der Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1885 *
S. 173 über die Hefereinzüchtung an der Wissenschaftlichen Station für Brauerei in München
allgemeinere Beachtung.
Textabbildung Bd. 259, S. 421 Um zunächst eine einzelne Zelle zu erhalten, verwendet Hansen entsprechend der Koch'schen Nährgelatine gehopfte Bierwürze mit 5 Proc. Gelatine. Um die
zur Zucht bestimmte Zelle fortgesetzt mikroskopisch beobachten zu können, dient eine
Glasplatte a mit aufgekittetem Glasringe b, welcher etwa 5mm
hoch ist bei 19mm Durchmesser. Bei Anwendung
dieses kleinen Apparates für die Reinkultur muſs derselbe erst gehörig gereinigt
werden; dann zieht man denselben durch eine Gas- oder Spiritusflamme, um anhängende
Staubtheilchen zu verbrennen und die Kultur vor dem Eindringen etwa vorhandener
fremder Organismen, Bakterien u. dgl. zu schützen. Hierauf bringt man einen Tropfen
gut ausgekochten destillirten Wassers in die Kammer, vertheilt denselben mittels
eines flambirten Glasstabes und bestreicht den Rand des Ringes b mit etwas Vaseline. Inzwischen hat man die nach der
angegebenen Vorschrift zubereitete gelatinirte Bierwürze, die Nährgelatine, nochmals
in einem Wasserbade erhitzt und vertheilt dann mit einem Glasstabe einen kleinen
Tropfen derselben in einer feinen Schicht, wie es bei d
angedeutet ist, auf dem Deckglase c, welches, die
Gelatine nach abwärts gerichtet, durch einen leichten Druck auf den Glasring b fest aufgelegt wird.
Um in die Nährgelatine die zur Reinkultur bestimmten Hefezellen so zu bringen, daſs
sie möglichst weit von einander liegen, kann man in mehrere Cubikcentimeter der
verflüssigten Nährgelatine, welche, ohne zu erstarren, so weit wieder abgekühlt sein
muſs, daſs die Hefezellen nicht getödtet werden, mittels eines feinen flambirten
Glasstäbchens eine geringe Menge Hefe durch Verrühren so vertheilen, daſs die
Entfernung der einzelnen Hefezellen von einander den gemachten Anforderungen genügt.
Man kann also an Stelle der reinen Nährgelatine einen Tropfen dieses Gemisches in
der oben angegebenen Weise auf dem Deckglase ausbreiten. Hat man bereits reine
Nährgelatine auf das Deckgläschen, gebracht, so können die Hefezellen nach folgendem
Verfahren auf dieselbe aufgetragen werden: In einem Glaskölbchen von etwa 20cc Inhalt wird destillirtes Wasser durch Kochen
pilzfrei gemacht und in demselben eine kleine, mit einem Glasstabe aufgenommene
Menge Hefe durch Schütteln vertheilt. Man taucht in das Gemisch einen ausgeglühten
Platindraht, streicht mit demselben in geraden Linien flach über die inzwischen
erstarrte Nährgelatine des von der feuchten Kammer abgenommenen Deckgläschens und
legt dasselbe rasch wieder auf. Man kann nun die feuchte Kammer unter das Mikroskop
bringen und bei 250facher Vergröſserung die geeignete Hefezelle aussuchen.
Um die Zellen leichter wiederfinden zu können, sind nach Will auf der
Oberseite des Deckgläschens c sich rechtwinkelig
schneidende Linien eingeätzt. Auf der Unterseite wird die Gelatine in gewöhnlicher
Weise aufgebracht und beim Auftragen der Hefe der Platindraht zwischen je zwei
Linien hindurch geführt.
Textabbildung Bd. 259, S. 422 Bei einer gleichmäſsigen Wärme von 25° sind nach 48 Stunden die
Hefecolonien so groſs geworden, daſs sie mit bloſsem Auge sichtbar sind, indem sie
sich als grauweiſse Pünktchen von der fast farblosen Nährgelatine abheben. Diese
Colonien, welche also sicher nur von je einer Zelle abstammen, bilden nun die
Grundlage der weiteren Vermehrung, welche in Bierwürze unter Verwendung der von Hansen verbesserten Pasteur'schen Kolben erfolgt. Die mit dem geraden Halse b des Glaskolbens a
verbundene dünne, bei d etwas erweiterte Röhre c ist an der Mündung nur etwa 1mm weit. Die eintretende Luft wird durch einen
kleinen, in die Mündung der Röhre c eingesteckten
Asbestpfropfen filtrirt. Wenn nur dafür Sorge getragen wird, daſs die Röhre c stets trocken bleibt, so daſs an den Wandungen
derselben Organismen nicht zur Entwickelung kommen, welche bei ihrer Verbreitung
durch die Röhre unfehlbar den Kolbeninhalt verunreinigen würden, so ist man sicher,
die reine Hefe im Kolben auch rein zu erhalten. Auf der entgegengesetzten Seite ist
unter einem Winkel von etwa 50° zum Kolbenhalse die gerade Röhre f angeschmolzen, über deren Mündung ein Stückchen
Kautschukschlauch g gezogen ist. Das offene Ende des
letzteren wird durch einen Glasstab verschlossen.
Beim Gebrauche wird der Kolben zunächst etwas über die Hälfte mit gewöhnlicher
Bierwürze, welche mit Rücksicht auf die Verdampfung von Wasser bei dem späteren
Erhitzen derselben entsprechend verdünnt ist, gefüllt. Nach ½ stündigem Kochen wird
die Kautschukkappe g auf f
aufgesetzt und die Würze nochmals ½ Stunde im Sieden erhalten, so daſs die
Wasserdämpfe durch die Röhre c entweichen. Nach dem
Erkalten wird diese Röhre über der Flamme getrocknet und in die Mündung ein
Asbestpfropfen eingesetzt.
Zur Vermehrung der in den Hefecolonien der feuchten Kammer gegebenen Saathefe werden
erstere mit einem ausgeglühten, etwa 5mm langen
Stückchen Platindraht mittels einer Federzange aufgenommen und je eine derselben in
ein Pasteur'sches Kölbchen von etwa 125cc Fassung in der Weise eingeführt, daſs man die
Kautschukkappe g von f
rasch entfernt und den Platindraht mit der Hefecolonie in das Kölbchen fallen läſst. Nachdem die Röhre
f wieder verschlossen und die Kappe g wiederholt flambirt wurde, bringt man das Kölbchen in
den Thermostaten bei 25°. Nach ungefähr 2 Tagen nimmt man in der Umgebung des
Platindrahtes am Boden des Kölbchens einen grauweiſsen Anflug wahr: es sind dies die
Nachkommen der ausgesäeten Hefecolonie. Die Vermehrung schreitet rasch vor und bald
ist unter lebhaften Gährungserscheinungen der Boden des Kölbchens mit Hefe völlig
bedeckt; die kleine nur etwa Stecknadelkopf groſse Hefecolonie hat sich bis zu 2 und
3g Hefe vermehrt. Hat sich der Hefezüchter
durch eine eingehende Prüfung nochmals von der Reinheit seiner Hefe überzeugt, so
vertheilt er das Ergebniſs des kleinen Kölbchens auf immer gröſsere Würzemengen, so
zwar, daſs er die Hefe zunächst in mehrere Pasteur'sche
Kolben von 0l,5 Fassung und nach 8 bis 9tägiger
Gährung auf eine noch gröſsere Zahl solcher Kolben von 1l Inhalt vertheilt. Nach etwa 4 Wochen kann der Hefezüchter durch diese
systematische Vertheilung die eine Hefezelle einer
Reinkultur bis zu etwa 0l,5 dickbreiiger Hefe
vermehrt haben.
Die Vermehrung der Hefe in den Kolben vollzieht sich bei Zimmertemperatur an einem
staubfreien Orte. Die weitere Kultur jedoch muſs, um die Hefe den in der Brauerei
gegebenen Verhältnissen allmählich anzupassen, an einem Orte mit niederen
Temperaturen vorgenommen werden und wird deshalb die in den Liter-Kolben nach 8 bis
9tägiger Währung erzeugte Hefe vereinigt und im Keller mit einer entsprechenden
Menge Würze angestellt. Die kleinen Bottiche müssen auf das sorgfältigste rein
gehalten werden, sowie auch eine Verunreinigung der Würze durch auffallenden Staub
u. dgl. zu vermeiden ist. Ein Deckel, welcher der Luft zwar freien Eintritt
gestattet, aber so weit über den Bottichrand übergreift, daſs Fremdkörper nur schwer
zur gährenden Würze gelangen können, ist vollkommen für diesen Zweck ausreichend.
Die Würze selbst muſs noch heiſs dem Kessel entnommen und an einem staubfreien Orte
abgekühlt werden. Der Gährkeller soll so eingerichtet sein, daſs Wände und Boden
gewaschen werden können und nur filtrirte Luft zutritt. Nach wiederholter Gährung in
den kleinen Bottichen hat sich die Hefe so stark vermehrt, daſs dieselbe bei
geeigneter Führung im normalen Betriebe zur Anwendung kommen kann.
E. Grönlund (Allgemeine
Zeitschrift für Bierbrauerei, 1885 S. 714) findet, daſs in der Würze auf den Kühlschilfen zu jeder Jahreszeit wilde
Hefearten vorkommen und in die Gährräume hinübergeführt werden können, daſs sie aber
gewöhnlich nur in geringer Menge auftreten. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist die
Gefahr am gröſsten, wo die Kühlschiffe sich in der Nähe von Fruchtbäumen befinden.
Auf der Brauerei Neu-Carlsberg hat die Würze in der letzten Zeit nur des Nachts auf
den Kühlschiffen gestanden. Inwiefern dies praktische Bedeutung hat, kann
augenblicklich nicht mit Sicherheit ermittelt werden; es ist aber sehr wahrscheinlich, da die Luft
bei Tag weit mehr mit Staub erfüllt ist als des Nachts.
Nach M. Delbrück (Wochenschrift
für Brauerei, 1885 S. 206) äuſsert sich der Einfluſs der Bakterien auf den Charakter der untergährigen Biere vor dem
Kochen der Würze, durch welches sie wohl sämmtlich getödtet werden, dann auf dem
Kühlschiffe, durch unreine Gefäſse und Bakterien haltige Stellhefe. Kommen die im
Malze befindlichen Bakterien während des Maisch- und Läuterprozesses zur Entfaltung,
so bilden sich je nach Art derselben Milchsäure, Essigsäure, Propionsäure,
Buttersäure, Ameisensäure, geringe Mengen der verschiedensten Alkohole (Fuselöle)
u.s.f. Durch die Erzeugung der vorgenannten Stoffe, welche zum Theile sehr stark
riechende und schmeckende Eigenschaften haben, ist ein Einfluſs auf den Charakter
der Biere mit Sicherheit anzunehmen. Dieser Einfluſs braucht nicht immer ein
schlechter zu sein; es ist immerhin möglich, daſs z.B. Buttersäure, welche in
bemerkbaren Mengen einen entschieden unangenehmen Geruch verbreitet, in den
kleinsten Dosen dem Biere etwas Pikantes verleihen kann. Ameisensäure hat für manche
Gemüther sogar etwas entschieden Anziehendes; darin ist aber der Geschmack
verschieden.
Jedes Bier hat und muſs eine gewisse Menge Säure enthalten; durch die Art dieser
Säure ist der Charakter des Bieres jedenfalls mit bedingt. Ein Theil der Säure
stammt aus dem Malze, da die in jedem normalen Malze vorhandenen Säuren zum Theile
durch Bakterienwirkung auf der Tenne während des Keimprozesses erzeugt werden. Somit
sind auch von diesem Gesichtspunkte aus schon dem eigentlichen Brauprozesse,
besonders bei Kaufmalz, so fern liegende Verhältnisse als die Tennenbehandlung des
Malzes von Bedeutung. Beim Maisch- und Läuterprozesse können diese Bakterien dann je
nach angewendeter Temperatur verderblich auf das Bier einwirken. Es ist daher ein
sorgfältiges Waschen der Gerste, eine nicht zu warme Führung des Haufens und das
Putzen des fertigen Malzes dringend zu empfehlen.