Titel: | Ueber den Einfluss der künstlichen Beleuchtung auf die Luft in geschlossenen Räumen; von Ferd. Fischer. |
Autor: | Ferd. Fischer |
Fundstelle: | Band 248, Jahrgang 1883, S. 375 |
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Ueber den Einfluſs der künstlichen Beleuchtung
auf die Luft in geschlossenen Räumen; von Ferd. Fischer.
Mit Abbildung.
F. Fischer, über Einfluſs der künstlichen Beleuchtung auf
Luft.
Ueber die Verunreinigung der Luft durch künstliche Beleuchtung liegen bereits
Versuche vor von B. ZochZeitschrift für Biologie, 1867 S.
117. und F. ErismannZeitschrift für Biologie, 1876 S. 315 (vgl.
1877 225 587. 226
648).. Dieselben wurden jedoch in Räumen mit starkem
natürlichem Luftwechsel ausgeführt, so daſs z.B. Erismann (a. a. O. S. 337) von den berechneten Kohlensäuremengen nur 1,3
bis 3,4 Proc. fand. Solche Versuche können höchstens für den Raum einigen Werth
haben, in welchem sie ausgeführt sind.
Legen wir für Leuchtgas die bereits (1882 246 325)
mitgetheilte Analyse des hannoverschen Gases zu Grunde, so erfordert 1cbm desselben zur Verbrennung 1cbm,12 Sauerstoff und gibt 0cbm,57 oder 1k,13 Kohlensäure und 1k,07 Wasserdampf. In
entsprechender Weise stellt sich auch der Sauerstoffbedarf der übrigen Leuchtstoffe,
so daſs die Veränderung der Luft durch diesen Sauerstoffverlust nicht in Betracht
kommen kann gegen die Verunreinigung derselben durch die bei der Verbrennung
entstehenden Mengen Kohlensäure und Wasserdampf, wie sie sich aus folgender
Zusammenstellung ergibt:
Leuchtstoffe
Proc. Zusammensetzung
1k
erfor-dert zurVerbren-nungSauerstoff
1k
liefert
Kohlen-stoff
Wasserstoff
Sauerstoff
Kohlen-säure
Wasser
k
k
k
Stearin
76,1
12,5
11,4
2,92
2,79
1,13
Rüböl
77,2
13,4
9,4
3,04
2,83
1,21
Talg
78,1
11,7
9,3
2,91
2,86
1,05
Walrath
81,6
12,8
5,6
3,14
2,99
1,15
Wachs
81,8
12,7
5,5
3,14
3,00
1,14
Erdöl
85,2
14,8
–
3,45
3,12
1,33
Paraffin
85,7
14,3
–
3,43
3,14
1,29
Nach den Versuchen der Pariser Commission (vgl. 1883 248
205) gibt 1e im Lichtbogen bei Gleichströmen 71
bis 113, bei elektrischen Kerzen 25 bis 52 und bei Glühlicht 12 bis 22 Carcel. Zur
Erzielung einer Leuchtkraft von 100 deutschen Vereinskerzen sind demnach für
Bogenlicht 0,09 bis 0e,25, für Glühlicht 0,46 bis
0e,85 erforderlich, entsprechend einer
Wärmemenge von stündlich 57 bis 158 bezieh. 290 bis 536c; die in folgender Tabelle angegebenen Kosten derselben beziehen sich auf
die Versuche in Straſsburg (vgl. 1883 247 266). Nach
Versuchen von Schilling1 Carcel = 9,6 engl. Walrathkerzen = 8,7 Münchener Stearinkerzen = 9,8
deutsche Vereinskerzen aus Paraffin (vgl. Schilling: Gasbeleuchtung, S. 214). verbrennt
die Pariser Carcellampe stündlich 42g
gereinigtes Rüböl, die
Münchener Normalkerze 10g,4 Stearin, die deutsche
Vereinskerze 7g,7 Paraffin, die englische
Normalkerze 7g,82 Walrath. Die danach berechneten
Mengen in folgender Tabelle, sowie auch die nach den Angaben von Fr. Siemens (1882 244 445)
und Rüdorff (1882 243 231)
berechneten Leuchtgasmengen entsprechen somit möglichst günstigen Bedingungen. Die
übrigen Angaben sind nach eigenen Versuchen berechnet:
Für die stündliche Erzeugung von 100
Kerzensind erforderlich
Dabei werden entwickelt
Beleuchtungsart
Menge
Preisderselben
Wasser
Kohlen-säure
Wärme
Pf.
k
cbm bei 0°
c
Elektr., Bogenlicht
0,09 bis 0e,25
5,4 bis 12,3
0
0
57 bis 158
„ Glühlicht
0,46 bis 0e,85
14,8 bis 14,9
0
0
290 bis 536
Leuchtgas, Siemens- Regenerativlampe
0,35 bis 0cbm,56
6,3 bis 10,1
–
–
etwa 1500
Leuchtgas, Argand
0cbm,8 (bis
2)
14,4
0,86
0,46
4860
„ Zweiloch- brenner
2cbm (bis
8)
36,0
2,14
1,14
12150
Erdöl, groſser Rund- brenner
0,28k
5,0Bei sogen. Kaiseröl 11 Pf.; die Preise für Solaröl sind im Steigen
begriffen.
0,37
0,44
3360
Erdöl, kleiner Flach- brenner
0,60
10,8
0,80
0,95
7200
Solaröl, Lampe von Schuster und
Baer
0,28
5,3
0,37
0,44
3360
Solaröl, kleiner Flachbrenner
0,60
11,4
0,80
0,95
7200
Rüböl, Carcellampe
0,43
41,3
0,52
0,61
4200
„ Studirlampe
0,70
67,2
0,85
1,00
6800
Paraffin
0,77
139
0,99
1,22
9200
Walrath
0,77
270
0,89
1,17
7960
Wachs
0,77
308
0,88
1,18
7960
Stearin
0,92
166
1,04
1,30
8940
Talg
1,00
160
1,05
1,45
9700
Rechnet man nun 1cbm
Leuchtgas zu 18 Pf. (einschlieſslich Zinsen und Amortisation für Leitung), 1k Erdöl zu 18 Pf., 1k Solaröl zu 19 Pf., Stearin und Paraffin zu 180, Talg zu 160, gereinigtes
Rüböl zu 96, Walrath zu 350 und Wachs zu 400 Pf. (hannoversche Preise), so ergeben
sich stündlich für 100 Kerzen Leuchtkraft die in der zweiten Spalte der Tabelle
angegebenen Kosten; dieselben hängen natürlich, namentlich für die elektrische
Beleuchtung, von örtlichen Verhältnissen ab.
Bezüglich der Verunreinigung der Luft kommen zunächst Kohlensäure und Wasser in
Betracht. Aus den in der Tabelle zusammengestellten Zahlen ergibt sich, daſs Solaröl
und Erdöl am wenigsten Kohlensäure und Wasserdampf geben, Leuchtgas und Talg am
meisten; bei dem Siemens'schen Regenerativbrenner
werden sie nach auſsen geführt, kommen daher nicht in Betracht.
Um zu prüfen, ob die Zusammensetzung der Luft bei der künstlichen Beleuchtung auch
durch Producte der unvollständigen Verbrennung, Kohlenoxyd, Kohlenwasserstoffe u.
dgl., verunreinigt wird, wurden durch ein enges, etwa 2cm tief in den Lampencylinder eintauchendes Glasrohr mittels Aspirator
etwa 12l Verbrennungsgase angesaugt, zunächst
durch Chlorcalcium und Kaliapparat, um Wasser und Kohlensäure zurückzuhalten, dann
durch ein Rohr mit glühendem Kupferoxyde, nun wieder durch Chlorcalciumrohr und
Barytwasser, schlieſslich durch einen Gasmesser. Bei den mit Cylinder versehenen
Lampen konnten auf diese Weise keine oder höchstens Spuren Kohlenoxyd und
Kohlenwasserstoffe nachgewiesen werden, selbst wenn die Flammengröſse innerhalb
ziemlich weiter Grenzen schwankte; sie traten aber auf, wenn die Flamme sehr stark
verkleinert oder übermäſsig vergröſsert wurde. Sämmtliche bis jetzt nach dieser
Richtung untersuchten Lampen führen einen groſsen Luftuberschuſs zu. Flachbrenner
für Solaröl und Erdöl geben bei normaler Flammenhöhe 4 bis 5 Proc. Kohlensäure und
etwa 15 Proc. überschüssigen Sauerstoff, kleine Rundbrenner 5 bis 6, groſse 5 bis
8,5 Proc. Kohlensäure und 9,3 bis 14 Proc. Sauerstoff. Die aus dem inneren Cylinder
der weiter unten beschriebenen sogen, hygienischen
Normallampe entweichenden Gase enthielten z.B. bei 15 bis 16 Kerzen
Leuchtkraft 5,7, bei 21 Kerzen 8,3 Proc. Kohlensäure; im ersten Falle wurden für je
1 Kerze 3g,1, im letzteren nur 0g,28 Erdöl (sogen. Kaiseröl) verbraucht.
Argandbrenner gaben 8 bis 16 Proc. überschüssigen Sauerstoff. Je gröſser aber der
Luftüberschuſs ist, um so niedriger wird die Temperatur der Flamme, um so geringer
auch die Leuchtkraft derselben, bis bei fortgesetzter Verkleinerung der Flamme die
Temperatur schlieſslich so niedrig wird, daſs ein Theil der Gase unvollständig
verbrannt entweicht. Daraus erklärt sich, daſs Rüdorff
mit dem Argandbrenner II je nach der Flammengröſse 8,8 bis 125l Leuchtgas für die Kerze gebrauchte und daſs Erismann bei seinen erwähnten Versuchen durch
theilweises Zukleben der Luftzufuhröffnungen bei einer Erdöllampe eine etwas
gröſsere Leuchtkraft erzielte. Es dürfte sich daher empfehlen, die Luftzufuhr
wenigstens bei gröſseren Brennern regulirbar zu machen.
Unmittelbar über der Spitze von Walrath- und Stearinkerzen bezieh. Zweilochbrennern
entnommene Gasproben ergaben bei völlig ruhiger Luft und normaler Flamme nur Spuren
oder keine brennbaren Gase; sobald aber die Flamme flackerte, war die Verbrennung
unvollständig.
Eine Verunreinigung der Luft durch Kohlenoxyd und Kohlenwasserstoffe ist daher bei
mit Cylindern versehenen Brennern nicht zu befürchten; Erdöllampen riechen nur, wenn
die Flamme gar zu groſs oder zu klein, oder wenn die Lampe nicht rein gehalten wird.
Bei allen freibrennenden Flammen ist dagegen, da völlig ruhige Luft selten zu
erhalten sein wird, eine gröſsere oder geringere Luftverunreinigung durch Kohlenoxyd
u. dgl. allerdings vorhanden. Für Leuchtgas kommt dazu, daſs bei schlechter Anlage oder
nachlässiger Behandlung dieses direkt aus der Leitung in die Zimmerluft treten kann.
Leuchtgas enthält ferner stets Schwefel, gibt also beim Verbrennen Schwefligsäure
und Schwefelsäure, welche auf Zimmerpflanzen, vielleicht auch auf die Bewohner, nach
A. Girard sogar auf die Fenster vorhänge durch
Bildung von Hydrocellulose (vgl. 1882 244 170)
nachtheilig einwirken. Uebrigens kommen nicht selten auch Schwefel haltige Oele in
den Handel, so daſs es jedenfalls gerathen ist, die Verbrennungsproducte
abzuführen.
Da für die Wärmeentwickelung der elektrischen Beleuchtung noch keine Messungen
vorliegen, so wurde diese nach der aufgewendeten Stromarbeit berechnet (stündlich
1e = 630c).
Bei den Regenerativbrennern bleibt je nach der Länge der Ableitung eine gröſsere
oder geringere Menge der entwickelten Wärme in dem beleuchteten Räume, so daſs
1500c wohl als Durchschnitt gelten kann. Nach
Favre und SilbermannAnnales de Chimie et de Physique, 1852 Bd.
34 S. 438. gibt Stearinsäure beim Verbrennen 9717c, Walrath 10342c. Bis für die übrigen Stoffe genaue Versuche vorliegen, wird man für
Rüböl und Talg die Verbrennungswärme der Stearinsäure, für Wachs die des Walrathes,
für Erdöl, Solaröl und Paraffin aber 12000c
annehmen dürfen. Die für diese Stoffe in der Tabelle angegebenen Zahlen sind daher
nur Näherungswerthe.
Berücksichtigt man, daſs bei der Beleuchtung mit Argandbrennern für 100 Kerzen
praktisch 1 bis 1cbm,5 Leuchtgas erforderlich
sind, so liefert die gewöhnliche Gasbeleuchtung erheblich mehr Wärme als die
Oelbeleuchtung, was um so weniger angenehm werden kann, als sich gleichzeitig auch
mehr Kohlensäure, namentlich aber, was meist übersehen wird, weit mehr Wasserdampf
bildet, welcher die Luft besonders schwül macht. Von den Kerzen ist Talg am
unvortheilhaftesten.
Textabbildung Bd. 248, S. 378
Bei Arbeitslampen kommt auſser dieser Gesammtwärme noch die strahlende Wärme in
Betracht. Schuster und Baer in Berlin (*D. R. P. Kl. 4 Nr.
21870 vom 1. Februar 1882) umgeben bei ihrer so genannten hygienischen Normallampe den gewöhnlichen Cylinder a mit einem weiteren Cylinder b, so daſs in
Folge der durch die zwischen beiden aufsteigenden Luft bewirkten Wärmeabführung die
Kuppel c kühl gehalten wird. Bezügliche Messungen
ergaben nun, daſs während die Temperatur zwischen Cylinder und oberer Kuppelöffnung
bei einem kleinen Rundbrenner von 4 Kerzen 54°, bei einem gröſseren von 14 Kerzen
65° betrug, das durch Asbest von dem inneren Cylinder getrennte Thermometer zwischen
dem Cylinder a und b bei
20 Kerzen 111°, zwischen Kuppel und äuſserem Cylinder nur 42° zeigte. Es wurde nun
zur annähernden Bestimmung der strahlenden Wärme ein Geisler'sches Normalthermometer, dessen kleines Quecksilbergefäſs mit
Tusche etwas geschwärzt war, 15cm vom Cylinder a neben der Kuppel aufgehängt, zur Bestimmung der
Lufttemperatur daneben ein gleiches Thermometer, welches durch eine Asbestplatte vor
strahlender Wärme geschützt war. Bei 21,5° Lufttemperatur zeigte das geschwärzte
Thermometer im Mittel 22,4°, nach Wegnahme des groſsen Cylinders b 23,5°, nach Entfernung der Kuppel aber 29,1°, somit
Temperaturunterschiede von 0,9, 2 und 7,6°. Der Doppelcylinder mäſsigt somit in der
That die Wärmestrahlung der Lampenkuppel, nachdem diese selbst bereits den gröſsten
Theil der von der Flamme gelieferten strahlenden Wärme zurückgehalten hat, wobei sie
allerdings auch etwa 60 Procent der Lichtstrahlen abhält, was jedoch bei
Arbeitslampen weniger in Betracht kommt, da hier namentlich die von der inneren
Fläche der Kuppel reflectirten Lichtstrahlen in Frage kommen.
Bereits seit dem J. 1872 habe ich bei meiner Arbeitslampe über den gewöhnlichen
Kniffcylinder einen schwachblauen weiteren Cylinder (von einem Argandbrenner)
gestellt. Die Leuchtkraft wird dadurch von 11 auf 10 Kerzen vermindert, das Licht
aber angenehmer fürs Auge und die strahlende Wärme 15cm vom inneren Cylinder wird auf etwa 0,3° ermäſsigt, während sie ohne
blauen Cylinder 1,8° und nach Wegnahme der Kuppel 4,2° betrug. 5cm von einer englichen Normalwalrathkerze zeigte
das Thermometer 5,1° über Lufttemperatur, nach Einschieben einer dünnen farblosen
Glasscheibe 3,5°, einer schwach blauen Scheibe 3,0°. Es dürfte sich daher empfehlen,
auch bei der Lampe von Schuster und Baer dem äuſseren
Cylinder eine schwachblaue Farbe zu geben.
Wo es namentlich auf Billigkeit ankommt, ist somit Solaröl und Erdöl zu verwenden;
gewöhnliche Gasbeleuchtung ist theurer und verunreinigt bei starker
Wärmeentwickelung die Luft mehr, ist aber bequemer und namentlich für gröſsere Räume
hübscher, wird daher auch ferner vielfach verwendet werden, wo sie nicht durch das
elektrische Glühlicht verdrängt wird. Rüböl und Kerzen können nur in seltenen Fällen
in Frage kommen. Wo es die sonstigen Umstände gestatten, ist jedenfalls die
Beleuchtung mit sogen. Regenerativbrennern und Abführung der Verbrennungsproducte
oder die elektrische Beleuchtung – namentlich mit Glühlampen unter Mitverwendung von
Accumulatoren, welche ein ruhiges und angenehmes Licht geben – allen anderen
vorzuziehen, da sie die Luft nicht verunreinigen und die geringste Wärme geben.