Titel: | Zur Frage des Gebrauches vernickelter Kochgefässe; von H. Schulz in Greifswald. |
Autor: | H. Schulz , K. Birnbaum |
Fundstelle: | Band 250, Jahrgang 1883, S. 421 |
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Zur Frage des Gebrauches vernickelter
Kochgefäſse; von H. Schulz in Greifswald.
H. Schulz, zur Frage des Gebrauches vernickelter
Kochgefäſse.
In Bd. 249 S. 515 und 564 dieses Journals bringt K.
Birnbaum eine Notiz über das Verhalten vernickelten Kochgeschirres in den
Fällen, wo dasselbe zum Kochen saurer Speisen benutzt wird, und räth groſse Vorsicht
beim Gebrauche derartiger Gefaſse an, da dieselben unter den genannten Umständen
ziemlich viel Nickel abgeben. Bei dem allgemeinen Interesse, welches die Frage
erregt, ob und wann vernickeltes Kochgeschirr als schädlich beziehentlich als
gefährlich zu erachten sei, will ich hier in Kurzem die Resultate einer längeren
Versuchsreihe mittheilen, welche ich mit Hrn. Dr. F.
GeerkensExperimentelle Untersuchungen über die Wirkungen von
Nickelsalzen. Inaugural-Dissertation von F.
Geerkens. Bonn 1883. vor jetzt einem Jahre in Bonn
gemeinschaftlich angestellt habe.
Die Versuche an Thieren wurden, im Anschlüsse an das von Birnbaum bereits mitgetheilte Resultat der Nickelaufnahme durch Sauermilch
nach zwei Richtungen hin aufgenommen. Die erste Frage war: Bringt längere Zeit
fortgesetzte Einnahme von Nickelacetat in mäſsigen Dosen beim gesunden Thiere
bedenkliche Erscheinungen hervor? Dieser Versuch war zur Zeit seiner ersten
Veröffentlichung noch nicht zum völligen Abschluſs gelangt, die von Birnbaum angegebenen Zahlen bedürfen daher noch einer
kleinen Umänderung.
Der zu diesem Versuche benutzte Hund erhielt 29 Tage lang täglich 0g,5 essigsaures Nickeloxydul in seinem Futter und
daneben auch noch
sämmtliche, während dieser Zeit durch giftige Nickelgaben getödtete Kaninchen zum
Fressen. Ungerechnet der auf letztgenanntem Wege aufgenommenen Nickelmenge hatte der
Hund am letzten Versuchstage, also im Ganzen 14g,5
Nickelacetat bekommen. Abgesehen von einem am 5. Versuchstage aufgetretenen
Durchfall, der 4 Tage lang anhielt, sowie allmählicher Abnahme der Freſslust
verhielt sich das Thier ganz wie gewöhnlich. Gleichzeitig stieg sein Körpergewicht
um 1230g. Nach Abschluſs der Nickelfütterung wurde
das Thier noch 10 Tage lang beobachtet. Während dieser Zeit verlor es wieder 123g an Gewicht, war aber sonst ganz munter, so daſs
eine weitere Controle seines Verhaltens überflüssig wurde.
Broadbent hat vor etwa 15 Jahren therapeutische
Beobachtungen über Nickelchlorür angestellt. Er theilt mit, daſs diese Verbindung in
Gaben von über 0g,18 zuweilen Erbrechen
hervorrief. Das Nickelchlorür wirkt, wie Geerkens und
ich fanden, kräftiger wie das essigsaure Salz. Gleichwohl geht aus Broadbent's Mittheilung hervor, daſs es in der eben
genannten Menge vom Menschen unter Umständen noch ertragen wird. Wir fanden, um die
hier schon angedeutete Frage des Verhaltens einmaliger gröſserer Nickelmengen noch
eingehender zu prüfen, daſs Kaninchen von 2 bis 2k,5 Körpergewicht 0g,5 Nickelacetat, auf
einmal genommen, ertragen; 1g,0 wirkte allerdings
tödtlich durch Magen-Darmentzündung.
Daſs das Verhalten der Nickelsalze ein wesentlich anderes ist, wenn ihre Lösungen
direkt in den Strom der Säfte injicirt werden – sie sind dann stark giftig –, sowie
daſs Nickelsalze, zumal das Chlorür, eine ziemlich starke antiseptische Kraft
besitzen, will ich hier nur noch der Vollständigkeit wegen anführen.
Mir scheint, um auf die Frage nach der Gebrauchsfähigkeit vernickelten Kochgeschirres
zurückzukommen, die Sache doch nicht ganz so bedenklich zu sein, wie Birnbaum annimmt. So viel mir bekannt, benutzt man in
den Küchen zum Kochen von sauren Früchten, Gurken u. dgl. mit Vorliebe nicht metallische Gefäſse, sondern irdene oder gut
emaillirte. Es steht ja nichts im Wege, sich in zweifelhaften Fällen anderen
Geschirres zu bedienen wie gerade des vernickelten.
Bemerkung zu obiger Mittheilung.
In vorstehender Abhandlung erkennt H. Schulz an, daſs
man gut daran thut, „in zweifelhaften Fällen“ die Verwendung des Geschirres
aus nickelplattirtem Eisenbleche zu vermeiden. Er sagt damit im Wesentlichen
dasselbe wie ich, als ich auf Grund meiner Beobachtungen davor warnte, bei der
Bereitung von sauren Speisen diese Töpfe zu benutzen.
Zu dieser Warnung hielt ich mich um so mehr für verpflichtet, als in hiesiger Gegend
zum Kochen von sauren Speisen, Früchten u. dgl. vorzugsweise verzinntes
Kupfergeschirr oder blank geputzte Messingkessel angewendet werden und gerade
diese nach der Anpreisung der Fabrikanten durch die billigeren und angeblich auch
bei „längerer Berührung mit sehr stark sauren
Speisen“ gefahrlosen nickelplattirten Eisenblechgefäſse ersetzt werden
sollen.
K. Birnbaum.
Karlsruhe, November 1883.