Titel: | Ueber eine beim Polarisiren beobachtete störende Erscheinung. |
Fundstelle: | Band 255, Jahrgang 1885, S. 119 |
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Ueber eine beim Polarisiren beobachtete störende
Erscheinung.
Schmidt und Hänsch, über Erscheinung beim Polarisiren.
Bei den Beobachtungen mit dem Polarisationsinstrumente wird nach Schmidt und Hänsch (Zeitschrift für Instrumentenkunde,
1884 S. 348) zuweilen die Wahrnehmung gemacht, daſs eine im Polarimeter liegende
gefüllte Röhre bei Umdrehung um ihre Achse verschieden polarisirt, sogar wenn die
Röhre nur mit destillirtem Wasser gefüllt ist. Die Ursachen dieser störenden
Erscheinung werden bedingt durch mangelnde Gleichartigkeit der Lösung, Unreinheit
der Röhren, unvollkommene Planparallelität der Gläser, nicht parallele Begrenzung
der Beobachtungsröhren bezieh. eigene Polarisation der Deckgläser. Die mangelnde
Gleichartigkeit der Lösung verschiebt die optische Achse vollständig, d.h. das
Fernrohr vereinigt dann nicht mehr die reinen Achsenstrahlen, sondern auch solche
aus irgend einer seitlichen Richtung einfallende; hierdurch wird der optische
Schwerpunkt des Gesichtsfeldes aus dessen Mitte verschoben und die beiden Hälften
desselben, deren Lichtstärken bei der Beobachtung zu vergleichen sind, werden
ungleich erleuchtet. Demzufolge können gegen die Beobachtung bei normaler
Achsenwirkung Fehler von 0,8 bis 0,9° kaum vorkommen. Erfahrungsgemäſs tritt die
Gleichartigkeit einer Lösung in so langen und engen völlig gefüllten Gefäſsen, wie
die Beobachtungsröhren sind, nur sehr langsam ein, weshalb unter allen Umständen
gleich eine neue Lösung zu machen ist.
Nach Füllung einer unreinen Röhre mit destillirtem Wasser gehen die vorhandenen
Zuckerreste allmählich in Lösung, mit allen möglichen Uebergängen von gröſserer
Concentration bis zu reinem Wasser; es tritt also der gleiche Mangel an
Gleichartigkeit, verursacht durch eine mit Polarisationsfähigkeit begabte
Verunreinigung, ein. Ob eine Zuckerlösung gleichartig ist, oder ob die
Beobachtungsröhre verunreinigt war, ist durch einmalige scharfe Einstellung des
Fernrohres zu erfahren; bleibt die Einstellung nach dem Umdrehen der Röhre nicht
dauernd scharf, so beruht das eben auf einer allmählich sich vollziehenden
Ausgleichung verschiedener Lösungsgemische in der Röhre.
Die mangelnde Planparallelität der Deckgläser bewirkt ebenfalls eine seitliche
Verschiebung des Lichtes und deshalb eine Abweichung von dem normalen Nullpunkte.
Wird eine Röhre mit solchen fehlerhaften Deckgläsern im Apparate gedreht, so reiſst
sie gewissermaſsen den optischen Schwerpunkt des Gesichtsfeldes mit sich herum.
Dieselbe Erscheinung tritt ein, wenn das Beobachtungsrohr an den Enden nicht
rechtwinkelig gegen die Achse abgeschnitten ist. Fehlerhafte Deckgläser erkennt man
daran, daſs dieselben, wenn schnell zwischen Daumen und Zeigefinger gedreht, die
durch diese Gläser fixirten Gegenstände in tanzender Bewegung erscheinen lassen. Hat
man auf diese Weise seine Deckgläser geprüft, so kann man mit Hilfe von zwei tadellosen Deckgläsern in
gleicher Weise die (natürlich vorher gefüllten) Beobachtungsröhren nachprüfen. Man
drücke das betreffende Deckglas mit aufgelegtem weichem Gummiringe durch die
aufgeschraubte Kapsel gelinde an ein Beobachtungsrohr an und lege das letztere so in
den auf den Nullpunkt gestellten Polarisationsapparat, daſs das Deckglas möglichst
nahe an die Doppelplatte oder das Schatten-Nicol kommt. Bemerkt man nun eine
Veränderung der Farbe oder des Halbschattens, so hat man es mit einem
selbstpolarisirenden Deckglase zu thun, welches ohne weiteres zu verwerfen ist. Um
die Störungen kennen zu lernen, welche aus polarisirenden Deckgläsern entspringen,
braucht man nur ein sonst gutes Deckglas durch scharfes Aufschrauben der Kapsel zu
pressen. Sogleich macht sich im Apparate eine Veränderung der Farbe oder des
Halbschattens bemerkbar. Die Erscheinung ist beim Schattenapparate um so viel
merkbarer, als derselbe den Farbenapparat von Soleil-Ventzke an Empfindlichkeit übertrifft.