Titel: | Ueber elektrische Bogenlampen für schwache Ströme. |
Fundstelle: | Band 256, Jahrgang 1885, S. 531 |
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Ueber elektrische Bogenlampen für schwache
Ströme.
Rühlmann, über elektrische Bogenlampen für schwache
Ströme.
In der Elektrotechnischen Zeitschrift, 1885 S. 207 weist
Prof. R. Rühlmann darauf hin, daſs die Gastechniker
bemüht seien, Gasbrenner von immer gröſserer Leuchtkraft herzustellen, welche mit
den Wirkungen elektrischer Bogenlampen wetteifern, die Elektrotechniker dagegen eine
möglichste Theilung des elektrischen Lichtes herbeizuführen und Lampen herzustellen
strebten, welche hinsichtlich ihrer Leuchtkraft den bereits im Gebrauche
befindlichen anderen Beleuchtungskörpern möglichst nahe kommen. Letzteres bezweckten
die Jablochkoff'schen Kerzen und machte besser
erreichbar die Erfindung der Differentiallampen und des Glühlichtes (Edison 1880 235 469).
Nun ist das Bogenlicht wesentlich billiger als
Glühlicht; denn es gestattet, mit demselben Aufwände von mechanischer Energie eine
viel gröſsere Lichtmenge hervorzubringen als bei Glühlampen. Während selbst die
besten Glühlichtsysteme kaum mehr als 140 bis 150 Normalkerzen für jede aufgewendete
mechanische Pferdekraft erzeugen, erreicht man beim elektrischen Bogenlichte durch denselben Aufwand
eine 5 bis 7mal gröſsere Lichtwirkung. Die Farbe des
Glühlichtes ist ferner, sofern man nicht ganz unwirthschaftlich mit auſserordentlich
hohen Spannungen arbeiten will, bei welchen die Lebensdauer der Glühlampen eine
geringe ist, nur wenig verschieden von dem des Gases und guter Erdöllampen. Daher
vermag man bei Glühlicht ebenso wenig wie bei Gaslicht gewisse feine
Farbenunterschiede wahrzunehmen, was doch für viele Industrien von groſser
Wichtigkeit ist.
Dem Elektrotechniker begegnen im Verkehre mit dem Licht bedürftigen Publikum
fortdauernd die Wünsche, entweder Bogenlicht neben Glühlicht von derselben
elektrischen Maschine aus betreiben zu können, oder ein Mittelding zu besitzen, das,
ohne die Vorzüge des Bogen-lichtes ganz einzubüſsen, eine Vertheilbarkeit der
Lichtwirkung zuläſst, welche der bei der Glühlichtbeleuchtung bereits erreichten
nahe kommt. Der Mangel kleinerer Bogenlampen von geringerer Helligkeit nöthigt oft
zu einer gewissen Verschwendung, da es nicht möglich ist, die Lichtwirkung in
solchen Fällen genügend auszunutzen, wo es sich um eine ausgiebige Beleuchtung an
einer gröſseren Zahl aus einander liegender Punkte handelt; dazu kommt, daſs durch
die kräftige Allgemeinerleuchtung in durch Bogenlicht erleuchteten Arbeitsräumen die
Pupillen des Arbeiters sich verhältniſsmäſsig eng zusammenziehen und in Folge dessen
eine gröſsere relative Helligkeit am Arbeitsplatze nöthig ist, als dies der Fall
sein würde, wenn die Allgemeinerleuchtung des Arbeitsraumes nur eine dürftige
wäre.
In der Befriedigung des Bedürfnisses, einen Raum anstatt durch wenige starke
Lichtquellen durch eine gröſsere Zahl Lampen zu erleuchten, welche eine bessere
Vertheilung des Lichtes ermöglichen, sind gewisse Erfolge durch die sogen. ContactlampenVgl. z.B. Reynier 1878 227 * 399. 1879 231 285. 1880 235 319. Werdermann 1879 231 * 34. 1880 235 319. 1881 230 123. Joel 1882 246 * 180. Fein 1884 252 * 341. erzielt worden, d.h. durch elektrische Lampen, bei welchen
ein verhältniſsmäſsig dünner Kohlenstab gegen den Umfang einer Scheibe aus Kohle
oder Kupfer drückt; jedoch wird die zur Erzeugung des elektrischen Lichtes
aufgewendete mechanische Energie bei Lampen dieses Systemes ebenfalls nur sehr
ungünstig ausgenutzt, da sich die verbrauchte elektrische Energie vorzugsweise in
Wärme und minder in Licht umwandelt.
Den ersten Versuch, wirkliche Bogenlampen von geringer Helligkeit in gröſserem
Umfange anzuwenden, scheint Gülcher (1881 239 124. 1882 243 428. 246 276) gemacht zu haben. Derselbe wendet bei seinem
Beleuchtungssysteme durchaus Maschinen für constante Klemmenspannung und die Lampen
stets in Parallelschaltung an. Gülcher gibt an, daſs er
durch seine Maschinen im Stande sei, sowohl Glühlicht und Bogenlicht neben einander,
als auch Bogenlampen von der verschiedensten Helligkeit und Stromstärke (Bogenlampen bis herab zu 200
Normalkerzen bei 2 Ampère Stromstärke, bezieh. 500 Normalkerzen bei 4 Ampère) neben
einander zu betreiben. Um dies zu ermöglichen und mit Rücksicht auf die
eigenthümliche Construction seiner Bogenlampen, soll Gülcher jedoch genöthigt sein, vor die einzelnen Lampen beträchtliche
Widerstände zu schalten. Dabei können allerdings einerseits dünne Zuleitungen zu den
Lampen benutzt werden; es wird aber auch andererseits ein sehr beträchtlicher Theil
der von der Maschine erzeugten elektrischen Energie in diesen Widerständen nutzlos
in Wärme verwandelt. (Es verlautet, daſs dieser Verlust unter Umständen bis 25 Proc.
betragen soll.) Neuerdings haben gleichzeitig Siemens und
Halske und die Deutsche Edisongesellschaft
kleine Bogenlampen für geringe Stromstärken hergestellt. Die Lampen beider Firmen
erzeugen unter Anwendung geringer Stromstärken eine nur mäſsige Helligkeit, sind in
ihren Constructionseinzelheiten auſserordentlich einfach, beanspruchen sehr wenig
Raum und eine geringere Höhe der zu beleuchtenden Räume, weil bei denselben der hohe
Oberbau wegfällt. Beide Arten kleiner Bogenlampen können für verschiedene
Stromstärken und Helligkeiten hergestellt werden. Siemens
und Halske haben auſserdem neuerdings auch noch eine kleine
Differentiallampe für denselben Zweck hergestellt, deren Oberbau nur sehr wenig Raum
beansprucht (vgl. * S. 499 d. Bd.).Zwei Lampen (angeblich Patent Pieper) brennen
schon seit mehreren Wochen in dem Laden einer im Hause der Centralstelle der
Deutschen Edisongesellschaft in der
Friedrichsstraſse zu Berlin gelegenen Delikatessengeschäft und haben
unausgesetzt das lebhafteste Interesse des Publikums erregt. Das Licht
dieser Lampen ist sehr ruhig und sehr schön, die gröſste Lichtmenge wird
jedoch von denselben leider nicht nach unten geworfen; das Licht macht den
Eindruck wie das einer Gleichstrom-Bogenlampe, welche mit verkehrter
Stromrichtung brennt. Wahrscheinlich liegt ein wesentlicher Theil des
Regulirmechanismus in der kleinen Glocke unter dem Lichtbogen und wirft nach
unten zu jenen eigenthümlichen Schatten.Unter Nr. 28610 vom 9. August 1883 hat die Société
anonyme des Ateliers de Construction mécanique et d'Appareils
électriques in Paris ein „System zur Regelung der Bewegung der
Kohlen in elektrischen Lampen“ patentirt erhalten, welches mit den
obigen Einrichtungen ähnliche Zwecke zu verfolgen scheint.Red.
Aller Wahrscheinlichkeit nach werden zunächst derartige kleine
Bogenlampen eine ausgedehnte Anwendung in bereits bestehenden oder neu
herzustellenden Glühlichtanlagen finden. Man wird künftig vorziehen, an Stelle von
Glühlampen mit Lichtstärken von 50, 100 und mehr Kerzen derartige kleine Bogenlampen
für 3 bis 4 Ampère zu verwenden. Ganz sicher aber wird man auch sehr bald – zumal in
Spinnereien, Appreturen, Maschinenfabriken, Wirthschaften u. dgl. – gröſsere
Beleuchtungsanlagen mit solch kleinen Lampen ausführen. Bei Gebrauch von
Glühlichtmaschinen zu ungefähr 50 Volt wird man solche kleine Bogenlampen unter
Vorschaltung eines geringen Widerstandes unmittelbar parallel unter sich und zu
Glühlampen schalten. Benutzt man jedoch Glühlichtmaschinen für wenig über 100 Volt
Spannung, so wird man je 2 Lampen nach einander und Gruppen solcher Lampenpaare
parallel schalten. Sollen jedoch derartige kleine Bogenlampen durch hinter einander
geschaltete Maschinen mit hoher Spannung betrieben werden, so wird man an Stelle
einer Bogenlampe von z.B. 9 bis 10 Ampère drei parallel geschaltete kleine Lampen
von vielleicht 3 Ampère Stromstärke verwenden.
Sofern diese kleinen Lampen nicht nach dem Differentialprinzipe
construirt sind, wird die Gefahr eines Zusammenlaufens der beiden Kohlen nicht ganz
ausgeschlossen sein, wenn Schwankungen in der Stromstärke oder Unregelmäſsigkeiten
in dem Materiale der Kohlen vorkommen. Man wird daher solche kleine Lampen wohl nur
in Anlagen mit sehr constanter Stromstärke verwenden können und auch dann noch in
den meisten Fällen genöthigt sein, ähnlich wie dies schon Gülcher gethan hat, kleine Widerstände vor die Lampen zu setzen und damit
auf die günstigste Ausnutzung der von der elektrischen Maschine gelieferten Energie
zu verzichten.