Titel: | Ueber ein neues Waschverfahren mit Hilfe des Hygrothermanten; von Prof. M. Ballo in Budapest. |
Autor: | M. Ballo |
Fundstelle: | Band 257, Jahrgang 1885, S. 205 |
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Ueber ein neues Waschverfahren mit Hilfe des
Hygrothermanten; von Prof. M.
Ballo in Budapest.
Mit Abbildung.
Ballo's Waschverfahren mit Hilfe des Hygrothermanten.
Eines der ersten hygienischen Erfordernisse: die Reinigung der Wäsche, der Wohnung
und aller der Verunreinigung unterworfenen Gebrauchsgegenstände, ist lange, bevor
noch die Hygiene sich zur Wissenschaft entwickelte, ganz allgemein erkannt und
ausgeübt worden. Ursache und Wesen der Sache hat die Wissenschaft nur in jüngster
Zeit zum Gegenstande ihrer Forschungen gemacht und die dabei gewonnenen Erkenntnisse
haben die Nothwendigkeit einer Vervollkommnung der zum Zwecke der Reinigung und
Desinfektion angewendeten Methoden geführt. Jeder Schritt, welcher die Erreichung
dieses Zweckes erleichtert, vervollkommnet oder verallgemeinert, gereicht zum Wohle
der Menschheit und deshalb stehe ich nicht an, ein Waschereinigungsverfahren zu
veröffentlichen, wie es in meiner Haushaltung seit verflossenem Sommer mit
zufriedenstellendem Erfolge ausgeübt wird.
Das Prinzip der Wäschereinigung besteht darin, daſs man die verunreinigenden Stoffe
in Lösung bringt und die so entstandene, an der Faser haftende Lösung entfernt. Die
Entfernung der entstandenen Schmutzlösung, welche zunächst in concentrirtem Zustande
an der Oberfläche der Faser haftet, besteht in der
Vertheilung derselben in der gesammten Menge des angewendeten
Lösungsmittels. Durch Erneuerung und schlieſslichen Ersatz des Lösungsmittels mit
reinem Wasser wird ein hinlänglicher Grad der Verdünnung herbeigeführt, um die
Wäsche für unsere Sinne als rein erscheinen zu lassen.
Zum ersteren Zwecke benutzt man bekanntlich chemisch wirkende (alkalisch reagirende
Substanzen), oder einfach mechanisch lösende Mittel (Benzol). In beiden Fällen
entstehen an der Oberfläche der Faser Schmutzlösungen, welche mit Hilfe mechanischer Mittel im Gesammtlösungsmittel vertheilt
werden müssen, um dem Reagens neue Angriffspunkte zu erschlieſsen. Dieses
mechanische Mittel ist die Bewegung, welche in vorliegendem Falle nur auf zweierlei
Art zur Verwendung gelangt und zwar: es wird entweder die Wäsche in Bewegung gebracht, während das Lösungsmittel selbst unmittelbar
nicht bewegt werden soll, oder es wird umgekehrt das Lösungsmittel unmittelbar
bewegt, während die Wäsche ruht, das sogen. Sechtelprinzip (vgl. auch 1883 249 * 78).
Ueberblickt man die bisher in Anwendung gebrachten Wäschereinigungsmethoden, so fällt
uns sofort auf, daſs die meisten auf dem ersteren Prinzipe beruhen: Die Wäsche wird
im Lösungsmittel mit der Hand oder mechanisch hin und her geschleudert, gerieben,
gewunden. Selbst die auf der Londoner hygienischen Ausstellung im vorigen Jahre
ausgestellten Apparate (vgl. 1885 256 91) huldigen diesem
Prinzipe, trotzdem es allgemein anerkannt ist, daſs die Faser unter solcher
Miſshandlung mehr leidet, als während der Erfüllung ihrer Bestimmung, dem Tragen.
Und trotz Allem führt dieses Verfahren nicht zum Ziele. Während der mechanischen
Behandlung wird sowohl im Groſsen, als auch im Kleinen stets die Wärme als Hilfsmittel benutzt, welche gewiſs nicht nur
in Folge der Temperaturerhöhung, als vielmehr in Folge der entstehenden Strömungen
günstig wirkt.
Das zweite Prinzip – Bewegung des Lösungsmittels bei ruhender Wäsche – finden wir
zuerst beim alten Sechtelverfahren praktisch verwerthet. Unsere Vorfahren, denen
Raum, Zeit und billige Arbeitskräfte in genügendem Maſsstabe zur Verfügung standen,
hielten dieses Verfahren mit Recht in hohen Ehren. Allein dasselbe ist zu
kostspielig und zeitraubend, um an seine Verwendung in der alten Form heutigen Tags auch nur denken zu dürfen. Selbst der auf diese
Art selbstthätig wirkende Katarakttopf, welcher
vorzüglich in Amerika sich einer groſsen Verbreitung erfreute, konnte dem Prinzipe
keine Geltung verschaffen, weil in gröſseren Haushaltungen derselbe eine
ungewöhnliche Gröſse erhalten muſste. Ein so groſser Metallkessel besitzt eine zu
groſse Heizfläche, arbeitet gröſser so langsam, daſs damit nicht nur
unverhältniſsmäſsig viel Zeit, sondern auch dem entsprechend mehr Brennmaterial und
Wartung nothwendig wurde. Um den Kessel billiger zu machen, wurde er aus verzinntem
Bleche hergestellt, allein ein neues Uebel entsteht hieraus: die geringsten
schadhaften Stellen bringen Rostflecke hervor. (Vgl. Berieselungsapparate 1883 249 * 79.)
Es steht auſser allem Zweifel, daſs die Zukunft jenem Reinigungsverfahren gehört,
welches auf dem Sechtelprinzipe beruht und seinen Zweck möglichst billig und
vollkommen erreicht. Die mechanische Behandlung der Faser muſs gänzlich vermieden,
oder auf das geringste Maſs herabgezogen werden; die Erhitzung muſs hinlänglich
andauern, um nicht allein eine möglichst vollständige Lösung des Schmutzes zu
ermöglichen, sondern auch um alle Organismen sicher zu tödten, unter welchen die
Bakterien in gewissen Entwickelungsstufen bekanntlich der Hitze lange Zeit hindurch
zu widerstehen vermögen.
Mein HygrothermantErhältlich bei Kugler es Társai in Budapest,
Vörösmartygasse 24. (vgl. * D. R. P. Kl. 6 Nr. 31549 vom
7. December 1884),
welcher in seiner Anordnung zum Pastriren der Weine * S. 149 d. Bd. beschrieben ist,
entspricht diesen Anforderungen, wenn auch nicht vollkommen, so doch in hohem Grade.
Derselbe unterscheidet sich vom Weinerhitzer nur im Fehlen des Pipenhahnes, weil die
Pipe eingetrieben werden kann, so lange der Kübel leer, und darin, daſs das Heizrohr
aus hartgelöthetem Kupfer besteht und unmittelbar vom Feuer bespült wird. Die Figur
zeigt den zusammengestellten Apparat in der Ansicht.
Textabbildung Bd. 257, S. 207
Die erhitzte Flüssigkeit tritt aus dem Ofen durch das Rohr a in den Kübel, steigt darin in die Höhe und die kalte Flüssigkeit tritt
an ihre Stelle durch das Rohr b in den Ofen. Der geringste Temperaturunterschied bringt den Kreislauf
hervor, welcher so lange ununterbrochen fortdauert, bis die Temperatur der
Flüssigkeit am Siedepunkte angelangt ist. Der Hahn c
dient zum Entleeren des Apparates; d ist die Handhabe
einer Klappe, welche die Flamme an die Spirale leitet, oder sie unmittelbar in den
Rauchfang entweichen läſst, je nachdem man die Klappe wagerecht oder senkrecht
stellt.
Packt man die Wäsche auf den durchlöcherten Boden des Holzkübels, hindert sie am
Aufsteigen durch oben angebrachte Querhölzer, füllt den Kübel voll mit Lauge,
Seifenwasser o. dgl., so daſs die Wäsche ganz damit bedeckt wird, und heizt nun, so
wird die Wäsche, bis die Temperatur nahe am Siedepunkte angelangt, tausendfach
durchgesechtelt. Läſst man dann das Ganze (am besten über Nacht) erkalten, so
entstehen neue Strömungen, indem die an den Seiten und an der Oberfläche zunächst abgekühlte Flüssigkeit
nach unten sinkt und an ihre Stelle die warme tritt: der Sechtelungsprozeſs
wiederholt sich aufs Neue tausendfältig.
In vielen Haushaltungen, in denen dieser Apparat in Budapest schon eingeführt wurde,
und in meiner eigenen, hat sich nun folgendes Waschverfahren am zweckmäſsigsten
erwiesen: Die Wäsche wird, zweckmäſsig sortirt, in mit Aschenlauge, Soda oder einem
anderen anerkannt guten Waschpulver versetztem Wasser eingeweicht und einmal an besonders stark beschmutzten Stellen mit
Seife durchgewaschen, wieder gut eingeseift und in den Kübel eingepackt. Man gieſst
nun soviel Lauge oder Seifenwasser hinzu, daſs die Wäsche vollständig bedeckt ist,
und heizt. Ist die Wäsche genügend lange der Erhitzung ausgesetzt gewesen, so nimmt
man sie heraus, spült sie mehrmals, ohne zu winden oder
wringen, in reinem Wasser aus und nur nach dem
Bläuen windet man auf irgend eine Weise (am besten mechanisch mit einer
Wringmaschine oder Schleuder) genügend zum Trocknen. Für gewöhnliche Wäsche genügen
3 Stunden Erhitzung; doch ist es am besten, wenn man die Wäsche gegen Abend einlegt,
genügend stark erhitzt und dann die Nacht über, ohne weiter
zu feuern, im Dunste läſst.
An Zeit ist bei diesem Verfahren kaum ein Gewinn; allein die Ersparniſs an Arbeit (das Brennmaterial kommt nunmehr kaum in
Betracht) ist so bedeutend, daſs die Wäsche in etwas gröſseren Haushaltungen ganz
gut ohne empfindlichere Unterbrechung der gewöhnlichen Hausordnung mit vollkommen
zufriedenstellendem Erfolge besorgt werden kann. Als wichtige Folge dieses Umstandes
betrachte ich weniger die Ersparniſs an Wäschereinigungskosten, als vielmehr die
Ermöglichung einer leichteren Befriedigung des Reinlichkeitsinnes.
Da mit dem Apparate eine beliebige Temperatur erreicht und durch vorsichtiges Feuern
auch nahezu unverändert erhalten werden kann, so eignet sich dieses Verfahren zum
Waschen der jetzt so beliebten Wollwäsche ganz
vorzüglich. Aber auch für andere häusliche Zwecke kann dieser Apparat benutzt
werden, so zum Anwärmen des Badewassers. Das im Kübel erhitzte Wasser kann
unmittelbar in eine Wanne abgelassen und auf geeignete Weise eine beliebige Anzahl
Bäder leicht hergestellt werden. Zum Erhitzen der eingemachten Früchte eignet sich
dieser Apparat ebenfalls, weil Bruch nur bei neuen Gläsern möglich und die Zeitdauer
des Erhitzens beliebig sein kann.
Budapest, Juni 1885.