Titel: | Ueber die Untersuchung von Wein. |
Fundstelle: | Band 249, Jahrgang 1883, S. 311 |
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Ueber die Untersuchung von Wein.
Ueber die Untersuchung von Wein.
Nach Versuchen von S. Kiticsan (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1883 S. 1179) über die Bestandtheile des Weindestillates enthalten nicht nur
Jungweine, wie man bisher annahm, sondern auch alte ausgegohrene und gut behandelte
Weine Ammoniak; in 6 Weinen wurden 0,0057 bis 0,0113 Proc. gefunden. Im Destillate
von Weinen, welche nicht geschwefelt sind, läſst sich oft auch Ameisensäure
nachweisen. Da auſserdem der durch Silbernitrat selbst in Schwefligsäure haltigen
Weindestillaten entstehende Niederschlag Kohlenstoff enthält, wahrscheinlich in
Folge der Gegenwart organischer Säuren, so hält Kiticsan das Wartha'sche Verfahren zur
Nachweisung von Schwefligsäure im Weine für nicht brauchbar (vgl. B. Haas 1883 247 260).
J. Neſsler und M. Barth
geben in der Zeitschrift für analytische Chemie, 1883
S. 159 weitere Beiträge zur Weinanalyse.
Die Bestimmung der freien Weinsäure nach dem
ursprünglich Berthelot-Fleurieu'schen Verfahren (vgl.
1864 171 217) liefert stets zu niedrige Resultate,
theilweise deshalb, weil mit der Verminderung der freien Säure eines Weines die
Löslichkeit des Weinsteins auch in Aetheralkohol erhöht wird. Bei Weinen, welche nur
wenig oder keine freie Weinsäure enthalten, verbraucht man zur Titration des dem
Weinsteine allein entsprechenden Alkoholätherniederschlages mehr Alkaliflüssigkeit
als für die Titration des der Summe von Weinstein und Weinsäure entsprechenden
Niederschlages. Die Methode liefert bessere Resultate, wenn man, anstatt in der
einen Probe einen Theil der Säure mit Aetzkali zu neutralisiren, dieser Probe etwas
Lösung von essigsaurem Kalium zusetzt, welcher man vor der Verwendung Essigsäure bis
zur deutlich sauren' Reaction zugefügt hat. Man nehme zu der Bestimmung 2 Proben von
je 20cc Wein, gebe zu der einen Probe 4 Tropfen
einer etwa 20 procentigen Lösung von angesäuertem essigsaurem Kalium (genügend zur
Abscheidung von ungefähr 0,3 Proc. freier Weinsäure), versetze darauf beide Proben
mit je 100cc Aetheralkohol, schüttle gut um und
lasse verkorkt mindestens 18 Stunden an einem nicht über 10° warmen Orte stehen. Den
abgeschiedenen Niederschlag löse man nach dem Abfiltriren des Alkoholäthers unter
gelindem Erwärmen in nicht zu viel Wasser und titrire die Lösung mit 1/20-Normalalkali
Stark gegypste Weine (vgl. 1883 247 259) liefern aber
auch nach diesem verbesserten Verfahren unbrauchbare Resultate (vgl. Amthor 1883 247 302).
Besser als die Bestimmung der freien Weinsäure aus der Differenz der Acidität zweier
Weinsteinniederschläge ist folgendes Verfahren: 50cc Wein werden zum dünnen Syrup abgedampft, der Rückstand wird dann in
einen Kolben gebracht, mit etwa 70cc 96
procentigern Weingeist nachgespült, gehörig durchgeschüttelt und etwa 4 Stunden zur
Abscheidung des Weinsteins und der übrigen in Weingeist unlöslichen Bestandtheile
des Weines an einem
kalten Orte stehen gelassen. Der Alkoholniederschlag wird abfiltrirt, mit Weingeist
ausgewaschen und seine Acidität als Weinstein berechnet. Das Filtrat wird
entgeistet; dem syrupösen Rückstande fügt man unter Umrühren 0cc,5 angesäuerter 20 procentiger Lösung von
essigsaurem Kalium zu und bestimmt hierauf in gleicher Weise wie vorher den neu
gebildeten Weinstein (vgl. 1883 247 295). Bei stark
gegypstem Weine entzieht sich zwar auch nach diesem Verfahren ein Zusatz von
Weinsäure in Folge seines Kaligehaltes der Entdeckung als solche; man erhält aber
wenigstens keine negativen Werthe wie bei der Differenzmethode.
Vor der Bestimmung des Zuckers mit Fehling'scher Lösung muſs zunächst der Gerbstoff
entfernt werden. Dies geschieht bei an Zucker reichen Weinen durch Fällen mit
Bleiessig und Entfernung des überschüssigen Bleies mit kohlensaurem Natrium, worauf
man nach Verdünnung auf den geeigneten Zuckergehalt in bekannter Weise ermittelt,
wieviel Cubikcentimeter dieser Lösung 50mg Zucker
enthalten. Gewöhnliche ausgegohrene Weine, welche nur ausnahmsweise bis zu 0,3
Proc., meist aber weniger als 0,1 Proc. Zucker enthalten, kann man mit geringen
Mengen reiner Thierkohle entfärben, worauf man dieselben durch Zusatz von etwas
Aetzkali oder Alkalicarbonat alkalisch macht. 5cc
des entfärbten alkalischen Weines werden nun mit 2cc
Fehling'scher Lösung in ein Reagensröhrchen gebracht
und im lebhaft kochenden Wasserbade erwärmt, bis die über dem Niederschlage stehende
Flüssigkeit vollkommen klar ist. Verlor die letztere hierbei völlig ihre blaue
Farbe, dann enthält der Wein mehr als 0,2 Proc. Zucker und die Zuckerbestimmung muſs
wie oben vorgenommen werden. Ist die Flüssigkeit dagegen noch deutlich blau, so
setzt man weitere 5cc Wein zu; tritt nun
Entfärbung ein, so liegt der Zuckergehalt zwischen 0,2 und 0,1 Proc., bleibt noch
ein blauer Farbenton in der Flüssigkeit zurück, dann enthält der Wein weniger als
0,1 Proc. Zucker.
Bei der Bestimmung von Gummi arabicum im Weine ist zu
berücksichtigen, daſs Naturweine auf Zusatz von viel Alkohol eine Ausscheidung
geben, welche im Wesentlichen aus Weinstein und Pectinstoffen, zuweilen auch aus im
Weine entstandenem Schleim besteht. Versetzt man 4cc eines Naturweines mit 10cc eines 96
procentigen Weingeistes, so trübt sich die Flüssigkeit; nach einiger Zeit setzt sich
die Trübung in lockeren Flocken ab und die überstehende Flüssigkeit wird vollkommen
klar. Ein Wein, welcher zur Erhöhung seines Extractgehaltes mit Gummi oder Dextrin
versetzt ist, gibt bei derselben Behandlung einen starken, anfangs dick milchigen
Niederschlag, welcher sehr bald in zähen Klumpen an den Wänden des Reagensglases
heftet, während die Flüssigkeit auch nach tagelangem Stehen noch milchig getrübt
bleibt.
Zur näheren Untersuchung eines solchen Weines werden 100cc desselben zum Syrup verdampft, dann unter lebhaftem Umrühren mit 90 procentigem Weingeist
versetzt, bis kein Niederschlag mehr entsteht. Der nach zweistündigem Absetzen
abfiltrirte Niederschlag beträgt bei Naturweinen nach Abzug des Weinsteins etwa 0,3
bis 0,4 Proc. und läſst sich durch Behandlung seiner wässerigen Lösung mit etwas
Salzsäure unter Druck bei 110° nicht in Zucker überführen. Eine geringfügige
Zersetzung Fehling'scher Lösung findet durch die braune
Flüssigkeit, welche man nach dem Erhitzen und Versetzen mit Alkali erhält, wohl
statt; allein es scheidet sich dabei nicht rothes Kupferoxydul, sondern ein
schmutzig braunflockiger Niederschlag ab und die Reduction entspricht nur einer
Menge von 0,02 Proc. Zucker. Bei Gegenwart von Gummi arabicum oder Dextrin ist die
Menge des Alkoholniederschlages bedeutender. Der abfiltrirte Niederschlag wird nun
mit warmem Wasser aufgenommen, in ein starkes, etwa 50cc fassendes Kölbchen gespült, nach Zusatz von einigen Tropfen verdünnter
Salzsäure luftdicht verschlossen und in einer siedenden Kochsalzlösung 4 Stunden
lang auf etwa 110° erhitzt; danach wird die Flüssigkeit mit Natronlauge alkalisch
gemacht und mit Fehling'scher Lösung der entstandene
Zucker bestimmt; die ermittelte Zuckermenge entspricht der Arabinsäure des
arabischen Gummis. Beide unterscheiden sich dadurch von einander, daſs Dextrin in
1procentiger Lösung im 200mm langen Rohre 10° V.
S. rechts, Gummi 1,2° links polarisirt. Letzteres wird aus wässeriger Lösung durch
Bleiessig gefallt, Dextrin nicht, welches dagegen von Thierkohle viel leichter
absorbirt wird als jenes. Durch sehr langes Stehen oder durch Kochen mit organischen
Säuren geht arabisches Gummi in Dextrin über.
Bei der Bestimmung der nichtflüchtigen Säure durch
Eindampfen und 20 Minuten langes Erhitzen des Rückstandes von 20cc Wein auf dem Wasserbade erhält man in den
meisten normalen Weinen einen so hohen Gehalt an flüchtiger Säure, wie man ihn nach
einer rationellen Destillationsmethode nur in Weinen mit einem Essigstiche
ermittelt. Es liegt daher die Vermuthung nahe, daſs während des Erhitzens eine
theilweise Zersetzung der nichtflüchtigen Säure stattfindet; die Gesammtmenge der
zersetzten nichtflüchtigen Säure aber wird als flüchtige Säure berechnet. Das
wiederholte Destilliren mit Phosphorsäure hat den Nachtheil, daſs man nie mit
Sicherheit weiſs, wie oft man den Zusatz von Wasser und die Destillation wiederholen
muſs, um den Fehler möglichst gering zu machen, welcher durch Zurückbleiben der erst
bei 119° siedenden Essigsäure im Extract entsteht; ferner kann, wenn man die
Destillation vom freien Feuer oder im Sandbade gegen das Ende nicht unausgesetzt
beobachtet, leicht aus weitgehender Zersetzung des Extractes eine neue Fehlerquelle
der Bestimmung sich ergeben. Die Destillation geschieht daher passend aus einem bei
119° siedenden Chlorcalciumbade (1,41 sp. G.), dessen Concentration während der
Destillation natürlich erhalten werden muſs. Die Bestimmungen der flüchtigen Säure
geschehen mit 50cc Wein, die Destillationen aus schief
gestelltem Kolben oder weithalsigem Kolben mit am Halse eingeschmolzenem
Abfluſsrohre. Der Inhalt des Kolbens siedet bald, wenn das Bad lebhaft kocht, und in
ungefähr einer Stunde ist Syrupdicke erreicht; aber noch lange spielt an der Biegung
des Destillationsrohres der letzte Rest der übergehenden Flüssigkeit. Es empfiehlt
sich daher, gegen das Ende der Destillation einen Strom von reiner Kohlensäure in
den Kolben einzuleiten. Nach etwa 2 Stunden unterbricht man die Destillation, spült
Destillations- und Kühlrohr aus, vereinigt die Spülflüssigkeit mit dem Destillate
und titrirt.
Je nachdem die Weiſsweine früher oder später von den Trestern abgekeltert werden,
enthalten sie mehr oder weniger Gerbstoff. Der gröſsere
oder kleinere Gehalt an letzterem kann also an und für sich weder als Beweis der
Echtheit, noch der Unechtheit eines Weiſsweines betrachtet werden. Die durch
Uebergieſsen von Traubentrestern mit Zuckerwasser erhaltenen Trester- oder
petiotisirten Weine zeichnen sich gewöhnlich durch niederen Gehalt an Extract und an
fixen Säuren (wenn nicht Weinsäure zugesetzt wurde) und durch hohen Gehalt an Asche,
flüchtiger Säure und Gerbstoff aus. Wenn also ein Weiſswein bei hohem Aschengehalte
wenig Extract und wenig Säure enthält, so ist es von Wichtigkeit, festzustellen, ob
viel oder wenig Gerbstoff darin enthalten ist.
Zum Nachweise kleiner Mengen von Gerbstoff und zur
annähernden Schätzung davon im Weiſsweine stumpft man in 10cc Wein die freie Säure bis auf 0,5 Proc. ab,
wobei junge Weine durch wiederholtes energisches Schütteln von der absorbirten
Kohlensäure befreit werden, setzt lcc einer 40
procentigen Lösung von essigsaurem Natrium und zuletzt tropfenweise eine
10procentige Eisenchloridlösung hinzu. Ein Tropfen der letzteren genügt zur
Ausfüllung von je 0,05 Proc. Gerbstoff. Die meisten echten Weine werden, wenn sie
nicht mit Tannin geschönt sind, bei dieser Behandlung kaum oder nur wenig dunkler
gefärbt; Tresterweine geben aber oft so starke schwarze Niederschläge, als sie bei
Zusätzen von 0,05 bis 0,2 Proc. Tannin zu von Gerbstoff freiem Weine erzielt
werden.
Zur Bestimmung des Glycerins in Süſsweinen werden 50cc Wein in einem geräumigen Kolben mit etwa 10g Sand und pulverigem, abgelöschtem Kalk versetzt,
dann auf dem Wasserbade erwärmt, bis kein Kalk mehr gelöst wird, sämmtlicher Zucker
im Zuckerkalk übergeführt ist und die Masse auch nach längerem Erhitzen noch
deutlich kaustisch riecht. Nun setzt man allmählich 100cc 96 procentigen Alkohol zu, schüttelt gut, läſst den entstandenen
Zuckerniederschlag sich absetzen, decantirt oder preſst durch ein Flanelltuch den
gröſsten Theil des Niederschlages ab, wäscht den pulverigen Rückstand etwa 2mal mit
Weingeist aus, filtrirt dann, spült zuletzt den Niederschlag aufs Filter, läſst
abtropfen, wäscht, wenn das Filtrat noch schwach gelblich sein sollte, nochmals aus,
verdampft den Weingeist
des Filtrates und behandelt den Rückstand weiter, wie den ersten Eindampfrückstand
eines gewöhnlichen, nicht süſsen Weines.
Die Bestimmung freier Weinsäure im Weine durch Ausziehen
des Eindampfrückstandes mit Aether leidet nach A. Claus
(Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft,
1883 S. 1019) an dem Liebelstande, daſs die Weinsäure in Aether sehr schwer löslich
ist. Bewährt hat sich dagegen das Ausziehen mit absolutem Alkohol; nur muſs der
Verdampfungsrückstand des Weines zuvor bei 110° getrocknet werden.
Als nun verschiedene Weine, welche keine freie Weinsäure enthielten, mit bestimmten
Mengen derselben versetzt, dann in erwähnter Weise untersucht wurden, ergab sich,
daſs bei den verschiedenen Weinsorten wesentlich verschiedene Mengen von Weinsäure,
wenn man so sagen darf, latent werden, d.h. nicht mehr als freie Säure in dem
Extract enthalten sind, und daſs diese Mengen meistens mehr betragen, als der
Ueberführung in Weinstein durch den Kaligehalt der Salze von flüchtigen Säuren,
welche beim Destilliren mit den Wasserdämpfen fortgehen, entspricht. Offenbar rührt
diese Verschiebung in dem Verhältnisse von fixer und flüchtiger Säure wesentlich nur
von der Umsetzung der zugesetzten Weinsäure mit den Kalisalzen flüchtiger Säuren
her; dampft man aber nun den Destillationsrückstand weiter ein und führt ihn in der
oben beschriebenen Weise in trockenen Extract über, so hat dieser in den meisten
Fällen von Neuem, unter Umständen bei Extract reichen Weinen um ein Beträchtliches,
an Acidität verloren.
Zieht man den Rückstand mit absolutem Alkohol aus, so zeigt das Ungelöste ziemlich
genau den gleichen Weinsteingehalt bei der Titration, wie für den
Destillationsrückstand vor dem weiteren Eindampfen ebenfalls gefunden wird; die
alkoholische Lösung aber ergibt bei der Titration ein niedrigeres Resultat, als dem
Säurebefunde im Destillationsrückstande nach Abzug des Weinsteines entspricht, und
liefert bei Extract reichen Weinen oft auffallend groſse Differenzen gegenüber der
Menge der zugesetzten Weinsäure. Bestimmt man aber in dem alkoholischen Auszuge die
Weinsäure durch Fällen mit essigsaurem Kali, indem man den ausgeschiedenen Weinstein
zur Titration bringt, dann stellt sich das Ergebniſs noch niedriger. Ein Beweis,
daſs in dieser alkoholischen Lösung auſser Weinsäure noch andere fixe Säuren
enthalten sind, wahrscheinlich wenigstens theilweise saure Aether, welche ein Theil
der Weinsäure beim Eindampfen mit bestimmten Extractivstoffen des Weines bildet.
Claus glaubt, daſs mit der Bestimmung derjenigen Menge
Weinsäure, welche bei der Extractdarstellung eines Weines latent wird, eine einfache
Methode gewonnen werden könne, mittels deren sich wenigstens im gewissen Sinne eine
Werthbestimmung des Weines erreichen lasse.