Titel: Vervollkommnungen in der Herstellung elastischer Kautschukgewebe.
Fundstelle: Band 250, Jahrgang 1883, S. 391
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Vervollkommnungen in der Herstellung elastischer Kautschukgewebe. Mit Abbildungen auf Tafel 28. Herstellung elastischer Kautschukgewebe. Die Kautschukfäden werden bei ihrer Herstellung in verschiedener Stärke erhalten und müssen daher zuerst auf den erforderlichen Grad der Feinheit gestreckt und für die Zwecke der Weberei gespult werden. Zu diesem Behufe werden die Fäden, um sie geschmeidiger und dehnbarer zu machen, zuvor in wässeriger Potaschenlösung angeweicht; dann befestigt ein Arbeiter das Ende eines Fadens auf einem solid ausgeführten Haspel und dreht letzteren mit der rechten Hand, während die linke Hand den Faden so weit zurückhält, daſs derselbe auf etwa die 6 bis 10 fache Länge ausgezogen wird. Etwas Uebung ergibt leicht den nöthigen Druck der Finger auf den Faden, um die gewünschte Feinheit desselben zu erhalten. Die Finger, welche den Faden halten, sind mit Tuchkappen versehen, damit der Faden bei seinem schnellen Durchgänge nicht einschneidet. Das Tuch, welches vorher feucht gemacht worden ist, hat den weiteren Vortheil, seine Feuchtigkeit länger zu behalten und dadurch das Gleiten des Fadens zu erleichtern. Reiſst der Faden, oder ist derselbe verbraucht und ein neuer anzuschlieſsen, so verbindet der Arbeiter die beiden Enden, indem er sie gut abgetrocknet schräg durchschneidet, sodann die Schnittflächen stark auf einander drückt und die Verbindungsstelle zwischen den Fingern rollt. Die erlangte Verbindung ist vermöge der starken Adhäsion eine vollkommen gute und zudem nicht auffallende. Der Faden, welcher in der erlangten Feinheit auf den Haspel gewunden ist, verliert seine Spannung nach einem 36 bis 48 Stunden dauernden Verbleiben auf demselben. Man kann ihn darauf nach Belieben spulen. Die Spulen werden vorher abgewogen und, wenn der Arbeiter glaubt, daſs er ein bestimmtes Gewicht Kautschukfäden auf die Spule gebracht, wiegt er letztere ab und wiederholt, bis er das gewünschte Gewicht erreicht hat. Ein Zählwerk des Spulrades gibt dabei die aufgespulte Länge an. Der Verkauf dieser Kautschukfäden geschieht gewöhnlich nach Nummern und besagt Nr. 1, daſs 100m auf 0k,5, Nr. 2, daſs 200m auf 0k,5 gehen, u.s.f. Die meist verwendete Nummer ist Nr. 35. Um nun den aufgespulten Kautschukfäden ihre Elasticität wieder zu geben, genügt es, sie einer Temperatur von 60 bis 70° auszusetzen. Die Kautschukgewebe sind immer schmal und ihre Herstellung erfolgt deshalb auf Stühlen, welche denen zum Weben von Band ganz ähnlich sind. Die Kautschukfäden werden, damit sie ihre Elasticität dem Gewebe mittheilen, als Kettenfäden angewendet und durch die anderen Kettenfäden (Ober- und Unterkette) vollkommen gedeckt. Beim Weben ist stets die Hauptsache, daſs die Kautschukfäden ihre im Gewebe einmal angenommene Lage nicht wieder verlassen und zurückspringen, wenn das Gewebe zerschnitten wird; ihre Verschlingung muſs also eine gute sein. Schniewind und Schmidt in Biberfeld (Erl. * D. R. P, Kl. 86 Nr. 4157 vom 8. März 1878) suchen dies durch eine veränderte Fadenanordnung zu erreichen, welche darin besteht, daſs eine zweite Bindekette eingelegt wird, deren Fäden unmittelbar neben den Gummifaden liegen und diese, indem sie dieselben decken, auch festhalten. Ein anderes Verfahren ist im Génie civil, 1883 Bd. 3 S. 304 beschrieben. Während bisher die Kautschukfaden immer in den Litzen eines gewöhnlichen Harnisches laufen und durch die wiederholte Ausdehnung bei der auf einander folgenden Fachbildung öfters reiſsen, bleiben hier die Kautschukfäden ganz frei und glatt im Gewebe und werden nur durch einen dritten Faden, der auch aus Kautschuk oder anderem Materiale bestehen kann, umschlungen und so mit dem Gewebe fest verbunden. Fig. 3 Taf. 28 veranschaulicht diese Verbindung. Die Kautschukfäden B (Fig. 1 und 2) laufen durch die beiden durchlochten Schienen A, denen durch einen beliebigen Mechanismus eine gegen einander gerichtete seitliche Bewegung ertheilt wird. Der dritte Bindungsfaden B1 ist in dem Auge einer Nadel G geführt, welche mit ihrem oberen Ende in einer langen Litze befestigt ist. Die Länge der Litze gestattet den durch dieselbe zu beiden Seiten der Nadel hindurchgefühlten Kautschukfäden B, bei der Fachbildung in gestreckter Lage zu verharren. Befindet sich die Litze in gehobener Stellung, so werden die beiden Fäden B durch die Schienen A jedesmal unterhalb der Nadel über einander verschoben, so daſs beim Niedergange der Nadel G der Faden B1 auf die oben erwähnte Art mit den Fäden B verschlungen wird. Die Spannung der Kettenfäden muſs sehr genau regulirt sein und wird in folgender Weise bewirkt: Wie beim Bandwebstuhle werden die Kettenfäden, welche auf den im Rahmen D lagernden Spulen E aufgewickelt sind, über entsprechend angebrachte Leitrollen nach den mit Gewichten I beschwerten Spannrollen geführt und gelangen von diesen über die Leitrollen und die Sperrstäbe S zu dem Harnische. Die Litzen P sind für die Oberkette, die Litzen Q für die Unterkette und die Litzen O für die Bindungskette bestimmt. Um die Spulen E sind Bremsbänder J gelegt, welche an den Stäben F befestigt sind und am anderen Ende in die an den Spannungsgewichtshaken angehängten Schnüre L auslaufen. Diese Schnüre L gehen durch Oeffnungen der Gewichtsplatten üf, welche noch durch anzuhängende Eisen o. dgl. beschwert werden können und die Spannung des Bremsbandes bewirken. Die Knoten M der Schnüre L halten die Platten K auf. Sind nun die Fäden zu stark gespannt, so werden die Gewichte I gehoben, die Platten K rutschen auf den dadurch angespannten Schnüren L bis zum Knoten M und bei immer noch vorhandener starker Spannung werden dann die Bremsbänder J von den Spulen etwas abgehoben, so daſs der Garnabzug von denselben leichter vor sich geht. Werden die Fäden schlaff, so senken sich die Gewichte I, bis die Platten K zu denselben gerutscht sind und nun die vereinigten Gewichte gleichzeitig auf die Spannrollen H und Bremsbänder J wirken.

Tafeln

Tafel Tafel 28
Tafel 28