Titel: | Darstellung von wässerigen Schwefelkohlenstofflösungen und von anderen Desinfectionsmitteln mittels der Sulfoleate; von A. Müller-Jacobs. |
Autor: | A. Müller-Jacobs |
Fundstelle: | Band 255, Jahrgang 1885, S. 391 |
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Darstellung von wässerigen
Schwefelkohlenstofflösungen und von anderen Desinfectionsmitteln mittels der Sulfoleate;
von A. Müller-Jacobs.
Darstellung von wässerigen Schwefelkohlenstofflösungen.
Schon in früheren Abhandlungen (vgl. 1884 251 499) machte
Verfasser auf das groſse Lösungs- und Emulsionsvermögen der Alkalisulfoleate für die
verschiedensten unorganischen und organischen, in Wasser gar nicht oder nur schwer
löslichen Stoffe aufmerksam. Die erwähnte Eigenschaft dieser Verbindungen dürfte
sich in der Folge für verschiedene praktische Zwecke als äuſserst werthvoll
erweisen; an dieser Stelle aber möchte ich nur mittheilen, daſs bereits vor einem
Jahre auf meine Veranlassung hin von Prof. E. B.
Sonthwick, Entomologisten und Botaniker des New-Yorker Parkdepartement,
ausgedehnte Versuche angestellt wurden, um die antiparasitäre Wirkung von wässerigen
Sulfoleat-Schwefelkohlenstoff-Lösungen auf Pflanzeninsekten zu studiren, und daſs
die dabei erzielten Erfolge alle Erwartungen übertrafen.
Die erwähnten Lösungen – im concentrirtesten Zustande hier unter dem Namen „Polysolve-Präparate“ nunmehr im Handel – werden
auf die von Insekten und Larven angegriffenen Bäume mittels Bürsten aufgetragen,
worauf selbst bei ganz geringen Mengen von Schwefelkohlenstoff (oder auch von
anderen Stoffen, je nach der Art der zu vertilgenden Insekten) augenblickliche
Tödtung der thierischen Organismen eintritt, ohne daſs bis jetzt irgend ein
schädigender Einfluſs auf die Pflanzen bemerkt worden wäre.
Die lösende Wirkung von Seifenlösungen auf Kohlenwasserstoffe u.s.w. ist längst
bekannt- sie wird aber durch diejenige der Sulfoleate, wenn solche in unverdünntem
Zustande mit den betreffenden Körpern gemischt werden, weit übertroffen, wobei
jeweils Mischproducte erhalten werden, die sich auch durch ihr schönes äuſseres
Ansehen von ähnlichen Präparaten aus Seife vortheilhaft unterscheiden. So stellen
z.B. die Mischungen von 1 Th. Sulfoleat mit 1 bis 2 Th. Benzin, Schwefelkohlenstoff,
Chloroform, Aether, Terpentinöl vollkommen klare, ölige Flüssigkeiten dar, welche
sich mit einigen Tropfen Ammoniakflüssigkeit in Wasser in allen Verhältnissen ohne Ausscheidung lösen.
Gleichzeitig können auch andere Stoffe gelöst werden und zwar in verhältniſsmäſsig
groſsen Mengen, ohne daſs deren specifische Wirkungen geändert oder aufgehoben, oder
das Product selbst in seinem Aussehen verschlechtert würde. So lösen sich z.B. beim
Erwärmen: Schwefel, Jodoform, die Alkaloide, ferner Campher, Thymol, α- und β-Naphtol,
Chrysophansäure, die Glycoside u. dgl. in beträchtlichen Mengen; die Sulfoleate
können ferner als Lösungsmittel dienen für Metallsalze (wie Kupfer, Quecksilber,
Eisen, Blei, Zink), für Carbolsäure, Salicylsäure und selbst feste
Kohlenwasserstoffe, wie für Naphtalin und Anthracen.
Nachdem in neuester Zeit Skiandi-Bey, Peligot, Rommier,
LivacheVgl. Comptes rendus, 1884 Bd. 99 S. 509, 587,
695, 697 u. 892 bez. D. p. J. 1884 254 399 u. 444. u.a. auf die stark
desinficirenden Eigenschaften sehr verdünnter wässeriger Schwefelkohlenstofflösungen
aufmerksam gemacht und solche als Vernichtungsmittel sowohl relativ niedriger
(Bacillen), wie höherer thierischer Organismen, z.B. auch gegen die Reblaus empfohlen haben, scheint es mir an der Zeit, in
Anbetracht der Richtigkeit des Gegenstandes auf vorstehende Beobachtungen
hinzuweisen und so zu weiteren Versuchen in gedachter Richtung Veranlassung zu
geben. Mittels der Sulfoleate hat man es in der Hand, beliebig starke wässerige
Schwefelkohlenstofflösungen mit oder ohne Zugabe anderer Verbindungen darzustellen
und für die verschiedensten, allgemeinen und speciellen Desinfectionszwecke in
haltbarster und concentrirtester Form zur unmittelbaren Verwendung bereit zu
halten.
Mount Vernon bei New-York, Januar 1885.