Titel: | Zur Kenntniss des Cementes. |
Fundstelle: | Band 255, Jahrgang 1885, S. 76 |
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Zur Kenntniſs des Cementes.
Zur Kenntniſs des Cementes.
Bei der Behandlung der Cemente mit Wasser wird nach H.
Lechatelier (Revue industrielle, 1884 S. 452)
nicht, wie man bisher annahm, nur Calciumhydrat gelöst, sondern zum gröſsten Theile
Verbindungen desselben. Man kann jedoch das im Cemente enthaltene Calciumoxyd, ohne
die Verbindungen desselben zu zersetzen, durch wiederholtes Behandeln mit wenig
Wasser in Lösung bringen; doch soll das Wasser jedesmal, bevor es erneut wird, sich
mit Calciumhydrat gesättigt haben. Lechatelier fand
ferner, daſs langsam bindender Cement immer eine groſse Menge freien Kalk, schnell
bindender dagegen nur Spuren desselben enthält.
Durch allmähliches Erschöpfen des Cementes mit Wasser erhält man Auszüge mit gleichem
Kalkgehalte, wie denselben Lösungen synthetisch bereiteter Calciumverbindungen
zeigen; beispielsweise enthält 1l der Lösung
von:
CaO2H2
1,3g
Fe2O3.4CaO.12H2O
0,6
Al2O3.4CaO.12H2O
0,2
SiO2.CaO.3H2O
0,05
Daraus wird geschlossen, daſs die genannten Verbindungen in
den entsprechenden Cementauszügen ebenfalls vorhanden seien.
Die wichtigste Rolle bei der Erhärtung der Wassermörtel durch die Krystallisation
gelöster Stoffe wird der Verbindung CaO.SiO2.3H2O (deren Zusammensetzung nicht durch Analyse,
sondern aus der krystallisirten Verbindung BaO.SiO2.6H2O abgeleitet ist) zugeschrieben,
welche durch Wasser in freien Kalk und in ein saures Silicat, 2SiO2.CaO, durch Kohlensäure und Wasser in Kieselsäure
und Calciumcarbonat zerfällt. Erstere Zersetzung hört jedoch auf, wenn das Wasser
0g,052 Kalk in 1l enthält. Die Bildung dieses Silicates während der Erhärtung erfolgt
entweder durch Vereinigung der beiden Bestandtheile, oder durch Zerfall an Kalk
reicherer Silicate, auch vielleicht durch einfache Wasseraufnahme der wasserfreien
Verbindung. Die genannten Verbindungen des Kalkes mit Eisenoxyd oder Thonerde,
welche im Wasser bei Gegenwart von überschüssigem Kalk bestehen können, zerfallen
durch viel Wasser; doch hört die Zersetzung bei einem Kalkgehalte des Wassers von
0g,225 bezieh. von 0g,6 in 1l bei
15° auf. Eisenoxyd und Thonerde sind beim Brennen zur besseren Verbindung des Kalkes
mit der Kieselsäure wesentlich.
Die Aufnahme von Kohlensäure ist beim Erhärten des Cementes nicht wesentlich, das
stets eine dünne oberflächliche Schicht bildende Calciumcarbonat ist aber für die
Beständigkeit der Mörtel von Werth, da es nur 0,0073 Proc. Kalk an Wasser abgibt
(vgl. Bulletin de la Société chimique, Bd. 42 S. 82 und
89).
Ed. Landrin (Comptes
rendus, 1884 Bd. 98 S. 1053) hat Versuche angestellt, ob Gemische aus
Kieselsäure und Calciumoxyd, besonders in solchen Verhältnissen, wie sie den
verschiedenen Calciumsilicaten entsprechen, nach dem Erhitzen auf Weiſsglut dasselbe
Verhalten zeigen, wie ein auf genannte Weise behandeltes Gemisch, welches er mit dem
Namen Pouzzo-Portland (vgl. 1884 251 431) bezeichnet, d.h. eine leichte Bindung beim Zutritte von Wasser
zeigen und bei Gegenwart von Kohlensäure eine beträchtliche Härte annehmen. Landrin fand, daſs der Kalk von Thein, dessen
Zusammensetzung sich dem Silicate 3CaO.SiO2 sehr
nähert, nach dem Glühen pulverförmig bleibt und beim Zusätze von Wasser nicht
bindet, sondern daſs bei längerer Einwirkung von Wasser ein groſser Theil des Kalkes
in Lösung geht und ein Rückstand bleibt, welcher der Zusammensetzung des
„Pouzzo-Portland“ entspricht.
Verfasser hielt ferner ein Gemisch, welches dem Silicate 2CaO.SiO2 entsprach, 10 Stunden lang auf Weiſsglut; nur
einmal gelang es ihm, eine verschlackte Masse zu erhalten; sonst blieb die Mischung
stets pulverförmig. Dennoch war eine Vereinigung der Kieselsäure mit dem Calciumoxyde vor sich gegangen,
denn die Masse war nach dem Glühen in Salzsäure vollkommen löslich und erhitzte sich
nicht beim Einrühren in Wasser. Nach einem Jahre war ein solches Product, mit
destillirtem Wasser in einer Röhre eingeschlossen, nur wie Seife erhärtet. Die
Erhärtung vollzieht sich jedoch rasch unter Aufnahme von Kohlensäure, wenn man an
Stelle des destillirten Wassers mit Kohlensäure gesättigtes Wasser nimmt.
Schlieſslich benutzte Landrin eine Mischung von
CaO.SiO2 und erhielt je nach der Dauer der
Glühung verschiedene Producte. Eine Stunde geglüht, war das Gemisch noch pulverig;
nach 2 Stunden war es gefrittet. Beide Producte lösten sich leicht und vollkommen in
Salzsäure und erhitzten sich beim Zutritte von Wasser nicht; bei beiden trat beim
Einrühren in Wasser Bindung ein; es lag daher eine Verbindung der Kieselsäure mit
dem Calciumoxyde vor. Ein drittes 4 Stunden lang geglühtes und zum Schmelzen
gebrachtes Product ging keine Bindung ein, selbst nicht nach mehrjährigem Liegen in
Wasser; dagegen trat bei Anwendung von Kohlensäure haltigem Wasser wie bei den
anderen Mischungen Bindung und gleichzeitige Erhärtung ein. Calciumsilicate, bei
einer hohen Temperatur geglüht, binden stets schwer und erhärten nicht unter Wasser.
Die Kohlensäure beschleunigt die Bindung; sie ist es allein, welche den
schlieſslichen Grad der Erhärtung für die Cemente bedingt.
De Perrodil (Génie civil,
1884 Bd. 6 S. 30) setzte eine gleiche Anzahl Würfel aus Portlandcement von Longuetty und Comp., welcher nach der völligen
Austreibung des Wassers folgende Zusammensetzung hatte:
Kohlensäure
23,8
Quarz
1,3
Thonerde
8,9
Eisenoxyd
2,0
Calciumoxyd
63,6
Magnesia
0,4
––––––
100,0,
theils der Luft aus, theils legte er die Proben in Wasser. In
verschiedenen Zwischenräumen untersuchte Verfasser die Festigkeit und analysirte die
Würfel, um festzustellen, wie viel Kohlensäure und Wasser gebunden waren. Er fand,
daſs die Festigkeit sich mit der Wasseraufnahme vermehrt und daher die
Widerstandsfähigkeit der Mörtel in Wasser bedeutender wie in der freien Luft
wird.
Zur maſsanalytischen Bestimmung der Thonerde im Cemente
wird, wie H. Prunier im Journal
de Pharmacie et de Chimie, Bd. 5 S. 97 angibt, 0g,428 Cement mit 2cc Wasser und 2cc reiner Salpetersäure
bis zur Lösung erwärmt und hierauf mit 20cc Wasser
versetzt. Die Flüssigkeit wird nun mit 10 Tropfen einer 0,02 procentigen Lösung von
Tropäolin 00 versetzt, dann mit Ammoniak, bis die Färbung eine schwach rosarothe
geworden ist. Zur völligen Entfärbung gibt man dann verdünntes Ammoniak hinzu, bis ein Tropfen
der Lösung auf weiſsem Porzellan mit Tropäolin farblos ist, oder eine schwach
gelbliche, nicht aber grauröthliche Färbung zeigt. Ferner fügt man 10 oder 15cc Halbnormal-Ammoniak hinzu, bringt das Gewicht
der Flüssigkeit mit Wasser auf 50g, mischt und
filtrirt. Von dem Filtrate nimmt man 20cc (= 0g,172 Cement), färbt mit 3 bis 4 Tropfen Lackmus
und titrirt mittels Halbnormal-Salpetersäure bis zwiebelroth. Ist nun vorher der
Gehalt des Cementes an Eisenoxyd mit Kaliumpermanganat ermittelt, so erhält man, da
1 Proc. Fe2O3 0cc,642 der Halbnormalsäure entspricht, den
Procentgehalt an Thonerde, indem man die Anzahl der verbrauchten Cubikcentimeter
Halbnormalsäure zu dem Producte aus dem Procentgehalte an Eisenoxyd und der Zahl
0,642 hinzuzählt und diese Summe von 20 oder 30 abzieht, je nachdem man 10 oder
15cc Halbnormal-Ammoniak angewendet hat.