Titel: | Zur Ermittelung der Garnnummer. |
Autor: | R. |
Fundstelle: | Band 251, Jahrgang 1884, S. 397 |
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Zur Ermittelung der Garnnummer.
Mit Abbildungen.
Zur Ermittelung der Garnnummer.
Nachdem man das auf seine Nummer zu untersuchende Garn geweift und
einen Strähn von der erforderlichen Länge gebildet hat, kann man durch Wiegen
desselben auf einer Zeigerwage, deren Bogeneintheilung für Garnnummern eingerichtet
ist, die Nummer direkt ablesen, oder man bestimmt auf einer gewöhnlichen Wage zuerst
das Gewicht P des Strähnes und rechnet die Nummer N dann nach einer Formel aus, welche z.B. für die
Nummerirung nach dem Metersysteme N = 1000 : P und für das englische System N = 453 : P lautet, worin in beiden Fällen
P in Gramm eingesetzt wird.
Die Bogeneintheilung für die unmittelbare Ablesung der Garnnummer
läſst sich bei Zeigerwagen auf Grund folgender Betrachtung nach einer einfachen Regel ausführen: In Fig. 1 bezeichne O den
Drehpunkt des Wagebalkens, A den Haken zum Anhängen des
Strähnes P, OM den Zeiger
mit dem Schwerpunkte in G. Für irgend einen angehängten
Strähn und den dadurch hervorgerufenen Ausschlag des Zeigers M besteht Gleichgewicht, wenn
P\,\times\,\overline{A'\,B}=p\,\times\,\overline{G'\,H}, wo
p das stets gleiche Zeigergewicht bedeutet.
Fig. 1., Bd. 251, S. 397
Ist der Ausschlagwinkel α, die Länge
des Wagebalkenarmes für den Strähn \overline{O\,A}=l und die
Entfernung des Schwerpunktes G von der Drehachse O gleich d, so folgt Plcos α = pd sin α oder tg α = Pl : pd.
Bei Einführung des aus der obigen Gleichung sich ergebenden
Werthes von P für das einheitliche Metersystem folgt
tg α = 1000 l : Npd und für einen anderen Strähn vom Gewichte
P' und der Nummer N'
ergibt sich tg α' =1000 l : N'pd. Daraus findet man tg α : tg α' = P : P' = N' : N oder
schlieſslich die bekannte Relation N : N' = cotg α : cotg α', d.h. die
Garnnummern zweier verschiedener Strähne verhalten sich wie die Cotangenten der
Ausschlagswinkel, wonach sich die Bogeneintheilung sehr leicht construiren
läſst.
Wenn auf der Horizontalen OC im
Punkte C des Eintheilungsbogens eine Senkrechte gezogen
wird, so schneidet für einen bestimmten Ausschlagswinkel α die Verlängerung des Zeigers OM' auf derselben die Länge CK ab, welche die Gröſse der Cotangente des
betreffenden Winkels darstellt. Man darf also nur für einen Strähn, dessen Nummer
vorher bestimmt war, den Ausschlag bezeichnen und den Abschnitt CK auf der Senkrechten in ebenso viel gleiche
Theile, wie die Zahl der Nummer, theilen, aus den Theilpunkten Gerade nach dem
Mittelpunkte O ziehen und erhält in den Schnittpunkten
mit dem Bogen die Eintheilung desselben, wie dies in Fig.
1 ausgeführt ist.
Zu erwähnen bleibt noch, daſs der Schwerpunkt G nicht genau in die Senkrechte aus O, wie in Fig. 1
angenommen, sondern etwas mehr nach rechts fällt. Man muſs deshalb die gefundene
Eintheilung etwas nach derselben Richtung hin verrücken.
Mit Hilfe der Eingangs gegebenen Formeln läſst sich nun leicht die
auf einer solchen Wage, welche mit einer irgend einem Materiale und
Nummerirungssysteme entsprechenden Eintheilung versehen ist, abgelesene Nummer auf
die Nummer des gewünschten Systemes umrechnen. Bei dem Metersysteme, wo die Nummer
die Anzahl der Meter angibt, welche auf ein Gramm gehen, wird das Gewicht p von 1m Gespinnst
von der Nummer N sein = p
= 1 : N, bei dem englischen Systeme, wo die Nummer die
Anzahl von je 840 Yards (768m) angibt, welche auf
1 Pfund engl. (453g) gehen, ist das Gewicht von
1m Gespinnst von der Nummer N' gleich p' = 453 : 768
N'. Da aber für ein und dasselbe Garn die Gewichte
von Im gleich sein müssen, so ist p = p' oder (1 : N) = (453 : 768 N') oder
N = (768 : 453) N' =
1,6953 N'.
Wie aus Fig. 1 sich ergibt, werden
die Theilstriche des Bogens der Zeigerwage für hohe Nummern sehr naheliegend und
dadurch ist für solche die Genauigkeit des Ablesens etwas beeinträchtigt, so daſs
man hier immer noch die Ermittelung der Nummer durch Rechnung dem Abwiegen eines
Strähnes vorzieht. Gewöhnlich wird nur ein Gebinde, bei feineren Nummern auch zwei
abgewogen; doch werden meist Gewichte genommen, deren kleinstes die
Gewichtsdifferenz zweier auf einander folgenden Nummern überschreitet. So wiegt
beispielsweise:
1
Gebinde
von
Nr.
48
engl.
20,845
Grains
1
„
„
„
49
„
20,420
„
1
„
„
„
50
„
20,011
„
1
„
„
„
51
„
19.619
„
1
„
„
„
52
„
19,242
„
Die gröſste Differenz ist hier 0,425, die kleinste
0,367 Grain. Ganz ähnlich wiegen:
2
Gebinde
von
Nr.
118
engl.
16,959
Grains
2
„
„
„
120
„
16,676
„
2
„
„
„
122
„
16,403
„
2
„
„
„
124
„
16,138
„
2
„
„
„
126
„
15,882
„
Die gröſste Differenz ist hier 0,283, die kleinste
0,256 Grain. Wenn das kleinste benutzte Gewicht ½ Grain (= 32mg,4) ist, so kann mit Bestimmtheit die Nummer
nicht mehr berechnet werden.
Zum direkten und genauen Ablesen der Garnnummer ist deshalb neuerdings in englischen
Spinnereien nach dem Textile Manufacturer, 1883 S. 445
eine Wage von Goodbrand und Holland in Gebrauch
gekommen, welche in Fig. 2 veranschaulicht ist.
Dieselbe ist eine gewöhnliche (in einem Glaskasten einzuschlieſsende) Balkenwage, an
welche auf der linken Seite das zu untersuchende Gebinde, auf der rechten Seite ein
bestimmtes Gewicht, der Nummer entsprechend, welche das Garn haben soll, angehängt
wird. Der rechte Arm des Wagebalkens trägt noch ein kleines Schiebegewicht und eine
Tafel mit einer Eintheilung. Das Schiebegewicht hat für die Nummer, welche das Garn
haben soll, seine Stellung in der Mitte der Eintheilung und es muſs deshalb, je
nachdem das gewogene Garn feiner oder gröber ist, nach links oder rechts aus dieser
Stellung verschoben werden, wobei es dann auch die wirkliche Nummer auf der
Eintheilung anzeigt.
Fig. 2., Bd. 251, S. 398
Für die verschiedenen mittleren Nummern hat man dann verschiedene Tafeln nöthig,
welche zur leichteren Unterscheidung verschiedene Farben erhalten. Die Einrichtung
gewährt auch durch die Art der Wage eine groſse Genauigkeit.
R.