Titel: | Apparate zur Gewinnung von Fett. |
Fundstelle: | Band 247, Jahrgang 1883, S. 467 |
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Apparate zur Gewinnung von Fett.
Patentklasse 23. Mit Abbildungen auf Tafel 36.
Apparate zur Gewinnung von Fett.
Der in Fig. 4 und 5 Taf. 36
dargestellte Apparat zum Schmelzen von Rohtalg von C. Müller
und Comp. in Stuttgart (* D. R. P. Nr. 19783 vom 25. Februar 1882) besteht aus zwei
schmiedeisernen Kesseln A mit Doppelboden a zur Dampfheizung. Durch die mit der eisernen Haube
b verbundene Rohrleitung d sollen die sich entwickelnden übelriechenden Gase mittels Luftpumpen f abgesaugt werden. Der zerkleinerte Rohtalg bezieh.
die Rückstände der Margarintalgschmelze werden in die beiden Kessel durch eine
bequem verschlieſsbare Oeffnung c eingefüllt und dann
wird diese Oeffnung wieder geschlossen. Hierauf läſst man den Dampf durch die beiden
Einströmventile o in den Zwischenraum des Doppelbodens
a der Kessel eintreten und setzt nach etwa 10
Minuten das Rührwerk k mittels Vorgelege m in Umdrehung. Die während des Schmelzens entwickelten
Dämpfe werden von der Luftpumpe in den Luftkessel e
gesaugt, wo sie nach Oeffnung des Kaltwasserhahnes g
angeblich völlig condensirt und als klares Wasser durch die Röhrenleitung i in den Abzugskanal abgeführt werden. Den
geschmolzenen Talg läſst man schlieſslich durch Hahn p
ab.
Zum Entfetten der Knochen füllt man nach J. Wellstein und B. Birkenheuer in
Bamberg (* D. R. P. Nr. 19774 vom 23.
September 1881) den mit Dampfmantel, Vacuummeter und Manometer versehenen
Extractionskessel A (Fig. 6 und
7 Taf. 36) durch Oeffnung a mit den
zerkleinerten Knochen. Man öffnet nun den Hahn b des
Dampfrohres G, so daſs Dampf in den Condensator B eintritt, die darin befindliche Luft aber durch Rohr
c entweicht, schlieſst dann den Dampfhahn und Rohr
c und spritzt mittels Pumpe C kaltes Wasser durch Rohr u in den
Condensator, bis sich ein Vacuum bildet. Dann öffnet man Hahn d des Rohres H, so daſs
aus dem Kessel A Luft nach B angesaugt wird, welche man wieder in derselben Weise mittels Dampf
austreibt. Man öffnet nun die Hähne g, so daſs das im
Behälter D befindliche Ligroin u. dgl. Lösungsmittel
durch Rohr K und h in den
Kessel A treten, worauf die Hähne g wieder geschlossen werden. Man öffnet nun Hahn P und läſst Dampf von 5at Ueberdruck in den Dampfmantel, dessen Lufthahn i anfangs geöffnet ist. Sobald im Kessel A
ein Ueberdruck von 5at ist, stellt man den Dampf
wieder ab, worauf sich die Dämpfe im Kessel condensiren, die in den Knochen
enthaltenen Fette sich angeblich ausscheiden und unter dem Siebboden k ansammeln sollen. Ist der Druck im Kessel auf 0at,2 zurückgegangen, so läſst man das
Lösungsmittel durch Rohre h und K nach dem Behälter D bei geöffnetem Hahn f zurückflieſsen.
Damit hierbei kein Fett mit fortgerissen wird, ist Rohr h durch ein an ihm festgekeiltes Handrad l
senkrecht dadurch verstellbar daſs es mit seinem unteren Ende in den mit Stopfbüchse versehenen
Rohrstutzen m eingeschraubt ist und oben in der
Stopfbüchse des Stutzens n seine Führung hat. Wenn nun
Fette mit austreten, was durch die Glasröhre o bemerkbar wird, so wird das Rohr h durch Drehung des Rades l emporgeschraubt, bis keine Fette mehr entweichen, so daſs angeblich die
Lösungsmittel bis auf einen kleinen Rest ohne Vergasung abgeführt werden können. Die
dann noch rückständigen Lösungsmittel, welche gröſstentheils in den Knochen selbst
enthalten sind, werden mittels Erhitzung durch Dampf, welcher in den Dampfmantel des
Kessels A eingelassen wird, dampfförmig nach dem
Condensator abgeführt, wo sie durch Einlassen von kaltem Wasser durch Zweigrohr e in den Mantel des Condensators B verflüssigt werden und durch Rohr r nach dem Behälter D
zurückflieſsen, aus welchem mit übergegangenes Wasser durch Rohr s wieder abgelassen werden kann. Das Kühlwasser vom
Condensator flieſst durch Rohr p, das
Condensationswasser aus dem Dampfmantel des Kessels A
durch Rohr q ab.
Das unter dem Siebboden k angesammelte Fett läſst man
durch Rohr U nach dem mit Standrohr v versehenen Fettbehälter E abflieſsen. Dasselbe wird nun durch Zuleiten von Dampf in das
Schlangenrohr w unter Zusatz von 2 Proc. Kalilauge
gereinigt und dann durch die Hähne x abgelassen. Das
aus dem oberen Hahn abflieſsende Fett soll bei 4 bis 6°, das aus dem unteren bei 15
bis 20° gerinnen. Die sich hierbei entwickelnden Ligroindämpfe werden durch Rohr y nach dem Condensator B
übergeführt. Das im Schlangenrohr w gebildete
Condensationswasser flieſst durch Rohr z ab. Um nach
dem Ablassen des Fettes aus dem Kessel sofort mit dem Sieden des Leimes zu beginnen,
läſst man so lange Dampf in den Kessel treten, bis die Knochen völlig ausgezogen
sind. Die gebildete Leimlösung wird durch Rohr Z
abgelassen, die Knochenrückstände werden bei M
entfernt.
Auf der Generalversammlung des Vereins deutscher
Düngerfabrikanten in Hannover bemerkte nach der Chemischen Industrie, 1882 S. 182 Brauer, das
Verfahren von Th. Richters (1882 243 * 396. 244 232) habe gegenüber dem von Seltsam (1880 238 * 321) die
Vortheile, daſs das Benzin nicht vor dem Mannloche stehe, wo es leicht
feuergefährlich werden könne, daſs im Interesse der Leimfabrikation ein Dampfdruck
auf die Knochen vermieden würde und daſs in dem Doppelapparate die Knochen gleich
gedämpft werden könnten. Der Mehrgewinn an Fett betrage nur 3 Proc. (vgl. 1882 243 397) und lasse die Patentgebühr viel zu hoch
erscheinen. – Hüttner hält die Entfettung der Knochen
mittels Benzin namentlich für die Fabrikanten empfehlenswerth, welche Knochenschrot
und Mehl, nicht aber Leim herstellen.
Nach Mittheilung von Hiller ergab eine von W. Suhr für die Leimfabrik in Schlieren eingerichtete
Knochenentfettungsanlage durchschnittlich 2 Proc. Fett mehr als das gewöhnliche
Verfahren, dabei aber 0,75 bis 1 Proc. Benzinverlust und einen viel weniger guten Leim,
so daſs dieses Verfahren wieder aufgegeben wurde. Nach Hiller erhält man auch durch Auskochen mit Wasser unter Zusatz von etwas
Salzsäure das meiste Fett, so daſs eine Mehrausbeute von 4 bis 5 Proc. durch das
Benzinverfahren nicht wahrscheinlich ist. – Der zum Patent angemeldete Apparat von
Pyrkosch erscheint lediglich als Nachbildung des
Extractionsapparates von Hänig und Reinhard (1880 238 * 332).
Seltsam bestreitet, daſs der gröſsere oder geringere
Druck im Apparat auf die Beschaffenheit des Leimes von Einfluſs sei; nur die Höhe
der Temperatur komme dabei in Betracht und diese übersteige bei seinem Verfahren
nicht 100°. Die Silesia sei die einzige von 32
Fabriken, welche das Verfahren wieder aufgegeben habe, eine Angabe, welche Richters bestreitet. Die Mängel der Leimfabrikation bei
diesem Verfahren hält er für unbestreitbar.