Titel: | Zur Frage der Sicherheit des Theaterbetriebes. |
Autor: | K. H. |
Fundstelle: | Band 251, Jahrgang 1884, S. 553 |
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Zur Frage der Sicherheit des
Theaterbetriebes.
Zur Frage der Sicherheit des Theaterbetriebes.
Der Vorstand der Hygiene-Ausstellung in Berlin 1883 hatte eine Preisbewerbung zur Erlangung von Plänen für ein Theater ausgeschrieben,
welches hauptsächlich in Bezug auf die Sicherheit des Theaterbetriebes mustergültig
sein sollte. Wenn auch diese Ausschreibung nur eine auffallend geringe Betheiligung
fand, so enthalten doch die eingesendeten Entwürfe manche Vorschläge, welche sich
beim Baue von Theatern mit Vortheil werden verwenden lassen. Den ausgestellt
gewesenen Plänen und Erläuterungsberichten sind folgende, die hauptsächlichsten
technischen Einrichtungen betreffenden Mittheilungen entnommen.
Schmidt und Neckelmann in Hamburg schlagen vor, den
Zuschauerraum durch Anlage von vier offenen Höfen möglichst zu isoliren; ebenso sind
die Magazinräume von der Bühne durch Höfe getrennt. Zwischen den Höfen liegen die
zur Verbindung der einzelnen Gebäudetheile erforderlichen Treppenanlagen, welche
durch direktes Tageslicht und durch die Lampen von hohen, in den Höfen stellenden,
mastartigen Lichtsäulen beleuchtet werden sollen. Groſse Korridore und offene
Loggien, welche an den Hofseiten des Zuschauerraumes in allen Rängen entlang laufen,
bieten dem Publikum bei einer ausbrechenden Panik eine groſse Vertheilungsfläche.
Von den Korridoren der Bühne führen Oeffnungen nach Art der Schieſsscharten in den
Bühnenraum behufs leichten Hantirens seitens der Feuerwehrleute. Den Abschluſs der
Bühne nach oben bildet ein aus Hohlziegeln aufgeführtes Gewölbe, über welches das
eigentliche Dach in Eisen angeordnet ist; die zwischen beiden Gewölben befindliche
Luftschicht soll bei sich entwickelnder Glut isolirend wirken. Eine Mittelöffnung im
Bühnendache dient zur täglichen Lüftung der Bühne; vier mit Klappen versehene
Seitenöffnungen sollen bei ausbrechendem Feuer der Hitze und dem Rauche Abzug
gewähren. Ueber dem an eisernen Gitterträgern hängenden Schnürboden ist ein leerer
Raum von 10m Höhe angeordnet, welcher das
Bühnendach vor Ueberhitzung bewahren soll. Zur Trennung des Zuschauerraumes von der
Bühne im Falle eines Brandes sind zwei eiserne Vorhänge vorgeschlagen, ein leichter,
welcher während jeden Zwischenaktes niedergelassen, und ein schwerer, welcher nur
bei Schluſs der Vorstellung gesenkt wird; der erstere soll sich beim Herablassen in
eine 30cm tiefe eiserne Nuth legen und hierdurch
das etwaige Durchdringen von Qualm verhüten. Die Trennung der Bühne von der
Hinterbühne bildet eine eiserne, mit Wasser gefüllte Hohlwand, deren Hebung und
Senkung mittels hydraulischer Einrichtungen geschehen soll.
Zur Erwärmung des Theaters ist Dampfheizung in Verbindung mit Luft- und Wasserheizung
vorgeschlagen; Kessel und Heizkörper sollen möglichst auſserhalb des Theaters
angelegt werden. Für die kalte Jahreszeit ist folgende Einrichtung geplant: Zwei
Gebläse saugen frische Auſsenluft durch zwei zu beiden Seiten des Theaters
angeordnete Schächte an, treiben sie behufs Reinigung durch Sackleinenfilter und zur
Vorerwärmung durch regulirbare Dampfheizkörper, welche von einigen Kesseln aus mit
Dampf gespeist werden. Die erwärmte Luft wird hierauf durch fein vertheilten Dampf
angefeuchtet und zieht durch zwei Hauptkanäle nach den eigentlichen
Dampfheizkörpern. In der warmen Jahreszeit soll die frische Auſsenluft nach ihrer
Reinigung durch Brauseapparate vorgekühlt und gefeuchtet werden. Die Luft zieht
hierauf unter dem Drucke der Gebläse in die beiden Hauptkanäle, von welchen zwei
Schächte für das Bühnenhaus abzweigen und in Kopfhöhe über den Bühnenöfen
(Dampfregister) ausmünden. Die übrige Luftmenge wird zu den unter dem Parquet;
gelegenen groſsen Dampfheizkammern geleitet und steigt von dort durch senkrechte
Schächte nach den einzelnen Rängen zu den in den Stützen der Sitze angeordneten
Ausströmungsöffnungen. Die Luftabsaugung aus dem Zuschauerräume soll allein durch
die über dem Kronleuchter angebrachte Oeffnung erfolgen, welche zu einem auf dem
Dache angebrachten, architektonisch ausgebildeten Ventilationsaufsatz führt; die
Entfernung der Luft aus dem Bühnenraume sowie der Abzug des bei Feuerwerk u. dgl.
entstehenden Rauches wird durch den erwähnten Bühnenschlot bewirkt. Für den
Zuschauerraum ist Dampfluftheizung, für Bühne, Ankleidezimmer, Korridore,
Kleiderablagen, Foyer, Treppenhäuser, Vestibüle u.s.w. reine Dampfheizung, für
Malersaal, Tischlerwerkstätten und sonstige Räume, welche den ganzen Tag benutzt
werden, Dampf-Wasserheizung vorgesehen; für die Hausmeisterwohnung ist
Warmwasserheizung mit besonderem Heizkessel im Küchenherde in Aussicht genommen.
Das Bewerbungsprogramm verlangte die Verwendung von Gas zur Beleuchtung; demgemäſs
schlugen Schmidt und Neckelmann vor, die Gasleitungen
in verschiedenen, von einander unabhängigen Gruppen anzulegen und als
Nothbeleuchtung Oellampen vorzusehen. Für die Wasserversorgung und Feuerlöschanlagen
sind folgende Einrichtungen vorgeschlagen: 1) Nutz- und Trinkwasserleitung unter
Verwendung einiger kleiner Sammelbehälter, welche so hoch aufgestellt werden, daſs
ihre Füllung noch durch die städtische Wasserleitung, deren Druck zu 2at,5 vorausgesetzt ist, geschehen kann. 2)
Feuerlöschleitung für das Zuschauerhaus, wozu auf dem Dachboden desselben 8 Behälter
zu je 10cbm Inhalt angeordnet werden sollen, um im
Bedarſsfalle eine groſse Wassermenge bereit zu haben. Eine Ringleitung verbindet
diese Behälter; von ihr zweigen tue entsprechend vertheilten Fallrohre ab, welche zu
den Feuerpfosten in den Rängen, Korridoren und Feuerlöschgängen der Bühne führen.
Zur Verhütung des Einfrierens sollen die Fallrohre im Keller verbunden werden und
auf jeder Seite zu einer Rohrschlange führen, welche in einen Sammelkasten des
Niederschlagswassers der Dampfheizung eingehängt ist. Steigrohre führen das erwärmte
Nasser nach dem Dachboden zu den Sammelbehältern. 3) Bühnenregenapparat, aus
kupfernen, mit feinen Löchern versehenen Röhren bestehend, welche im obersten Theile
des Schnürbodens verlegt werden sollen. Da der angenommene nick der städtischen
Wasserleitung zum Betriebe des Apparates, mittels dessen die Coulissengassen
bespritzt werden sollen, nicht ausreicht, so sind vier geflossene Kästen von je 9cbm Inhalt vorgesehen, in welchen durch ein im
geller aufgestelltes Pumpwerk ein Druck von 8at
erzeugt werden soll. Diese Compressoren werden über den Löschgängen im Bühnenhause
aufgestellt und durch eine Ringleitung mit einander verbunden. Bei voller
Ingangsetzung des Regenapparates würde der Inhalt dieser Wasserkästen genügen, um 10
bis 12 Minuten das nöthige Wasser zu liefern; in dieser Zeit müſsten die Pumpen in
Betrieb gesetzt sein.
Höpfner und Rösicke in Berlin, die Verfasser eines der
mit dem zweiten Preise ausgezeichneten Entwürfe, entschieden sich für eine gedrängte
Gruppirung der einzelnen Gebäudetheile und stellen daher die Treppenhäuser radial
zum Zuschauerraume, von welchem sie durch eine doppelte Reihe von Gängen getrennt
sind. Von den Einzelheiten sind folgende hervorzuheben: Der Zuschauerraum ist von
einer starken, massiven Wand umgeben, welche bis über den letzten Rang hinaus
geführt wird. Die Decke des Zuschauerraumes besteht aus Eisen und Stuck, der
Fuſsboden soll aus einem Netze von Eisenträgern mit aufgelegtem Wellbleche
hergestellt werden, auf welchem ein feuersicher imprägnirter Holzbonden befestigt
wird; ebenso soll der Bühnenfuſsboden, soweit er nicht für die Versenkungen,
Tanzaufführungen u. dgl. absolut aus Holz bestehen muſs, aus Wellblech bestehen. Die
Bühnendecke ist auf eisernen Trägern massiv gewölbt; sämmtliche Thüren sollen aus Eisen
verfertigt und mit selbst-zuwerfenden Schlössern versehen sein. Besondere
Wichtigkeit ist auf die Anordnung eines sogen. „Bühnentresors“ gelegt, d. i.
ein kleiner, in Höhe des Bühnenfuſsbodens feuersicher angelegter Raum, in welchem
sich während der Vorstellung der Bühneninspektor aufzuhalten hat; dieser
„Bühnentresor“ ist die Centralstelle aller Wärmeanzeiger, Sprachrohre,
Telephone, Controlzüge der Posten; von hier aus sind die Bewegungsmechanismen der
eisernen Vorhänge, des Bühnenregenapparates, der Ventilationsklappe des oberen
Bühnenraumes u. dgl. in Thätigkeit zu setzen.
Die Verfasser schlagen für die Beleuchtung die Verwendung elektrischen Lichtes wegen
der bekannten Vorzüge der Feuersicherheit und der äuſserst geringen
Wärmeentwickelung vor; jedoch – der erwähnten Bedingung des Preisprogrammmes
entsprechend – empfehlen sie, getrennte Gasleitungen für die einzelnen Gebäudetheile
anzulegen, Gasmesser und Haupthähne in feuersicheren Räumen unterzubringen und zwar
für jedes System in einem besonderen Gelasse. Für die Beleuchtung des
Zuschauerraumes sind Sonnenbrenner angegeben, welche auch zur Lüftung benutzt
werden, indem die Verbrennungsproducte durch kupferne Rohre nach dem
Hauptabzugsschlote der verdorbenen Luft geleitet werden, wobei die Wärme der Gase
zur Erhöhung des Auftriebes verwendet wird.
Für die Beheizung des Theaters wurden folgende Systeme in Vorschlag gebracht:
Dampfluftheizung mit Ventilation für Zuschauerraum, Korridore, Kleiderablagen,
Foyer, Probesäle, Musikzimmer; Dampfluftheizung mit Circulation für die Vestibüle
und Treppen; Dampf-Wasserheizung für die Ankleidezimmer und Büreaus; reine
Dampfheizung für Malersaal, Tischlerei, Bühne, Korridore der Personaleingänge. – Das
erstgenannte System soll in folgender Weise zur Anwendung kommen: Die frische Luft
wird durch zwei seitlich vom Theater gelegene Hütten mit Jalousieöffnungen von dem
freien Platze entnommen und durch Trockenfilter, bestehend aus kleinmaschigen,
verzinkten Drahtgeflechten, vom groben Staube gereinigt; ein Luftsauggebläse
befördert die Luft nach einem Vorwärmeraume, wo sie auf 10° erwärmt wird; eine
weitere Reinigung erfolgt durch Naſsfilter, bestehend aus groſsmaschigen, mit
Stoffgewebe überspannten Drahtgeflechten, über welche fein vertheiltes Wasser
flieſst. Hierauf wird die Luft mittels eines Wasserzerstäubers mit Wasser bis zu
solchem Grade übersättigt, daſs nach der Erhitzung der richtige Feuchtigkeitsgrad
eintritt. Die weitere Anlage der Heizungs- und Lüftungseinrichtung ist fast bis in
die Einzelheiten dieselbe, wie sie im Wiener und im Frankfurter Opernhause zur
Ausführung gekommen ist; es sind 3 Kellergeschosse angeordnet und für Parquet und
die einzelnen Ränge in besondere Abtheilungen getrennt. Die Luft tritt zuerst in die
untersten Kaltluftkeller ein und dringt durch Mischvorrichtungen, welche vom
Maschinistenzimmer aus stellbar sind, theilweise in die darüber liegenden Heizräume,
theilweise in die über letzteren befindlichen Mischkeller. Im Heizraume wird die
Luft durch Dampfröhren erwärmt, zieht gleichfalls in den Mischraum und mengt sich
dort mit der unmittelbar von unten zugeströmten kalten Luft; die Mischluft zieht
durch aufsteigende Kanäle nach den einzelnen Theilen des Zuschauerraumes. Die
Absaugung der schlechten Luft soll durch eine in der Mitte der Zuschauerraumdecke
angeordnete groſse Oeffnung, durch die heiſsen Absaugungsröhren der um letztere
angelegten Sonnenbrenner und aus den Logen und der Gallerie durch besondere Kanäle
erfolgen. Ein Sammelschlot vereinigt sämmtliche abzuführende Luft und leitet sie
über Dach; zur Erhöhung der Saugwirkung soll in diesem Schlote ein Gebläse
angebracht werden. Nach dem Sammelschlote wird auch durch besondere Kanäle die Luft
von der Decke und dem Fuſsboden der Bühne abgeleitet. Der Bühneninspektor kann die
Absaugungsöffnung in der Zuschauerraumdecke gänzlich schlieſsen und den Zug nach der
Bühne und deren Absaugungsöffnungen leiten, wodurch das Eindringen des auf der Bühne
bei Feuerwerk und im Ernstfalle entstehenden Qualmes in den Zuschauerraum verhütet
werden soll. Zur Kühlung der einzuführenden Luft im Sommer soll in den erwähnten
Dampfheizröhren eine mittels Kälteerzeugungsmaschine auf niedrige Temperatur
gebrachte alkalische Lösung kreisen.
Für die Feuerlöschleitung haben Höpfner und Rösicke auf
dem Bühnendache 4 Compressoren vorgeschlagen, welche unter sich verbunden sind und
durch ein Pumpwerk gefüllt werden. Von diesen Druckbehältern werden die in 3
Systemen unter der Bühnendecke, unter der ersten Schnürgallerie und unter dem
Bühnenfuſsboden angeordneten Regenapparate gespeist. Aus Sicherheitsgründen sollen
alles Holzwerk und alle Dekorationen feuersicher getränkt sein; die Coulissen sind
aus leichten Eisenrahmen mit imprägnirtem Ueberzuge anzufertigen, sämmtliche Thüren
aus Eisen mit selbstzufallenden Schlössern herzustellen; für die Magazine ist weder
Heizung, noch Beleuchtung anzulegen. Ein Abzugsschlot in der Bühnendecke ist nicht
anzuordnen, da ein solcher nur durch seine einem Kamine ähnliche Wirkung ein
entstandenes Feuer anfacht. Zum Abschlüsse der Bühne von dem Zuschauerräume soll ein
eiserner Vorhang angeordnet werden, welcher durch hydraulischen Druck bewegt
wird.
Mit dem zweiten Preise wurden noch die Entwürfe von W.
Kind bezieh. L. Arntz, beide in Berlin,
ausgezeichnet. Das erstere Project zeigte folgende bemerkenswerthe Einzelheiten: Zur
Beleuchtung des Zuschauerraumes sind zwei Glaskränze in der Decke angebracht, hinter
welchen abwärts brennende Gasflammen sich befinden, deren Licht durch Reflectoren
nach unten geworfen wird. Die Wände des Zuschauerraumes und die Korridore werden
auch durch Gasflammen erleuchtet, welche hier hinter Kugelglocken aus farbigem Glase
brennen. Die Wärmeentwickelung aller Flammen wird zur Absaugung der schlechten Luft
verwendet. Zum Rückzuge des Publikums sind offene Rettungsgallerien angegeben. Das
Gerüst der Untermaschinerie soll aus Eisen, die Fuſsböden derselben sollen aus
Wellblech, sämmtliche Thüren ebenfalls aus Eisen hergestellt werden; der
Bühnenfuſsboden soll von unten mit so genannten
„Superator-Feuerschutzplatten“ von Julius
Nagel in Wien und oben mit feuersicher getränkten Teppichen bekleidet
werden; ebenso sind alle Dekorationen zu imprägniren. Zum Abzüge des etwa auf der
Bühne sich entwickelnden Ruches sollen zwei seitlich der Hinterbühne angeordnete
Lichthöfe benutzt werden; ferner ist in der Bühnendecke ein Abzugsschlot mit
eingebautem Luftsauger vorgesehen. Der Abschluſs der Bühne gegen den Zuschauerraum
soll durch zwei eiserne Vorhänge erfolgen, in deren Zwischenraum im Falle eines
Brandes Asche, welche auf dem Dachboden bereit liegt, eingefüllt wird. Kind schlägt ferner vor, als letztes Mittel zur
Löschung eines auf der Bühne ausgebrochenen Brandes diese vollständig abzuschlieſsen
und voll Dampf zu blasen. Die Anlage der Heizung und Lüftung ist ähnlich dem Höpfner und Rösicke'schen Plane.
Der Entwurf von L. Arntz besitzt eine ungewöhnliche
Anordnung des Zuschauerraumes, welcher ähnlich dem Wagner-Theater in Bayreuth nur
ein ausgedehntes Parquet und einen Balkon erhalten soll. Für die Beleuchtung soll
nur elektrisches Licht verwendet werden; die Erwärmung des Zuschauerraumes und der
Bühne soll durch Wasser-Luft-Heizung, die der Nebenräume durch lokale Heizkörper
erfolgen. Zur Absaugung der verdorbenen Luft sollen vier in der Bühne angeordnete
Schlote dienen, welche im Winter durch die Kamine. Kesselanlage angewärmt werden; im
Sommer soll die Zugwirkung durch mittels elektrischer Kraftübertragung betriebene
Luftsauger erfolgen.
Um die Entstehung eines Brandes möglichst zu verhindern, ist nach Arntz 1) auszuschlieſsen, was als Feuerquelle dienen
könnte, 2) das Baumaterial so zu nehmen, daſs es weder einer Zündung, noch einer
Nahrung des Feuers Vorschub leisten kann. Zum ersten Punkte rechnet der Verfasser:
die ausgiebige Benutzung des Tageslichtes als hohes Seitenlicht, feuersichere
Beleuchtung des Abends (elektrisches Licht), feuersichere Centralheizungsanlage,
sorgfältige Blitzableitung, endlich absolutes Verbot der Benutzung von offenem
Lichte, brennenden Fackeln u.s.w. Die Erfüllung der zweiten Forderung sucht Arntz erzielen durch solide Ausführung der
Gesammtanlage, durch feuersichere Eisenconstruction der Unterbühne und der
Obermaschinerie, durch Imprägniren aller Holztheile und Dekorationen mit
Feuerschutzmitteln, durch ein weitverzweigtes Feuermeldesystem, endlich durch
Unterhaltung einer ständigen Berufsfeuerwehr.
Als Einrichtungen zur Beschränkung eines Schadenfeuers auf den Herd desselben bezeichnet der
Verfasser: die feuersichere Umschlieſsung der einzelnen Räume und die Trennung in
einzelne Gebäudetheile (Bühne, Zuschauerraum, Nebenräume) und eine sichere und
leicht zugängliche Wasserversorgung. Für die feuersichere Umschlieſsung wird
verlangt: Isolirung des Bühnenraumes durch 4 Höfe und eine bis zur Decke reichende
Fluranordnung, wo die Feuerwehr sich aufstellt und die Wasserbehälter stehen, ferner
durch einen eisernen Vorhang zwischen Bühne und Zuschauerraum und eine gleiche
Vorrichtung zwischen Bühne und Hinterbühne, beide hydraulisch bewegt; Isolirung des
Zuschauerraumes durch die Anlage eines umlaufenden Flurs, auf welchen die
Garderoben, Büffets u. dgl. münden, ferner ein vollständig durchgeführtes
Gewölbesystem für alle Räume und starke Brandmauern, welche zur Trennung der Dächer
1m über Dach reichen. Als Einrichtungen,
welche die persönliche Sicherheit bei ausbrechendem Brande gewährleisten sollen,
sind aufgezählt: die Plangestaltung, der Aufbau und die Construction der
Gesammtanlage, rechtzeitige Verständigung des Publikums von ausgebrochenem Brande
und eine eigene, gut ausgerüstete Feuerwehr. Die Plangestaltung bezieht sich auf
Anordnung der Plätze, Ausgänge, Flure, Kleiderablagen und Büffets, auf
Lüftungseinrichtungen des Zuschauerraumes und der Bühne, auf den Abschluſs des
Zuschauerraumes und der Nebenräume mittels selbstthätig Schlieſsender Thüren, durch
bequem angebrachte Treppen und Weglassung jeden Ranges. Für Personal und Feuerwehr
soll berücksichtigt werden die Anordnung einer hellen, gut zu lüftenden Hauptbühne
und Hinterbühne sowie genügende Zahl Treppen und Rettungsleitern, ferner eine
zweckmäſsige Anlage der Flure und Treppen, welche von den Lichthöfen aus beleuchtet
werden.
Ferner sei auch auf eine Abhandlung von D. V. Piccoli im
Mémoire et Compte rendu de la Société des Ingenieurs
civils, Paris 1883 Bd. 1 * S. 712 hingewiesen, welche ebenfalls über die
Frage der Sicherheit des Theaterbetriebes handelt. Verfasser theilt die in Frage
kommenden Vorkehrungen in solche ein, welche 1) das Entstehen eines Brandes
verhüten, 2) die Verbreitung eines ausgebrochenen Feuers verhindern und 3) dem
Publikum und dem Personale einen gefahrlosen Rückzug sichern sollen. Die Maſsregeln
zur Verhütung eines Brandes haben sich gegen eine von auſsen kommende und gegen eine
im Theater selbst entstehende Gefahr zu richten; für den ersten Fall muſs das
Theater isolirt, also möglichst weit von den benachbarten Gebäuden entfernt erbaut
werden, Wohnungen, Restauration, Magazine sind in einem getrennt angeordneten Hause
einzurichten; für den zweiten Fall sollen zum Baue keine brennbaren Materialien
verwendet und die zu Dekorationen, Fuſsböden u. dgl. nothwendigen entzündlichen
Stoffe durch einen Ueberzug oder durch Behandeln mit Feuerschutzmitteln
unentflammbar gemacht werden. Die Feuerquellen sind in der gewöhnlichen Beleuchtung,
in den auſsergewöhnlichen Lichteffekten und in der Heizung zu suchen. Piccoli empfiehlt das gefahrlose elektrische Licht für
die gewöhnliche wie auſsergewöhnliche Beleuchtung, fordert die Verbannung jeglichen
Feuerwerkes und empfiehlt eine gut angelegte Dampfheizung, für welche die Kessel
auſserhalb des Theaters in einem besonderen Gebäude anzuordnen sind, in welchem auch
die Maschinen zur Erzeugung des elektrischen Lichtes Aufstellung finden sollen. Die
Einrichtungen, welche die Verbreitung eines entstandenen Feuers zu verhindern haben,
müssen nach Piccoli im Ueberflusse vorhanden sein; es
soll die Feuerlöschleitung an jedem Punkte des Theaters reichliches Wasser unter
genügendem Drucke geben; jedoch sind auch tragbare Löschapparate (Extincteurs) an
den gefährlichsten Punkten aufzustellen und im Allgemeinen alle Mittel anzuwenden,
durch welche Feuer erstickt werden kann; ein ausgebreitetes System selbstthätiger
Feuermelder muſs stets bereit sein, das Dienstpersonal zu allarmiren. Durch diese
Mittel kann ein Brand im Entstehen gelöscht werden; sie sind jedoch nicht mehr zu
gebrauchen, wenn die Flammen sich bereits ausgebreitet haben; es muſs deshalb dafür
gesorgt sein, daſs die einzelnen Gebäudetheile vollständig isolirt werden können und
für sich ausbrennen. Diese Forderung muſs hauptsächlich für den gefährlichsten Theil
des Theaters, die Bühne, erfüllt sein. Die umgebenden Mauern derselben sollen
deshalb bis über Dach reichen, aus möglichst feuerbeständigen Materialien und von
groſser Dicke erbaut sein; in diesen Wänden sind möglichst wenig Oeffnungen anzubringen und die
notwendigen Durchbrechungen mit selbstzufallenden Eisenthüren zu versehen; zum
Abschlüsse der Bühne vom Zuschauerräume soll ein Wellblechvorhang dienen, welcher an
verbrennlichen Seilen hängt, die rund um den Bühnenraum laufen, so daſs der Vorhang
sofort niedersinkt, wenn Feuer entsteht. Um diesen Vorhang gegen die Flammen
widerstandsfähiger zu machen, empfiehlt Piccoli die
Berieselung desselben aus Wasserrohren, deren Verschlüsse mit leicht schmelzbaren
Pfropfen versehen sind, so daſs die Ingangsetzung selbstthätig erfolgt. Um zu
verhindern, daſs Flammen in den Zuschauerraum schlagen, ehe der Vorhang denselben
abgeschlossen hat, soll stets der Luftzug nach der Bühne geleitet, also im
Zuschauerräume kein Abzugsschlot zur Entfernung der schlechten Luft angebracht,
dieser vielmehr in der Bühnendecke nahe dem Proscenium angeordnet werden. Die
Maſsregeln, welche den gefahrlosen Rückzug von Publikum und Personal sichern sollen,
betreffen die bauliche Anordnung des Theaters, hauptsächlich die Korridore, Treppen
und Ausgänge. Piccoli hat versucht, diese Fragen durch
einen seiner Textschrift beigegebenen Plan zu lösen; jedoch sind die Umstände in den
einzelnen Fällen doch zu verschieden, als daſs allgemeine Anordnungen in dieser
Hinsicht gegeben werden könnten.
Gute Lösungen der Frage der baulichen Anlage finden sich auch in der Besprechung der
Bewerbungsentwürfe für ein Stadttheater in Halle a. S. in der Deutschen Bauzeitung, 1884 * S. 9. – Ferner ist der
Bericht über die für den Bau und die Einrichtung von Theatern zu empfehlenden
Grundsätze sowie über C. Pfaff's feuersicheren
Bühnenabschluſs zu erwähnen, welcher in der Wochenschrift
des österreichischen Ingenieur- und Architektenvereins, 1882 * S. 29 u. 45
enthalten ist, im Auszuge in der Wochenschrift des Vereins
deutscher Ingenieure, 1882 S. 113 u. 217. (Vgl. auch Stumpf S. 333 * d. Bd.)
Scheurer-Rott empfiehlt im Bulletin de Mulhouse, 1884 Bd. 54 * S. 72 für Theatersäle wie auch für
andere groſse Räume, in denen Menschen sich aufhalten, die Anordnung zahlreicher
Schlote, welche von der Decke aus lothrecht bis über das Dach führen. Ein in einem
geschlossenen Räume entstehender Brand verursacht wegen der durch Luftmangel
eintretenden unvollständigen Verbrennung die Bildung groſser Mengen von Rauch und
Feuergasen; sobald nun das Feuer an irgend einer Stelle den Abschluſs durch
Vernichtung einer Thür o. dgl. zerstört oder in anderer Weise der brennende Raum
eine freie Oeffnung erhält, wird eine schnelle Expansion des im Räume unter gewissem
Drucke gebildeten Luft-, Rauch- und Gasgemenges nach der Oeffnung hin und durch den
Zutritt frischer Luft ein rasches Aufflammen der vorher unverbrannten Gase
entstehen; der Brand wächst in rapider Weise und das Feuer springt förmlich in den
durch die gebildete Oeffnung verbundenen Nebenraum hinüber. Diese gewaltsame und
gefährliche Ausdehnung eines Feuers kann nur dadurch vermieden werden, wenn dem
Brande vorher genügend Luft zugeführt wird, damit eine unvollständige Verbrennung
nicht eintreten kann. Zu diesem Zwecke schlägt Verfasser vor, für den Zuschauerraum
eines Theaters wie für die Bühne unabhängig vom eigentlichen Dache eine gewölbte
Decke aus Blech anzuordnen, welche sich auf die die betreffenden Räume unmittelbar
umgebenden Mauern stützt, während das Dach auf den Auſsenmauern ruht; der Raum
zwischen den beiden Umschlieſsungswänden des Theaters wird für Korridore und
Treppenanlagen verwendet. In die erwähnten Blechdecken sollen zahlreiche Schlote aus
Blech münden, welche an diesen Stellen mit leicht zu stellenden Klappen versehen
sind. Bei Ausbruch eines Feuers sollen letztere geöffnet werden; in dieser Anordnung
liegt jedoch der wunde Punkt des Vorschlages, da erfahrungsgemäſs bei einem
Theaterbrande die Handhabung von derartigen Sicherheitsvorrichtungen versäumt wird.
Scheurer-Rott empfiehlt auch, für die Nebenräume
eines Theaters, wie für Werkstättenräume u. dgl. derartige Kamine anzulegen, eiche
im Mauerwerke angebracht und durch das Dach als Blechschlote geführt werden sollen.
Diese Kamine sollen mit den einzelnen Räumen durch groſse, mittels Klappenregister
regulirbare Oeffnungen in Verbindung gebracht werden.
K. H.