Titel: | Säurefester Kamin; von Dr. Brunner. |
Autor: | Brunner |
Fundstelle: | Band 248, Jahrgang 1883, S. 497 |
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Säurefester Kamin; von Dr. Brunner.
Brunner, über einen säurefesten Kamin.
In D. p. J. 1882 245 354
wurde eines von Jos. Houzer für eine Kesselanlage der
bayerischen Landesausstellung in Nürnberg erbauten runden Kamines mit
bemerkenswerthen Abmessungen erwähnt und dessen geringe Wandstärken hervorgehoben.
Ein fast doppelt so hoher Kamin mit ähnlicher, verhältniſsmäſsig aber noch mit
geringerer Wandstärke wurde im vorigen Jahre ebenfalls von Houzer übernommen und von dessen damaligem Arbeiter, jetzt selbstständigem
Kaminbauer W. Tölke aus Nürnberg, auf der Chemischen
Fabrik von Müller, Packard und Comp. zu Wetzlar a. d.
Lahn aufgeführt und zwar ohne Gerüst.
Das Fundament dieses Kamins, welcher bestimmt ist, die Heizgase und Wasserdämpfe
zweier groſser Phosphorsäure-Abdampfpfannen abzuführen, wurde aus Cementbeton
gefertigt; die unterste Grundfläche desselben beträgt 7m im Quadrat und verjüngt sich in 4 Absätzen bis auf 4m im Quadrat, bei etwa 3m Gesammthöhe, wobei noch bemerkt werden mag, daſs
eine Ecke wegen nicht genügender Festigkeit des Untergrundes etwa 0m,75 tiefer betonirt werden muſste. Wegen allzu
bedeutender Festigkeit des übrigen gröſseren Theiles des Untergrundes, welche
Sprengarbeit erfordert haben würde, erschien es nicht thunlich, das ganze Fundament
so viel tiefer zu legen. Die Betonmischung bestand aus 10 Th. gebaggertem Fluſskies
mit Sand gemischt und 1 Th. Dyckerhoff'schen
Portlandcement; das Mischen sowie Einbringen der Masse in die Baugrube wurde im
Uebrigen nach Vorschrift der genannten Cementfabrik ausgeführt. Auf diesen
Betonklotz wurde der Sockel aus Backsteinen mit Kalk-Cementmörtel aufgemauert;
derselbe miſst 3m,2 im Quadrat bei einer runden
Höhlung von 1m,5 Durchmesser, so daſs die
Wandstärke an den dünnsten Stellen nur 85cm
beträgt; der Sockel hat eine Höhe von 10m. Den
Uebergang aus dem Viereck des Sockels zum Kreise der Säule vermittelt die in Form
eines Achteckes aus Beton hergestellte Abdeckung. Ueber diesem Sockel erhebt sich
nun die runde aus Formsteinen erbaute Kaminsäule in einer Höhe von noch 42m,5, so daſs die ganze Höhe des Kamins 52m,5 beträgt. Bei einem lichten Durchmesser des
Schaftes an der Basis von 1m,5 und äuſserem
Durchmesser, von 2m,4 ergibt sich eine Wandstärke
von 45cm. Diese vermindert sich bei 7 Absätzen,
von denen 3 je 6m, 2 je 6m,5 und 2 je 7m
hoch geplant waren, bis auf 16cm im letzten
Absatze; die obere lichte Weite beträgt 1m und der
äuſsere Durchmesser also 1m,32. Die ganze Säule
wurde vom Sockel an ohne Gerüst von innen aufgebaut, und zwar in den
Monaten April und Mai bei theilweise ziemlich heftig wehenden Winden.
Da der Kamin bestimmt ist, stark Säure haltige Dämpfe abzuführen, so wurde für
denselben nicht gewöhnliches Material verwendet, sondern eine porzellanartige
Steinmasse aus der Fabrik Rheinische Industrie für
feuerfeste Producte in Bendorf a. Rh., welche unter der Bezeichnung
„säurefestes Material“ bereits seit einer langen Reihe von Jahren in
unserer Fabrik sowohl zur Füllung von Glower- und
Gay-Lussac-Thürmen, als auch zum Baue von
Abdampfpfannen mit ausgezeichnetem Erfolge Verwendung gefunden hat. Dieser Stein
zeichnet sich durch ganz auſsergewöhnliche Härte und Widerstandsfähigkeit selbst
gegen concentrirteste Säuren aus. Bei Herstellung derselben soll allerdings in Folge
des stärkstmöglichen Brandes ein erheblicher Theil zu Bruch gehen und daraus erklärt
sich, daſs die Fabrik eine etwas geringere Zahl Steine lieferte, als für die (mit
45m) geplante Höhe des Kamins erforderlich
war, so daſs derselbe schlieſslich 2m,5 niedriger
ausfiel, als beabsichtigt gewesen.
Als Mörtel zum Aufbaue des Kamins wurde eine Mischung aus Cement, feinem Quarzsande
und gemahlenem Schlackensande verwendet, je etwa ⅓. Dieser Mörtel scheint allerdings
nicht so säurefest zu sein als die Steine; allein die Erfahrung hat gelehrt, daſs
derselbe mit den Steinen aushält. Ein im J. 1877 aus gleichem Materiale erbauter und
für gleichen Zweck betriebener Kamin muſste im vorigen Jahre wegen eines Risses an
der Krone einige Meter lang abgebrochen werden, eine Arbeit, welche nur mit groſser
Mühe in Folge der auſserordentlichen Festigkeit der Fugen ausgeführt werden konnte.
Noch schwieriger war das Putzen der Steine behufs Wiederaufbau: Mörtel und Stein
bildeten eine Masse und ersterer war so hart, daſs er
vielfach am Hammer Funken gab; er war von der Säure wohl etwas an der Oberfläche der
Fugen angegriffen, aber der Festigkeit wegen hatte die Säure doch nicht tiefer
eindringen können. Hauptsache ist: möglichst dünne Fugen.
Der Kamin ist jetzt etwa 1 Jahr in ununterbrochenem Betriebe, zeigt trotz der sehr
hohen Temperatur, mit welcher die Abdampfgase in denselben eintreten (etwa 300°),
nicht die geringste Spur irgend eines Fehlers; er fällt Jedermann durch sein überaus
schlankes und gefälliges Aussehen auf, besonders in Vergleich zu den vielen älteren
Kaminen der ganzen Umgegend.