Titel: | H. Offroy und Ch. Pfeiffer's Apparat zur selbsttätigen Regulirung der Einfahrtsgeschwindigkeit bei Selfactoren. |
Autor: | A. L. |
Fundstelle: | Band 251, Jahrgang 1884, S. 254 |
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H. Offroy und Ch.
Pfeiffer's Apparat zur selbsttätigen Regulirung der
Einfahrtsgeschwindigkeit bei Selfactoren.
Mit Abbildungen auf Tafel 20.
Offroy und Ch. Pfeiffer's Regulirung der
Selfactor-Einfahrt.
Dieser gut ausgedachte und in der Ausführung ziemlich einfache Apparat, dessen
Beschreibung dem Bulletin de Ronen, 1883 S. 79
entstammt, soll die Uebelstände beseitigen, welche durch Einfahren des Wagens mit zu
groſser oder zu kleiner Geschwindigkeit hervortreten. Hauptursachen, welche eine
Aenderung in der Einfahrtsgeschwindigkeit des Wagens veranlassen, sind: Wechsel der
Geschwindigkeit des Motors, Wechsel in der Spannung des von der Gegenschnecke
ausgehenden Seiles, des Gegenseiles, welches entweder durch Längen des Seiles in
Folge der starken Beanspruchung, oder durch den verschiedenen Feuchtigkeitsgehalt
der Luft herbeigeführt wird.
Das Nachlassen der Spannung des Gegenseiles oder übermäſsige Geschwindigkeit des
Motors verursachen eine Geschwindigkeitszunahme während der Einfahrt des Wagens;
derselbe stöſst heftig gegen die Anschläge, welche dessen innere Stellung begrenzen,
wodurch die ganze Maschine stark erschüttert wird: Bruch vieler, im schlimmsten
Falle aller Fäden ist die Folge davon. – Uebermäſsige Spannung des Gegenseiles oder zu geringe
Geschwindigkeit des Motors ergeben eine zu kleine Geschwindigkeit während der
Einfahrt, der Wagen läuft kaum ganz ein und die Fäden erhalten Schleifen oder
reiſsen.
Die Regelung der Spannung des Gegenseiles liegt bisher dem Spinner ob; von dessen
Aufmerksamkeit und gutem Willen hängt der Gang des Wagens ab. Um davon unabhängig zu
werden, construirten Offroy und Pfeiffer einen Apparat, indem sie von folgendem Gedanken ausgingen. Bei
normalem Gange erreicht der einfahrende Wagen einen Punkt a1; nimmt die Geschwindigkeit zu, so
überschreitet er diesen Punkt und gelangt nach a2; bei Abnahme bleibt er schon vor a1 im Punkte a stehen. Das Abweichen von a1
– die Entfernung zwischen a2 und a soll
bis 30mm betragen können – wird benutzt, um das
Gegenseil stärker zu spannen oder zu entspannen, wodurch der normale Gang wieder
herbeigeführt wird.
Um dies auszuführen, ist das Gegenseil nicht an einen am Wagen festen Bolzen, sondern
an einen beweglichen Schlitten A (Fig. 1 und
2 Taf. 20) befestigt. Der Schlitten erhält seine Bewegung von den auf das
Stirnrad D wirkenden Schaltkegeln K und L aus; die Klinke
K ist mit dem Hebel E,
die Klinke L mit dem Hebel F verbunden. Beide Hebel werden durch die Feder S in der durch Fig. 2
veranschaulichten Stellung gehalten. Bei der Wageneinfahrt hebt die Rolle am Hebel
E die Klinke P (Fig.
3) auf, welche um einen am Triebstock- (Headstock-) Rahmen festen Bolzen
nach links drehbar ist, ohne bei normalem Gange den Punkt b zu überschreiten. Bewegt sich der Wagen zu weit herein, so läuft die
Rolle über b hinaus, wobei die Klinke P zunächst ausweicht und schlieſslich herunter fällt,
und der Hebel E wird bei der darauf folgenden Einfahrt
dadurch, daſs die Rolle E an der Curve cb herablaufen muſs, niedergedrückt, in Folge
dessen das Rad D sich links herum dreht und dadurch das
Gegenseil stärker spannt.
Die Rolle T am Hebel F
wirkt bei der Wageneinfahrt auf den Arm M des in Fig.
5 gezeichneten, am Boden innerhalb des Triebstockes befestigten
Mechanismus und bringt M in die Lage Fig. 4,
wobei Sperrung des Hebels M durch die Klinke U erfolgt. Kommt nun der Wagen weit genug herein, so
wird diese Sperrung sofort wieder aufgehoben; denn der Wagen stöſst gegen die am
Arme Z (Fig. 3)
sitzende Schraube y und löst durch die Zugstange t die Sperrklinke U aus,
so daſs der Hebel M bei der Ausfahrt des Wagens wieder
in die Stellung Fig. 5
zurückfallen kann und der Hebel F frei über die Rolle
N weggeht. Wenn dagegen der Wagen in Folge zu
scharf gespannten Gegenseiles nicht bis an die Schraube y des Armes Z trifft, wird die Stange t nicht angezogen und der Hebel M bleibt gesperrt, also in der Stellung Fig. 4; dann
wird die Rolle T bei der Wagenausfahrt an der Rolle N etwas zurückgehalten, der Hebel F schwingt nach links, das Rad D dreht sich in Folge dessen nach rechts und das Gegenseil erhält etwas
geringere Spannung.
Spannung bezieh. Entspannung des Gegenseiles geschieht während der Wagenausfahrt,
also zu einer Zeit, in welcher das Seil auſser Thätigkeit und den Verhältnissen
entsprechend schlaff ist. Die zum Spannen erforderliche Kraft ist daher klein.
Zur Prüfung dieses Apparates wurde von der Société
industrielle de Ronen ein Ausschuſs eingesetzt, welcher denselben bei
regel- und unregelmäſsigern Gange beobachtete. Die Unregelmäſsigkeiten im Wagenlaufe
wurden hervorgerufen: 1) durch kräftiges Hineinstoſsen des Wagens, um eine zu groſse
Geschwindigkeit und heftigen Anschlag zu erzielen; 2) durch Zurückhalten des Wagens,
also zu langsamem Einlaufe; 3) durch übermäſsige Spannung des Gegenseiles bezieh. zu
langsamem Einlaufe; endlich 4) durch zu geringe Spannung des Gegenseiles, in Folge
dessen zu schnellem Einlaufe. In allen diesen Fällen, welche immer mehrmals
herbeigeführt wurden, arbeitete der Apparat gut; ebenso verblieb derselbe bei
normalem Gange in Ruhe. Der Bericht sagt weiter noch: Selbstredend kann der Apparat
unregelmäſsigen Gang nicht unmöglich machen und er tritt erst dann in Wirksamkeit,
wenn sich Unregelmäſsigkeiten zeigen; aber er verhindert, daſs sich die Störungen
weiter, d.h. über den nächsten Auszug hinaus, fortpflanzen. Bedarf das Gegenseil
einer sehr starken Spannung oder Entspannung, so werden allerdings mehrere Auszüge
erforderlich sein, um den normalen Zustand herzustellen. – Wenn der Motor
beispielsweise zu rasch läuft, so ist noch folgender Fall denkbar: Der Apparat
arbeitet und spannt das Gegenseil stärker. Während des nächsten Auszuges sinkt die
Geschwindigkeit des Motors unter die normale, was ein vorheriges Entspannen des
Seiles erfordert hätte. Jetzt muſs bei der nächsten Einfahrt eine ungünstige Wirkung
in verstärktem Grade hervortreten; doch dürften Fälle dieser Art groſse Ausnahmen
bilden.
A. L.