Titel: | G. Daimler's Gasmotor. |
Fundstelle: | Band 254, Jahrgang 1884, S. 410 |
Download: | XML |
G. Daimler's Gasmotor.
Mit Abbildungen auf Tafel
29.
G. Daimler's Gasmotor.
Bekanntlich ist die bei den Gasmaschinen bisher meistens als nothwendig erachtete
Kühlung des Cylinders gleichbedeutend mit einer Vergeudung der Arbeit, folglich auch
des ohnehin theueren Brennmaterials. Von diesem Gesichtspunkte aus ist daher bei dem
von G.
Daimler in Cannstatt (* D. R. P. Kl. 46 Nr. 28022 vom 16. December 1883)
angegebenen Gasmotor jede Abführung der durch Verbrennung des Gasgemisches im
Cylinder einmal erzeugten Wärme durch Umhüllung des letzteren mit schlechten
Wärmeleitern möglichst vorgebeugt. Um nun aber dennoch eine gute Dichtung zwischen
Kolben und Cylinderwand erhalten zu können, ist der Arbeitscylinder aus zwei hinter
einander angeordneten Theilen zusammengesetzt. In dem vorderen ausgebohrten Cylindertheile bewegt
sich der Kolben, welcher in üblicher Weise gegen die Cylinderwandung abgedichtet
ist, während der hintere Theil des Cylinders ausschlieſslich als Verbrennungsraum
dient. Um nun die heiſsen Gase von den Wandungen des vorderen Cylindertheiles
abzuhalten, ist der Kolben mit einer die Wärme schlecht leitenden cylindrischen
Verlängerung versehen, welche den Querschnitt des Cylinders bis auf einen möglichst
klein zu haltenden Abstand von den Wandungen ausfüllt und auch bei dem weitesten
Ausschube des Kolbens nicht aus dem heiſsen hinteren Theile des Cylinders
heraustritt. Auſserdem ist eine Mittheilung der Wärme durch Leitung von dem hinteren
nach dem vorderen Cylindertheile durch geeignete Verbindung möglichst zu erschweren,
sowie eine Kühlung des vorderen Theiles des Cylinders nur vortheilhaft sein
kann.
Eine zweite durchgreifende Neuerung betrifft die Art und Weise der Zündung des in den
Cylinder eingeführten Gasgemisches. Die Maschine wirkt mit Verdichtung; während des
einen Kolbenanhubes wird das explosible Gasgemisch angesaugt und beim darauf
folgenden Kolbenrückgange verdichtet. Hierbei wird nun soviel Wärme frei, daſs –
unterstützt von der Wirkung der heiſsen Cylinderwandungen – die Entzündung des
Gasgemisches ohne weiteres erfolgt. Selbstverständlich sind dabei die Verhältnisse
so zu wählen, daſs die Explosion erst im Augenblicke der stärksten Verdichtung, also
bei der Bewegungsumkehr des Kolbens eintritt. Damit während des Anlaufens der
Maschine, bevor der Verbrennungsraum die gehörige Temperatur angenommen hat, die
Entzündung doch sicher vor sich geht, ist ein blinder Rohrfortsatz vorhanden,
welcher sich nach dem Cylinderinneren öffnet und von auſsen so weit durch eine
Flamme geheizt wird, daſs bei der Verdichtung des Gasgemisches die Zündung von
diesem Rohrfortsatze aus erfolgt, wenn auch die Cylinderwände sonst noch zu kalt
sind.
In welcher Weise eine Maschine auf diesen Grundlagen etwa ausgeführt werden könnte,
ist in einer zweiten Patentschrift (* D. R. P. Kl. 46 Nr. 28243 vom 22. December
1883) beschrieben. Wie aus Fig. 1 und 2 Taf. 29 hervorgeht, ist
der Cylinder in eben erläuterter Weise angeordnet. A
ist der von möglichst wärmedichten Wandungen umschlossene Verbrennungsraum, B der ausgebohrte Theil des Arbeitscylinders, in
welchem sich der mit der erwähnten Verlängerung D
ausgestattete Arbeitskolben C verschiebt. An diesem ist
unmittelbar die Pleuelstange angeschlossen, welche andererseits an der durch
Gegengewichte ausgeglichenen gekröpften Welle angreift. Beim ersten Anheben des
Kolbens tritt das explosible Gasgemisch durch das Ventil f in den Cylinder ein, wird alsdann beim Kolbenrückgange verdichtet and
entzündet sich dabei unter Mitwirkung des durch eine Flamme geheizten Zündröhrchens,
welches zwischen dem Eintritts- und Austrittsventile in den Ventilkasten einmündet.
Während des nun treibend wirkenden Ventilausschubes bleibt sowohl das Einströmventil
f, als auch das Ausströmventil g geschlossen, welch letzteres sich erst während des nun folgenden
Kolbenrückganges öffnet, um die Verbrennungsrückstände austreten zu lassen. Die
Steuerung der beiden Ventile erfolgt unter Vermittelung der Stange m von der Steuerscheibe J
aus, in welche eine doppelte, in sich verlaufende Nuth k (Fig.
3 und 4 Taf. 29) mit einer Kreuzungsstelle eingearbeitet ist. In diese Nuth
greift die Stange m mit einem Gleitstücke l ein und vollführt daher im Allgemeinen eine
Bewegungsperiode während zweier Umgänge des Schwungrades, wie dies ja auch für die
halbfache Wirkungsweise der Maschine erforderlich ist. Um jedoch eine Regulirung des
Ganges durch selbstthätiges Aussetzen einer oder mehrerer Explosionen zu
ermöglichen, ist eine Weiche mit den beiden Zungen q
und o angeordnet, welche bei zu raschem Gange der
Maschine durch den Regulator so umgelegt werden, daſs das Gleitstück in dieselbe
Curvenhälfte zurückgelenkt und nicht so weit herabgezogen wird, wie es die Eröffnung
des Einlaſsventiles verlangt.
Wie schon erwähnt, ist eine Kühlung des vorderen Cylindertheiles immerhin zu
empfehlen. Da dieser indeſs nur durch Leitung vom hinteren Theile aus erwärmt wird,
so genügt eine bloſse Luftkühlung. Zu diesem Zwecke ist der vordere oder hier der
untere Theil des Cylinders mit einem unten offenen Blechmantel umgeben, in welchen
am oberen Ende Luft eingeblasen wird. Der erforderliche Luftzug wird durch das
Schwungrad erzeugt, dessen Kranz, wie aus Fig. 2 zu entnehmen, mit
vortretenden Rippen versehen und von einem spiralig sich erweiternden Blechmantel
umgeben ist, welcher somit gleichzeitig als Schutzhülle und Ventilatorgehäuse dient
und in den oberen Theil des Cylindermantels ausmündet.
Auſser der angegebenen Regelung der Maschine durch den Regulator kann noch eine
solche von Hand durch Veränderung des Füllungsgrades bewirkt werden. Es ist nämlich
die Stange m nicht unmittelbar mit dem Einlaſsventile
in Verbindung gebracht, vielmehr nur mit einer Stellschraube n versehen, welche auf den Ventilstift aufsetzt und so das Einlaſsventil
je nach der höheren oder tieferen Stellung derselben mehr oder weniger lange offen
erhält. Auf diese Weise läſst sich nun die Füllung so bemessen, daſs in der That die
Explosion erst bei der Bewegungsumkehr des Kolbens erfolgt.