Titel: | Neuheiten in der Explosivstoff-Industrie und Sprengtechnik. |
Autor: | O. G. |
Fundstelle: | Band 251, Jahrgang 1884, S. 119 |
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Neuheiten in der Explosivstoff-Industrie und
Sprengtechnik.
Patentklasse 78. Mit Abbildungen auf Tafel 11.
Neuheiten in der Explosivstoff-Industrie und
Sprengtechnik.
Marc E.
Sanlaville und R. Laligant in
Paris (D. R.
P. Nr. 19839 vom 12. April 1881) wollen im Augenblicke der Explosion Nitroglycerin bilden lassen, indem sie folgendes Pulver
herstellen: A) 36,06 Th. doppeltschwefelsaures Kali oder Natron, 28,60 Th,
salpetersaures Kali oder Natron, 9,20 Th. Glycerin. B) Brandsatz (Calorigène) = 50 bis 55 Th. chlorsaures Kali oder
Natron, 50 bis 45 Th. kohlenartige Körper. – Das Kohlenstoff haltige Material kommt
in eine concentrirte Lösung der Salze, die Mischung beider wird getrocknet. Hierauf
setzt man unter Umrühren Glycerin zu. Die Masse wird in Patronen gepreſst und mit
getheertem Papier umhüllt. Die Zündung erfolgt direkt.
J.
Gemperlé in Wien (D. R. P. Nr. 23933 vom 10. December
1882) hat folgendes (in Oesterreich-Ungarn „Amidogène“ benanntes) Pulver angegeben: 73 Th. Kalisalpeter, 8 Th.
gemahlene Holzkohle, 8 Th. gemahlene Kleie, 10 Th. Schwefel, 1 Th. Magnesiumsulfat.
Salpeter und Magnesia werden mit ⅓ ihres Gewichtes kochendem Wasser in einem mit
Dampf oder überhitzter Luft auf 140° geheizten Kessel unter Umrühren erhitzt. Nach
erfolgter Lösung werden die übrigen vorher gemischten Theile zugesetzt, 2 Stunden
lang bei 140° gekocht, sodann 5 Stunden lang bei 50° getrocknet und bei 5000at Druck zu Patronen gepreſst. Die Erzeugungsweise
ist dieselbe, welche in den letzten Jahren für Sprengstoffe mehrfach mit Erfolg
aufgenommen wurde; der angegebene Druck beim Pressen ist nur sehr oberflächlich
angenommen, der zehnte Theil ist stets genügend. Der Patentinhaber bemerkt, das
Pressen sei gefahrlos und auch das Ausbohren versagter Schüsse könne ohne Gefahr
erfolgen. Gegen derlei Anpreisungen sei hiermit Verwahrung eingelegt. Es gibt kein
vollkommen gefahrloses Pulver, und obzwar Pulver mit elastischen voluminösen
Cellulose-Bestandtheilen stärkere mechanische Einwirkungen vertragen als
Schieſspulver, so ist es doch schon wiederholt geschehen, daſs Explosionen oder
mindestens starke Verbrennungen die Folge des durch vielfaches Gelingen
hervorgerufenen Leichtsinnes waren.
Um die Länge der Nadeln zur Herstellung der Kanäle in prismatischem Pulver herabmindern zu können und dadurch denselben längere
Dauer zu verleihen, macht die Berliner
Maschinenbau-Actiengesellschaft L. Schwartzkopff (* D. R. P. Nr. 16712 vom 17.
April 1881) in den Träger a der Unterstempel (Fig.
15 und 16 Taf. 11)
der Länge nach im Inneren eine rechteckige Aussparung, in welche der an den Enden
mit dem Preſsgestelle verschraubte Nadelbalken b
eingesetzt wird. Dieser ist der Stempelzahl entsprechend durchbohrt und nach oben
mit Röhren d versehen, die mit Hilfe durchbohrter und
eingeschraubter Platten f geschlossen werden, gegen
welche wieder die Nadelcylinder g mittels der
Gewindebolzen h gepreſst werden.
F. C.
Glaser in Berlin (D. R. P. Nr. 16763 vom 17. Juli
1881) bringt die Anwendung von Hartgummiplatten zum Pressen der Pulverkuchen in Vorschlag, welche in
Folge ihrer Elasticität dem Drucke fortgesetzt Widerstand leisten sollen, ohne daſs
die Gleichmäſsigkeit und Glätte der Fläche leidet.
Zur Ladung flüssiger Sprengstoffe bedienen sich Herm. Gruson in Buckau-Magdeburg und Hellhoff in Berlin (* D. R. P. Nr. 19430 vom 3. März
1882) aus Zinnröhren geschnittener und beiderseits verschlossener
Patronenhülsen. Wie aus Fig. 17 bis
20 Taf. 11 zu entnehmen, ist der Patronenboden durch Pressen in eine
sternförmige Matrize gefalten (Fig. 17),
oder mit einem Stricke gewürgt und verlöthet (Fig. 18),
oder durch schraubenartiges Verdrehen des Rohres geschlossen (Fig. 19).
In den Hals wird eine eiserne, mit Gewinde versehene, nach oben conisch erweiterte
Hülse eingelöthet, in diese eine Zünderhülse aus Zinn (vgl. Fig. 20)
eingesetzt und mit einem Gewindedorne in das Muttergewinde der Hülse eingepreſst. In
diese kommt sodann der Knallsilberzünder sammt Schnur, an welche der vorstehende
Rand der Hülse angekniffen und gegen Wasser durch Abdichten mit einer klebrigen
Masse geschützt wird. Diese Patronenhülsen sind offenbar dazu bestimmt, die
praktische Verwendung der schon früher (1882 246 184)
beschriebenen flüssigen Nitrokörper zu ermöglichen, lösen jedoch diese schwierige
Aufgabe nicht weniger umständlich, als dies seinerzeit beim Nitroglycerin der Fall
war.
In diesen Tagen der Bickford'schen Zündschnur und des
Zündhütchens muthet ein von Joh. Pielzka in Morgenroth, Oberschlesien (* D. R. P. Nr. 16866 vom 14. Mai
1881) hergestellter Apparat zum Füllen von
Strohhalmen mit Schieſspulver gewiſs eigenthümlich an. Dennoch entspricht
er einem lokalen Bedürfnisse, da ja die Bergknappen gewisser Gegenden mit groſser
Zähigkeit an Strohhalm, Schilfrohr, Ludelfaden u.s.w. festhalten. Die Strohhalme
werden in einen Rahmen eingelegt, mit Klemmen und Haltern festgestellt, in conische
Mundstücke eines gemeinsamen Trichters eingeschoben und durch eine von einer
gekröpften Welle bewegte Schüttelvorrichtung gefüllt.
Hauptmann Ph. Heſs hat eine neue Reihe von Versuchen in,
den Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und
Genie-Wesens, 1883 Notizen S. 85 veröffentlicht. In
Pergamentpapier laborirtes Dynamit hat die Eigenthümlichkeit, das
Nitroglycerin auszuschwitzen, wenn es nach dem Gefrieren aufgethaut wird. Eine Patrone
Kieselguhr-Dynamit von 71,63 Th. ursprünglichem Nitroglycerin-Gehalte enthielt nach
3maligem Gefrieren und Aufthauen an der Oberfläche nur 67,52 Th., der ganzen (wieder
sorgfältig abgemischten) Masse nach 71,42 Th. und, nachdem sie in eine
Paraffinpapierhülle neuerlich umlaborirt wurde, nach abermals 3 maligem Gefrieren
und Aufthauen an der Oberfläche 70,99 Th. Nitroglycerin. Bei ersterem Versuche war
die Patrone in Kieseiguhr gebettet; die auffallende Verminderung des
Nitroglycerin-Gehaltes an der Oberfläche ist daher durch Aufsaugen des
ausgeschwitzten Sprengöles hauptsächlich bewirkt. Die absolute Verminderung an der
Oberfläche ist der Volumenverminderung des Nitroglyeerins beim Gefrieren
zuzuschreiben, welche wohl ein theilweises Austreten desselben aus den capillaren
Röhrchen der Kieseiguhr und somit ein Zusammenziehen gegen den Kern der Patrone zur
Folge hat.
Ein neuer Apparat von Heſs zur Beobachtung der chemischen Stabilität von Explosivstoffen ist in Fig.
21 Taf. 11 abgebildet. In einem doppelten Wärmekasten W, dessen Wände mit Wasser ausgefüllt sind, werden die
Proben p der Explosivstoffe in schlecht leitende
Gefäſse (Doppelgläser mit Kieselguhrfüllung) eingelegt; in denselben sitzen durch
den Kasten hindurchgehende Thermometer t. Die
Temperatur des Heizraumes, welche durch den Brenner B
auf entsprechender Höhe erhalten wird, kann an dem Thermometer T abgelesen werden; der Thermoregulator R dient dabei zur Erhaltung einer Innentemperatur von
70°. Die durch regelmäſsige Beobachtung etwa gefundene Ueberschreitung der
Temperatur von T in den Explosivstoffen ist die Folge
einer Zersetzung, deren Fortgang somit zu verfolgen ist. Proben von 100g werden genügenden Aufschluſs geben. Um die
Beobachtung ohne Gefahr anstellen zu können, kann sie aus der Entfernung mittels
Fernrohres erfolgen. Die Proben können, wie bei dem mittleren Gefäſse p angedeutet ist, in einer durchlochten, mit Deckel
verschlossenen und durch Flansche eingehängten Kapsel sich befinden, welche mit
einer über Rollen geführten Schnur S sich ausheben und
in kaltes Wasser setzen läſst.
Diese Methode läſst an Einfachheit und leichter Ausführbarkeit kaum etwas zu wünschen
übrig und gibt viel genauere Auskunft als die bisherigen, nachdem das Ergebniſs als
Durchschnittsvorgang in einer gröſseren Menge des Sprengstoffes anzusehen ist. Es
wäre höchstens dagegen einzuwenden, daſs gewisse Vorgänge sich in einer kleinen
Probemenge rascher abspielen und eine beschleunigtere Temperaturerhöhung im Gefolge
haben können, was mit Rücksicht darauf, daſs Dynamit gewöhnlich in Patronen, also
gewissermaſsen in selbstständigen kleinen Körpern vorkommt, durch vergleichende
Versuche festzustellen, nicht ohne Interesse wäre.
Englische sogen. Bickford'sche Zündschnüre sind nach Heſs' Versuchen schon
durch sorgfältiges Einreiben mit Unschlitt, sicher aber durch mehrmaliges Durchziehen durch eine
auf 160° erwärmte Tauche von 6 Th. Wachs, 1 Th. Asphalt, 1 Th. Harz wasserdicht zu machen, wenn die Schnur von einem auch
im Trockenen ohne Funkensprühen verbrennenden Ringe herstammt. Ist dies nicht der
Fall, so ist Wasserdichtigkeit niemals herzustellen, weil der Funke die Hülle
durchbricht und Wasser eindringt; jeder Zündschnurring ist daher vor dem Dichten auf
ruhiges Brennen an einem Probestücke zu prüfen.
Um die Verbindung der elektrischen Zündhütchen mit den
Leitungsdrähten nicht unmittelbar oberhalb des aus Schwefel und Glaspulver
hergestellten Zünderkopfes machen zu müssen, hat Heſs
mit Kautschuk und gummirten Bändern isolirte Kabel von Feiten und Guilleaume in Carlswerk bei Mülheim a. Rh. an Stelle der bisher
verwendeten blanken Messingdrähte verwendet. Dieselben haben sich sowohl mit der
Schwefelmasse, wie mit einer Guſsmasse aus 3 Th. Asphalt, 1 Th. Wachs, 1 Th.
Paraffin und 3 Th. Cement als vollkommen wasserdicht bewährt.
Versuche mit Gewehr- und Revolverpatronen ergaben, daſs
alle Metallpatronen mit fest eingesetztem Geschosse durch freie Detonation bis zu
1cm tiefe Eindrücke in Holz erzeugen, daſs
also deren Beförderung wohl noch mit Personenzügen der Eisenbahnen, aber nicht mit
gewöhnlichen Postfuhrwerken zu gestatten wäre.
Bei Versuchen, welche H. Sébert und Hugoniot mit dem Sébert'schen Velocimeter anstellten (Mittheilungen, 1883 S. 393), wurde die auch in der
civilen Sprengtechnik beobachtete Erscheinung völlig sichergestellt, daſs die
Geschwindigkeit der Verbrennung einer Ladung proportional dem ihr entgegenstehenden
Drucke wächst.
Das bei den Attentaten auf das Regierungsgebäude und die
Kanzleien der Times in London am 15. März 1883
verwendete Dynamit hatte nach Untersuchungen Dupré's (Bericht des obersten Explosiv-Inspectors Majendie vom 27. April 1883) folgende Zusammensetzung:
29,8 Th. Nitroglycerin, 63,8 Th. Sägespäne, theilweise schwach verkohlt, 6,4 Th.
Feuchtigkeit. Die Sägespäne waren mäſsig grob und dunkelbraun von Farbe, das Dynamit
auf Schlag wenig explosiv, sein specifisches Gewicht nur 0,33. In einem Bleicylinder
zur Detonation gebracht, war der dadurch erzeugte Hohlraum gegenüber dem von Nobel'schen Dynamit Nr. 1 wie 17:45.
Eine sehr lehrreiche Explosion von fünf Kollermühlen
fand am 15. Juni 1883 in der Fabrik von W. H. Wakefield und
Comp. in Bassinghyll, England, durch Blitzschlag statt (Bericht des
Explosiv-Inspectors Cundill vom 30. Juni 1883). In
dieser Fabrik gilt die Regel, daſs die Arbeiter alle Maschinen abstellen und sich zu
entfernen haben, wenn bei einem Gewitter zwischen Blitz und Donner weniger als 30
Secunden verstreichen. An diesem Tage kam jedoch das Gewitter so plötzlich, daſs das
Zeichen noch nicht gegeben war, und alsbald erfolgten auch 3 Blitzschläge, von denen
einer in eine Kollermühle übergin; dieser folgte eine zweite derselben Gruppe und endlich flogen 3
Kollermühlen einer anderen Gruppe nach einander auf. Der Blitz nahm einen ganz
merkwürdigen Weg. Er schlug in einen kleinen Eschenbaum an der Umfassungsmauer der
Fabrik, zerstörte diese, höhlte unweit davon einen Krater in die Erde, kam auf der
anderen Seite einer an die Mauer gebauten Straſse heraus, ging etwa 2m,5 in der Erde horizontal fort, sodann in die
Tiefe, kam wieder an zwei Stellen einer steinernen Mauer heraus, sprang auf ein in
Stein eingelassenes Eisengitter über, zerbrach in 28m Entfernung das Gitter und die Steinunterlage, ging jedoch im Gitter noch
33m weiter bis zu einer scharfen Biegung, wo
ein Theil des elektrischen Stromes in einen 1m,5
entfernt stehenden Eschenbaum übersprang und daran in die Erde ging, während der
andere Theil am Gitter entlang bis an das 7m,5 von
der ersten Kollermühle abstehende Ende lief, wo die Gitterstangen in die Erde
herabgebogen endigten. Zwischen dem Gitter und der Mühle brach sich der Blitz an
einer Seite einer hölzernen Platform noch einen kleinen Krater aus, kam auf der
anderen Seite wieder heraus und sprang auf den eisernen Tisch des Kollerganges über,
wo er die Explosion hervorrief. Die Mühlen waren entgegen den gesetzlichen
Vorschriften nicht mit Blitzableitern versehen. Cundill
glaubt nun, daſs ein Blitzableiter, besonders, wenn der Kollergang mit ihm in
leitender Verbindung gewesen wäre, diesen Blitzschlag unschädlich gemacht hätte.
Referent verhält sich gegen Blitzableiter auf Explosivstoff-Gebäuden überhaupt sehr
skeptisch, weil u.a. bekannt ist, daſs es schwierig ist, eine selbst relativ kurze
Zeit tadellos wirkende Leitung herzustellen, und weil der Weg des Blitzes durch
tausend Nebenumstände geradezu unberechenbar ist. Allein selbst angenommen, daſs der
in den Tisch des Kollerganges übersprungene Blitz ungetheilt in die Ableitung und
sodann in die Erde geführt worden wäre, so muſs doch bedacht werden, daſs schon beim
Ueberspringen desselben die sogen. „Platzung“ eine mehr als genügende Hitze
entwickelt, um ein bei etwa 300° entzündliches Pulver zur Explosion zu bringen. Bei
diesem Blitzschlage wurde nur bestätigt, daſs scharfe Krümmungen in einer Leitung
von Nachtheil sind und daſs die Erdplatte in feuchte Erde zu betten ist; denn in
diesem Falle war der Boden in Folge anhaltender Dürre sehr trocken und beförderte
den Weiterlauf des Blitzes. Beide Gesichtspunkte wurden auch schon von der Londoner
Blitzableiter-Conferenz gebührend gewürdigt und den Besitzern von
Explosivstoff-Fabriken deren Beachtung zur Pflicht gemacht.
Ueber die Verwendung von Sprengstoffen beim
Steinbruchbetriebe der Hafenbauten von Fiume haben Hajnal, Sántay u.a. interessante Angaben veröffentlicht.Vgl. Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und
Architektenvereins, 1882 S. 121. Zeitschrift des ungarischen Ingenieur- und Architektenvereins,
1882 S. 236. Die Hafenbau-Unternehmung hatte zur Herstellung der
Schutzbauten mehrere
Steinbrüche in Angriff genommen, von welchen die von Martinschizza, Zurkovo und
Prelucca die gröſsten waren. Das Gestein ist Kalkstein der Karstformation, also
häufig von Höhlungen durchsetzt, und war nur in Prelucca ganz compact. Die
Ladungsformel war ½ [π(a +
⅓ a)2]bm = 4,188 a3, worin a die
kürzeste Widerstandslinie, b die Höhe des auflagernden
Gesteines, m den Ladungscoëfficient bedeuten. Diese
Formel ist jedoch nur dann richtig, wenn a : b = 2 : 3; da es sich nun hier darum handelte, den Fuſs
der Felswand zu untersprengen, wodurch das über der Ladung befindliche Gestein
nachbricht, so wurde diese Formel stets beibehalten. m
wurde durch Versuche festgestellt: für Diorrexin42,78 Th. Kalisalpeter, 23,16 Natronsalpeter, 13,40 Schwefel, 7,49 Holzkohle,
10,97 Buchensägespäne, 1,65 Pikrinsäure, 0,55 Wasser (vgl. 1877 224 532). , PetralitBesteht aus Kalisalpeter, Schwefel, Holzmehl und Kokespulver (vgl. 1876 221 549). und Haloxylin75 Th. Kalisalpeter, 15 Th. Sägespäne, 8⅓ Th. Holzkohle, 1 Th.
Ferridoyankalium. mit 280g, für
Dynamit mit 112g. Die Rücksicht auf den Preis
sowie auf die bequeme Beschaffung veranlaſste den ausschlieſslichen Gebrauch von
Diorrexin aus Sistiana bei Triest, welchem zur Herabminderung der Brisanz behufs
Erlangung eines gröſseren Procentsatzes von Blöcken erhebliche Mengen von Ruſs beigemischt wurden. Praktische Versuche haben in
Uebereinstimmung mit der Ladungsformel ergeben, daſs die Ladungsmenge in Kilogramm
für Diorrexin aus 1,173 a3 stets genau zu berechnen war. Der Verbrauch an Sprengstoffen stellte
sich für 1cbm Gestein in:
Prelucca
Martinschizza
Zurkovo
bei
Bohrlöchern
0,369k
0,278k
0,199k
„
Kammerminen
0,290
0,485
0,522
Die gelungensten Kammerminen in Zurkovo und Prelucca
verbrauchten 0k,197 bezieh. 0k,232 Diorrexin. Diese Kammerminen wurden in der
Weise hergestellt, daſs in die vertikale Wand ein horizontaler Stollen getrieben
wurde, der sodann in einen vertikalen Schacht überging, an dessen Ende die
Pulverkammer hergerichtet wurde. Auf das Pulver kamen 2 bis 8 Zünder, bestehend aus
einem Säckchen Schieſspulver, in dessen Mitte eine mit elektrischen Zündhütchen
adjustirte Dynamitpatrone eingelegt war. Die Haupt- und Sicherheitsleitungsdrähte
wurden in Holzkanälen an das Tageslicht geführt, der noch leere Raum der Kammer mit
Stroh ausgefüllt, die vertikale (Gegen-) Mine in Cement vermauert und der
horizontale Stollen von Meter zu Meter abwechselnd mit Cement- und Trockenmauerwerk
geschlossen. Wo das Abtreiben von Schächten nöthig war, wurden dieselben mit Erde
und Steintrümmern ausgefüllt. Das Ergebniſs in Prelucca war: Gemischte Steine bis zu
0t,15 (0cbm,057) 52,7 Proc., Blöcke von 0,15 bis 1t,5 (0cbm,577) 26,9 Proc., Blöcke von 1t,5 bis 4t,0
(1cbm,54) 16,3 Proc., Blöcke über 4t 4,1 Proc. Die gröſste Ladung war in
Martinschizza mit 26700k Diorrexin.
Zur Herstellung kleinerer Kammerminen wurde das Aetzen mit Salzsäure vortheilhaft
verwendet (sogen, geätzte Minen). In das Bohrloch wurde eine 27mm im Lichten messende Kupferröhre, am
Bohrlochsmunde mit Hanf gedichtet, eingesetzt und in diese ein Kautschukrohr von
11mm Durchmesser, das mit dem hölzernen Hahne
eines oberhalb befindlichen Holzgefäſses verbunden war, welches Salzsäure enthielt.
Hatte die Säure ihre Schuldigkeit gethan, so wurde der Hahn geöffnet, die
nachströmende Säure drängte die abgestumpfte zwischen Kautschuk- und Kupferrohr
heraus und durch ein Rohrknie in ein hölzernes Sammelgefäſs zu zweitmaligem
Gebrauche; bei einem dritten Gebrauche war die Wirkung schon sehr gering. Mit 1l Salzsäure konnte man in 48 Minuten 0cbm,053 Kammer erzeugen, welche in festem Gesteine
die Gestalt eines von zwei Halbkugeln begrenzten Cylinders hatte; zu 1cbm Hohlraum benöthigte man also 18l,87 Salzsäure im Werthe von 3,65 M. (2,15 Gulden)
und über 15 Stunden Zeit; für kleinere Minen war deshalb das allmähliche Aussprengen
von Kammern mittels Dynamit vortheilhafter.
Hugo Münch berichtet in der Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architektenvereins, 1883
S. 121 und in den oben genannten Mittheilungen, 1883 S.
285 über die Sprengarbeiten beim Durchstiche des Kanales von
Korinth, wo er eine ebenso originelle als rasch zum Ziele führende Art der
Sprengung eingeführt hat. Die Felswände werden in 4 Staffeln eingetheilt, so daſs
die oberste Staffel eine Höhe vom Boden ab von 60m
hat, die unterste aber 15m. Es wird mittels einer
Jarolimek'schen Drchbohrmaschine in etwa 10 Stunden je ein vertikales Bohrloch von 60m Tiefe und 95mm
Durchmesser ausgebohrt und dieselben in Reihen angeordnet (vgl. Fig. 22 und
23 Taf. 11). In diese Bohrlöcher wird bis auf 15m, welche frei bleiben, trockener Wellsand
geschüttet. Nun werden 3 Ladungen von je 12k,1
Dynamit in das Bohrloch gegeben und zwar die eine am Boden, die zweite 4m,0 darüber, die dritte 2m,5 unter dem Bohrlochsmunde; die Zwischenräume
werden mit Wellsand ausgefüllt. Die Sprengung erfolgt reihenweise mit elektrischer
Zündung, worauf die Sandausfüllung der Bohrlöcher mit besonderen Räumern (Hohlwalzen
mit an 4 Oeffnungen vorstehenden Flügeln und Schneckenbohrer) herausgehoben und dann
von Neuem geladen wird. In einer Sprengung wurden 68 Minen mit zusammen 822k,8 Dynamit abgethan, welche 5040cbm Gestein lösten; es entfiel daher auf 1cbm Gestein 163g
Dynamit.
Major Joh. Lauer der österreichischen Genie-Truppe hat
schon vor mehreren Jahren Versuche mit einer neuen Methode für Sprengungen unter Wasser angestellt und seither öfters
Gelegenheit gehabt, dieselbe auf ihre Brauchbarkeit zu prüfen. Mit Rücksicht darauf,
daſs die Regulirung der Stromschnellen im „Eisernen Thore“ an der Donau
bevorsteht und Lauer's Methode höchst wahrscheinlich
daselbst benutzt werden wird, mag eine kurze Beschreibung derselben auf Grund einer
Sprengung nicht
unwillkommen sein, welche zur Beseitigung eines Felsenhindernisses bei der
Pfeilerfundirung der Eisenbahnbrücke zwischen Neusatz und Peterwardein ausgeführt
wurde (vgl. Mittheilungen, 1882 S. 1 u. 1883 S.
437).
An Stelle von Bohrschüssen oder Kammerminen verwendet nämlich Lauer freiliegende Ladungen von Dynamit, welche in tiefem Wasser eine
verhältniſsmäſsig sehr gute Wirkung ausüben und, obzwar der Verbrauch an Sprengstoff
gröſser ist, durch den Wegfall der Bohrkosten ganz gut billiger sein können und
raschere Arbeit gestatten. Das Sprengen beginnt an dem stromabwärtigen Ende des
Felsens und setzt sich an der so gebildeten Wand stufenweise fort; das abgesprengte
Material wird zum groſsen Theile von der Strömung weggeschwemmt. Die Vertheilung der
Schüsse erfolgt so, daſs auf je 1qm eine Patrone
entfällt,
Die Ausführung dieser Sprengungen ist ebenso einfach, als sinnreich. Auf einem fest
verankerten Schiffe befindet sich ein sogen. Ausschuſsgerüst mit einem stellbaren
Führungsrahmen, welcher durch bewegliche Eisenhaken in gleich weite Felder getheilt
ist. Eine Führungsstange aus schmiedeisernen Röhren wird durch eines dieser Felder
auf die Fluſssohle gesenkt. Das Rohr trägt unten einen Muff', in welchen zu jeder
Sprengung ein Rundholz mit der Ladung gesteckt wird. Die Stange ist an eine Kette
oder ein Drahtseil gehängt, oben, im Gerüste entsprechend geführt und wird mit
Winden gehoben und versenkt. Es ist sofort klar, daſs durch Verschiebung des Rahmens
und Einsetzen der Stange in die verschiedenen Felder eine groſse Anzahl von einander
entfernter Punkte zu treffen ist; auch ist ferner erklärlich, daſs durch Berechnung
der Stangenlängen in den verschiedenen Stellungen der Apparat zur genauen Sondirung
und Berechnung des abgesprengten Gutes mit Leichtigkeit verwendet werden kann.
Bei den ersten, in Krems durchgeführten Versuchen befand sich bloſs ein Apparat über
dem Steuer vorspringend auf dem Sprengschiffe; in Peterwardein wurden zwei Apparate
an der Bordwand angebracht. Der zu sprengende Felsen lag zeitweilig 11m,5 unter dem Wasserspiegel und es war hiervon
eine Fläche von 20m Länge und 9m Breite für den Pfeiler auf 1m,5 Tiefe auszusprengen. Die hohle Führungsstange
muſste wegen ihrer groſsen Länge aus zwei in einander geschobenen Röhren hergestellt
werden: in ihren verschiedenen Stellungen gestattete sie bei einer Wassertiefe von
9m eine Fläche von 21m Länge und 3m,50 Breite zu bestreichen. Es wurden Ladungen von 0k,25 und 0k,5
Dynamit Nr. 1, in Papierbüchsen geschachtelt, verwendet und elektrisch gezündet. Das
abgesprengte Gut wurde auf 187cbm berechnet, woran
25 Mann 38 Tage zu 10 Stunden arbeiteten, 1200k
Dynamit und ein Gesammtkostenbetrag von 9649 M. (5789,37 Gulden) verwendet wurden.
Sonach entfallen auf 1cbm Felsensprengung 6k,41 Dynamit und 51,60 M. (30,96 Gulden) Kosten;
durchschnittlich wurden täglich 4cbm,92 Felsen
gesprengt und die gröſste Vertiefung betrug 2m,05.
Erwägt man die vorgeführten Thatsachen, so gelangt man zu dem Schlüsse, daſs die Lauer'sche Methode ganz zweifellos die einfachste,
unter allen Verhältnissen anwendbare, billigste und am raschesten zum Ziele führende
Sprengarbeit unter Wasser ist. Selbst in kleineren, nicht schiffbaren Flüssen wird
sich die Sprengung mit freiliegenden Ladungen unbedingt empfehlen; wenigstens
erscheint sie in jeder Hinsicht vortheilhafter, als beispielsweise die vor 3 Jahren
bei der Regulirung der Mur bei Murau befolgte, mit allen Spitzfindigkeiten
ausgeführte Sprengung durch Bohrschüsse.
Die Umlegung eines gemauerten Fabrikschornsteines durch
Sprengladungen hat Lieutenant Wiber in Aszód
bei Budapest im Juni 1883 ausgeführt. Der Schornstein gehörte zu einer aufgelassenen
Zuckerfabrik, welche für die Zwecke einer Besserungsanstalt umgebaut werden sollte;
derselbe war 59m,6 hoch, achteckig, sein
Durchmesser oberhalb des Sockels 4m,9, die
Mauerstärke 1m,7, der Durchmesser an der Krone
1m,8. Bedingung war, daſs der Schornstein nach
einer bestimmten, einzig freien Seite hin falle. Wiber
sprengte demzufolge an der Seite der Fallrichtung oberhalb des Sockels ungefähr bis
zur Hälfte des Durchmessers ein keilförmiges Stück von 1m Grundfläche heraus und zwar zuerst in zwei Abtheilungen je zwei Segmente
rechts und links und das Mittel zuletzt durch fünf elektrisch gezündete Bohrschüsse.
Der Erfolg war sehr gut; es wurden 15 Bohrlöcher getrieben, an den Seiten 0,2 bis
0m,3, in der Mitte 0m,5 tief. An Sprengmittel wurden insgesammt 4k,61 Dynamit Nr. 1 verbraucht.
In den Vereinigten Staaten Nordamerikas wurden Photographien
der Sprengung eines Wrackes aufgenommen: 0,1 Secunde nach der Explosion war
das Schiff gebrochen und man sah eine 20m hohe
Wassersäule, 1,5 Secunden danach eine 50m hohe
Wassersäule, nach Verlauf von 2,3 Secunden eine fast 60m hohe Wassersäule und in die Luft geschleuderte Trümmer, nach 3,3
Secunden die fallende Wassersäule und getrübten Wasserspiegel, nach 4,3 Secunden war
Alles vorüber.
O. G.