Titel: | Untersuchungen über die Elasticität und Festigkeit von Fichten- und Kiefernbauhölzern; von J. Bauschinger. |
Autor: | J. Bauschinger |
Fundstelle: | Band 252, Jahrgang 1884, S. 441 |
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Untersuchungen über die Elasticität und
Festigkeit von Fichten- und Kiefernbauhölzern; von J. Bauschinger.
Bauschinger, über Festigkeitsuntersuchungen von Holz.
Im J. 1882 wurden durch Professor J. Bauschinger in
München sehr umfangreiche Untersuchungen über die Festigkeitsverhältnisse der
wichtigsten Bauhölzer angestellt, deren Gang und Ergebnisse in den „Mittheilungen
aus dem mechanisch-technischen Laboratorium der k. technischen Hochschule zu
München“, Heft 9 (Verlag von Th. Ackermann in
München) ausführlich dargelegt sind. Insbesondere handelte es sich bei diesen
Untersuchungen darum, ein Urtheil über den Einfluſs des Standortes und der Fällzeit
auf die Elasticität und Festigkeit der Nadelhölzer zu gewinnen.
Zu dem Zwecke wurden von vier verschiedenen Standorten Lichten-hof, Frankenhofen,
Regenhütte und Schliersee je 4 Stämme und zwar von dem ersten Kiefern, von den übrigen Fichten bezogen. Von den Stämmen jeden Standortes waren je zwei im Sommer
(August des J. 1881), die beiden anderen im darauf folgenden Winter (December 1881
und Januar 1882) gefällt. Die Stämme waren etwa 1m,5 über dem Boden abgeschnitten und dann von dem unteren Ende derselben je
zwei Probestücke von 3m abgesägt. Im Laboratorium
wurden aus diesen 32 Versuchsstücken sodann quadratische Balken von möglichst
groſsem Querschnitte herausgesägt und zwar derart, daſs die Seiten parallel zu den
dieserhalb am Fällungsorte markirten Haupthimmelsrichtungen gelegt wurden. Diese so
vorgerichteten Balken wurden nun in einem Stützenabstande von 2m,5 frei aufliegend durch eine in der Mitte
aufgebrachte Belastung durchgebogen und schlieſslich abgebrochen und zwar die eine
Hälfte von der Süd- nach der Nordseite, die zweite Hälfte von der Nord- nach der
Südseite, wobei beide Abtheilungen in Bezug auf Standort, Sommer- und Winterholz
ganz übereinstimmend ausgewählt waren. Von den beim Herstellen der Balken
abfallenden Schwarthölzern wurden sodann noch Probestücke für Zerreiſsversuche
gewonnen, während zu demselben Zwecke und auch für Abscherungs- und Druckproben noch
entsprechende Versuchsstücke aus je einem der bei den Biegungsversuchen erhaltenen
Bruchstücke hergestellt wurden. Die anderen 32 Bruchstücke wurden der Einwirkung der
Atmosphäre ausgesetzt, um später zur Beantwortung der Frage zu dienen, welchen
Einfluſs Standort und Fällzeit auf die Dauerhaftigkeit
des Holzes haben. Ohne auf die Ausführung der einzelnen Versuche näher einzugehen,
mögen im Folgenden kurz die wichtigsten Resultate zusammengestellt werden. Zunächst
ergaben die Zerreiſsversuche, daſs die absolute
Festigkeit des Nadelholzes selbst bei ein und demselben Stamme innerhalb ziemlich
weiter Grenzen schwankt, daſs aber im Allgemeinen die Festigkeit des Kernholzes weit
hinter der des näher am Umfange gelegenen Holzes zurückbleibt. Diese Erscheinung scheint im
Zusammenhange zu stehen mit der verschiedenen Breite und Dichte der Herbstzonen der
Jahresringe. Ueberhaupt ist die Festigkeit des Holzes um so gröſser, je schmäler die
Jahresringe sind, je langsamer also das Wachsthum war, was ja durch die Erfahrung
auch allgemein bestätigt wird. Die gröſste und kleinste absolute Festigkeit der
geprüften Kernstücke war 410 bezieh. 230k/qc, dagegen bei den dem Umfange der Stämme
entnommenen Probestücken 1240 bezieh. 580k/qc. Ein Unterschied im Verhalten von Sommer-und
Winterholz war nicht erkennbar.
Aus den angestellten Bruch versuchen ergab sich sodann, wie zu erwarten war, daſs die
Biegungsfestigkeit in einer gewissen Beziehung zur
absoluten Festigkeit steht und insbesondere, wie diese mit der zunehmenden Breite
der Jahresringe abnimmt. Die äuſsersten Werthe waren 257 und 472k/qc. Auch hier
konnte ein Einfluſs der Fällungszeit auf die Biegungsfestigkeit bei diesen kurz nach
dem Fällen des Holzes vorgenommenen Versuchen nicht bemerkt werden; wohl aber ergab
sich eine Zunahme der Festigkeit bei abnehmendem Feuchtigkeitsgehalte.
Was die Druckfestigkeit anbetrifft, so wurde auch hier
ein wenn auch geringerer Einfluſs der Breite der Jahresringe und des
Feuchtigkeitsgehaltes nachgewiesen, zugleich aber auch die Festigkeit des im Winter
gefällten Holzes durchschnittlich 1,22 mal so groſs gefunden als die der im Sommer
geschlagenen Stämme. Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse bei der Abscherungsfestigkeit.
Zum Schlüsse bemerkt Bauschinger, daſs die Anstellung
von Versuchen zur Ermittelung der Druckfestigkeit am sichersten über die
Durchschnittsqualität eines Stammes Aufschluſs gebe und sich auch verhältniſsmäſsig
leicht vornehmen lasse. In Bezug auf die Hauptfragen, welche durch die angestellten
Versuche zur Entscheidung gebracht werden sollten, scheine zunächst folgendes
angenommen werden zu können: 1) Fichten- oder Kiefernstämme, welche bei gleichem
Alter ungefähr gleichen Durchmesser haben, die also ungefähr gleich schnell
gewachsen sind, haben unabhängig vom Standorte die gleichen mechanischen
Eigenschaften bei gleichem Feuchtigkeitsgehalte. Stämme, welche bei gleichem Alter
gröſseren Durchmesser und breitere Jahresringe haben, also schneller gewachsen sind,
besitzen eine geringere Festigkeit als langsamer gewachsene. 2) Fichten- oder
Kiefernstämme, welche im Winter gefallt wurden, haben, 2 bis 3 Monate nach ihrer
Fällung geprüft, unter sonst gleichen Umständen eine um ungefähr 25 Proc. gröſsere
Festigkeit als solche, die im Sommer geschlagen werden.
Welchen Einfluſs Standort und Fällungszeit auf die Dauer des Holzes ausüben, kann
erst festgestellt werden, nachdem die, wie oben erwähnt, ins Freie gelegten 32
Bruchhälften längere Zeit – mindestens doch 2 Jahre – den Einflüssen der Zeit und
des Wetters ausgesetzt gewesen sind.