Titel: | Triebwerkstheile für Hebezeuge. |
Fundstelle: | Band 255, Jahrgang 1885, S. 493 |
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Triebwerkstheile für Hebezeuge.
Mit Abbildungen.
Triebwerkstheile für Hebezeuge.
Die Construction der Daumenrolle und Kettennuſs für
kalibrirte Keilen Gehandelt Sigm. Gottlob in
den Technischen Blättern, 1883 S. 235 und liefert
daselbst einen neuen Beitrag zur Bestimmung des Kettenrollenhalbmessers. Gottlob geht in seinen Untersuchungen davon aus, den
Halbmesser des umschriebenen Kreises desjenigen n-Eckes
zu bestimmen, welches entsteht, wenn man die Mittellinien der flach gelagerten
Kettenglieder bis zum gegenseitigen Schnitte verlängert. Die Entwickelung ist
einfach und besonders beachtenswerth das gleichzeitig mitgetheilte rein
zeichnerische Verfahren, welches aber, wie der Verfasser selbst angibt, nur für
Daumenrollen mit geringer Daumenzahl, am besten für Sollen mit 4 Daumen, anwendbar
ist.
Bezeichnet l die innere Baulänge der Kettenglieder, δ die Ketten eisenstärke und n die Daumenzahl der Rolle, so ist in der Fig.
1
ab = l + δ und ac = l – δ, ferner ∠ xoy = ∠
cad = 1/n180.
Fig. 1., Bd. 255, S. 493
Man hat daher an ab = l + δ nur den ∠ dac =1/n180, d. i. bei einer 4daumigen Kettennuſs
den Winkel von 45° anzutragen und den freien Schenkel dieses Winkels ac = l – δ zu machen, um
dann im Schnittpunkte der auf ab und ac in den bitten dieser Strecken errichteten Lothe den
Mittelpunkt der Kettennuſs zu erhalten. Die formen der Kettenlager in der Nuſs,
welche in der rechten Hälfte der Figur für diejenigen Kettenglieder dargestellt
sind, die sich senkrecht zur Rollenachse einlegen, während die linke Hälfte die
Lager für die sich flach auflegenden Glieder zeigt, ergeben sich dann sofort durch
die Verzeichnung der Kettenglieder um die Mittelpunkte c,
a und b u.s.w.
Auf dem Rechnungswege findet Gottlob für den fraglichen
Halbmesser oe den Werth:
R=\frac{l+\delta+\frac{l-\delta}{cos\,(180\,:\,n)}}{2\,sin\,(180\,:\,n)}
Der Werth ist für die Rechnung etwas unbequemer als die Formel R = ½ (l cotg
1/n 90 –
δ tg
1/n 90)
von C. Juch, deren Ableitung in der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1884 * S.
33 mitgetheilt ist und welche den Werth des demselben n-Eck eingeschriebenen Kreisradius bestimmt, Auſserdem eignet sich die Gottlob'sche Formel nicht so gut zur weiteren Ableitung
des eigentlichen Theilkreisradius, welcher den Lastarm der Daumenrolle, d.h. den
Abstand der Mittelpunkte aller Kreisschnitte der einzelnen Kettenglieder in der
Rollenmittelebene von der Achse bestimmt, dessen Kenntniſs für die
Triebwerksconstruction von Wichtigkeit ist. Auch diesen Werth hat Juch abgeleitet.
Die von Juch berechneten Werthe sind übrigens schon
früher von Friedrich Bock in München bestimmt und im
Civilingenieur, 1881 * S. 65 in der Abhandlung
„Bestimmung des Wirkungsgrades der Differentialräderwerke“
veröffentlicht. Bock hat die Formel angegeben:
R=l\,\frac{1+cos\,(180\,:\,n)}{2\,sin\,(180\,:\,n)}-\delta\,\frac{1-cos\,(180\,:\,n)}{2\,sin\,(180\,:\,n)}.
Da aber nach allgemeinen goniometrischen Beziehungen 1 + cos (180 : n) = sin (180 : n) : tg (90 : n) und 1 – cos (180 : n) = tg (90 : n) sin (180 : n), so
entwickelt sich die obige Juch'sche Formel für R durch Einsetzen jener Werthe unmittelbar aus der Bock'schen. Es gebührt also Bock die Priorität, wenn auch Juch an sich
selbstständig vorgegangen ist und die Schluſsformeln in annehmbarer Form aufgestellt
hat.
Einen dritten Weg hat Prof. Adolf Ernst in seinem
hervorragenden Werke: Die Hebezeuge (Berlin 1883, Julius Springer) S. 106 eingeschlagen, indem derselbe
aus innerer Baulänge und Ketteneisenstärke des Kettengliedes zunächst die
Theilungssehne und aus dieser dann den Halbmesser der Kettennuſs berechnet. Bei der
Wichtigkeit, welche derartige Constructionen für die Anordnung der Hebezeuge in
neuerer Zeit erlangt haben, möge der Vollständigkeit halber auch die einfache
Entwickelung dieser ganz allgemeinen Formeln hier eine Stelle finden.
Fig. 2., Bd. 255, S. 494
Betrachtet man das Dreieck ABC (Fig. 2), in welchem AC = s die
Theilungssehne der Kettennuſs ist, so folgt unmittelbar, daſs die Winkel BCA und BAC bezieh. gleich
½α und ½β als
Peripheriewinkel zu den Bögen AB und BC sind. Es ist daher Winkel B gleich 180 – ½ (α + β), oder, da α + β = 1/n 360
(wobei n die Zähnezahl der Kettennuſs bedeutet), B = 180° – 1/n 180°. Mit Hilfe dieses Winkels ergibt sich
aber aus dem Dreiecke ABC sofort:
s=\sqrt{A\,B^2+B\,C^2+2\,A\,B.B\,C\,cos\,1/n\,180°}.
Bezeichnet man nun wie oben mit l die innere Baulänge,
mit δ die Ketteneisenstärke der Kette, so ist AB = l – δ, BC = l + δ und die Formel für s geht über in
s=\sqrt{2\,[(l^2+\delta^2)+(l^2-\delta^2)\,cos\,1/n\,180°]},
woraus dann unmittelbar für den entsprechenden Halbmesser der Kettennuſs folgt:
R=\frac{1}{2\,sin\,1/n\,180}\,\sqrt{2\,[(l^2+\delta^2)+(l^2-\delta^2)\,cos\,1/n\,180°]}.
Steht das Verhältnis zwischen l und δ fest, so läſst sich diese ganz allgemeine Formel
durch Einsetzen desselben beträchtlich vereinfachen. Wäre z.B. l = 2,5δ, so erhält man
durch Einsetzen dieses Werthes:
R=\frac{\delta}{2\,sin\,1/n\180°}\,\sqrt{14,5+10,5\,cos\,1/n\,180°},
wonach sich der Halbmesser der Kettennuſs für jede Daumenzahl
n sehr leicht berechnen läſst.
Mit diesen drei verschiedenen Lösungswegen dürfte die Frage, für welche bis vor
Kurzem in der Litteratur nur Annäherungswerthe mitgetheilt waren, nunmehr nach der
genannten Zeitschrift, 1884 S. 601 erschöpfend erledigt sein.