Titel: | Armington's Dampfmaschine. |
Autor: | Whg. |
Fundstelle: | Band 251, Jahrgang 1884, S. 241 |
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Armington's Dampfmaschine.
Mit Abbildungen auf Tafel 18.
Armington's Dampfmaschine.
Auf der elektrischen Ausstellung in Wien 1883 erregten zwei von der Armington and Sims Company in Providence, R. I. (Nordamerika), gebaute 50
pferdige Dampfmaschinen allgemeines Aufsehen, hauptsächlich wegen ihrer hohen
Umlaufzahlen und ihrer entsprechend geringen Gröſse. Diese Armington'sche Maschinen sollen sich durch eine sehr genaue Regulirung der
Geschwindigkeit auszeichnen und deshalb in Amerika schnell eine groſse Verbreitung
namentlich für elektrische Beleuchtung, aber auch für
Walzwerke, Spinnereien u.s.w. gefunden haben. So werden sie u.a. jetzt von Edison bei den groſsen New-Yorker Anlagen benutzt und
von demselben warm empfohlen. In England sind sie von der Edison Electric Light Company z.B. für die Beleuchtung des Parlamenthauses
verwendet und auch die Deutsche Edison-Gesellschaft hat
sich für diese Maschine entschieden.
In Fig.
1 bis 7 Taf. 18
ist nach der Wochenschrift des österreichischen Ingenieur-
und Architektenvereins, 1883 S. 245 eine solche Maschine dargestellt.
Abgesehen von den von P. Armington herrührenden
Neuerungen (d. i. dem Regulator, dem Schieber und einigen Einzelheiten) ist es eine
Porter-Allen'sche Maschine mit überhängendem
Cylinder. Der symmetrische Rahmen ist auf der Unterseite durch Längs- und Querrippen
versteift und im Ganzen sehr kräftig gehalten. Die Kurbellager sind schräg getheilt
und sehr lang. Auffallend kurz dagegen sind Kurbel- und Kreuzkopfzapfen. Vermuthlich
sollen hierdurch einerseits die Geradführungen, andererseits die Kurbellager
möglichst eng zusammengerückt werden, letzteres, um die Inanspruchnahme der Welle
auf Biegung zu vermindern. Die Lager haben stellbare Schalen.
Beachtenswerth ist die aus Fig. 3 und
4 Taf. 18 ersichtliche, an Armington in
Amerika patentirte Einrichtung der Kurbel- bezieh. Gegengewichtsscheiben. Die Welle L, die beiden kleinen Scheiben N und der Kurbelzapfen M bilden ein einziges
genau abgedrehtes Guſsstahlstück. Auf die Scheiben N
sind dann die zur Welle concentrischen guſseisernen Scheiben G warm aufgezogen. Dieselben haben auf der dem Kurbelzapfen gegenüber
liegenden Seite eine Höhlung, so daſs durch Eingieſsen von Blei o. dgl. eine genaue
Ausbalancirung der Theile in bequemer Weise möglich ist.
Wesentlich für die Ermöglichung der auſsergewöhnlich groſsen Geschwindigkeit ist die
Benutzung des auch in Deutschland patentirten Armington'schen Kolbenschiebers (* D. R. P. Kl. 14 Nr. 22828 vom 24.
August 1882), sowie die Wahl eines sehr kleinen Kolbenhubes, wie aus der unten
stehenden Tabelle hervorgeht. Für einige Maschinen Von 90 bis 120e ist der Kolbenhub noch kleiner als der
Cylinderdurchmesser; nur
bei einer Gattung (von 92e) beträgt er das 1,6
fache des Durchmessers, bei anderen ist er nur wenig gröſser als der letztere.
Die Gleichförmigkeit des Ganges ist hauptsächlich dem in Fig. 5 bis
7 Taf. 18 veranschaulichten Regulator zu
verdanken, welcher wie der Hartnell'sche Regulator
(vgl. * S. 194 d. Bd.) auf der Schwungradwelle angebracht und direkt mit dem
Steuerexcenter verbunden ist. In der in einem der beiden Schwungräder
untergebrachten Scheibe K sind die beiden schweren
Pendel k1 um die Zapfen
k drehbar gelagert. Durch kräftige Schraubenfedern
k2 werden sie
beständig gegen die Welle gezogen. Neben denselben befindet sich, frei drehbar um
die Welle, eine Excenterscheibe e1, welche durch zwei an ihrer Nabe angreifende
Gelenkstangen l mit den beiden Pendeln verbunden ist,
so daſs sie bei einem Ausschlage der Pendel nach auſsen im Sinne des Pfeiles 1 gedreht wird; sie wird umgeben von einem
excentrischen Ringe e2,
welcher mittels Gelenkstange an eines der Pendel so angehängt ist, daſs er bei einem
Ausschlage nach auſsen im Sinne des Pfeiles 2, also
entgegengesetzt zu e1
gedreht wird. Um e2
legt sich der gewöhnliche mit der Exeenterstange verbundene Ring. So lange die
Pendel in der in Fig. 6
gezeichneten innersten Lage sich befinden, haben die Excentermittelpunkte die in
Fig. 5 angegebene Lage e1 und e2 gegen die Kurbel, die Scheiben selbst die
punktirte Stellung; die Schieberbewegung erfolgt also mit einer Excentricität oe2 und mit einem
Voreilwinkel δ. Wenn nun die Pendel bei steigender
Geschwindigkeit der Maschine sich mehr und mehr von der Welle entfernen, so kommt
e1 allmählich nach
e1' und e2 nach e2' die Scheiben also
in die ausgezogene Lage. Die Excentricität ist dann gleich oe2' und der
Voreilwinkel 90°. Die Dampfvertheilung ist dann, wie ersichtlich, dieselbe wie bei
Coulissensteuerungen für die Mittellage des Gleitklotzes. Das lineare Voreilen
bleibt bei dieser Verstellung der Excenterscheiben nahezu constant. Allerdings ist
bei der Verstellung sowohl die Reibung zwischen e1 und der Kurbelwelle, als auch zwischen e1 und e2 zu überwinden. Da
indessen der auf das Excenter wirkende Widerstand wegen des vollständig entlasteten
Kolbenschiebers nur sehr gering ist, so wird diese Reibung bei guter Ausführung der
Theile nicht groſs, der Regulator also ziemlich empfindlich sein. Andererseits
erscheint auch eine Rückwirkung des Schieberwiderstandes auf die Pendel nicht wohl
möglich, da derselbe beide Theile des Excenters in demselben Sinne zu drehen strebt, also die Pendel durch den einen Theil
nach auſsen, durch den anderen nach innen gedrängt werden. Beide Wirkungen heben
sich demnach theilweise auf und der jedenfalls (wegen des an sich kleinen
Schieberwiderstandes) geringe Ueberschuſs wird nicht hinreichen, um die Reibung zu
überwinden.
Die Armington'schen Maschinen werden in Stärken von 15
bis 500e gebaut. Nachstehende Tabelle gibt die
Hauptmaſse, die Geschwindigkeiten und die Leistungsfähigkeit für die verschiedenen
Gröſsen an. Es ist für
die Anzahl der indicirten Pferdestärken eine Dampfspannung von 5at,5 und ¼ Füllung vorausgesetzt. Die Maschinen
arbeiten ohne Condensation.
Dampfcylinder
Geschwindigkeit
IndicirtePferde-stärkee
Schwungrad
BeanspruchterRaum für dieMaschine
sammtSchwungrad
Durch-messermm
Hubmm
Umdreh.in derMinute
Geschw. des Kol-bens m
Durch-messerm
Breitemm
Längem
Breitem
Eincylindrige
Maschinen.
165
203
350
2,37
19
0,86
140
2,13
0,97
216
254
300
2,54
35
1,02
216
2,29
1,22
241
305
275
2,80
48
1,19
267
2,82
1,37
330
330
275
3,05
98
1,52
330
3,30
1,52
368
330
275
3,05
123
1,52
330
3,35
1,52
317
305
300
3,05
92
1,52
330
3,20
1,83
317
508
180
3,05
92
1,83
356
4,11
2,38
368
610
150
3,05
124
1,98
508
4,72
2,59
419
610
150
3,05
160
2,13
610
4,95
2,92
470
762
120
3,05
200
2,74
711
5,94
3,20
508
762
120
3,05
236
3,05
762
7,32
3,81
Zweicylindrige
Maschinen.
317
508
180
3,05
184
2,13
559
4,50
2,74
368
610
150
3,05
248
2,44
762
4,95
3,66
419
610
150
3,05
320
2,74
660
5,26
3,45
470
762
120
3,05
400
3,05
864
6,10
3,96
508
762
120
3,05
472
3,35
914
7,62
4,42
Bezüglich des Dampfverbrauches liegen noch keine Angaben vor. Mag derselbe immerhin
ziemlich bedeutend sein, so sind die Vorzüge dieser Dampfmaschine – ihre groſse
Einfachheit, ihr gleichmäſsiger Gang, ihr geringes Raumbedürfniſs, Vermeidung
groſser Uebersetzungen beim Betriebe schnelllaufender Maschinen u.s.w. – so
wesentlich, daſs sie voraussichtlich eine sehr ausgedehnte Anwendung finden wird.
Man wird auch in Deutschland nicht umhin können, sich dem in Amerika schon lange
vorhandenen Streben nach Erhöhung der Geschwindigkeit der Dampfmaschinen
anzuschlieſsen, mehr Werth auf die oben genannten Vorzüge und weniger Werth auf
Indicatordiagramme mit scharfen Ecken zu legen.
Whg.