Titel: | Ueber die Verwendung von Leuchtgas zur Entwickelung von Wärme; von Ferd. Fischer. |
Autor: | Ferd. Fischer |
Fundstelle: | Band 249, Jahrgang 1883, S. 374 |
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Ueber die Verwendung von Leuchtgas zur
Entwickelung von Wärme; von Ferd. Fischer.
Mit Abbildungen im Texte und auf Tafel 26.
Fischer, über Verwendung von Leuchtgas zur
Wärmeentwickelung.
Zur Zimmerheizung wurde das Leuchtgas bereits vor 50 Jahren von Maceroni, Fyfe (1841 79 355)
u.a. verwendet, häufiger aber noch, wie es scheint, zum Heizen von Kirchen (vgl. Ricket 1837
64 73. Endenthum 1859
152 76. Schnuhr 1862 164 32). Da man aber anfangs die Verbrennungsproducte in
den zu erwärmenden Raum austreten lieſs, so muſste die Luft um so mehr verunreinigt
werden, als die verwendeten Brenner mangelhaft waren (vgl. Eisner 1852 126 * 289). Man versuchte daher
bald, die Verbrennungsproducte abzuführen (vgl. Maceroni 1837 65 * 189) und wurde die von Wright (1838 69 * 253)
gewählte Construction eines Zimmerofens neuerdings von Vanderkelen (1876 222 * 3) wieder aufgenommen; weniger gut
erscheinen die Oefen von R. Brown (1863 170 * 269) und R. George
(1871 202 * 553).
Während Graham (1851 120 *
288) das Gas aus spiralförmig gewundenen, mit kleinen Oeffnungen versehenen Röhren
brennen lieſs (vgl. A. W. Hofmann 1852 123 * 360. Pohl 1852 124 * 22) versuchte bereits Gilbert (1840 75 489), namentlich aber Eisner (1851 120 289. 1852
126 * 284. 1856 142 * 210)
die Verbrennung dadurch zu verbessern, daſs das Gas zuvor mit atmosphärischer Luft
gemischt wurde, eine Aufgabe, welche Bunsen im J. 1855
in bekannter Weise löste (vgl. 1857 143 * 341. 144 156).
Um eine ruhige, nicht zurückschlagende Flamme zu erzielen, gaben P. Thomas (1871 202 * 508)
und Bulton (1879 233 * 307)
der Brennermündung eine ringförmige Gestalt, Godefroy
(1878 228 * 279) verwendete mehrere in einander gesetzte
Ringe, Morton (1876 219 *
408) verengerte die Brennermündung, Terquem (1881 240 * 377) setzte sich kreuzende Metallbleche hinein. Edwards (1851 119 76), Dirks (1852 123 * 358) und
Wallace (1875 218 * 204)
verwenden einen siebförmig durchlöcherten Kopf, Muencke
(1874 212 * 142. 1877 224 *
617. 1881 241 * 380) beschreibt Siebbrenner und
Kronenbrenner, Ehret (1875 218 * 206) und Meyer (1877 226 * 15) lassen die Flammen nur durch seitliche
Oeffnungen austreten, ein Verfahren, welches neuerdings namentlich von Wobbe (vgl. Fig. 11
Taf. 26) weiter ausgebildet ist. Von neueren diesbezüglichen Vorschlägen sind
folgende zu erwähnen.
Nach W. M. Jackson in Providence, Rhode-Island (* D. R.
P. Kl. 26 Nr. 4593 vom 17. August 1878) steigt das Gas durch das Rohr c (Fig. 1 Taf.
26) in den Behälter d, wird hier erwärmt, geht durch
den ringförmigen Raum zwischen den Röhren c und n in den erweiterten Raum e, strömt durch die schmalen Oeffnungen f in
das äuſsere Rohr A, mischt sich mit der durch
Oeffnungen zwischen den Füſsen a eintretenden Luft und
steigt zu dem durchlöcherten Brenner g auf. Der von
Armen b getragene Ring B
schützt die Flamme gegen Luftzug und bewirkt auſserdem eine gleichmäſsige
Vertheilung der Wärme um das auf dem Roste C stehende
Gefäſs.
Bei dem Wulstbrenner von Schulz
und Sackur in Berlin (* D. R. P. Kl. 26 Nr. 13265 vom 10. Juni 1880) tritt
das Gemisch von Luft und Gas durch ein Kniestück c
(Fig. 2 Taf. 26) in den Hohlring b. Um ein
gleichmäſsiges Ausströmen des Gemisches aus den Brennerschlitzen o zu erzielen, sind diese in der Nähe des Gaseintrittes
vergröſsert, da sonst durch diese weniger Gas austreten würde. – Nach einem ferneren
Vorschlage (* D. R. P. Kl. 26 Nr. 12362 vom 11. Juni 1880) werden die Heizröhren a (Fig. 3 Taf.
26) an einem oder an beiden Enden mit Mischungsdüsen versehen, oder es werden
mehrere Röhren gleichzeitig durch Röhren b vereinigt,
an welchen die Mischungsdüsen angebracht sind.
Bei dem Gaskocher von W. H.
Mielck in Hamburg (* D. R. P. Kl. 26 Nr. 16772 vom 3. Mai 1881) gestattet
der obere gebogene Theil der drei Füſse a (Fig. 4 Taf.
26) ein bequemes Aufsetzen der Pfanne, Kessel o. dgl. Das Leuchtgas strömt durch
Rohr f in den Behälter c,
mischt sich hier mit der durch die Löcher h
eintretenden atmosphärischen Luft und brennt zur oberen Oeffnung von c heraus, wobei die Flamme durch den Teller d verbreitert wird. Der Gaszufluſs wird dadurch
geregelt, daſs man die Schraube s mehr oder weniger
tief in das Rohr g einschraubt.
J. Cougnet in Brüssel (* D. R. P. Kl. 26 Nr. 12441 vom
3. April 1880) legt groſsen Werth auf die möglichst vollständige Mischung von Luft
und Gas. Letzteres tritt durch Rohr A (Fig. 6 Taf.
26) in den Behälter G, aus welchem es durch eine Anzahl
gleichmäſsig vertheilter kleiner Oeffnungen s in die
durchbrochene Krone m tritt, während gleichzeitig durch
Rohre R und die seitlichen Oeffnungen von m atmosphärische Luft eintritt. Das Gasgemisch geht nun
durch Drahtsiebe n und p,
die Oeffnungen k (vgl. Fig. 7) der
Platte H und erforderlichenfalls noch durch ein feines
Sieb r, über welchem das Gemenge mit niedriger Flamme
brennt.
Bei dem durch Fig. 10
Taf. 26 veranschaulichten Brenner saugt das durch Düse A eintretende Gas seitlich bei m Luft an,
mischt sich damit im Räume G und muſs hier noch durch
ein feines Drahtsieb x hindurchziehen, bevor es in die
einzelnen Brenner e gelangt.
Fig.
5 Taf. 26 zeigt diesen Brenner in Verbindung mit einem Zimmerofen: doch wird hier das Luftverhältniſs dadurch
geregelt, daſs man die Düse A mehr oder weniger tief in
den Mischraum m hineinschiebt. Ueber jeder
Brennermündung e befindet sich der knieförmige Theil
eines Luftrohres L, so daſs dieser unmittelbar der
Flamme ausgesetzt wird. Die Verbrennungsgase umspülen die sich nach oben
erweiternden Luftrohre, gehen dann um die Blechwände a
und b herum und entweichen durch Rohr X in den Schornstein.
Bei Cougnet's Gebläselampe
steigt das durch Rohr G (Fig. 8 und
9 Taf. 26) zugeführte Leuchtgas in dem Zwischenräume c auf, während durch Rohr V mittels Gebläse Luft zugeführt wird. Die Strömung reiſst dann noch durch
die schrägen Rohre o und die Oeffnungen a in der Ausbauchung T
Luft an und soll dann das Gemisch an der Oeffnung des Rohres t mit so hoher Temperatur verbrennnn, daſs man in der Flamme Platin
schmelzen kann.
Nach G. Wobbe in Hamburg (* D. R. P. Kl. 34 Nr. 17588
vom 10. August 1881 und Zusatz * Nr. 19 327 vom 4. März 1882) ist zur Erzielung
einer möglichst groſsen Ausströmungsgeschwindigkeit des Gases die Düse a (Fig. 11 und
12 Taf. 26) bis dicht vor der eigentlichen Austrittsöffnung cylindrisch
ausgebohrt und an der Spitze nur so viel Metall gelassen, um der Durchbohrung noch
Wandung zu geben, so daſs sich diese Verengung auf eine Länge vom 3mm beschränkt. Die atmosphärische Luft tritt bei
f in die Mischdüse g.
Zur Erzielung eines günstigen Luftverhältnisses kann der Kegel c auf und nieder geschraubt werden, oder der Ring e wird mittels seines Schraubengewindes (vgl. Fig. 14)
bezieh. mit 3 Schrauben m (Fig. 15)
verstellt. Beim Brenner Fig. 13 ist
die Regulirungsplatte e, mit den Brenner löchern sich
deckend, durchbohrt und dreht sich um die Schraube n.
Beim Rundschlitzbrenner Fig. 16
wird der Kegel c durch die Schrauben n zur Regulirung des Schlitzes, welcher eine
Brenneröffnung darstellt, auf- oder abwärts bewegt.
Fig. 1., Bd. 249, S. 377
Fig. 2., Bd. 249, S. 377
Die Textfiguren 1 und 2
zeigen die äuſsere Ausstattung der gebräuchlichsten dieser Wobbe'schen Brenner.
Beim Brenner von A. H. Hearington in London (* D. R. P.
Kl. 26 Nr. 21093 vom 13. Juni 1882) steht das Mischrohr b (Fig. 17
Taf. 26) mit der äuſseren Kammer e durch Oeffnungen f in Verbindung. Das Gasgemisch brennt theils aus dem
Drahtgewebe g der oben geschlossenen Kappe h, theils aus den mit der Kammer e verbundenen Röhrchen o
heraus. Die so vereinigte Heizflamme breitet sich um die Kappe h aus, auf welcher die zu erhitzenden Vorrichtungen
stehen.
J. Adams in Glasgow (* D. R. P. Kl. 26 Nr. 9424 vom 20.
September 1879) läſst das Gas von A (Fig. 18
Taf. 26) aus durch Röhren a in die siebförmig
durchlöcherten Thoncylinder b eintreten. Die
atmosphärische Luft tritt durch die mit Schieber D
versehenen Oeffnungen v ein, wird durch Zwischenwände
n gezwungen, dicht an den Gasrohren aufzusteigen
und bei c in die Brenner, bei e dazwischen zu treten, um das aus den feinen Oeffnungen brennende
Gasgemisch völlig zu verbrennen. Die vollkommene Verbrennung wird noch unterstützt
durch den aus feuerfestem Thone hergestellten Kegel B,
Fig.
19 bis 21 Taf. 26
zeigen die Querschnitte verschiedener Abänderungen von solchen Brennern. (Vgl. Edwards 1851 119 76.)
Fig.
22 und 23 Taf. 26
veranschaulichen die Anwendung eines solchen Brenners für einen Zimmerofen. Die Verbrennungsgase steigen in dem Räume
C zwischen den Wandungen H und J nach oben, werden dabei durch die
horizontalen Scheidewände z, welche abwechselnd auf der
einen und anderen Seite Oeffnungen x enthalten, sowie
durch die verticalen Zungen y wiederholt abgelenkt, bis
sie schlieſslich durch das Rohr S entweichen. Die
atmosphärische Luft tritt durch verstellbare Schlitze g in die Rohre G, geht nach unten, um von dem Räume D aus theils bei v zu den
Brennern zu treten, theils aber durch Rohre F und durch
den Zwischenraum d zwischen den Wandungen J und K aufzusteigen. Ein
anderer Luftstrom tritt durch Schlitze r in das Rohr
l, trifft unten auf das Thonstück T und steigt in dem Zwischenräume h wieder nach oben. Die erwärmte Luft geht zunächst
noch über den Wasserbehälter w und tritt bei E ins Zimmer.
BondVgl. F. Siemens: Bericht über die Smoke Abatement
Exhibition in London. Berlin 1882 S. 98. greift auf die
alte Construction (vgl. 1837 65 * 189) mit ringförmigem
Brenner F (Textfigur 3)
und mittlerem Luftrohre B zurück. Die Verbrennungsgase
steigen in dem Cylinder A auf, sammeln sich in dem
ringförmigen Räume C, um bei geöffneter Klappe H direkt in das Abzugsrohr I zu entweichen, oder zunächst durch eine Anzahl Rohre D nach unten in den Ring G
und dann in das Rohr I zu treten.
Fig. 3., Bd. 249, S. 378
Fig. 4., Bd. 249, S. 378
Fig. 5., Bd. 249, S. 378
Die Hannoversche Gasanstalt gibt Zimmeröfen ab – auch miethweise –, welche mit einem Wobbe'schen Brenner b
(vgl. Textfigur 4) versehen sind. Die
Verbrennungsgase steigen im Rohre g auf, treten
seitlich durch zwei enge Rohre n in den äuſseren
ringförmigen Raum h und entweichen unten bei e in das Abzugsrohr. Die atmosphärische Luft tritt
durch die zahlreichen Schlitze s am ganzen Umfange des
Ofens ein und steigt in dem ringförmigen Räume l nach
oben.
Verfasser heizt bereits seit 3 Jahren sein Arbeitszimmer mit Leuchtgas. Die 5 im
Kreise stehenden Bunsen'schen Brenner b (vgl. Textfigur 5)
sind mit Hähnen versehen, so daſs je nach Bedürfniſs alle oder nur einzelne brennen.
Damit das Blechrohr g unten nicht glühend wird, ist
hier ein ringförmiges Schutzblech s angebracht. Um eine
vollkommen ruhige und gleichmäſsige Verbrennung zu erzielen, befindet sich am Ende des ersten
Blechschusses eine Klappe k, welche je nach der Anzahl
der Flammen und der Zugstärke des Schornsteins eingestellt wird; eine unbewegliche,
etwas kleinere Platte n macht etwaige Windstöſse im
Schornsteine unschädlich, in welchen das Rohr h führt.
Bei z ist zu Versuchszwecken eine verschraubbare
Oeffnung angebracht.
Fig. 6., Bd. 249, S. 379
Fig. 7., Bd. 249, S. 379
Vorzuziehen ist vielleicht noch die durch Textfig. 6
und 7 veranschaulichte Construction. Das äuſsere Rohr
A bildet mit dem flachen Rohre B zwei nur durch das enge Rohr n verbundene halbmondförmige Kanäle g und h, durch welche die Verbrennungsgase in den Schornstein
gehen. Das Gasrohr r trägt 6 Bunsen'sche Brenner b, welche an der Mündung
schlitzförmig zusammengezogen sind, so daſs sie eine zusammenhängende schmale Flamme
bilden. In der Mitte kann eine kleine Zündflamme z
angebracht werden und über der doppelwandigen Thür t
ein mit Glimmerscheibe versehenes Schauloch o.
Schutzbleche s verhindern auch hier das Glühend werden
der Wandungen. Um die Geschwindigkeit des abziehenden Gasstromes zu mäſsigen, kann
man Zungen e einschalten. Da die an den Wandungen von
g aufsteigende Luft erheblich wärmer ist als die an
den Wandungen von h, so wird ein Blech f eingesetzt, welches den heiſseren Luftstrom u von dem weniger warmen Strome v getrennt hält.
Nach den bis jetzt vorliegenden Analysen von LeuchtgasVgl. Ferd. Fischer: Chemische Technologie der
Brennstoffe, S. 287. hat 1cbm desselben etwa 6100° oder, da man das bei der Verbrennung gebildete
Wasser wohl kaum verflüssigen wird, rund 5500° Brennwerth, unter der Annahme daſs
die Verbrennungsgase auf 20° abgekühlt werden.Die von A. Naumann in seinem Buche: Die Heizungsfrage S. 65 berechneten Zahlen 5809
bezieh. 5154 sind um etwa 250c zu niedrig,
da für 8,9 Proc. Kohlenoxyd statt 271 nur 27c,1 in Rechnung gesetzt sind.
Diese Wärme wird zwar vollständig ausgenutzt, wenn man die Verbrennungsgase ins
Zimmer treten läſst; gleichzeitig erhält man hierdurch aber auch eine hochgradige
Luftverunreinigung. Rechnet man für ein Zimmer im Durchschnitte während des Winters
täglich einen Wärmebedarf von etwa 11000°, so sind hierzu 2cbm Leuchtgas erforderlich. Diese geben aber, wie
bereits (1882 246 325. 1883 248 376) gezeigt wurde, 1cbm,14
Kohlensäure und 2k,14 Wasser, sowie etwa 2g Schwefligsäure bezieh. Schwefelsäure. Daſs die
dadurch verunreinigte Luft, selbst eine vollkommene Verbrennung vorausgesetzt, im
hohen Grade unangenehm, ja geradezu gesundheitsschädlich werden muſs, wenn an kalten
Tagen 4 bis 6cbm Gas verbrannt werden, liegt auf
der Hand.
Ueber die Ausnutzung des Leuchtgases in solchen Zimmeröfen, welche die
Verbrennungsproducte abführen, liegen genauere Versuche noch nicht vor. Von dem Bond'schen Ofen wird nur angegeben, daſs die Gase bei
offener Drosselklappe mit 149°, bei geschlossener Klappe mit 38° entweichen, eine
Angabe, welche nichts besagt, so lange nicht die Zusammensetzung der Gase angegeben
wird. Aus dem von mir benutzten Ofen entweichen die Gase mit 6,4 bis 9,5 Proc.
Kohlensäure und 65 bis 78°, je nach der Zugstärke des Schornsteins, dessen Einfluſs
aber durch die Klappe geregelt werden kann, und der Anzahl Flammen, entsprechend
einem Wärmeverluste von durchschnittlich kaum 3 Procent des Brennwerthes. Bei einer
so guten Ausnutzung des Brennwerthes, wie ich sie seit 3 Jahren erziele, verflüssigt
sich oft ein Theil des bei der Verbrennung gebildeten Wassers in dem kältesten
Theile des Ofens. Ist derselbe aus Eisenblech hergestellt, so wird dieses unter
Mitwirkung der gebildeten Schwefelsäure ziemlich rasch zerstört. Es empfiehlt sich
daher, den Ofen, wie in Textfigur 6 vorgeschlagen,
aus Guſseisen herzustellen, welches viel widerstandsfähiger ist oder, wie bei meinem
Ofen (Textfigur 5), für das nach unten führende Rohr
starkes Kupferblech zu nehmen; daſs selbst dieses angegriffen wird, ergibt sich
daraus, daſs ich jährlich etwa 60g Kupfersulfat
aus der Oeffnung z entferne. Die Mehrzahl der vorhin
beschriebenen Oefen dürfte daher sich kaum durch Dauerhaftigkeit auszeichnen.
Bei Verwendung guter Reguliröfen wird man zur Erzeugung von 11000c etwa 2k,5, bei
der Mehrzahl der gebräuchlichen Stubenöfen (vgl. 1879 233
* 137) aber selbst 4k Kokes oder Kohlen
gebrauchen. Rechnet man nun 1k derselben bis vor
den Ofen getragen zu 3 Pf., dazu Anheizmaterial, Ofenreinigen u. dgl. täglich zu 3
Pf., so stellt sich obige Wärmemenge auf 10 bis 15 Pf. bei Kohlenheizung. Der Preis
von 1cbm Leuchtgas dürfte demnach etwa 6 Pf.
betragen, wenn die Kosten beider Heizungen gleich sein sollen. Erwägt man aber die
sonstigen Uebelstände der gewöhnlichen Stubenheizung: die Entwickelung von Rauch und
Staub, die Schwierigkeit, eine gleichmäſsige Temperatur zu halten, während die
Heizung mit Leuchtgas keine Hilfe der Dienstboten verlangt und bei Anwendung
mehrerer abstellbarer Flammen (vgl. Textfigur 5 und
6) sehr leicht, namentlich wenn man in der
kälteren Jahreszeit einige Flammen auch des Nachts brennen läſst, eine nur innerhalb
2 bis 3° schwankende, angenehme Wärme erzielt werden kann, so wird man doch in
vielen Fällen dem Leuchtgase den Vorzug geben, wenn 1cbm desselben, wie dies in vielen Orten der Fall istJournal für Gasbeleuchtung, 1880 S.
463., 12 Pf. kostet, ja selbst wenn der Preis etwas höher ist.
Auf die Verwendung des Leuchtgases zum Heizen der Kamine
(vgl. Goddard 1853 127 *
340. H. Fischer 1879 231 *
198) kann nur verwiesen werden, weil dieselben für deutsche Verhältnisse ebenso wenig passen als die
Kaminfeuerungen von C. W. SiemensC. W. Siemens: Gas and Electricity. London 1881
* S. 9. Friedrich Siemens: Bericht über die Smoke
Abatement Exhibition in London. Berlin 1882 * S. 70.,
bei welchen das brennende Leuchtgas in einen Haufen Kokes geleitet wird.
Nicht minder wichtig als die Zimmerheizung erscheint die Verwendung des Leuchtgases
für Kochzwecke. Um über die Wärmeausnutzung hierbei ein
Urtheil zu gewinnen, wurden 2 niedrige Kessel mit flachem Boden verwendet, wie man
sie für Spirituslampen und Erdölkocher hat. Der gröſsere Kessel aus verzinntem
Eisenblech, dessen Boden einen Durchmesser von 20cm hat, wurde mit 1l,5 Wasser, der
kleinere aus Messingblech, dessen Boden 14cm,5
Durchmesser hat, mit 0l,7 Wasser von 14° bis auf
einen kleinen Steigraum gefüllt; selbstverständlich wurde der Kessel vor jedem
Versuche durch Füllen mit Wasser ebenfalls auf 14° abgekühlt, dann entleert und nun
das gemessene Wasser eingegeben. Nach dem Aufsetzen des Deckels wurde bis zum
beginnenden Sieden erhitzt. Das Gas wurde durch eine Experimentirgasuhr von Sirey, Lizars und Comp. in Leipzig gemessen; der Druck,
unmittelbar vor dem Brenner bestimmt, schwankte ziemlich starke weil sich in etwa
300m Entfernung eine Gaskraftmaschine
befindet. Die erhaltenen Resultate sind in folgender Tabelle zusammengestellt:
Nummer
VerwendeterBrenner
Verw.Wasser
Gasdruck
Gas-verbrauch
1l
WassererfordertGas
Dauer desVersuches
Bemerkungen
l
mm
l
l
Min.
1
Bunsen
0,7
15
bis
18
19,3
27,6
9,5
Kessel
5cm
über Brenner
2
0,7
17
„
20
24,2
34,6
11,5
10
3
0,7
19
„
22
18,7
27,6
7,3
3
4
1,5
15
„
17
39,9
26,6
20,1
3
5
1,5
14
„
18
48,5
32,3
25,7
10
6
Desgl. groſs
1,5
16
„
20
52,0
34,7
25,2
7
7
Muencke
1,5
12
„
16
47,8
31,8
14,7
3
Wenig Luft
8
1,5
15
„
18
46,1
30,8
11,0
6
Viel Luft
9
1,5
14
„
18
44,6
29,8
10,8
4
Desgl.
10
0,7
13
„
16
22,5
32,1
6,5
4
Desgl.
11
Wobbe (Textfig.
1)
1,5
13
„
18
48,8
32,5
11,0
12
1,5
17
„
20
48,9
32,6
10,2
13
0,7
13
„
16
27,1
38,7
5,7
14
0,7
16
„
19
27,7
39,7
5,5
15
Wobbe (Textfig.
2) I
1,5
19
„
22
45,6
30,4
11,3
16
1,5
11
„
14
44,4
29,3
13,2
17
0,7
12
„
14
23,0
32,9
6,9
18
II
1,5
15
„
18
45,2
30,1
22,0
19
0,7
16
„
20
21,6
30,9
9,7
Die Versuche 1 bis 5 mit einem gewöhnlichen Bunsen'schen
Brenner bestätigen den groſsen Einfluſs, welchen die Entfernung der zu heizenden
Fläche von der Brennermündung hat. Bei 5cm
Entfernung, wo die Spitze der inneren blauen Flamme den Kesselboden eben berührte,
mehr noch bei 3cm Entfernung entwickelte sich mitten auf dem
Kesselboden die gröſste Wärme, welche so gut ausgenutzt wurde, daſs ein an den
unteren Rand des Kessels gehaltenes Thermometer mit kleinem Quecksilbergefäſse nur
bis auf 96° stieg, bei einem Kohlensäuregehalte der Gase von 4,9 bis 5,5 Proc. Die
wirkliche Temperatur dieser Gase war hier, wo sie den Kessel verlassen, natürlich
höher, da das Thermometer nicht völlig davon umgeben war. Bei 10cm Entfernung (Versuch 5) enthielten die Gase nur
noch 3,5 Proc. Kohlensäure, so daſs hier schon viel Luft zugetreten war, welche
einen Theil der entwickelten Wärme mit sich fortführte. Der zum 6. Versuche
verwendete groſse Brenner hatte keinen Schornstein, gab in Folge dessen eine sehr
unruhige Flamme, wodurch sich die schlechte Ausnutzung der Wärme leicht erklärt.
Keim Brenner von Muencke (1881 241 * 380) hängt die Ausnutzung natürlich ebenfalls von der Gröſse der
Luftzufuhr und der Entfernung der Brennermündung vom Kesselboden ab, wenn auch die
Schwankungen nicht sehr bedeutend erscheinen. Beim 7. Versuche enthielten die Gase
am Kesselrande 8,7 Proc. Kohlensäure und 6,1 Proc. Sauerstoff, das Thermometer stieg
bis auf 208°, beim 10. Versuche auf 217°. Obgleich also die Flamme mitten auf den
Kesselboden trifft, war doch die Heizfläche nicht groſs genug, so daſs ziemlich viel
Wärme verloren ging.
Bei Verwendung der Wobbe'schen Brenner wird die Mitte
des Kesselbodens nicht von der Flamme getroffen, geht daher für die Wärmeausnützung
verloren; dies trat besonders bei dem kleinen Kessel hervor, dessen Boden nur 14cm,5 Durchmesser hat, während für Versuch 11 bis
17 die Deckplatte der Brenner 5cm Durchmesser hat.
Dem entsprechend stieg das Thermometer am unteren Rande des Kessels im 13. Versuche
auf 323°, im 17. Versuche auf 312°, bei 7,3 Proc. Kohlensäuregehalt, während im 18.
Versuche mit dem kleineren Brenner das Thermometer höchstens 172° angab, bei 5,3
Proc. Kohlensäure in den Gasen. Es ist daher nicht vortheilhaft, zum Erhitzen
kleiner Wassermengen groſse Brenner zu verwenden, da die kürzere Zeitdauer mit
gröſserem Gasverbrauche erkauft wird. Während z.B. im 4. Versuche für 1cbm verbranntes Gas 3270° oder 60 Procent des
Brennwerthes in das Wasser übergingen, wurden im 14. Versuche nur 2200c oder 40 Proc. nutzbar gemacht. Bei stärkerem
Gasdrucke dürfte sich das Verhältniſs kaum günstiger gestalten. Nichts desto weniger
sind für den Küchengebrauch die Wobbe'schen Brenner denen von Bunsen und Muencke vorzuziehen, weil sie eine viel weniger
sorgfaltige Behandlung erfordern als diese. Zudem hindert die Deckplatte das
Hineinflieſsen verschütteter Stoffe und ermöglicht, daſs die Kessel sehr nahe über
der Flamme stehen können, so daſs Zugluft weniger schädlich wirkt als bei Brennern
mit langer Flamme.
Zur Beurtheilung der mehr oder weniger vollständigen Verbrennung wurde etwa 1l von den, wie erwähnt, 3,5 bis 8,7 Proc.
Kohlensäure enthaltenden Gasen durch eine Palladiumlösung gesaugt (vgl. 1880 235
440). Nur beim 6., 7. und 15. Versuche konnten gleich nach dem Aufsetzen des mit
kaltem Wasser gefüllten Kessels Spuren von Kohlenoxyd nachgewiesen werden, so daſs
also hier das Gasgemisch theilweise vor der völligen Vereinigung unter die
Entzündungstemperatur abgekühlt war. Bei den übrigen Versuchen wurde auf diese Weise
kein Kohlenoxyd gefunden, so daſs die Verbrennung gewöhnlich vollständig ist.
Dennoch erscheint auch hier eine Ableitung der Verbrennungsgase empfehlenswerth,
auch deshalb, damit bei unachtsamer Behandlung, welche in Küchen jedenfalls
vorkommen kann, das etwa entweichende Leuchtgas in den Schornstein abgeführt wird.
Stehen mehrere Brenner in einem Herde zusammen, so könnte eine kleine Zündflamme
angebracht werden (vgl. Textfigur 6), so daſs kein
unverbranntes Leuchtgas entweichen kann. Das Ankochen von 1l Wasser mit Leuchtgas kostet somit bei einem
Gaspreise von 16 Pf. für 1cbm nur 0,5 Pf., während
es mit Holz oder Kohle auf dem Herde etwa 2 Pf. kostet. Bei Erdölkochern stellt sich
der Preis etwa so hoch wie bei Leuchtgas; dieselben sind aber viel weniger bequem
und entwickeln meist einen unangenehmen Geruch. Wo daher die Wärme der Küchenherde
nicht noch anderweitig ausgenutzt wird, ist – namentlich für kleinere Haushaltungen
– Gasheizung vorzuziehen.