Titel: | Ueber die Anwendung des Hygrothermanten zum Erhitzen der Weine im eigenen Gebinde; von Prof. M. Ballo in Budapest. |
Autor: | M. Ballo |
Fundstelle: | Band 257, Jahrgang 1885, S. 149 |
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Ueber die Anwendung des Hygrothermanten zum
Erhitzen der Weine im eigenen Gebinde; von Prof. M. Ballo in
Budapest.
Mit Abbildungen.
Ballo's Apparat zum Erhitzen des Weines im eigenen
Gebinde.
Seit der Entdeckung Pasteur's, daſs ein Erhitzen auf
etwa 60 bis 70° den Wein zu conserviren vermag, ohne seinen sonstigen Eigenschaften
zu schaden, vergeht kaum ein Jahr, welches nicht neue, zu diesem Zwecke empfohlene
Apparate brächte. Ich erwähne nur die Apparate von Rossignol, Terreil de Chênes, Giset und Vinas, Kirchner, Avenarius u.a.
(vgl. 1885 255 * 290). Keiner dieser Apparate hat sich
einer allgemeinen Anwendung zu erfreuen. Die Ursache hiervon glaube ich zunächst in
der Kostspieligkeit dieser Apparate suchen zu müssen. Für die Hauptursache halte ich
jedoch einen anderen Umstand, welcher eben zur Construction des im Nachfolgenden zu
beschreibenden Apparates führte.
Dieser Umstand besteht darin, daſs bei den meisten zu diesem Zwecke empfohlenen
Apparaten, der zu erhitzende Wein aus dem ursprünglichen Gebinde in den Heiz-, aus
diesem in den Kühlapparat und endlich in das Aufbewahrungsgefäſs (Faſs, Flasche)
gelangt. Es ist klar, daſs der erwärmte und dann
abgekühlte Wein in dem neuen, mit Luft gefüllten Gefäſse neue
Krankheitskeime aufnehmen kann und demnach nicht die Haltbarkeit besitzt, die er
erlangen würde, wenn mit dem Weine zugleich auch das Aufbewahrungsgefäſs durch
Erwärmung sterilisirt worden wäre. Diese Anschauung veranlaſste zuerst A. Fromm und J. Vörös in
Budapest, einen Apparat (vgl. 1885 255 * 291) zu
construiren, mittels welchen der Wein im eigenen
Gebinde erhitzt werden kann.
Auf Grund wiederholter Versuche habe ich mich überzeugt, daſs der einzige Vorwurf,
welcher dieser Anschauung entgegengesetzt werden kann, daſs nämlich der im Fasse
erhitzte Wein durch Extraction gewisser Faſsbestandtheile einen wahrnehmbaren
Faſsgeschmack erhalte, durchaus unbegründet sei, falls das
Faſs vollständig weingrün war. Es wurde diese Beobachtung an mehr minder
werthvollen Weinen gemacht.
Es handelt sich nun darum, einen Apparat zu construiren, welcher den Zweck auf eine
sichere, billige und den Anforderungen der Wissenschaft entsprechende Art erfüllt.
Diese letzteren bestehen hauptsächlich darin, daſs der erhitzte Wein mit kalter Luft
nicht mehr in Berührung kommen darf, daſs die Erwärmung von unten nach oben
stattfinde, ganz so, wie wenn er über freiem Feuer erhitzt worden wäre, – weil beim
Erhitzen von oben nach unten (wie dies beim Apparate von Vorös-Fromm der Fall ist) der Wein oben siedend heiſs werden kann, während
die unteren Schichten noch ganz kalt bleiben; daſs endlich feinere Weine auf über
100° erhitzte Heizflächen nicht berühren dürfen, weil sie dann angeblich an ihrem
Wohlgeschmacke Einbuſse erleiden u.s.w.
Der von mir zu diesem Zwecke construirte und von F. J.
Kugler in Budapest ausgeführte Apparat, welchem ich, seiner Bestimmung
entsprechend, den Namen HygrothermantDieser Apparat erhielt das * D. R. P. Kl. 6 Nr. 31549 vom 7. December
1884 auf die Namen A. Fromm, F. J. Kugler
und M. Ballo in Budapest und ist bei der
Firma Kugler és Társai in Budapest
erhältlich. beilege, ist in seiner einfachsten, das
Prinzip erläuternden Form in Fig. 1 abgebildet. Die
in der Spirale erwärmte Flüssigkeit steigt durch das Rohr a in das Faſs und an ihre Stelle tritt durch b kalte Luft hinein. Der Umlauf beginnt beim geringsten
Temperaturunterschiede in a und b und dauert bis zur Siedetemperatur.
Fig. 1., Bd. 257, S. 150
Fig. 2., Bd. 257, S. 150
Man sieht, daſs der Apparat auf dem Prinzipe der Warmwasserheizung beruht; das Neue
daran besteht aber darin, daſs das Kalt- und Heiſswasserrohr bei ihrem Austritte aus
dem Heizkörper sich zu einem einzigen Rohre vereinigen,
in welchem die zwei entgegengesetzten Strömungen für gewöhnlich (wenn nämlich das
Rohr nicht weit genug sein kann oder sein soll) durch eine dünne Metallwand getrennt sind. Dieses
Doppelrohr kann – falls das Kaltwasserrohr bei c auf
die Art von unten nach oben eintritt, daſs die in der Spirale an der Eintrittstelle
erwärmte Flüssigkeit nicht in demselben aufsteigen kann – ziemlich weit in wagerechter Richtung fortgeführt werden, ohne daſs
dadurch der Umlauf der Flüssigkeit gehemmt wird.
Der Heizkörper kann entweder über freiem Feuer, oder im Wasserbade erwärmt werden. Im
letzteren Falle erhält der Apparat die Form Fig. 2.
Der Wasserkessel k wird mit Hilfe des Trichters t mit Wasser gefüllt und während der Arbeit damit voll
gehalten, indem man darauf sieht, daſs sich im Trichter t stets Wasser befinde und das verdampfte durch neues ersetzt werde. Die
Einrichtung im Kesselhause gestattet, den Wasserkessel von allen Seiten zu erwärmen.
Fig. 3 und 4
zeigen beide Apparate in äuſserer Ansicht, letzteren mit Wasserheizung
zusammengestellt; mit Hilfe der Schrauben a und c wird die Verbindung des Hygrothermanten mit dem
Doppelrohre hergestellt, b dient zum Einfüllen des
Apparates mit Wein, d zum Entleeren desselben nach
erfolgter Erhitzung und mittels e (Fig. 4) erfolgt das Ablassen des Wassers aus dem
Wasserkessel.
Fig. 3., Bd. 257, S. 151
Der einfache Apparat Fig. 3 wird hier stets mit gutem
Erfolge zum Erhitzen geringer Weine benutzt und besitzt als Heizkörper eine Spirale
von reinem Zinn, die jedoch durch einen durchlöcherten
Blechmantel vor der unmittelbaren Einwirkung der Flamme geschützt ist. Es ist aber
selbstverständlich, daſs ein solcher Apparat insofern vorsichtig behandelt sein
will, als nicht früher geheizt werden darf, bis derselbe nicht mit Wein gefüllt ist,
und die Spirale am Ende der Arbeit nicht früher entleert werden darf, bis das Feuer
nicht ausgegangen oder beseitigt ist.
Der in Fig. 4 veranschaulichte Apparat mit Wasserbad
(bestehend aus starkem Kupferkessel) besitzt ebenfalls einen Heizkörper aus Zinn,
weil Kupfertheile schwer vollkommen gut verzinnbar sind, indem das zum Verzinnen
dienende Metall gewöhnlich Blei haltig und weil die Verzinnung überhaupt nicht
dauerhaft ist. Es handelte sich eben darum, einen haltbaren Apparat zu schaffen,
welcher auch in hygienischer Beziehung hinlängliche Sicherheit bietet, da – wie ich
fand – Blei und Kupfer von einer Weinsteinlösung in groſsen Mengen aufgenommen
werden.
Fig. 4., Bd. 257, S. 152
Die Verbindungsrohre sind bei beiden Apparaten, um die Aufstellung derselben zu
erleichtern, aus Kautschuk und das Doppelrohr nimmt bei beiden Apparaten die Form
einer mit Hahn versehenen Pipe, welche bei geschlossenem Hahne in das untere
Spundloch eingetrieben werden kann. Stellt man dann die Verbindungen her und öffnet
den Hahn der Pipe, so füllt sich der Heizkörper fast augenblicklich mit Wein an und
nun kann geheizt werden.
Fig. 5., Bd. 257, S. 152
Fig. 6., Bd. 257, S. 152
Die Pipe sowohl, als auch der Heizkörper kann
selbstverständlich verschiedene Formen erhalten; für die erstere benutze ich die
Formen Fig. 5 und 6;
für den letzteren aber eine Spirale, in welcher der Kreislauf am leichtesten
stattfindet und die durch Ausspülen mit Wasser (oder zunächst mit einer Sodalösung
und dann Wasser) leicht gereinigt wird und auch leicht rein erhalten werden kann,
wenn das Ausspülen sorgfältig und sofort nach jedem Gebrauche ausgeführt wird.
Die unter dem Stande des Heiſswasserrohres im Fasse befindliche Flüssigkeit bleibt
während der ganzen Erhitzung nahezu auf der ursprünglichen Temperatur, während die
darüber stehende Flüssigkeit sich so gleichmäſsig durchwärmt, daſs die
Temperaturunterschiede in den äuſsersten Theilen des Fasses höchstens 2 bis 3°
betragen. Durch Verlängerung des Kaltwasserrohres bis zum tiefsten Punkte des Fasses
könnte dem zwar abgeholfen werden; allein es müſsten dann für Fässer verschiedener
Gröſse verschieden lange Rohre genommen werden, während ein einfaches, kurzes
Aufrühren des Faſsinhaltes mit Hilfe eines reinen Stabes, kurz bevor die Temperatur
die gewünschte Höhe erreicht, den Zweck vollkommen erfüllt. Ist die Temperatur bei
60 bis 65° angelangt, so rührt man auf- dadurch sinkt sie um 1 oder 2°, je nach
Gröſse des Fasses, und man hat dann nur noch ein kurzes Erwärmen nöthig, um die
Temperatur wieder auf die oberste Höhe zu bringen. Ist dies geschehen, so entfernt
man den Apparat, spundet auch das obere Loch zu und läſst erkalten. Die im oberen
Theile des Fasses befindliche Luft erwärmt sich auf die Temperatur des Ganzen und
wird also ebenfalls sterilisirt.
Auf Flaschen abgezogene Weine können mit Hilfe eines doppelbödigen Kübels im
Wasserbade (ebenso wie eingemachte Früchte) pasteurisirt werden.
Budapest, Juni 1885.