Titel: | V. Biétrix's Compoundmaschine mit einem liegenden und einem stellenden Cylinder. |
Fundstelle: | Band 257, Jahrgang 1885, S. 301 |
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V. Biétrix's Compoundmaschine mit einem liegenden
und einem stellenden Cylinder.
Mit Abbildungen auf Tafel
20.
Biétrix's Compoundmaschine.
Die in Fig. 1
bis 7 Taf. 20
nach Armengaud's Publication industrielle, 1884 Bd. 29
S. 72 dargestellte Compoundmaschine von V. Biétrix und
Comp. in Saint-Etienne (Loire)Vgl. auch Génie civil, 1884 Bd. 5 * S. 1. Annales industrielles, 1885 Bd. 1 Heft
7. ist sowohl hinsichtlich ihrer Gesammtanordnung, als auch in Bezug
auf die Einrichtung einzelner Theile beachtenswerth.
Der kleine stehende Cylinder A und der groſse liegende
Cylinder C sind an einen kräftigen winkelförmigen
Hohlguſsträger B angebolzt, welcher aus zwei Theilen
zusammengeschraubt ist und zugleich ein Lager der Kurbelwelle sowie die Gleitbahnen
für die Kreuzköpfe trägt. Der Condensator D mit der
Luftpumpe ist auf einem besonderen Unterbaue hinter dem groſsen Cylinder
aufgestellt. Der Dampf tritt durch das Absperrventil s
in den kleinen Cylinder ein und gelangt, nachdem er in demselben gewirkt hat, durch
ein Rohr r in den auf dem Schieberkasten des groſsen
Cylinders stehenden Zwischenbehälter R, welcher zu
einem Ueberhitzer ausgebildet ist, während der Abdampf des groſsen Cylinders durch
das Rohr d in den Condensator strömt.
Beide Cylinder wirken auf eine Stirnkurbel und zwar
greift die Pleuelstange des groſsen Cylinders an den Kurbelzapfen an, während die
des kleinen Cylinders, wie aus Fig. 3, 6 und 7 ersichtlich, an den Kopf
der ersteren angehängt ist. Es wird also hier mit nur einer Kurbel derselbe
gleichmäſsige Antrieb erreicht wie bei neben einander liegenden Cylindern mit zwei
um 90° versetzten Kurbeln und die Beanspruchung der Welle ist eine günstigere als
bei den gewöhnlichen Compoundmaschinen. Ein weiterer Vortheil besteht noch darin,
daſs die relative Drehung an dem oberen Zapfen des Triebstangenkopfes und damit auch
die Abnutzung an demselben sehr gering ausfällt, indem sich die Stange M gegen diesen Zapfen nur um so viel dreht, als der
Winkel zwischen beiden Pleuelstangen sich ändert. Der mittlere Druck an dem
Kurbelzapfen ist dafür allerdings um etwas gröſser, als er für einen Cylinder allein
sein würde. Die den Kurbelzapfen aufnehmende Lagerschale ist deshalb auch
dreigetheilt, mit sogen. Antifrictionsmetall ausgegossen und mit Schrauben zum
Nachstellen in wagerechter, wie in senkrechter Richtung versehen.
Die Cylinder haben 380mm bezieh. 650mm Durchmesser, 25mm Wandstärke und sind beide mit Dampfmänteln versehen. Die hohlen Kolben
haben schwedische Liderungsringe und machen einen Hub von 650mm. Die Dampfkanäle am kleinen Cylinder sind
verhältniſsmäſsig weit, ihr Querschnitt beträgt 0,08 des Cylinderquerschnittes,
während die Kanäle des groſsen Cylinders das gewöhnliche Maſs (0,05 des
Cylinderquerschnittes) besitzen.
Zur Steuerung dienen bei beiden Cylindern Doppelschieber (vgl. Fig. 1) und zwar werden
sowohl die beiden Grundschieber, wie auch die beiden Expansionsschieber von je einem Excenter bewegt. Der Expansionsschieber des
kleinen Cylinders ist ein Trapezschieber (vgl. Fig. 2), welcher in der
Querrichtung mit Hilfe eines Winkelhebels F1 verstellt wird; dabei findet er seine Führung in
einem breiten, an der Schieberstange befestigten Mitnehmer q, welcher mit seiner geriffelten Rückenfläche an dem gleichfalls
geriffelten Schieberkastendeckel gleitet. Die Verstellung des Trapezschiebers
erfolgt durch den Regulator Q in folgender Weise: Der
Winkelhebel F1, welcher
mit einem Gleitstein in eine Nuth des Trapezschiebers eingreift, ist mit einer durch
eine dritte Stopfbüchse gehenden Stange F verbunden, an
welche eine gegabelte Schiene f1 angehängt ist; letztere umfaſst eine passend
geformte, an der Stange des Trapezschiebers befestigte Anstoſsknagge f und wird vom Regulator mittels der Stange f4 mehr oder weniger
nach rechts oder links geneigt. Diese Schiene f1 trägt zwei Bolzen f2 und f3, deren Entfernung genau dem Hube des
Expansionsschiebers entspricht. Sobald daher die Lage der Schiene f1 geändert wird, muſs
die schräge Knagge f bei ihrer Auf- und Abbewegung an
einen der Bolzen anstoſsen und dadurch eine Bewegung des Winkelhebels F, also eine Verstellung des Trapezschiebers
veranlassen. Der von dem Regulator zu überwindende Widerstand ist hiernach sehr
gering. Eine Oelbremse Q1 verhindert das „Tanzen“ des Regulators. Wie aus dem
Schieberdiagramme Fig. 5 ersichtlich, ist die Füllung des kleinen Cylinders zwischen 0,15
und 0,65 veränderlich, während der groſse Cylinder stets 0,385 Füllung erhält.
Um eine möglichst ausgiebige Heizung des Dampfes im Zwischenbehälter R zu erreichen, ist dieser nach Art der
Oberflächencondensatoren von einem Bündel enger Kupferröhren durchzogen, welche der
überströmende Dampf durchzieht und die von frischem, durch r1 eintretendem und durch r2 entweichendem
Kesseldampfe umgeben sind (vgl. Carvalho bezieh. Morris 1882 244 * 263).
Durch das Rohr r3 mit
dem Ventile R1 kann man
auch frischen Dampf in den groſsen Cylinder einströmen lassen, um bei ungünstiger
Stellung der Kurbeln ein Anlassen der Maschine zu ermöglichen. Ein Mantel schützt
den Behälter R gegen bedeutende Wärmeverluste.
Die Luftpumpe hat 210mm Durchmesser und ist mit
Kautschukventilen versehen. Von den sonstigen Einzeltheilen ist noch anzuführen,
daſs sämmtliche Stopfbüchsen, auch die in Fig. 4 besonders
gezeichnete Stopfbüchse der Luftpumpe, Metallliderung haben und daſs die Schmierung
des Kurbelzapfens und des darüber liegenden Zapfens von zwei neben der lothrechten
Gleitbahn angebrachten Oelbehältern z (Fig. 7) aus in folgender Weise
geschieht: Am Kreuzkopfe sind seitlich, neben den Stirnflächen des Zapfens kleine
Näpfchen z1 angebracht,
in welche das Oel aus den Behältern z fortwährend
hineintropft und aus denen dasselbe durch enge, seitlich an der Pleuelstange
befestigte Bleiröhren zu den beiden Zapfen gelangt.
Die dargestellte Maschine ist für eine Mahlmühle
bestimmt. Die erste Maschine dieser Anordnung wurde für ein Walzwerk entworfen, für welches sie auch wegen ihrer Einfachheit, ihrer
Standfestigkeit ohne groſse Raumbeanspruchung u.s.w. ganz geeignet scheint. Tannett, Walker und Comp. in Hunslet bei Leeds haben
auch nach dem Engineer, 1883 Bd. 56 * S. 466 dieselbe
Anordnung der Cylinder bei einer Zwillingsmaschine für die Rhymney-Eisenwerke
benutzt. Die Cylinder dieser Maschine besitzen 1m,5 Durchmesser, 1m,2 Hub und sind mit
Kolbensteuerung versehen. Die Kurbelwelle macht 90 Umdrehungen in der Minute.